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013/2002
Datum: 21.01.2002
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heute im Bundestag - 21.01.2002

Chemische Industrie erwartet Halbierung des Angebots an Biozidwirkstoffen

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Anhörung)/

Berlin: (hib/VOM) Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) rechnet damit, dass von europaweit 1.400 Biozidwirkstoffen künftig wesentlich weniger als die Hälfte zur Verfügung stehen werden. Die andere Hälfte werde vom Markt verschwinden, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Richtlinie über das "Inverkehrbringen von Biozidprodukten" ( 14/7007). Der Umweltausschuss hört am heutigen Montag von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr dazu Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung, die im Sitzungssaal 3 S 001 (Fraktionssaal der SPD) im Reichstagsgebäude stattfindet. Der VCI begründet seine Prognose damit, dass nach Inkrafttreten des Biozidgesetzes eine rentable Vermarktung der Wirkstoffe auf Grund der hohen Zulassungskosten nicht mehr gewährleistet sei. Ein mittelständisches Unternehmen laufe heute schon Gefahr, so der VCI, dass kein Wirkstoffhersteller den von ihm nur in geringen Mengen benötigten Wirkstoff für die von ihm verkaufte Produktart unterstützt. Dies bedeute, dass er die enormen Kosten für die Wirkstoffüberprüfung für seine Produktart selbst finanzieren oder, falls sich das nicht rechne, das Produkt vom Markt nehmen müsse. Betroffen seien nicht nur viele kleine Nischenprodukte, sondern auch größere Anwendungen. Diese Marktbereinigung werde vielen, vor allem kleinen und mittleren Unternehmen, die Existenz kosten, so der VCI. Die große Zahl der am künftigen Zulassungsverfahren für Biozid-Produkte beteiligten

Behörden werde einen hohen bürokratischen Aufwand und erhebliche Zeitverzögerung sowie zusätzliche Kosten verursachen. Daher schlägt der VCI vor, dass die Zulassungsstelle, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, entscheide und lediglich das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und das Umweltbundesamt am Zulassungsverfahren beteiligt werden.

Auch die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft schließt in ihrer Stellungnahme nicht aus, dass sich aus der Anwendung des Biozidgesetzes zahlreiche Erschwernisse für Antragsteller und Zulassungsinhaber ergeben. Das Zulassungsverfahren werde viele Mittel vom Markt verschwinden lassen, so die Behörde. Durch eine "angemessene Handhabung" der Zulassungsanforderungen und Gebührenregelungen sollte jedoch versucht werden, kleinen und mittelständischen Unternehmen im Biozidsektor und im Pflanzenschutz den Verbleib am Markt zu ermöglichen. Eine Straffung des Zulassungsverfahrens empfiehlt auch das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) aus Hamburg. Empfohlen wird jedoch, das neue Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zur Zulassungsstelle zu machen und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und das Umweltbundesamt zu beteiligten Behörden. Dagegen argumentiert das nordrhein-westfälische Umweltministerium, die Beteiligung der zuständigen Fachbehörden sei angesichts des Gefahrenpotenzials vieler Biozidprodukte für Mensch und Umwelt absolut notwendig. Biozidprodukte deckten ein weites Anwendungsspektrum ab, von Desinfektionsmittel im Haushalt bis zu Schiffsanstrichen. Produkte mit erheblichem Gefährdungspotenzial sollten nicht vermarktet werden dürfen. Das bisherige System sei nicht erfolgreich gewesen, wie die Erfahrungen etwa mit Holzschutzmitteln zeigten. Nur eine sorgfältige Prüfung von Stoffen vor ihrer Marktzulassung könne die Gesundheitsgefährdung deutlich verringern.

Da die vorgesehenen Regelungen europaweit gelten, könne sich die Wettbewerbssituation nicht verschlechtern, heißt es in der Stellungnahme des Instituts für angewandte Toxikologie und Umwelthygiene an der Universität Oldenburg. Im Hinblick auf den amerikanischen Markt könne ein umfangreiches Zulassungsverfahren in Europa nur Vorteile bringen. Die Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin (IGUMED) hält es für wünschenswert, wenn die Anbieter ihr Produktprogramm straffen und "weniger sorglos" mit diesen Produkten umgehen. Der Schutz von Verbrauchern und Umwelt würde dann dadurch tendenziell verbessert. Die geplante Umsetzung der Richtlinie führe zu mehr Bürokratie, aber auch zu mehr Umwelt- und Verbraucherschutz. Der "Verbraucherzentrale Bundesverband" betont das Ziel einer umfassenden Risikobewertung der Biozide durch das Zulassungsverfahren. Ein möglichst geringer Zeitaufwand könne kein vorrangiges Ziel sein. Auch das Umweltbundesamt teilt nicht die Einschätzung, dass die Bürokratie gesteigert wird, ohne den Umwelt- und Verbraucherschutz wesentlich zu verbessern. Der hohe Aufwand resultierte vor allem aus den Vorgaben der Richtlinie und nicht aus der von der Regierung gewählten Form der Umsetzung, heißt es in der Stellungnahme der Behörde.

Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2002/2002_013/02
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