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14. Wahlperiode
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DEUTSCHER BUNDESTAG
Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
14. Wahlperiode
22 38-24 50



Wortprotokoll

Auszug

der


57. Sitzung

Teil 2


des Ausschusses für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
(10. Ausschuss)



am Mittwoch, 17. Januar 2001, 14.00 Uhr
(Berlin, Reichstagsgebäude, CDU/CSU-Fraktionssaal, 3. N. 001


Vorsitz: Peter Harry Carstensen (Nordstrand), MdB
und
Dr. Friedbert Pflüger, MdB

VOR EINTRITT IN DIE TAGESORDNUNG SEITE:


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Einziger Punkt der Tagesordnung


Öffentliche Anhörung zum Thema

"Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf die Gemeinsame Agrarpolitik und die Regionen"


VOR EINTRITT IN DIE TAGESORDNUNG


Der Vorsitzende

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Teil 2



Der Vorsitzende des EU-Ausschusses, Dr. Friedbert Pflüger, begrüßt es auch im Namen des Vorsitzenden des Agrarausschusses, Peter Harry Carstensen, dass EU-Kommissar Dr. Franz Fischler beiden Ausschüssen zur Verfügung stehe und somit Gelegenheit bestehe, sich einen Tag vor der Internationalen Grünen Woche und wenige Wochen nach dem Gipfeltreffen in Nizza mit der EU-Osterweiterung zu befassen. Dies sei im Übrigen das erste Mal, dass beide Ausschüsse zusammen tagten.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Peter Harry Carstensen, habe bereits zu Beginn der Sitzung versucht, deutlich zu machen, dass es ein Mythos sei, dass die Mitglieder des EU-Ausschusses die großen euphorischen Europäer seien, die allerdings über die konkreten Probleme der Landwirtschaft teilweise hinwegsehen, während die Agrarpolitiker diese Fragen als Fachidioten behandelten und über keine den Tellerrand der Agrarpolitik hinausgehende Sichtweise verfügten.

Tatsache sei jedoch, dass man in beiden Ausschüssen versuche, einerseits die EU-Erweiterung voranzutreiben, gleichwohl aber Sorgen und Ängste vieler Landwirte ernstzunehmen. Dieser Darstellung des Vorsitzenden Peter Harry Carstensen könne er sich nur anschließen, den er deshalb im Ausschuss willkommen heiße.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Peter Harry Carstensen, heißt EU-Kommissar Dr. Franz Fischler ebenfalls herzlich willkommen. Er unterstreicht, dass beide Ausschüsse mit dieser Anhörung ein gemeinsames Ziel verfolgten. Der Agrarausschuss habe bereits in der Vergangenheit wiederholt mit dem EU-Kommissar über Fragen der Osterweiterung und der allgemeinen Agrarpolitik beraten.

Er halte es für erforderlich, dass sich der EU-Ausschuss und ein sehr betroffener Fachausschuss gemeinsam mit entsprechenden Fragen befassten.

Grund für den heutigen Termin sei die Teilnahme des EU-Kommissars an der Internationalen Grünen Woche. Er gehe davon aus, dass beide Ausschüsse heute nicht das letzte Mal gemeinsam tagten und er erwarte auch in Zukunft Gespräche mit dem EU-Kommissar, um sich über weitere Entwicklungen direkt informieren zu können.

Insofern sei heute auch nicht mit abschließenden Ergebnissen zu rechnen, sondern vielmehr werde das Thema in den nächsten Jahren Gegenstand einer permanenten Diskussion sein, was auch eine entsprechende begleitende Information seitens der Kommission erforderlich mache.

Er vertraue darauf, dass der Prozess zu einer größeren europäischen Gemeinschaft auf Grund der Erfahrung von EU-Kommissar Dr. Franz Fischler und auf Grund des guten Verhältnisses, das in der Zwischenzeit zwischen der bestehenden Europäischen Union und den Beitrittsländern aufgebaut worden sei, möglichst reibungslos verlaufe.

Abg. Peter Hinze regt an, den EU-Kommissar zu bitten, auf Grund der Aktualität auch einige Ausführungen zur aktuellen BSE-Situation zu machen.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Peter Harry Carstensen, bemerkt dazu, dass EU-Kommissar Dr. Franz Fischler dazu etwas vorbereitet habe.

EU-Kommissar Dr. Franz Fischler dankt für die Einladung, gemeinsam mit beiden Ausschüssen an dieser Anhörung mitwirken zu können.

