Familie. Mehr Bildungsangebote für Kinder bereits vom Kleinkindalter an und ein Ausweiten der Infrastruktur hat Professor Thomas Rauschenbach, Vorsitzender der Sachverständigenkommission für den 12. Kinder- und Jugendbericht des Bundes, gegenüber dem Familienausschuss am 26. Januar gefordert. Dabei müssten nach Ansicht der Kommission die öffentlichen Angebote sowie die Ausbildung des Erziehungspersonals selbst mehr in den Blick rücken. Sie rege deshalb eine Qualifizierungsoffensive bei der Erzieherinnenausbildung an, in deren Verlauf die Ausbildung auf Hochschulniveau gebracht werden könne. In dem knapp zweistündigen Expertengespräch zog Rauschenbach eine erste Zwischenbilanz des noch ausstehenden Berichtes, der im Frühjahr der Bundesregierung übergeben und mit deren Stellungnahme dem Parlament im Herbst vorgelegt werden soll. Geprägt von der Diskussion um die PISA-Studie über die Leistungen von Schülerinnen und Schülern ist auch der Arbeitsauftrag der Sachverständigenkommission: "Bildung und Erziehung vor und neben der Schule." Die zentrale Frage laute für sie, wie Bildung stärker Eingang in alle Lebensbereiche von der Kleinkindbetreuung bis zur Schule finden und mit der Erziehung und Betreuung besser verzahnt werden könne.
Ganztagsschulen als Regel
An die Abgeordneten gewandt formulierte der Kommissionsvorsitzende den Wunsch, noch einmal über einen Rechtsanspruch für einen Krippenplatz für Kleinkinder - "zumindest ab 2010" - nachzudenken. Er erinnerte an die kontroverse Diskussion beim Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Dreijährige. Ein Durchbruch sei erst mit dem gesetzlich festgeschriebenen Rechtsanspruch erreicht worden, vorher sei es "halbherzig" gewesen. In Sachen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz wie auch in der Diskussion um die Ganztagsschulen feile die Kommission noch an einer abschließenden Position. Für Rauschenbach steht fest: "Wir müssen dahin kommen, Ganztagsschulen zum Regelangebot zu machen." Die Generaldevise müsse lauten, die Bildungsinfrastruktur auszuweiten. Dies dürfe nicht generell zu einem Mehr an Schule führen, sondern müsse Raum für eine Vielfalt an Lernangeboten lassen, bei der alle Akteure in der Bildungslandschaft kooperierten. Bislang hänge aber die Kooperation von Schulen mit Vereinen, Verbänden und Eltern meist vom guten Willen von Einzelpersonen ab und sei nicht organisiert.
Auf die Frage der CDU/CSU-Fraktion, zu welchen finanziellen Rahmenbedingungen man eigentlich kommen müsse, erwiderte der Vorsitzende der Sachverständigenkommission: "Wir müssen die Verteilungsfrage neu austarieren und über die Generationenverteilung anders nachdenken." Hierzulande steige die Zahl der in Armut lebenden Kinder weiter an, während sich die finanzielle Situation der in der Nacherwerbsphase lebenden Menschen positiv entwickle. Er gab aber auch zu bedenken, dass mehr Geld allein nicht das Allheilmittel sei, es gelte die Infrastrukturangebote so zu verbessern, dass man auf Kinder aus benachteiligten Schichten zugehen könne. Die SPD bezeichnete den Übergang vom 11. zum 12. Kinder- und Jugendbericht als "einen Riesenfortschritt", weil die Diskussion nicht mehr von der Befürchtung geprägt werde, der Staat übernehme alles. Dem pflichtete Thomas Rauschenbach bei und gab der Politik mit auf den Weg, ein stärkeres Augenmerk auf das Organisieren der Partnerschaft von öffentlicher und privater Erziehung zu legen.