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10/2001
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Warum verlaufen Sie sich niemals im Wald, Herr Caesar?

Es gibt in diesem Land eine "Schutzgemeinschaft deutscher Wald", der auch der Bundestagsabgeordnete Cajus Julius Caesar angehört. Das Ehrenamt kommt nicht von ungefähr, denn der 51-jährige Parlamentarier ist von Beruf Förster. Das waren auch sein Vater, sein Großvater, Urgroßvater und Ururgroßvater. Auch der Name hat Tradition – viele Männer in der Familie hießen und heißen Julius Caesar. Manchmal, wenn ihm das niemand glauben will, löckt der Bundestagsabgeordnete wider den Stachel und schließt eine kleine Wette darauf ab, die mit dem Präsentieren seines Personalausweises schon gewonnen ist. Nachhaltige und naturnahe Forstwirtschaft liegen dem Abgeordneten am Herzen. Sein Credo: Wirtschaft und Naturschutz müssen sich nicht ausschließen und Gesetze sollen so gemacht werden, dass sie die Interessen beider in Einklang bringen. Kooperation statt Konfrontation – darum geht es ihm: Wenn er Bäume pflanzt und wenn er Gesetze vorbereitet ebenso.

Herr Caesar in seinem Wald

Herr Caesar in seinem Wald

Herr Caesar, als Sie 16 Jahre alt wurden, schenkte Ihnen Ihr Großvater 5.000 Mark. Haben Sie sich davon ein Moped gekauft?

Nein, ein Stück Wald. Ich bin im Lipper Land groß geworden, in einem Forsthaus geboren, wie es sich gehört für eine Familie meines Schlages, und ich liebe diesen Landstrich sehr. Er ist sehr hügelig, hat wunderschöne klare Bäche; Landwirtschaft, Wald, Grünland und Feldraine wechseln sich ab – es ist also eine abwechslungsreiche, sanfte Landschaft.

Keine rauen Berge?

Maximalhöhe 498 Meter über dem Meeresspiegel.

Was macht man denn als Jugendlicher mit einem Stück Wald?

Man kümmert sich um ihn, hegt und pflegt ihn, tobt sich drin aus, mäht und pflanzt und freut sich über all das, was wächst und gedeiht.

Sie mähen im Wald?

Mit einer Forstsense, die kürzer als eine normale Sense ist, um junge Buchen, Eichen oder Küstentannen frei zu halten. Das ist manchmal nötig, wenn man den Baumbestand erhalten und verbessern will. Zum Erhalt des Waldes gehört viel Pflege. Man fördert Bäume, die gut wachsen, pflanzt neue Bäume und nimmt kranke und schlechtwüchsige Bäume weg. Man sorgt dafür, dass sich der Baumbestand verjüngt.

Sie züchten also auch Bäume, oder kaufen Sie in einer Baumschule ein?

Wichtig ist, aus dem Samen von gut gewachsenen, gesunden Bäumen die Naturverjüngung herauszuziehen. Als Kind habe ich eine Küstentanne gepflanzt, die heute gut vier Festmeter Holz hat. Sie steht bei meinen Eltern. Wenn ich es mal so überschlage, habe ich im Laufe meines Lebens mindestens 50.000 Bäume gepflanzt.

Das hört sich an, als hätten Sie Ihr ganzes Leben lang nichts anderes gemacht?

Wenn man es einmal gelernt hat, pflanzt man an einem Tag 500 Stück. Man hat eine spezielle Hacke, die 3- bis 4-jährigen Jungpflanzen sind in einem speziellen Pflanzsack, damit die Wurzeln nicht trocken werden, auch ein Wurzelschnitt muss gemacht werden, und man pflanzt in einer möglichst geraden Reihe. Das ist für die Pflege wichtig, sonst mähen sie später aus Versehen alles wieder ab.

Das passt gar nicht so recht zum Wald, Ordnung halten, aufräumen, in geraden Reihen pflanzen ...

Ordnung und Unordnung müssen sich die Waage halten. Bäume in einer Reihe zu pflanzen, macht schon Sinn. Keinen Sinn macht es zum Beispiel, alles Totholz wegzuräumen, weil es Lebensgrundlage für Arten und Artenvielfalt ist. Man lässt auch mal einen trockenen Stamm für einen Specht stehen.

Welche Bäume pflanzen Sie denn am liebsten?

Das kann ich so nicht beantworten. Verschiedene Böden eignen sich für verschiedene Bäume. Eichen gehören auf schwere Böden, Tonböden. Wenn man Kalkboden hat, wachsen Buchen besonders gut, aber auch nur bis zu einer bestimmten Höhenlage.

Das klingt nun alles so, als hätten Sie sich damals das Stück Wald nicht gekauft, um reich zu werden?

Ja, also reich wird man damit bestimmt nicht. Man hat eine Menge Arbeit, wenn man es damit ernst meint, aber auch viel Freude, wenn man die Natur liebt. So ist es bei mir, sonst wäre ich ja auch nicht Förster geworden.

Sie hätten also auch Lokomotivführer werden können, ohne Ärger mit der Familie zu bekommen?

