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194/2006
Datum: 22.06.2006
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heute im Bundestag - 22.06.2006

Staatsanwälte: Keine Zweifel an der Entführung El-Masris

1. Untersuchungsausschuss/

Berlin: (hib/kos) An der Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled El-Masri durch US-Dienststellen von Mazedonien in ein afghanisches Gefängnis bestehen keine Zweifel. Bei ihrem Auftritt am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags sagten die mit der Aufklärung dieses Falls befassten Münchner Staatsanwälte August Stern und Martin Hofmann, es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Angaben des fälschlicherweise unter Terrorverdacht geratenen Betroffenen nicht stimmten. Dessen Schilderungen seien "im Großen und Ganzen glaubwürdig", so Oberstaatsanwalt Stern. Aus Sicht der Ermittler ließen sich bislang jedoch keine Hinweise finden, wonach deutsche Behörden in der Zeit der Verschleppung von Silvester 2003 bis Ende Mai 2004 von diesem Geschehen gewusst oder bei diesem Kidnapping aktiv mitgewirkt hätten. Nach der Anhörung der beiden Staatsanwälte wollte der Ausschuss auch noch El-Masri selbst vernehmen. In einer ersten Bewertung sahen sich die Obleute der Koalitionsfraktionen, Hermann Gröhe (CDU) und Thomas Oppermann (SPD), in ihrer Auffassung bestätigt, dass deutsche Behörden nicht in die Entführung El-Masris verwickelt waren und dass die Bundesregierung die Aufklärung dieses Falls nicht behindert habe. Erhebliche Zweifel an dieser Interpretation machten indes die Oppositionsmitglieder des Untersuchungsgremiums, Max Stadler (FDP), Wolfgang Nescovic (Linkspartei) und Hans-Christian Ströbele (Grüne), geltend. Harte Kritik übten die drei Politiker auch an der Einstufung zahlreicher Unterlagen als geheim, als Verschlusssache oder als nur für den Dienstgebrauch bestimmt, weswegen die beiden Staatsanwälte in öffentlicher Sitzung zu manchen brisanten Fragen keine Ausführungen machten. Umstritten bleibt nach wie vor die Identität und die Rolle von "Sam", der laut El-Masri als deutschsprechende Person bei seinen Verhören zugegen war und ihn auch nach seiner Freilassung auf dem Rückflug nach Albanien begleitete. Stern und Hofmann sagten, nach ihren bisherigen Recherchen verschiedener "Sam-Varianten" sei davon auszugehen, dass diese Person kein Mitarbeiter des Bundeskriminalamts (BKA) oder anderer deutscher Behörden sei. Man arbeite jedoch noch an weiteren Spuren, eine führe "in Richtung CIA", so Stern. Mit zahlreichen Nachfragen machten die Oppositions-Abgeordneten deutlich, dass für sie noch keineswegs der Nachweis erbracht sei, bei "Sam" handele es sich nicht um einen Deutschen: Zweifel äußerten sie etwa an der Stichhaltigkeit des Alibis eines BKA-Beamten oder an der Aussagekraft der persönlichen Gegenüberstellung El-Masris mit dem betreffenden BKA-Polizisten. Zum Unmut Stadlers, Nescovics und Ströbeles verweigerten die Staatsanwälte mehrfach nähere Angaben unter Verweis auf ihre nur begrenzte Aussagegenehmigung, die Ausführungen über laufende Ermittlungen ausschließe, und auf die Einstufung bestimmter Themen als Verschlusssache. So erfuhr die Öffentlichkeit nichts Näheres über eine "anonyme Notiz" und ein "Non-Paper" Skopjes, worin laut Stadler die mazedonische Regierung ihre Sicht der Verschleppung El-Masris darlegen soll. Unerörtert blieben zudem mehrere Fragen der Oppositionsvertreter zu Verwicklungen deutscher Stellen in diesen Fall: ob etwa US-Dienste Anfragen zu El-Masri an eine mit Ermittlungen im islamistischen Umfeld befasste süddeutsche Polizeieinheit gerichtet hatten, ob bayerische Behörden ohne Wissen der Staatsanwaltschaft über das mehrmonatige Verschwinden des Deutsch-Libanesen aus Neu-Ulm unterrichtet waren oder ob ein Mitarbeiter des bayerischen Verfassungsschutzes ein Dossier über El-Masri an die CIA übergab. Oberstaatsanwalt Stern bestätigte die These des SPD-Obmanns Oppermann, wonach die bei den Verhören des Deutsch-Libanesen offenbar gewordenen Kenntnisse über dessen Lebensumfeld nicht zwingend aus zuvor von deutschen Stellen übermittelten Informationen stammen mussten, sondern auch auf der Auswertung von Zeitungsartikeln beruhen konnten. Auf Frage des CDU-Obmanns Gröhe sagte Staatsanwalt Hofmann, es seien bislang keine Anhaltspunkte erkennbar, dass El-Masri nach dessen Festnahme ein Kontakt zur deutschen Botschaft in Mazedonien verweigert worden sei.
Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2006/2006_194/01
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