Karl Doemens
Viel Zeit ist mit Beschwichtigungen vertan worden
Bei den Sozialversicherungssystemen legt die Große
Koalition einen höchst ambivalenten Start hin
Die Rentenkassen benötigen erstmals einen Kredit, der
gesetzlichen Pflegeversicherung droht die Pleite, und die
Krankenkassen lassen die Versicherten auf die versprochenen
Beitragssenkungen warten: Trotz mancher Reformen und zahlreicher
Notoperationen in der Vergangenheit steuern die sozialen
Sicherungssysteme in Deutschland in höchst unruhigem
Fahrwasser. Während auf der einen Seite der medizinische
Fortschritt und die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung
die Kosten nach oben treibt, untergräbt auf der anderen Seite
die schrumpfende Geburtenrate und der Schwund der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung die
Einnahmebasis. Gleich im zweiten Satz macht der druckfrische
Koalitionsvertrag der Großen Koalition den "demographischen
Wandel" und "den Veränderungsdruck der Globalisierung" als
zentrale politische Herausforderungen aus. Doch die Antworten
für die Sozialsysteme fallen noch dürftig aus. ...
Cordula Tutt
Eine neue Definition des Sozialen ist nötig
Zwänge in Zeiten der Globalisierung: Hat die Politik
überhaupt noch etwas zu sagen?
Globalisierung wird in Deutschland vorrangig als Gefahr für
Arbeitsplätze und Wohlstand wahrgenommen. Es kommt darauf an,
dass die neue Regierung auch Vorteile in dieser internationalen
Konkurrenz herausstreicht. Die Koalitionsparteien müssen aber
auch frühere Fehler einsehen und mit dem ...
Nikolaus Piper
Innovationen müssen Spitze sein
Offensiv im internationalen Wettbewerb
Die Globalisierung macht den Deutschen Angst. Die Menschen
nehmen die Weltwirtschaft wahr als eine anonyme Macht, die
Arbeitsplätze und Wohlstand frisst, die möglicherweise
gesteuert wird von anonymen finsteren Finanzgewaltigen
("Heuschrecken"). Die Furcht vor der verschärften Konkurrenz
aus Ländern mit Stundenlöhnen von fünf Euro und
weniger und vor der vertieften internationalen Arbeitsteilung - und
nichts anderes ist Globalisierung - prägt die
Auseinandersetzungen um Reformen in Deutschland, um Kostensenkungen
in den Unternehmen und den Umbau der Sozialsysteme. ...
Stefan von Borstel
Deutsche Unternehmen im Ausland schaffen Arbeitsplätze zu
Hause
Jobverlust: In den Betrieben geht die Angst um
Stellenabbau ist ein hässliches Wort. Arbeitgeber nehmen es
nicht gern in den Mund, sie reden dann lieber von "Neuausrichtung
der Produktionskapazitäten", "Zukunftssicherung" und
"sozialverträglichen Lösungen". So auch bei Carl Zeiss
Vision, dem zweitgrößten ...
Keine Angst vor Wettbewerb unter fairen Bedingungen
Interview mit dem DGB-Vorstandsmitglied Heinz
Putzhammer
Es klingt nach einem harten Kampf: Gegen internationale
Konkurrenz und erpresserische Methoden mancher
Unternehmensführungen müssten die Gewerkschaften
künftig neue Strategien entwickeln, so Heinz Putzhammer. Er
schlägt eine andere Richtung vor als viele
Wirtschaftsexperten: Statt der Globalisierung mit niedrigeren
Löhnen zu begegnen, fordert er, gerade die hohen Löhne zu
verteidigen. Alles andere bedeute, "den Standort Deutschland
aufzugeben und langfristig zu verarmen". ...
Sven Clausen
Deutschland ist ein Eldorado für Finanzinvestoren
Wie Hedge-Fonds-Manager und Private-Equity-Häuser viel
Geld für Wenige verdienen
Um sein Geschäft in Deutschland ausbauen zu können,
ließ sich Stephen Schwarzman von den Vorzügen der Elbe
und Alster überzeugen. Zwar ist das Finanzzentrum der Republik
eindeutig in Frankfurt. Aber Hanns Ostmeier, den sich der Chef von
Blackstone, einem der größten Finanzinvestoren der Welt,
als ...
