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Rainer Brüderle, FDP
Kein Bäcker würde auf die Idee kommen, den Mitarbeitern oder der Kundschaft Kleingeld zu reichen, um mehr Brötchen zu verkaufen. Auch würde niemand vom Bürgermeister verlangen, Steuern zu erhöhen oder Kredite aufzunehmen, um dann zum Wohle des örtlichen Bäckers Brötchengeld zu verteilen. Niemand, außer einigen Gewerkschaftlern und SPD-Linken, die im Namen einer stärkeren Binnennachfrage die Neuverschuldung erhöhen wollen.
Nun ist es zweifellos richtig, dass unsere Binnennachfrage schwach, die Auslandsnachfrage dagegen stark ist. Aber mit Kaufkraftumverteilung kann man die Binnenkonjunktur nicht nachhaltig stärken. Wenn es so wäre, müsste Ostdeutschland seit Jahren boomen. Denn infolge der vereinigungsbedingten Nettotransfers in die neuen Bundesländer ist dort die Kaufkraft höher als die Wertschöpfung.
Für die schwache Binnennachfrage gibt es viele Gründe. Ein sehr aktueller ist der Preisanstieg bei Rohstoffen und vor allem beim Erdöl, der viel Kaufkraft ins Ausland abfließen lässt. Der Hauptgrund ist jedoch das Angstsparen und die Verunsicherung in der Bevölkerung über die wirtschaftliche Zukunft. Das kann auch nicht überraschen, denn seit Jahren erleben wir Stagnation und wirtschaftspolitische Schlingerfahrten der Bundesregierung.
Damit die Konsumfreude zurückkehrt, brauchen wir endlich wieder eine verlässliche, berechenbare Wirtschaftspolitik. Nötig sind ehrliche Reformen in der Sozialversicherung und steuerliche Entlastungen. Liberale Reformkonzepte für die Sozialsysteme liegen ebenso auf dem Tisch wie das Einkommensteuerkonzept der FDP mit den Stufensätzen 15, 25 und 35 Prozent bei Streichung fast aller Ausnahmetatbestände. Der Staat sollte sich auf seine Kernaufgaben zurückziehen und sozusagen nicht jedem Bäcker in seine Backrezepte hineinreden.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 08. November 2004