Seit der Vereinbarung über den heutigen Termin habe es einige wesentliche Ereignisse gegeben, die zu einer breiten Diskussion darüber geführt hätten, wie die künftige Agrarpolitik nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU aussehen solle. Hier müsse es eine Klarstellung zur Position in der Agrarpolitik auf EU-Seite geben, um dann auf dieser Basis die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten weiterführen zu führen.

Insofern halte er es für erforderlich, einige Anmerkungen zu den jüngsten Ereignissen zu machen, um sich danach dann der Erweiterung zu widmen.

Insbesondere begrüße er, dass beide Ausschüsse die Anhörung gemeinsam durchführten, denn auch auf EU-Ebene würden die Verhandlungen gemeinsam geführt. Die Federführung in der Verhandlungsführung liege ohnedies bei den Mitgliedstaaten und nicht bei der Kommission, die zu den Verhandlungspositionen nur Stellungnahmen abgeben könne.

Was die BSE-Krise betreffe, so gingen ihre Auswirkungen weit über den Vertrauensschwund bei den Konsumenten und gravierende Marktstörungen hinaus. Die BSE-Krise habe erstmals in einer breiten Öffentlichkeit das Gefühl erweckt, dass die Agrarpolitik weiter reformiert werden müsse, um zu verhindern, dass Wiederkäuer immer wieder tierisches Eiweiß fressen, Milchpanschereien wie in Italien passieren, Futtermittel wie in Belgien mit aus Altöl stammendem Dioxin verseucht seien, oder wie in Spanien, Förderungsbetrug in breitem Stiel beim Flachs begangen werde. Es falle auf, dass diese Missbräuche ihre Ursache nicht in unzureichendem Gemeinschaftsrecht hätten, sondern dass es sich vielmehr um missbräuchliche Anwendungen und ungenügende Kontrollen der Gemeinschaftsvorschriften handele.

Gleichwohl sei es die EU-Agrarpolitik selbst, die auf dem Prüfstand stehe und folgenden Fragestellungen ausgesetzt sei: Warum stehen nur die Produkte und nicht die Qualität der Produkte im Mittelpunkt der GAP? Warum werden nur 10 % der gesamten Agrarausgaben für die Entwicklung im ländlichen Raum ausgegeben, obwohl europaweit die Hälfte der Bauern bereits Nebenerwerbslandwirte sind? Warum gibt es keine Kostendegression? Was sind die sachlichen und moralischen Gründe dafür, dass 45 % der gesamten Agrarmittel allein für die Ackerfrüchte - Getreide und Ölsaaten - ausgegeben werden?

Allerdings sei man sich in der Kommission auch durchaus dessen bewusst, dass es nationale und Verbandsinteressen gewesen seien, an denen die bescheidenen diesbezüglichen Vorschläge der Kommission teilweise gescheitert seien.

Allerdings würden hier jetzt Symptomkuren genau so wenig weiterhelfen wie eine Pauschalkritik. Man müsse jetzt nicht das Rad neu erfinden, sondern vielmehr die aufgebrochenen Naturkreisläufe wieder schließen. Auch müsse die Agrarpolitik stärker auf den Konsumenten ausgerichtet werden, denn schließlich seien seit 20 Jahren fast alle Agrarmärkte Nachfragemärkte. Aber auch die soziale Dimension des Agrarproblems müsse deutlicher gemacht werden. Auf einen Nenner gebracht: Das von allen gepriesene europäische Agrarmodell müsse mit mehr Leben erfüllt werden.

Vor diesem Hintergrund würde dem in Berlin vereinbarten mid-term-review eine besondere Bedeutung zukommen. Dieser sei ursprünglich wesentlich von der Überlegung bestimmt worden, je nach Marktentwicklung einen Anknüpfungspunkt zu haben, um notfalls nachbessern zu können, nachdem man den weitergehenden Beschlüssen der Agrarminister und den Vorschlägen der Kommission nicht vollständig habe folgen wollen.

Natürlich sei die Agenda 2000 bis Ende 2006 beschlossen und dazu stehe auch die Kommission. Aber die Staats- und Regierungschefs hätten in ihren Berliner Beschlüssen die Kommission ausdrücklich dazu verpflichtet, Berichte über die Auswirkungen der Agenda 2000 zu veröffentlichen und soweit erforderlich, Vorschläge für Anpassungen zu machen. Auch zu diesem Teil der Berliner Beschlüsse müsse die Kommission stehen.

