Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 20 / 10.05.2004
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Hans-Jürgen Schröder

George W. Bush auf dem Prüfstand

Die USA im Wahljahr
Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf ist früher als erwartet in eine heiße Phase getreten. Wird es dem Amtsinhaber George W. Bush gelingen, die Wahlen für sich zu entscheiden? Für die Auseinandersetzung mit dieser Frage sind die Publikationen von Paul Krugman und Robert von Rimscha wichtige Standortbestimmungen.

Der Journalist von Rimscha, der gegenwärtig die Parlamentsredaktion des Berliner "Tagesspiegel" leitet, war von 1996 bis 2000 als Korrespondent in Washington tätig. Seiner vor einigen Jahren erschienenen Studie über "Die Kennedys" folgen jetzt Betrachtungen über "Die Bushs" und deren Aufstieg zu einem der führenden amerikanischen Familien-Clans. Der Autor beschreibt die ökonomische Basis der Familie Bush, deren Verflechtung mit der Ölindustrie und den damit verknüpften politischen Aufstieg. In geschickter Kombination biografischer Elemente und Ereignisgeschichte entfaltet von Rimscha ein breites Panorama zur amerikanischen Politik seit den 80er-Jahren.

Im Mittelpunkt der hochinteressanten Betrachtun-gen stehen die beiden Personen, denen der Sprung ins Weiße Haus gelang, George Bush und sein Sohn George W. Bush. Der 41. und der 43. Präsident sahen sich mit dramatischen Ereignissen konfrontiert. In die Amtszeit von Bush senior fallen das Ende des Kalten Krieges, die deutsche Wiedervereinigung und der Irak-Krieg 1991 zur Befreiung Kuwaits.

Für den Sohn wurde der 11. September 2001 zur zentralen Herausforderung. In überzeugender Weise macht von Rimscha deutlich, wie der gegenwärtige Präsident das "zweite Pearl Harbor" innen- und außenpolitisch und wie er mit dem Irak-Krieg die kooperative Außenpolitik seines Vaters hinter sich ließ. Die transatlantischen Irritationen unterstreichen dies.

Ein gesondertes Kapitel gilt den deutsch-amerikanischen Differenzen der Jahre 2002 und 2003. Die zentralen Streitpunkte werden prägnant skizziert. Aber wer trägt die Verantwortung? Die "Schuld" wird dem deutschen Kanzler zugeschoben. Ob dieses Urteil Bestand haben kann, dürfte erst die Öffnung der jeweiligen Archive zeigen.

Abschließend diskutiert von Rimscha die Chancen des 43. amerikanischen Präsidenten zur Wiederwahl. Die republikanische Wahlstrategie gehe davon aus, dass bei den Amerikanern in Zeiten des Terrors der Wunsch nach Sicherheit dominiere. "Dann sollte Bushs Kombination aus Steuersenkungen und Sicherheit allemal reichen." Überdies habe Bush bei Zuwächsen der Stammwählerschaft außer den Afroamerikanern fast alle Bevölkerungsgruppen erreichen können. Allerdings bereite die gesamtwirtschaftliche Situation mit nach wie vor hoher Arbeitslosigkeit "zunehmende Sorgen".

Wirtschaftliche Fragen stehen im Mittelpunkt der Publikation von Paul Krugman. Der in Princeton lehrende Wirtschaftswissenschaftler ist seit drei Jahren in der "New York Times" regelmäßig mit vielbeachteten Kolumnen vertreten. Sie bilden die Grundlage seines neuen Buches. Es handelt es sich um eine gnadenlose Abrechnung insbesondere mit der Wirtschaftspolitik der Regierung George W. Bush. Krugman, der sich als "liberal angehauchten Ökonomen" bezeichnet, geißelt die steigende Staatsverschuldung, die gigantischen Militärausgaben, die Nähe des Bush-Clans zu Big Business und insbesondere die Steuerpolitik.

Der Autor diagnostiziert als Folge der gegenwärti-gen Wirtschaftspolitik eine gigantische Umverteilung von unten nach oben, denn vor allem begüterte Schichten seien Nutznießer. Damit werde der ohne-hin zu beobachtende Trend der "immer weiter ausei-nanderklaffenden Verteilung von Einkommen und Wohlstand" noch verstärkt. "Ein Rechtsruck zerreißt das Land." Krugman sieht das politische und gesell-schaftliche System der USA und damit die innenpolitische Stabilität gefährdet.

Die kritischen Kommentare Krugmans haben über ihre inhaltliche Substanz hinaus auch dokumentarischen Charakter. Sie zeigen, dass ungeachtet der patriotischen Welle nach dem 11. September die Opposition in den USA nicht mundtot war. Überdies ist das Buch ein Beleg dafür, dass pointierte Bush-Kritik keineswegs eine europäische oder gar deutsche Erfindung ist.

Beide Publikationen machen deutlich, dass George W. Bush bereits jetzt sowohl der amerikanischen Innen- als auch der Außenpolitik in markanter Weise seinen Stempel aufgedrückt hat. Die in der ersten Hälfte der 90er-Jahre vom damaligen Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Newt Gingrich, lautstark angekündigte "Republikanische Revolution" war zunächst an den wirtschaftlichen Erfolgen Clintons abgeprallt. George W. Bush hat in Anknüpfung an Ronald Reagan den Faden wieder aufgenommen und die konservative Agenda beharrlich vorangetrieben. Im außenpolitischen Bereich wird der amerikanische Hegemonialanspruch in der Welt in beispielloser Deutlichkeit demonstriert. "Es sieht so aus", so betont von Rimscha, "als würde unabhängig vom Ausgang des Präsidentschaftswahlgangs 2004 eines feststehen: Die Bushs werden Amerika erhalten bleiben. Und damit auch der ganzen Welt."

Robert von Rimscha

Die Bushs. Weltmacht als Familienerbe.

Campus Verlag, Frankfurt/M. - New York, 2004;

271 S., 19,90 Euro

Paul Krugman

Der Grosse Ausverkauf.

Wie die Bush-Regierung Amerika ruiniert.

Aus dem Englischen von Birgit Hofmann und Herbert Allgeier.

Campus Verlag, Frankfurt/M. - New York, 2004;

272 S., 21,90 Euro


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