Der Minister betonte im Verkehrsausschuss, er sehe Bewegung beim Betreiberkonsortium Toll Collect im Streit um die Einführung des Lkw-Mautsystems. Das Konsortium habe bei den Verhandlungen Ende des vergangenen Jahres angekündigt, im Zeitraum zwischen dem 20. und 30. Januar einen belastbaren Starttermin für die Maut zusagen zu können.
Daher habe er die vom Haushaltsausschuss am 18. Dezember beschlossene Frist an das Betreiberkonsortium, bis zum 31. Dezember einen Termin für den Mautstart zu benennen und einem Interessenausgleich in der Frage der entgangenen Mauteinnahmen zuzustimmen, bis zum 31. Januar verlängert. Stolpe machte deutlich, dass er einen Startermin nur akzeptieren werde, wenn dieser bei Nicht-Einhaltung mit einer hohen Vertragsstrafe belegt werde. Auf Nachfragen aus allen Fraktionen, wie hoch diese Strafe mindestens sein müsse und was noch als für den Bund akzeptabler Startermin gelten könne, wollte sich der Minister nicht eindeutig festlegen. Klar sei, dass die Summe deutlich über der jetzt im Mautvertrag vereinbarten Vertragsstrafe von 7,5 Millionen Euro pro Monat liegen müsse. Wegen der strittigen Schadensersatzforderung des Bundes in Höhe von 1,3 Milliarden Euro werde Toll Collect voraussichtlich das vertraglich vereinbarte Schiedsgericht anrufen.
Stolpe erklärte weiter, er sei sich mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) darin einig, dass eine Überbrückungslösung für die Mauteinnahmeausfälle dringend notwendig sei. Auf die rund 2,1 Milliarden Euro Einnahmen für die Verkehrsinfrastruktur könne nicht verzichtet werden. Die Opposition warf dem Minister vor, persönlich für die fehlenden Mittel in der Verkehrsinfrastruktur verantwortlich zu sein. Entgegen der Vereinbarung im Vermittlungsverfahren, die Mauteinnahmen zusätzlich in den Verkehrshaushalt einzustellen, seien die Ansätze im Verkehrshaushalt 2004 in der Höhe der Mauteinnahmen reduziert worden.
Darüber hinaus wollten CDU/CSU und FDP wissen, ob er als Überbrückungslösung für die Mautausfälle plane, der neuen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft eine Kreditaufnahme zu erlauben. Hierzu sagte der Minister, die Novellierung des entsprechenden Gesetzes sei ein mögliches Modell, das man in Erwägung ziehe. Die SPD warnte die Opposition davor, bei aller berechtigten Kritik das satelittengestützte Mautsystem grundsätzlich in Frage zu stellen. Dieses sei ein zukunftsweisender, auch von der EU präferierter Ansatz. Bündnis 90/Die Grünen begrüßten das sich abzeichnende Schiedsgerichtsverfahren in der Frage der Mautausfälle. Skeptisch äußerte sich die Fraktion über die Möglichkeit, eine neue Software für das Mautsystem zu entwickeln.
Kritik an Stolpe im Haushaltsausschuss
"Es kann nicht angehen, einen einstimmigen Beschluss des Haushaltsausschusses nicht umzusetzen". Dies betonte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Manfred Carstens (CDU/CSU), gegenüber Stolpe zu Beginn der Beratungen über den Mautvertrag. Der Minister antwortete, dass nach seiner Auffassung seine Entscheidung, den Vertrag nicht zu kündigen, im Grundinteresse des Haushaltsausschusses gelegen habe. Es seien dadurch keinerlei Rechte verloren gegangen. Er habe in der Zwischenzeit den Eindruck, dass das neue Management die Sache "im Griff habe".
Demgegenüber war die CDU/CSU skeptisch, ob ein realistische Termin genannt werden würde. Der Sprecher der SPD-Fraktion betonte, dass er die Kritik an der Entscheidung des Finanzministers nicht mittrage. Der Minister habe im Sinne des Beschlusses des Haushaltsausschusses gehandelt. Die Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich dagegen "sehr verärgert" über Stolpes Entscheidung. Sie forderte, dass endlich ein akzeptabler Termin genannt würde. Die FDP beklagte die "ganze Entwicklung". Nur wegen fehlender Alternativen sei bisher der Vertrag nicht gekündigt worden. "Wir sind zum Gespött der Leute im In- und Ausland geworden", sagte der FDP-Sprecher.
Einstimmig stimmte der Ausschuss einem Antrag der SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zu. Danach erwartet der Haushaltsausschuss, dass Toll Collect bis Ende Januar einen definitiven Einführungstermin für das elektronische Lkw-Mautsystem auf deutschen Autobahnen nennt und dass bei Nichteinhaltung eine deutlich höhere Vertragsstrafe vorzusehen sei. Sollte das nicht der Fall sein, soll umgehend der Vertrag gekündigt werden.
Nicht durchsetzen konnte sich die FDP-Fraktion mit einem Antrag, in dem unter anderem gefordert wurde, dass die Regierung mögliche Alternativen aufzeigen solle.