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4,6 Millionen Wählerstimmen – sie machten die FDP mit 61 Abgeordneten zur größten Oppositionskraft im neuen Bundestag.
Die FDP-Fraktion hat sich in verschiedene Arbeitseinheiten organisiert. Da ist zunächst die Fraktionssitzung, an der alle Abgeordneten teilnehmen, die aber auch zum Beispiel die FDP-Europa-Abgeordneten besuchen können. Dann gibt es den Vorstand, der sich aus dem Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt (ab Mai 2006: Guido Westerwelle), vier Parlamentarischen Geschäftsführern, den fünf Stellvertretenden Vorsitzenden Rainer Brüderle, Birgit Homburger, Werner Hoyer, Carl-Ludwig Thiele und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und einem Justiziar zusammensetzt. Zum Vorstand gehören ferner der Vizepräsident des Bundestages aus den Reihen der FDP (Hermann Otto Solms) und der Parteichef, sofern er auch Abgeordneter ist. Ehrenvorsitzende, Generalsekretär, FDP-Bundesminister können an den Sitzungen teilnehmen. Die Fraktion wählt außerdem zwei Revisoren, die (wie in anderen Fraktionen auch) die Rechnung und die Wirtschaftlichkeit der Fraktionsgeschäfte prüfen.
Die Sacharbeit wird sodann von sechs Arbeitskreisen organisiert, in denen verwandte Einzelthemen zusammengefasst sind. Die Arbeitskreise haben jeweils einen Vorsitzenden und bis zu drei Stellvertretende Vorsitzende. Außerdem hat die Fraktion über 50 einzelne Sprecher benannt, die für die FDP-Fraktion zu ihrem jeweiligen Schwerpunktthema Stellung nehmen und die Arbeit im Detail koordinieren.
„Gute Mischung bei Alter und Berufen“
Interview mit dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Jörg van Essen
Blickpunkt Bundestag: Was prägt den Arbeitsalltag Ihrer Fraktion?
Jörg van Essen: Die Diskussionskultur. In den großen Fraktionen ist das auf Grund der vielen Mitglieder natürlich schwieriger möglich, aber bei uns wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir politische Fragen, die in Fraktion oder Partei kontrovers gesehen werden, tatsächlich ausdiskutieren. Ich gehörte beispielsweise zu denen, die bei der Eigenheimzulage nicht völlig entschieden waren. Aber nachdem die verschiedenen Argumente in der Fraktion vorgetragen waren und abgewogen werden konnten, hatte auch ich eine glasklare Meinung.
Blickpunkt: Hat die FDP-Fraktion etwas Besonderes, das die anderen Fraktionen nicht haben?
Van Essen: Wir haben eine ausgesprochen gute Mischung beim Alter und bei der beruflichen Herkunft. Uns zeichnet besonders aus, dass wir sehr viele Kolleginnen und Kollegen aus Berufen haben, die sonst im Bundestag eher selten vertreten sind. Zum Beispiel sind wir stolz auf den höchsten Anteil an Mitgliedern aus dem Mittelstand, also von dort, wo in besonderer Weise Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen werden. Sie können aus ihrer eigenen Erfahrung vieles sehr viel besser vortragen und beurteilen. Das macht uns einzigartig im Bundestag.
Blickpunkt: Sie waren auf eine Regierungsübernahme eingestellt. Es kam anders. Wirkt das nach?
Van Essen: Fast 40 Prozent der Fraktion besteht aus neuen Abgeordneten, die die Unterschiede zwischen Regierung und Opposition noch nicht kennen. Bei denen, die die schönen Regierungszeiten erlebten, hat es mit Sicherheit starke Enttäuschungen geben, weil wir uns auf den Politikwechsel gefreut hatten. Schon im Frühherbst 2004 hatten wir aus einer Lagebeurteilung den Schluss gezogen, dass wir vorbereitet sein müssen, noch vor 2006 Regierungsverantwortung zu übernehmen. Die Fraktion hat Arbeitsgruppen eingesetzt und ein Regierungsprogramm erarbeitet, das wir in der Folge immer mehr verfeinerten. Die vielen Vorarbeiten kann man natürlich ganz exzellent auch für eine Oppositionsarbeit nutzen, weil wir geklärte Positionen haben.
Erschienen am 8. Februar 2006