Daher müsse die Getreidemarktentwicklung überprüft, das Funktionieren des neuen Ölsaatensystems beurteilt, der Rindermarkt unter die Lupe genommen und Anfang 2003 ein Bericht über das Funktionieren des Milchquotensystems abgeliefert werden. Schließlich seien im kommenden Jahr auch noch die Agrarausgaben zu überprüfen.

Diese Halbzeitberichte seien aber noch nicht alles. So seien in einer Reihe von Marktordnungen dort selber Review-Termine vorgegeben, zu denen die Kommission über das Funktionieren der Marktordnungen Berichte vorzulegen habe. Hierzu nur die Stichworte wie Zucker, Schafproduktion, Hopfen und Olivenöl.

Trotz all dieser Notwendigkeiten blieben aber auch die ganz großen Projekte auf der Tagesordnung. Hierzu gehöre das Thema der Anhörung, nämlich das Aushandeln der Erweiterungsbedingungen. Aber auch die WTO-Runde sei auf den Weg zu bringen. Die Kommission habe im November ein Strategiepapier vorgelegt, in dem der Fahrplan für diese Verhandlungen vorgegeben sei.

Für die gemeinsame Agrarpolitik sei eine Zweiteilung ins Auge gefasst worden, und zwar nach den Kriterien, welche Elemente des Agrarrechts mit größeren finanziellen Auswirkungen verbunden seien und welche nicht. Zu all den Fragen, die keine großen Auswirkungen auf das Budget hätten, insbesondere die Veterinär-, phytosanitären, Lebensmittelsicherheits- und Tierkennzeichnungsfragen solle noch in diesem Jahr die gemeinschaftliche Position festgelegt und die Verhandlungen dazu mit der Luxemburg-Gruppe eröffnet werden.

Alle anderen Fragen, also die Marktordnungen, die Zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik und die gesamten Finanzierungsfragen sollen in der ersten Jahreshälfte 2002 behandelt werden. Zwar sei dies angesichts des vorgesehenen mid-term-reviews 2002/2003 ein sehr enger und ambitionierter Zeitplan, wobei jedoch der Grundsatz gelte, dass Agrarreformen ein fortdauernder Prozess sind. Wenn man dies berücksichtige, könne man nicht verlangen, zuerst einmal agrarpolitische Rahmenbedingungen mit einer für 20 Jahre unveränderten Gültigkeit festzulegen und dann erst mit den Erweiterungsverhandlungen zu beginnen.

Der einzige Weg sei vielmehr der, dass zu dem zu Verhandlungsbeginn geltenden Rechtsstatus die eigene Position formuliert werde und dass sich im Verlauf der Verhandlungen ergebende Veränderungen in den Verhandlungsprozess einfließen.

Aus diesem Grunde vertrete er auch die Auffassung, die in den Agenda-Beschlüssen geforderten Reviews nicht über eineinhalb Jahre hinzuziehen, sondern in einem einzigen Paket vorzulegen, um dann Klarheit zu schaffen. Auch die Copa habe diesem Vorschlag zugestimmt.

Bereits in dem letzten Gespräch mit den Mitgliedern des Ernährungsausschusses seien die Schlüsselfragen der Beitrittsverhandlungen im Agrarbereich angesprochen worden. Dazu gehöre die Frage der Direktzahlungen, die eine der schwierigsten überhaupt sei. Die Kandidatenländer forderten entsprechende Leistungen mit dem Beginn des Beitrittes zu 100 %, während die Berlin-Beschlüsse zur Agenda 2000 in der finanziellen Vorausschau hierfür keinerlei Mittel vorsehen würden.

Weiterhin gehe es um die Festlegung der geförderten Referenzniveaus für die Produktion sowie die Festlegung der Produktionsquoten sowie die wichtigen Fragen über akzeptable und nicht akzeptable Übergangsregeln und Maßnahmen, die mit dem Agrarhandel und insofern mit dem Binnenmarkt zusammenhängen.

Schließlich gehe es um die vollständige Umsetzung und Durchführung des veterinär- und pflanzenschutzspezifischen Besitzstandes der Gemeinschaft und all den Bereichen, die er vorher bereits im Zusammenhang mit dem ersten Teil der Verhandlungseröffnung beschrieben habe.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Schaffung effizienter Verwaltungsstrukturen in den Kandidatenländern, wozu es insbesondere gehöre, das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem, das Management der gemeinsamen Marktorganisationen sowie auch die Zahlungsagenturen für die Abwicklung der Ausgaben der GAP einzurichten.