Thomas Fishermann
Warten auf den Kollaps
Die Vereinigten Staaten bleiben eine kolossale
Wirtschaftsmacht. Doch unantastbar sind sie längst nicht
mehr
Im Oktober gaben die Washingtoner Wirtschaftsstatistiker ihre
neuesten Zahlen bekannt, und demnach ist das amerikanische
Sozialprodukt im dritten Quartal (auf das Jahr hochgerechnet)
wieder um stabile 3,8 Prozentpunkte gewachsen. Die
durchschnittlichen Einkommen der Amerikaner haben im September um
...
Sven Sievers
Braucht die globale Wirtschaft neue Regeln?
Das verflixte Problem mit der Gerechtigkeit: Mächtige
Konzerngewinne auf der einen und Jobverluste auf der anderen
Seite
Alexander Hagelüken
Poker um ein neues Abkommen
Glasnost in Genf: Wie die WTO sich bemüht, in der
Praxis demokratisch zu werden
Vorwiegend männliche Anzugträger in weißen
Hemden, die mit Kopfhörern einen Meinungsaustausch weiterer
Anzugträger verfolgen: Die Szene hatte etwas
einschläfernd Banales. Auf den ersten Blick ein Bild, wie es
sich im globalen Kongresszirkus jeden Tag hundertfach bietet. In
Wirklichkeit kam die Szene am 12. September im Genfer
WTO-Hauptquartier einer Sensation gleich. Erstmals öffnete die
Welthandelsorganisation ein internes Treffen für die
Öffentlichkeit. ...
Claus Tigges
Afrika steht auf der Agenda neuerdings weit oben
IWF und Weltbank müssen sich fragen, wie sie
künftig Entwicklungshilfe gestalten und aus der Kritik geraten
wollen
Die internationale Entwicklungshilfe steht an einem Scheideweg.
Daran besteht kaum noch ein Zweifel, seit sich die internationale
Gemeinschaft kürzlich auf einen vollständigen
Schuldenerlass für die ärmsten Entwicklungsländer
verständigt hat. Den Staaten - die meisten von ihnen liegen in
Afrika - ...
Jeannette Goddar
Getragen von der Trägheit
Wo bleibt der Westen?
Für die Völker des Westens ist jetzt die Zeit
gekommen, die großen Schätze, die sie in Generationen
angehäuft haben, nicht nur klug zu bewahren und wenn
möglich zu mehren, sondern vor allem humaner und weiser zu
nutzen als bisher. Diese Lektion müssen sie noch lernen. Wenn
sie das tun, wird ihnen ...
Matthias Wolfschmidt
Fairer Handel wäre Verständnis von Zukunft
Die europäische Agrarlobby schadet mit
protektionistischen Winkelzügen den Ländern des
Südens
Die Agenturmeldungen vom EU-Gipfel, der Ende Oktober im
britischen Hampton Court stattgefunden hatte, verhießen
nichts Gutes: Frankreichs Staatspräsident Chirac drohe,
"jeglichen neuen Vorschlag der EU-Kommission im Agrarbereich
zurückzuweisen", falls die EU bei der für Dezember
angesetzten Welthandelsrunde in Hongkong ein zu
großzügiges Angebot unterbreiten werde. Einen Tag
später priesen EU-Handelskommissar Peter Mandelson und
Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel das EU-Angebot als
ausgewogen. Man werde den Partnern in der Welthandelsorganisation
(WTO) entgegenkommen. Worin genau dieses "Entgegenkommen" letztlich
bestehen wird, ist offen und ob es insbesondere für die armen
Länder ausreicht, darf bezweifelt werden. ...
Christoph Then
Lizenzgebühren für Mais und Schweine
Konzerne greifen mit der Patentierung auf Saatgut nach dem
Schlüssel der Versorgung durch Nahrungsmittel
Patente auf Saatgut kennen die meisten europäischen
Landwirte bisher nur vom Hörensagen. Doch die Liste der
Länder, in denen Landwirte bereits Lizenzgebühren
für die Verwendung patentierter Pflanzen bezahlen (oder
bezahlen sollen), ist lang: Sie umfasst unter anderem die USA,
Kanada, Brasilien, ...
"Deutsche Befindlichkeiten interessieren die Chinesen
nicht"
Interview mit Hans-Werner Sinn, Chef des ifo-Instituts
für Wirtschaftsforschung
Der Volkswirt Hans-Werner Sinn schätzt klare Worte: "Der
deutsche Weg ist unrealistisch und zum Scheitern verurteilt." Die
Löhne seien zu hoch, die Arbeitslosigkeit zu teuer und
notwendige Reformen wie Hartz IV gingen nicht weit genug. Seine
Forderungen: billiger und besser produzieren, Ganztagsschulen
etablieren, das Arbeitslosengeld II (ALG II) drastisch senken und
dafür mehr Zuverdienstmöglichkeiten und
Zeitarbeitsverhältnisse ermöglichen. Mit diesen Reformen,
meint Sinn, wieder ganz Optimist, könne Deutschland durchaus
an neuer Dynamik gewinnen. ...
