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April 04/2000
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1. UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS

Bei Schäuble und Baumeister steht Aussage gegen Aussage

(bn) Der ehemalige CDU- und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble hat am 13. April vor dem Untersuchungsausschuss "Parteispenden" seine Darstellung der Übergabe einer 100.000-Mark-Spende von Karl-Heinz Schreiber bekräftigt. Ebenso blieb die Ex-CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister am 14. April bei ihrer Version. Beide hatten darüber jeweils eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben. Der Untersuchungsausschuss verzichtete vorläufig auf eine für den 14. April geplante Gegenüberstellung der Zeugen.

Schäuble erklärte vor dem Ausschuss, seiner Einschätzung nach sei es "völlig ausgeschlossen", dass jemals Entscheidungen einer Bundesregierung, insbesondere nicht der, der er angehört und die er unterstützt habe, durch Zuwendungen beeinflusst worden seien.

Weiter stellte er fest, er habe keine Kenntnis von irgendwelchen Zuwendungen oder Vorteilen an Personen oder Institutionen, die geeignet gewesen wären, politische Entscheidungen zu beeinflussen.

Ermittlungen veranlasst

Er habe, so Schäuble, als ehemaliger Parteivorsitzender nach Bekanntwerden von Unregelmäßigkeiten im Rechenwerk der CDU veranlasst, dass Ermittlungen angestellt würden. Die Ergebnisse seien dem Untersuchungsausschuss vollständig zur Verfügung gestellt worden.

Zur Spendenübergabe sagte Schäuble aus, er habe im Anschluss an ein Sponsorenessen am 21. September 1994 von Schreiber am darauffolgenden Vormittag eine Spende über 100.000 DM in einem Umschlag erhalten. Diesen habe er "ungeöffnet und unverändert" an die damalige Schatzmeisterin der CDU, Baumeister weitergeleitet. Anhand seines Terminkalenders habe er rekonstruiert, dass das Zusammentreffen mit Schreiber zwischen 9.00 Uhr und 9.30 Uhr stattgefunden haben müsse.

Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Schreiber habe er die Schatzmeisterin um eine Quittung für die Spende gebeten, damit nicht irgendwer später "auf dumme Gedanken" kommen könne. Schäuble beschrieb, welche Widerstände er habe überwinden müssen, um sich von der damaligen Schatzmeisterin den Empfang der Spende Schreibers bestätigen zu lassen. Nach wiederholten, teilweise nicht sehr freundlichen Gesprächen habe er die Quittung schließlich im März 1998 erhalten.

Dieser Vorgang sei – neben der Tatsache, dass die Spende nicht "ordnungsgemäß behandelt worden" sei – eines der Motive gewesen, die ihn dazu veranlasst hätten, als Parteivorsitzender einen neuen Schatzmeister vorzuschlagen.

Auf Baumeisters gegenteilige Darstellung der Vorgänge angesprochen, betonte Schäuble, die ehemalige Schatzmeisterin habe niemals vor dem 16. Januar 2000 ihm gegenüber eine Andeutung gemacht, nicht Schreiber sei bei ihm gewesen, sondern sie habe ihm Wochen später einen Umschlag überbracht, dessen Inhalt sie nicht kannte.

Schäuble betonte, er habe bis heute keine Erklärung für die veränderte Darstellung der damaligen Schatzmeisterin. Es gehöre für ihn zu den Dingen, die ihn an die Pfeiffer-Engholm-Barschel-Affäre erinnerten.

Über seine Anstrengungen, die Vorgänge vollständig aufzuklären, sagte Schäuble, er habe Helmut Kohl mehrfach gebeten, vollständige Aufklärung zu leisten. Sein letztes Gespräch mit ihm sei am 17. Februar diesen Jahres gewesen.

Treffen in Kaufering

Bei ihrer Version der Spendenübergabe blieb auch die ehemalige CDU-Schatzmeisterin Baumeister, die am 14. April vor den Untersuchungsausschuss geladen war.

Wie Baumeister erklärte, hat Schreiber ihr bei einem Treffen am 11. Oktober 1994 in Kaufering bei Augsburg einen verschlossenen, an den damaligen Fraktionsvorsitzenden Schäuble adressierten Briefumschlag ausgehändigt mit der Bitte, diesen zu überbringen. Über den Inhalt habe er ihr gegenüber keine genauen Angaben gemacht, sinngemäß jedoch angemerkt, es handle sich um ein Buch mit "bösen" oder "hässlichen" Männern. Baumeister meinte sich außerdem zu erinnern, dass Schreiber von einem beiliegenden Schreiben gesprochen habe.

Weiter führte sie aus, sie habe diesen Briefumschlag nach der Bundestagswahl, wahrscheinlich am 17. oder 18. Oktober 1994, persönlich an Schäuble übergeben.

An einem der darauffolgenden Tage, so Baumeister, habe Schäuble sie zu sich gebeten und ihr einen Briefumschlag übergeben mit der Bemerkung, darin sei Geld von Schreiber zur Verwendung für die Bundespartei. Die darin befindlichen 100.000 DM habe ihr Büroleiter, Jürgen Schornack, im Tresor der Schatzmeisterei deponiert und im Frühjahr 1995 an Horst Weyrauch weitergegeben.

Die Ex-Schatzmeisterin berichtete darüber hinaus, nach einem Telefongespräch mit Schreiber sei klar gewesen sei, dass keine Spendenquittung ausgestellt und die Spende nicht veröffentlicht werden sollte. Sie habe deshalb entschieden, sie nicht zu veröffentlichen.

Keine Spendenquittung

Hinsichtlich der gegensätzlichen Einlassungen Schäubles erläuterte Baumeister, sie habe zunächst aus Loyalität dessen Darstellung bestätigt, weil sie Modalitäten und Zeitpunkt der Übergabe keine große Bedeutung beigemessen habe.

Allerdings habe sie die Fernseherklärung Schäubles mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. Am 16. Januar, dem Abend der Fernsehsendung, habe Schreiber sie auf ihrem Handy angerufen und gefragt, ob sie sich einen Reim auf die Darstellung Schäubles machen könne, was sie verneint habe.

Mit dem ehemaligen CDU-Vorsitzenden Kohl habe sie vielleicht vor vier Wochen über den Vorgang gesprochen. Dabei habe sie ihm auch ihre Gefühlslage und ihre Enttäuschung geschildert. Ihr letztes Gespräch mit Schäuble, so Baumeister, habe am 17. Januar stattgefunden.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0004/0004062
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