Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 03-04 / 19.01.2004
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Hartmut Hausmann

Kommission klagt gegen Aussetzung des Verfahrens

EU-Gerichtshof soll Klarheit im Streit um Solidarpakt schaffen
Die EU-Kommission hat sich am 13. Januar in Straßburg für eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung der EU-Finanzminister durchgerungen, die laufenden Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich zunächst auszusetzen. "Als Hüterin der EU-Verträge sei die Kommission verpflichtet, den Klageweg einzuschreiten", sagte Kommissionssprecher Gerassimos Thomas gegenüber der Presse.

Bei diesem bisher beispiellosen Verlangen gehe es nicht um den inhaltlichen Beschluss der Minister, sondern ausschließlich um das von ihnen beschlossene Verfahren. Obwohl beide Länder zum dritten Male in Folge gegen die im EU-Stabilitätspakt festgelegte Obergrenze bei der Haushaltsverschuldung verstoßen, gelang es Deutschland und Frankreich am 25. November im Ministerrat mit der Unterstützung von Italien und Luxemburg, die Inkraftsetzung des von der Kommission vorgeschlagenen nächsten Schritts in dem vertraglich festgelegten EU-Defizitverfahren zu vermeiden. Stattdessen waren die Regierungen in Berlin und Paris nur zu verstärkten Sparmaßnahmen und zur Rückkehr zu einem vertragsgerechten Haushalt im Jahr 2005 aufgefordert worden.

Diese Mahnung war auch ähnlich von der Kommission vorgeschlagene worden. Doch die zusätzliche Inkraftsetzung der nächste Stufe hätte bedeutet, dass auf beide Ländern bei einem weiteren Verstoß gegen den Stabilitätspakt empfindliche Geldstrafen zugekommen wären. Nach Auffassung der Kommission reichen die vom Rat verabschiedeten Schlussfolgerungen hierfür aber nicht aus. Den "Entscheidungselementen" fehle somit jegliche juristische Basis, sagte Thomas. Schon vor der Sitzung des Gremiums hatte sich der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen skeptisch zu der Klage geäußert. Thomas machte aber auch deutlich, dass die Kommission die Überwachung der Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten fortsetzen und im Februar Vorschläge für eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit vorlegen werde. Die Luxemburger Richter müssen nun darüber befinden, ob sie die Klage für zulässig halten, und wenn das der Fall ist, ob sie in der Lage sind, sie im Eilverfahren zu behandeln. Lehnen sie dies ab, könnten bis zu einer Entscheidung Jahre vergehen, und dann bliebe der Stabilitätspakt endgültig auf der Strecke.

Auch die Vorsitzende des Wirtschafts- und Finanzausschusses des Parlaments hatte die Kommission aufgefordert, von einer Klage Abstand zu nehmen. Angemessen "wäre ein Reformvorschlag der Kommission, der den Stabilitäts- und Wachstumspakt derart weiterentwickelt, dass er tatsächlich zur Stabilisierung der europäischen Wirtschaft auf hohem und inflationsfreiem Niveau beiträgt". Parlamentspräsident Pat Cox hatte die Kommission noch mit dem Argument umzustimmen versucht, der "Zerbrechlichkeit" des Wirtschaftsaufschwungs in beiden Ländern Rechnung zu tragen. Kritik an der Klage kam auch von den Betroffenen. Bundesfinanzminister Eichel bezeichnete den Beschluss in Berlin als "wenig nachvollziehbar".


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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