Jochen Buchsteiner
Zur Bypass-Operation nach Bombay
Für Indien zählt nur die Weltspitze
Noch bevor im Jahr 2008 die Olympischen Spiele in Peking
beginnen, fliegen die Inder auf den Mond. Jedenfalls haben sie sich
das vorgenommen. Ihr eigenständig entwickeltes "Polar
Satellite Launch Vehicle" soll neue Planetendaten an das
Hauptquartier der Indischen Weltraumforschungsorganisation, ISRO,
in Bangalore übermitteln. Die Mission "Chandrayan Pratham",
oder "Mondschuß Eins", ist in einem Land mit 300 Millionen
Armen nicht unumstritten. Aber K. Kasturirangan, der Nestor der
indischen Raumfahrt, lässt keinen Zweifel zu: "Die Frage
lautet nicht, ob man sich das leisten kann, sondern ob man sich
leisten kann, es zu ignorieren." ...
Mathias Brüggmann
Alte Bekannte aus der Sowjetzeit sind auffällig gut im
Geschäft
Willkommen zurück in der Planwirtschaft: Wie der Staat
sich in die russische Wirtschaft einmischt
Sorgen Sie dafür, dass die Vorgaben unseres
Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin erfüllt
werden." Aus Michail Fradkows wie immer verschlafen aussehendem
Gesicht stechen die stahlblauen Augen. Der russische Premier blickt
seinen am großen ovalen Kabinettstisch sitzenden
Wirtschaftsminister ...
Kristin Kupfer
China erfindet sich neu
Auf dem Land herrscht das Mittelalter, an den Küsten
westliche Lebensart
Ein Zahlenzauber liegt über China. Analysten
beschwören ein Reich der Mitte zwischen Wunder und Wahn:
Konstante Wachstumsraten von um die neun Prozent,
Spitzenempfänger von ausländischen Direktinvestitionen,
Verdopplung des Handelsvolumens seit 2001 von 510 auf 1.100
Milliarden US-Dollar und damit Platz drei in der Welt. Die
Volksrepublik liegt aber auch auf Platz zwei des weltweiten
Primärenergieverbrauchs und der CO2-Emissionen; 89 Prozent der
Hinrichtungen weltweit haben 2004 in China stattgefunden, die Rate
der faulen Kredite bei den vier großen Banken liegt zwischen
22 und 50 Prozent, und das Land hat nur eine Partei. Das passt
alles nicht zusammen. ...
Tanja Kewes
Trendige T-Shirts per Luftfracht
Die Welt trägt "China" und kauft sich
glücklich
Ein kurzer Blick in den Kragen Ihres Pullovers, Ihrer Bluse oder
Ihres Sakkos reicht aus, um die Ausmaße der
Welttextilproduktion zu erfassen. "Made in Turkey", "made in
Croatia" - oder immer häufiger "made in China" - steht auf dem
Etikett. Und dabei ist es egal, ob es ...
Huberta von Voss
Die Sehnsüchte im Land der Erinnerungen
Eine Ölpipeline soll für Aserbaidschan und
Georgien den Wohlstand bringen
Er steht da, als hätte ihn die Zeit dort vergessen. Seine
schwarze Kutte umweht der Herbstwind, fängt sich im struppigen
langen Bart. Nur die Augen des Paters verraten, dass er jung ist.
Hoch oben in den kaukasischen Bergen bleibt die Moderne eine banale
Ahnung. Ein Pilger hat seinen Stoffrucksack an einen Zweig
geknotet, isst im Schatten Tomaten und Käse. Nur wenige
Touristen verirren sich hierher. Auf einem Sockel neben der
Eingangstür des Kreuz-Klosters gurren zwei hübsche
schneeweiße Tauben. An einem ausgedienten Fußballtor
baumeln vier alte Glocken an rostigen Fahrradschlossketten.
Über den mächtigen Maulbeerbaum sind die Wünsche der
Gläubigen wie eine Plage hergefallen. Wer in dieser Region auf
etwas hofft, reißt ein Stück seines Taschentuches ab,
knotet es an einen Baum und betet und blickt in die Ferne, nach
Tiflis. ...