Natürlich. Aber ich bin durch meinen Großvater und meinen Vater mit der Natur groß geworden, war als Kind oft im Wald und liebe ihn eben.

Wenn es eine Schutzgemeinschaft gibt, heißt das wohl, dass es um den deutschen Wald gar nicht gut bestellt ist?

Es heißt erst einmal nur, dass er geschützt werden muss, wenn man ihn erhalten will. Das gilt für stadtnahe und waldarme Gebiete ebenso wie für waldreiche Landstriche. Überall muss auf die Landschaft geachtet werden, muss zum Beispiel der Tourismus und müssen die wirtschaftlichen Belange in Übereinstimmung mit der Natur gebracht werden. Wir werben als Schutzgemeinschaft auch für den umweltfreundlich erzeugten Rohstoff Holz, fördern die Forstwirtschaft und umweltfreundliche Energien. Es geht ja um nachhaltigen Naturschutz und nachhaltige Wirtschaft. Ich habe zum Beispiel dafür gekämpft, dass an der Autobahnmeisterei Kamen eine mit Biomasse betriebene Energiegewinnungsanlage gebaut wurde. Zugleich geht es uns darum, die Menschen zu sensibilisieren. Sie sollen und können sich im Wald erholen. Wichtig ist nur, wie sie mit ihm umgehen. Ich habe als Förster viele Schulklassen bei mir gehabt, bin mit ihnen in den Wald gegangen und habe erklärt, wie wichtig es ist, auf die Natur Acht zu geben, sie sorgsam zu behandeln.

Das heißt, die Schutzgemeinschaft leistet in erster Linie Überzeugungsarbeit?

Nicht nur. Die Mitglieder der Schutzgemeinschaft haben auch schon viel selbst aufgeforstet. Aber sie kümmert sich natürlich sehr darum, Zusammenhänge deutlich zu machen und im Bewusstsein zu verankern, dass es Naturschutzgebiete geben muss und Biotope, dass also alles in einem ausgewogenen Verhältnis bleibt.

Woher kommt denn das Geld für die Aufforstung und die Überzeugungsarbeit?

Wir leben von Spendengeldern und Mitgliedsbeiträgen.

Wenn Sie den Wald so sehr lieben, muss er Ihnen doch in Berlin sehr fehlen?

Fehlen tut er mir schon, zumal hier natürlich auch so gut wie überhaupt keine Zeit ist, mal ein wenig in die Natur zu fahren. Andererseits bin ich für die CDU/CSU Berichterstatter für den umfangreichen Naturschutzbereich, für Land-, Forst-, Jagd- und Fischwirtschaft im Miteinander mit dem Umweltschutz.

Was kann man denn als Abgeordneter tun, um Rahmenbedingungen für nachhaltige und naturnahe Entwicklung zu schaffen?

Man muss sich dafür engagieren, dass gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, die der Reinhaltung von Luft und Wasser dienen, Fortschritte in der Abfallwirtschaft erreichen, Umwelt- und Naturschutz unter Einbeziehung der hier lebenden und arbeitenden Menschen, also kooperativ, betrachten. Dazu gehört natürlich auch der Blick über die Ländergrenzen hinweg. Dem Tropenwald beispielsweise geht Jahr für Jahr eine Fläche verloren, die so groß wie die Deutschlands ist. Da kann man aber nicht hergehen und einfach nur sagen, das muss aufhören. Die Menschen dort sind meist arm und müssen Wald roden, um sich eine kleine Existenzgrundlage zu schaffen. Also auch hier geht es darum, Zusammenhänge deutlich zu machen und Entwicklungshilfe zu leisten, damit die Menschen nicht hungern, aber dennoch der artenreichste Wald erhalten bleibt.

Das klingt nach sehr umfangreichen Programmen. Haben Sie ausreichend Mitstreiter im Bundestag?

Ich bin zwar der einzige Förster, aber auf der Grundlage praktischer Erfahrung im Beruf, im Ehrenamt und in der Politik habe ich gute Argumente, um auch in den anderen Bereichen, für die ich mitverantwortlich zeichne, zu überzeugen.

Aber im Wald stört es Sie nicht, wenn Sie allein sind?

Nein. Wenn ich Zeit habe, am Wochenende, gehe ich gern auch allein in den Wald. Das lässt sich mit der Arbeit als Abgeordneter allerdings nicht mehr vereinbaren.

Werden denn Ihre Söhne die Familientradition fortführen und als Förster arbeiten?

Herr Caesar begutachtet einen jungen Baum.

Herr Caesar begutachtet einen jungen Baum.

Mein Sohn Christian arbeitet auch im Wald. Er ist Forstwirt im Revier Kirchberg des Landesverbandes Lippe, einem Forstrevier mit herrlichen Waldbeständen.

Wann haben Sie sich denn das letzte Mal im Wald verlaufen?

Wo ich aufgewachsen bin und gearbeitet habe, kenne ich mich aus, da passiert mir so was nicht. In unbekannten Wäldern ist es natürlich ratsam, eine Karte dabei zu haben.

Also müssen Sie auch nie aus Angst im Walde pfeifen?

Nein, bestimmt nicht. Ich liebe den Wald und bin in ihm zu Hause.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0110/0110092a
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