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Datum: 11.07.2002
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Pressemeldung des Deutschen Bundestages - 11.07.2002

Sanktionen nach dem Parteiengesetz angekündigt

Zur beabsichtigten Verhängung von Sanktionen nach dem Parteiengesetz erklärt der Präsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse:

Nach Auswertung der erst im Frühjahr 2002 von der Staatsanwaltschaft Wiesbaden übermittelten Unterlagen sowie dem Vorliegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. Juli 2002, in dem die Entscheidungspraxis der Bundestagsverwaltung bestätigt wurde, ist nunmehr der Spendenkomplex „Ferrero“ der CDU Hessen entscheidungsreif. Gleiches gilt für die Spenden an die SPD Wuppertal durch den Unternehmer Clees aus dem Jahr 1999 nach Vorliegen der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Hingegen ist die im Januar 2002 wieder aufgenommene parteienfinanzierungsrechtliche Prüfung sog. Patenschaftsabonnements der CSU noch nicht abgeschlossen.

In den beiden erstgenannten Fällen ist beabsichtigt, die Rechtsfolgen nach § 23 a Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. Parteiengesetz zu verhängen. Den Parteien würden danach bei der nächsten Festsetzung der staatlichen Mittel wegen der unterbliebenen bzw. falschen Deklarierung dieser Spenden Beträge in Höhe des Zweifachen dieser Spenden abgezogen. Die Verwaltung des Deutschen Bundestages hat deshalb heute vor dem endgültigen Ausspruch von Rechtsfolgen Anhörungsschreiben an die CDU und die SPD versandt und den Parteien eine Frist von vier Wochen gesetzt, um zu den folgenden Sachverhalten abschließend Stellung zu nehmen:


  1. Aus den Unterlagen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden ergibt sich, dass die CDU Hessen von der Firma Ferrero in den Jahren 1981 bis einschließlich 1991 Spenden in Höhe von jährlich 25.000 DM, 1992 eine Spende von 50.000 DM, in den Jahren 1993 bis einschließlich 1998 Spenden von insgesamt 600.000 DM in jeweils veröffentlichungspflichtiger Höhe und 1999 eine Spende in Höhe von 50.000 DM angenommen hat. Hinsichtlich der Zahlungen der Jahre 1981 bis 1991 wird zugunsten der Partei vorbehaltlich neuer Erkenntnisse davon ausgegangen, dass jährlich nur 25.000 DM geflossen sind. Die in den Unterlagen der Staatsanwaltschaft angedeuteten höheren Beträge lassen sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen. Alle diese Spenden wurden – mit Ausnahme der für 1999 – nicht in den entsprechenden Rechenschaftsberichten der CDU ausgewiesen.

    Aus der Nichtveröffentlichung der Spenden der Jahre 1981 bis einschließlich 1983 von jeweils 25.000 DM ergeben sich keine Konsequenzen, da ein solcher Publizitätsverstoß nach der damaligen Gesetzeslage noch keine Rechtsfolgen auslöste. Die in den Jahren 1989 bis 1991 erhaltenen Spenden von ebenfalls jeweils 25.000 DM mussten in den entsprechenden Rechenschaftsberichten nicht verzeichnet werden, da für die Zeit vom 1. Januar 1989 bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 9. April 1992 die Publizitätsgrenze nach der damaligen Rechtslage bei 40.000 DM lag.

    Die Nichtveröffentlichung der Spenden der Jahre 1984 bis 1988 von jeweils 25.000 DM, also in einer Gesamthöhe von 125.000 DM sowie der am 19. August 1992 eingezahlten Spende von 50.000 DM und der Spenden der Jahre 1993 bis 1998 im Gesamtwert von 600.000 DM löst hingegen für den Gesamtbetrag der Spenden in Höhe von (125.000 DM + 50.000 DM + 600.000 DM =) 775.000 DM die Rechtsfolgen nach § 23 Parteiengesetz aus.

    Die am 14. Juli 2000 erfolgte öffentliche Bekanntmachung der Spenden der Jahre 1993 bis 1998 kann – so jetzt auch grundsätzlich das Verwaltungsgericht Berlin – nicht zu einem Sanktionsausschluss führen, da es sich um ein mutwilliges Verschleiern handelte. Im übrigen hatte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden in dieser Sache bereits seit Februar 2000 ermittelt, wodurch eine analoge Anwendung der steuerrechtlichen Regelung der strafbefreienden Selbstanzeige ausgeschlossen ist.

    Daher ist beabsichtigt, der Partei im Zusammenhang mit der nächsten Festsetzung der staatlichen Mittel wegen der unterbliebenen Veröffentlichung diese Spenden einen Betrag in Höhe des Zweifachen der nicht veröffentlichten Spenden abzuziehen. Dies würde einen Betrag von (775.000 DM x 2 = 1.550.000 DM : 1,95583 =) 792.502,42 EUR ausmachen.

  2. Aus dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Wuppertal ergibt sich, dass der Unternehmer Clees im Jahre 1999 über die von ihm beherrschte Wicküler Park GmbH & Co. KG eine Spende in Höhe von 500.000 DM an die SPD geleistet hat, die im entsprechenden Rechenschaftsbericht nicht in voller Höhe als Spende dieser juristischen Person, sondern in Höhe von 50.000 DM und 200.000 DM als Spenden der Herren Klatt und Noatnick und in Höhe von 250.000 DM als Spende der C + W Bauträgergesellschaft mbH ausgewiesen wurde, obwohl diese Personen bzw. diese Firma tatsächlich nichts gespendet hatten. Damit ist gegen das Veröffentlichungsgebot von Großspenden (§ 25 Abs. 2 PartG) verstoßen worden.

    Hiergegen kann nicht eingewendet werden, die Partei habe von diesen verschleiernden Manipulationen keine Kenntnis gehabt, weil Herr Clees das Geschehen durch die Bestimmung der Spendernamen in der Hand gehabt habe. Wie aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hervorgeht, hat sich mit Herrn Biesterfeld, der als Geschäftsführer des SPD-Unterbezirks Wuppertal mit der Verbuchung der Spenden verantwortlich betraut war, ein Parteiverantwortlicher an der gegen das Parteiengesetz verstoßenden Verschleierung der von der Wicküler Park GmbH & Co. KG stammenden Großspende im Rechenschaftsbericht 1999 bewusst und gewollt beteiligt und sogar eine „Formulierungshilfe“ für die Angabe fiktiver Spender gegeben (Seite 8 der Anklageschrift). Ein solches Handeln eines Parteiverantwortlichen muss sich die Partei zurechnen lassen (vgl. § 23 a Abs. 4 PartG [1994]).

    Der Publizitätsverstoß löst die Rechtsfolge des § 23 a Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. Parteiengesetz (1994) aus. Es ist beabsichtigt, im Zusammenhang mit der zum 15. Februar 2003 erfolgenden Festsetzung der staatlichen Mittel den entsprechenden Anspruch um den Betrag in Höhe von (500.000 DM x 2 = 1.000.000 DM : 1,95583 =) 511.291,88 EUR zu reduzieren.

6.001 Zeichen

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/presse/2002/pz_020711
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