Dass dies nicht einfach sei, mache die Tatsache deutlich, dass die Kandidatenländer mit Ausnahme eines Landes bisher nicht in der Lage gewesen seien, die notwendigen administrativen Strukturen im Hinblick auf das von der EU vorgesehene Förderprogramm Sapard zu schaffen. Wenn die EU schon im Vorfeld der Erweiterung 500 Mio. DM pro Jahr an Vorbereitungshilfen leiste, dann sollten diese Mittel auch in der Weise eingesetzt werden, wie dies bisher in der bestehenden Gemeinschaft der Fall sei.

Einige Anmerkungen wolle er noch zur ersten Schlüsselfrage, und zwar zu den Direktzahlungen machen. Was den Zeitraum bis zum Jahre 2006 angehe, so werfe dieser keine unüberwindbaren Probleme auf. So habe man in der finanziellen Vorausschau rund 400 Mrd. Euro für die Osterweiterung im Landwirtschaftssektor vorgesehen.

Mit diesen Mitteln könnte sogar ein Einstieg in die Direktzahlungen finanziert werden, da nicht schon im Jahre 2002 Mittel in Anspruch genommen werden müssten, wie dies die finanzielle Vorausschau vorgesehen habe, sondern erst später, und daher der Einstieg auf einem höheren Niveau erfolge.

Das eigentliche Problem sei jedoch die Finanzperiode nach dem Jahre 2006 und die Frage, ob die Mitgliedstaaten bereit seien, für diese Periode bereits im Zuge der Erweiterungsverhandlungen gewisse Vorbelastungen in Kauf zu nehmen. Wenn dies nicht der Fall sei, müsste es auf jeden Fall noch einmal einen Umbau der geltenden Regelungen geben. Andererseits würde sich dann aber auch die Frage stellen, was die wiederholte Zusage der Mitgliedstaaten, einen maximalen Beitrag zur Gemeinschaft in Höhe von 1,27 % GDP zu leisten, eigentlich Wert sei. Denn die derzeitige Vorausschau lasse unter diesem Beitrag noch eine beträchtliche Marge offen, die eigentlich noch zur Verfügung stehen würde. Hier müsse die Kommission auf eine klare Antwort der Mitgliedstaaten drängen.

In diesem Zusammenhang müsse man auch einen Beschluss von Nizza berücksichtigen, wo sich Spanien mit seiner Forderung durchgesetzt habe, dass über die Struktur und die Kohäsionsfondsperiode bis 2013 nur einstimmig entschieden werden dürfe. Dies führe zur Frage, wie sich die dann zu Nettozahlern werdenden Altmitglieder agrarpolitisch verhalten.

Weiterhin sei dann zu klären, ob die Altmitglieder die agrarischen Direktzahlungen an die Neumitglieder mit finanzieren, weil sie strukturpolitisch saturiert seien, oder regele man die Frage der Direktzahlungen für die Zeit ab 2006 noch im Kreis der EU 15, um nicht zu riskieren, dass bereits unmittelbar nach einer Erweiterung eine neue Finanzierungsvereinbarung ausgehandelt werden müsse, die zudem Einstimmigkeit erfordere, oder bieten sich andere Methoden an. Je nachdem würde dann der mid-term-review noch eine zusätzliche Dimension erhalten.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Peter Harry Carstensen, stellt die Frage an Kommissar Dr. Franz Fischler, ob dieser wirklich davon ausgehe, dass die EU es lange durchhalten werde, zwei unterschiedliche Direktzahlungssysteme aufrecht zu erhalten, wonach in einem Teil Direktzahlungen geleistet werden, in dem anderen Teil nicht.

Weiterhin möchte er zum Ablauf des Beitrittes wissen, ob er eher von einer Konvoilösung ausgehe oder vielmehr erwarte, dass ein Land, das die Beitrittsvoraussetzungen erfülle, auch zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgenommen werde.

Abg. Ulrike Höfken weist darauf hin, dass sich in der bisherigen Befragung alle Experten für eine Stärkung der Zweiten Säule aus vielerlei Gründen ausgesprochen hätten, so z. B. auf Grund der Verteilungsprobleme innerhalb der Berufsgruppen in den neuen Beitrittsländern. