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Datum: 31.01.2003
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Pressemeldung des Deutschen Bundestages - 31.01.2003

Menschenrechtsausschuss fordert Putin zur Einhaltung der Menschenrechte auf

Anlässlich des Besuchs des russischen Präsidenten Wladimir Putin am 9. Februar 2003 in Deutschland hat der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe in einer Sondersitzung heute einstimmig folgende Erklärung verabschiedet:

?Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist tief besorgt über die anhaltenden schweren Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien, für die beide Konfliktparteien - das russische Militär und die tschetschenischen Kämpfer - verantwortlich sind. Der aktuelle Bericht einer Delegation des Europarates, die sich vor wenigen Tagen in Tschetschenien ein Bild von der Situation vor Ort gemacht hat, hat diese Sorge noch verstärkt. Um so mehr fordert der Ausschuss die Kollegen im russischen Parlament auf, alles zu unternehmen, damit ihre Weihnachtsbotschaft, 2003 zu einem Jahr des Friedens und des Wiederaufbaus in Tschetschenien machen zu wollen, umgesetzt wird.

Die Gegenwart sieht allerdings düster aus: Mitglieder der russischen Armee tragen den Konflikt rücksichtslos auf dem Rücken der tschetschenischen Zivilbevölkerung aus. Terror und Einschüchterung sind allgegenwärtig; bei "Säuberungsaktionen" finden Plünderungen, Vergewaltigungen und extralegale Tötungen statt, und fast täglich berichten Nichtregierungsorganisationen, dass Menschen verschwinden, nachdem sie von Armeekräften verhaftet worden sind. Häufig werden später ihre Körper verstümmelt aufgefunden. Auch der "Kampf gegen den Terrorismus" rechtfertigt solche Taten nicht.

Das Leid der Zivilbevölkerung ist der Weltöffentlichkeit kaum bekannt. Journalisten und Vertreter internationaler Organisationen erhalten nur selten eine Einreisegenehmigung für Tschetschenien, und die Weigerung Russlands, das auslaufende Mandat der OSZE zu verlängern, wird Tschetschenien noch weiter von der Welt isolieren.

Offenbar kann oder will die russische Administration die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien nicht beenden. Ebenso greift die Staatsanwaltschaft bisher nicht wirkungsvoll ein. Seit Jahren dokumentierte Verbrechen, ja sogar Massaker mit vielen Toten, sind nicht aufgeklärt, die Schuldigen nicht zur Rechenschaft gezogen. In einem solchen "Klima der Straflosigkeit" werden die Täter geradezu ermutigt, Terror und Gewalt fortzusetzen.

Auch aus humanitärer Sicht ist für die tschetschenische Bevölkerung ein "normales" Leben nicht mehr möglich, insbesondere im Winter. Infrastruktur, Gesundheitswesen und Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und Energie sind im Laufe des Krieges fast völlig zusammengebrochen. Russische Bemühungen, Tschetschenien wieder aufzubauen, sind bislang nur in Ansätzen erkennbar. Die von der russischen Administration zum Teil mit Druck geförderte Rückkehr tschetschenischer Flüchtlinge aus Inguschetien ist deshalb nicht nur unmenschlich, sondern auch gesellschaftlich kontraproduktiv. Durch die Rückkehrer verschärft sich die Situation vor Ort nur noch mehr.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fordert Präsident Putin mit allem Nachdruck auf,
  • sich für eine dauerhafte politische Lösung in Tschetschenien unter Einbeziehung authentischer tschetschenischer Repräsentanten - gegebenenfalls unter internationaler Vermittlung - einzusetzen,

  • das humanitäre Völkerrecht zu achten und den Menschenrechtsverletzungen durch Mitglieder der russischen Armee Einhalt zu gebieten,

  • das Mandat der OSZE für Tschetschenien zu verlängern,

  • konsequent Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, die Täter zu bestrafen und eine effektive Verwaltung und Justiz zu schaffen,

  • die humanitäre Situation der tschetschenischen Bevölkerung zu verbessern und den Wiederaufbau des Landes voranzutreiben.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe bittet die Bundesregierung, diese Forderungen in ihren Gesprächen mit dem russischen Präsidenten zu vertreten. Der Ausschuss ist der festen Überzeugung, dass eine friedliche Nachkriegsordnung in Tschetschenien nur geschaffen werden kann, wenn auch jetzt schon während der schwierigen Suche nach einer politischen Lösung konsequent menschenrechtliche und humanitäre Aspekte beachtet werden.'

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Quelle: http://www.bundestag.de/bic/presse/2003/pz_030131
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