Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 11 / 14.03.2005
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Mangelndes Interesse der Medien beklagt

Sitzung mit Abgeordneten der französischen Nationalversammlung

Europa. In einer gemeinsamen öffentlichen Sitzung des Europaausschusses mit 13 Mitgliedern der Délégation pour l'Union Européenne der französischen Nationalversammlung haben Parlamentarier beider Nationen am 9. März die mangelhafte Unterstützung der Medien zur Beteiligung der Bürger an der Gestaltung Europas beklagt. Im Mittelpunkt dieses Teils der Debatte stand die Ratifizierung der Verfassung für Europa und die Fortführung der so genannten Lissabon-Strategie.

Während in Frankreich auf Wunsch aller Parteien, so Ausschussvorsitzender Pierre Lequiller, die Bevölkerung in einem Referendum über eine Ratifizierung der Europäischen Verfassung abstimmen soll, gibt es für den Ausschussvorsitzenden Matthias Wissmann (CDU/CSU) und die Sprecher der Fraktionen keinen Zweifel an der Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat für die Ratifizierung. Auch die Zustimmung Frankreichs durch das Votum der Abgeordneten wäre laut Lequiller kein Problem, da sich anlässlich des Parlamentsbeschlusses zum Referendum 760 Delegierte der Französischen Nationalversammlung für und nur 66 gegen die Annahme der Europäischen Verfassung ausgesprochen hätten. Nun aber gelte es, "dass unser Ja auch gewinnt", sagte Lequiller.

Ein Vertreter der französischen UMP (Union für eine Volksbewegung) beklagte dabei die fast vertane Chance, mit dem Referendum eine einmalige Lehrstunde für Europa erreichen zu können. Kaum ein Bürger wisse, dass die Lissabon-Strategie mit den Schwerpunkten Beschäftigung und Wettbewerb darauf abziele, bis zum Jahr 2010 Europa zum weltweit stärksten Wirtschaftsblock zu machen. Auch sei kaum jemandem bekannt, dass "Bologna" für die europaweite Harmonisierung von Schulabschlüssen, Sicherheitsmaßnahmen und die Bekämpfung von Menschenschmuggel stehe.

Die Vertreterin der französischen Sozialisten ergänzte, die Medien würden sich statt über inhaltliche Aspekte des Verfassungsvertrages zu berichten, viel lieber den Streitigkeiten zwischen den Parteien widmen, obwohl deren positive Übereinstimmung zur EU-Verfassung beeindruckend sei. Im Übrigen seien Referenden für die französische Demokratie nicht ungewöhnlich. Das habe mit der Charta der Grundrechte vor über 200 Jahren begonnen, sei mit dem Votum der Bevölkerung für eine Europäische Union weitergegangen und finde nun seine Fortführung in dem Referendum zur EU-Verfassung.

Der Vertreter der SPD betonte, auch die Zustimmung der deutschen Parlamentarier zur EU-Verfassung entbinde diese keineswegs von ihrer Informationspflicht gegenüber den Bürgern. "Wir müssen dafür werben", sagte er.

Die CDU/CSU verwies darauf, die Europäische Union und nun die EU-Verfassung seien zwar seit Anbeginn ein deutsch-französisches Projekt gewesen. Es gelte aber nun, die Rolle der anderen Mitgliedstaaten viel stärker zu berücksichtigen.

Angesichts der Angst vor Unterhöhlung der nationalen Identität sei die in der EU-Verfassung verankerte Stärkung der nationalen Parlamente und des Subsidiaritätsprinzips besonders zu betonen. Von der Union kam auch die Mahnung, mit einem Scheitern der Verfassung würden nicht nur die bisherigen Erfolge, sondern auch die künftige Stärkung und Erweiterung Europas in Frage gestellt.

Die französische UDF (Union für die Demokratie) und auch die Bündnisgrünen betonten, eine stärkere inhaltliche Befassung der Bürger in den EU-Mitgliedstaaten sei unabhängig vom "Ja" oder "Nein" zur Verfassung notwendig. Die FDP unterstrich, auch sie hätte in Deutschland gern ein Referendum gehabt. Aus ihrer Sicht hätte sich in Deutschland mit einem Referendum die Chance ergeben, mit einer engagierten Diskussion über das künftige Europa sehr viel näher an die Bürger zu kommen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.