Verbraucherschutz. Unterschiedlich beurteilen Experten den Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Neuregelung des Gentechnikrechts. Dies wurde auf einer öffentlichen Anhörung des Verbraucherschutzausschusses am 9. März deutlich. Mit dem Gesetz soll der noch fehlende Teil der EU-Freisetzungsrechtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden, nachdem mit dem nicht zustimmungspflichtigen Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts bereits die Koexistenzregelungen für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen beschlossen wurde. Der vorliegende Entwurf behandelt vor allem Verfahrensvorschriften sowie Klarstellungen zur Definition bestimmter Begriffe.
Rechtssicherheit für Unternehmen
Die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie begrüßte die im Gesetzentwurf enthaltenen Verfahrenserleichterungen. So müsse der Betreiber einer gentechnischen Anlage diese nun nicht mehr anmelden, sondern nur noch anzeigen. Sofort nach Eingang dieser Anzeige bei der Behörde könne er mit den gentechnischen Arbeiten beginnen. Problematisch hingegen sehe man die weitgehenden Regelungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit. Die Unterrichtungspflicht schon bei dem "Verdacht einer Gefahr" verunsichere die Öffentlichkeit, bevor man Genaueres wisse. Vorzuziehen sei daher, eine Informationspflicht bei "begründetem Verdacht" in das Gesetz aufzunehmen.
Christoph Palme vom Institut für Naturschutz und Naturschutzrecht Tübingen sieht das Gesetz sowohl als "EU-rechtlich wie auch verfassungsrechtlich geboten" an. Es schaffe Rechtssicherheit und stärke damit die Gentechnikindustrie. Eine weitere Verschleppung der Verabschiedung des Gesetzes, so Palme, sei nicht verständlich und werde Bußgeldforderungen seitens der EU-Kommission zur Folge haben. Diese müssten dann nicht der Bund, sondern die Länder tagen, so der Rechtswissenschaftler. Professor Gerhard Roller von der Fachhochschule Bingen wies auf den schmalen Handlungsrahmen für den Gesetzgeber hin. 90 Prozent der Regelungen seien von der EU vorgegeben worden. Es sei damit zu rechnen, dass es vor allem bei der strittigen Frage des Inverkehrbringens gentechnisch veränderten Saatgutes in Zukunft keine nationalen Zuständigkeiten geben werde. Nicht ausreichend geklärt, so räumte Roller ein, seien die Haftungsfragen. Dennoch könne er keine sich aus dem Gesetz ergebenden Verschärfungen für die Forschung erkennen, die nicht durch die Richtlinie abgedeckt seien.
Nach Meinung von Professor Lothar Willmitzer vom Max-Planck-Institut für Pflanzenphysiologie im Wissenschaftspark Golm bringt der Entwurf keine Verbesserungen oder gar Lösungen für die aus Sicht der Forschung entscheidenden Probleme des Inverkehrbringens, der verschuldensunabhängigen Haftung sowie des Standortregisters. Das Gesetz unterscheide nicht zwischen Freilandversuchen zu Forschungszwecken und kommerziellem Anbau. Im Sinne der Forschung sei eine solche Trennung jedoch unabdingbar. Auch die verschuldensunabhängige Haftung stelle für Freisetzungsversuche ein wesentliches Hindernis dar. Da es die Versicherungswirtschaft ablehne solche Risiken zu versichern, seien in Zukunft Freisetzungsversuche nicht mehr möglich. Die Unklarheiten bei Fragen des Inverkehrbringens müssten im Interesse des Wissenschaftsstandortes rasch geklärt werden, forderte Jens Katzek von der Bio Mitteldeutschland GmbH. Das vorliegende Gesetz leiste dies nicht.