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123/2003
Datum: 05.06.2003
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heute im Bundestag - 05.06.2003

Prodi: Gleichzeitig wirtschaftlicher Riese und politischer Zwerg nicht möglich

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/RAB) Die Europäische Union kann es sich auf Dauer nicht leisten, wirtschaftlich ein Riese zu sein und politisch ein Zwerg zu bleiben. Daher kommen in der derzeitigen Phase der europäischen Integration der Erarbeitung der Verfassung durch den Europäischen Konvent sowie der Osterweiterung mit der Aufnahme von zehn mittel- und osteuropäischen Ländern eine hohe Bedeutung zu, erklärte der Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi, am Donnerstagvormittag im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Ohne entscheidende Fortschritte müsse die Union von negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung ausgehen. Von den Ergebnissen des Konvents, die in Kürze vorgelegt werden, hänge eine Menge ab. Ohne entsprechende Resultate könne bereits Erreichtes in Gefahr geraten. Dazu gehöre die Grundrechtecharta, die nach den derzeitigen Planungen in der Verfassung stehen werde. Aus Sicht des Kommissionspräsidenten kommt es mit dem Konvent besonders darauf an, der Union eine Rechtspersönlichkeit zu geben, die Kompetenzen der Institutionen sowie der Mitgliedsländer klarzustellen sowie das Subsidiaritätsprinzip zu stärken. Weiter sprach sich Prodi dafür aus, die Position eines europäischen Außenministers zu schaffen. Dieser müsse aber eng mit dem Kommissionspräsidenten zusammenarbeiten und Mitglied der Kommission sein. Insbesondere die Irakkrise habe gezeigt, wie wichtig es sei, dass die Europäische Union mit einer Stimme spricht.

Zum Europäischen Parlament hieß es, dieses brauche größere Kompetenzen bei den Einnahmen. Es sei historisches Recht von Volksvertretungen, die Einnahme von Steuern zu organisieren. Denkbar wäre beispielsweise eine europäische Umweltsteuer. Prodi machte aber gleichzeitig deutlich, dass er nicht an eine Erhöhung der derzeitigen Einnahmen der EU denkt. Darüber hinaus komme es darauf an, die Mehrheitsentscheidungen auf Brüsseler Ebene auszuweiten. Angesichts der Osterweiterung drohe sonst eine Lähmung in wichtigen Politikbereichen, da jedes Land über ein Veto verfüge. Trotzdem sei es aber beispielsweise in der Militärpolitik nicht denkbar, auch dort das Einstimmigkeitsprinzip abzuschaffen. Im Rahmen der Harmonisierung der europäischen Institutionen tritt der Kommissionspräsident dafür ein, die Kommission weiterhin im "Herzen des Systems" zu belassen. Viele Mitgliedstaaten betrachteten ihren eigenen Kommissar als Verbin dung zu Europa; daher müsse auch nach der Osterweiterung zunächst jedes Land in dem Gremium vertreten sein. Prodi ist davon überzeugt, dass die Arbeit der Kommission auch mit 27 Mitgliedern nicht leiden werde. Allerdings müsse man nach einer Konsolidierungsphase im Anschluss an die Osterweiterung zu einem Rotationsprinzip übergehen.

Weiteren Handlungsbedarf machte Romano Prodi in wirtschaftlichen Fragen aus. Problematisch sei, dass dieser Politikbereich in Brüssel sehr fragmentiert sei. Dies führe zu Schwierigkeiten, da mitunter zum Beispiel im Umgang mit dem Internationalen Währungsfonds rasche Entscheidungen nötig seien. Den Bürgerinnen und Bürgern müsse aber auch deutlich gemacht werden, dass auf absehbare Zeit bestimmte Bereiche nicht in Brüssel behandelt werden könnten. Dazu gehöre beispielsweise die Sozialpolitik. Hier seien die Systeme der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich, so dass eine Harmonisierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht denkbar sei.

Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2003/2003_123/01
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