Alexander Busch
Eine endlose Kette von Trucks fährt voll beladen in die neue
Zeit
Im Windschatten der Globalisierung: Südamerika wird
zum Rohstofflieferanten der Welt - und die Armen bleiben
arm
Primavera do Leste liegt in Brasiliens wildem Westen, etwa im
Zentrum Südamerikas. In geometrisch angelegten Siedlungen
inmitten einer staubigen Savanne leben hier 60.000 Menschen. Wo vor
kurzem noch Rinder in der unberührten Steppe grasten, wird
heute Soja und Baumwolle bis an den hitzeflimmernden ...
Dominic Johnson
Inseln des Wohlstands in einem Meer der Armut
Der verlorene Kontinent: An Afrika geht die Globalisierung
vorbei
Es gibt zwei Statistiken, die in Analysen der wirtschaftlichen
Lage Afrikas regelmäßig auftauchen: Der Anteil Afrikas
am Welthandel beträgt gerade einmal zwei Prozent - und die USA
wollen bis 2015 ein Viertel ihres Rohölbedarfs aus Afrika
decken. Die erste dieser Aussagen belegt Afrikas Marginalisierung,
die zweite Afrikas Bedeutung. Sie stehen zueinander im Widerspruch
- und genau dieser Widerspruch spricht Bände über die
Wirtschaftsperspektiven des afrikanischen Kontinents. ...
Interview
Hilfe geht zu oft in schwarze Kassen
Interview mit Georges Tshionza, Bürgerrechtler im
Kongo
Mehr Entwicklungshilfe für Afrika ist notwendig. Doch damit
sie wirklich hilft, muss sich die Entwicklungspolitik
verändern, fordert der zivilgesellschaftliche Führer
Georges Tshionza aus der Demokratischen Republik Kongo. "Helft
Afrika, seine Regierungssysteme zu verbessern! Das ist unser
größtes Problem." Tshionza leitet in Kongos Hauptstadt
Kinshasa die Organisation "Seracob", die Fortbildung für
zivilgesellschaftliche Basisorganisationen anbietet. Er ist
Mitglied des "Nationalen Technischen Komitees" der kongolesischen
Regierung zur Ausarbeitung des Armutsbekämpfungsprogramms PRSP
und zuständig für die Einbindung der Zivilgesellschaf. Er
leitete die landesweiten Untersuchungen des PRSP-Teams zur Erhebung
von Basisdaten und -informationen zur Armut im Kongo. ...
Helga Gandlhuber
Polnisches Know-how im Münchner Nobelviertel
Osteuropäische Ein-Mann-Betriebe nutzen ihre
Chance
Lächelnd blickt sich Slawomir Ludwik Kostrzewa um,
begutachtet die glänzenden Wände, den polierten Boden. Er
sitzt in einem kleinen Bistro, mitten in der Münchner
Innenstadt. "Ich bin hier der zweite Chef", sagt er stolz. Und der
eigentliche Inhaber, Remi Campana, nickt. Denn der 47-jährige
Kostrzewa hat in zwei Monaten aus der Baustelle ein Bistro gemacht
- sein bisher größter Auftrag. Der Alleskönner ist
Maler, Trockenbauer, Innenausstatter, Parkett- und Bodenleger. Ein
Chamäleon des Handwerks sozusagen. Sein Auftraggeber scheint
daran bei der Namensgebung des Bistros gedacht zu haben: Cameleon
heißt es, in der Schreibweise seiner französischen
Heimat. Kostrzewas Heimat ist Polen. Im März 2004 zog er nach
München und holte sich einen Gewerbeschein - genau zu dem
Zeitpunkt, ab dem das rechtlich möglich war. ...
Jürgen Osterhammel
Die Globalisierung ist postmodern
Sklavenhandel und Mauerfall: Als die Welt international
wurde
Hätte man vor 30 Jahren Historiker gefragt, mit welchem
allgemeinen Begriff sie die wirtschaftliche Entwicklung in den
letzten beiden Jahrhunderten beschreiben würden, dann
hätten vermutlich die meisten von ihnen das Wort
"Industrialisierung" genannt. Heute dürfte bei vielen die
Antwort ...
Anja Struve
Das heutige Währungsgefüge ist auf Dauer nicht
stabil
Mehr Flexibilität ist dringend
erforderlich
Physiker wissen nur zu gut, dass ein Perpetuum mobile nicht
funktionieren kann - eine Maschine, die ohne Energiebedarf immer
weiter läuft. An den Finanzmärkten wird diese Erkenntnis
derzeit wieder einmal verdrängt. Die Investoren tun so, als ob
sich die Weltwirtschaft ewig auf die jetzige Konstellation
verlassen könnte: Ein Wechselkursgefüge mit dem Dollar
als faktischer Leitwährung, um die die Kurse einiger weniger
Währungen wie Euro, Pfund oder Franken frei schwanken,
während ein großer Teil der übrigen Devisen mehr
oder minder fest an den Dollar gekettet ist. Dieses System scheint
so festgezurrt, dass einige Ökonomen von einer Art "Bretton
Woods II" sprechen, einer modernen Version jenes Festkurssystems
also, auf das sich die Wirtschaftsmächte 1944 einigten, und
das der Welt über zwei Jahrzehnte lang stabile Wechselkurse
bescherte. ...
Oliver W. Schwarzmann
Boom auf Pump ist eine Milchmädchenrechnung
Die Macht der Finanzströme: Wie sie die
wirtschaftliche Entwicklung ganzer Kontinente bestimmen und
"künstliche" Finanzkrisen erzeugen können
Die Analyse der augenscheinlichen Übermacht der
Finanzströme und der offenkundigen Krisenanfälligkeit,
die sich im wachsendem Maße über alle Volkswirtschaften
hermacht, entspringt einem Phänomen, das sich am besten als
Beschleunigung des globalen Kapitalismus beschreiben lässt.
Für die geradezu ...
Rüdiger Köhn
Maschinenbau hält das Schild "Made in Germany" hoch
Die wichtigste Exportbranche kämpft gegen
internationale Konkurrenz
Thomas Keidel liebt die unverhohlene Ansprache. Der
Geschäftsführende Gesellschafter der Göttinger Mahr
Holding ruft seine Kollegen aus dem Maschinen- und Anlagenbau offen
auf, in ihren Unternehmen Bündnisse für Arbeit mit den
Arbeitnehmern zu schließen. Keidel ist bewusst, dass sich
Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene rechtlich in einer Grauzone
bewegen: "Ich weiß, dass solche Bündnisse eigentlich
illegal sind." Schließlich widersprechen sie den
Tarifverträgen, die zwischen Arbeitgeberverbänden und
Gewerkschaften geschlossen worden sind. Doch der Chef von Mahr
setzt auf "Legalisierung durch Praxis". Am Ende seien
schließlich Arbeitsplätze gesichert. "Den möchte
ich sehen, der sich dagegen wehrt und eine Arbeitsplatzverlagerung
in Kauf nimmt", spielt er auf den Widerstand der Gewerkschaften an.
...
Marco Dalan
China startet mit viel PS durch
Deutschlands Automobilkonzerne kämpfen mit hohen
Lohnkosten
Frankfurts Messehallen sind wieder autofrei. Kein
glänzendes Chrom mehr, kein polierter Lack, keine
optimistischen Vorstände. Wo noch vor wenigen Wochen
automobile Träume im Scheinwerferlicht der Internationalen
Automobilausstellung (IAA) strahlten, ist der graue Alltag
zurückgekehrt. Auch die ...
Interview
Die Gralshüter der Freihandelstheorie dominieren
Interview mit dem Bremer Globalisierungskritiker Rudolf
Hickel
Die Globalisierung muss sozial und ökologisch gestaltet
werden, fordert Professor Rudolf Hickel, der zu den profiliertesten
Kritikern einer neoliberalen Wirtschaftspolitik in den westlichen
Industriestaaten gehört. Ähnlich wie andere
Globalisierungsexperten ist Hickel aber auch davon überzeugt,
dass Deutschland auf Dauer nur bestehen kann, wenn es die besseren
und intelligenteren Produkte anbietet. Hartz IV, kritisiert Hickel,
sei aber das genaue Gegenteil einer Qualifizierungsoffensive. ...
Sven Giegold / Peter Wahl
Internationale Steuern werden ein Kind der Globalisierung
sein
Der Kampf gegen Steuerflucht ist eine Frage des politischen
Willens
Für die öffentlichen Kassen (nicht nur in der
Bundesrepublik) stellt die Globalisierung eine gewaltige
Herausforderung dar. Denn die Liberalisierung der globalen
Finanzmärkte und die Aktivitäten transnationaler
Unternehmen untergraben zunehmend die nationalen Steuersysteme. Die
Mechanismen sind ...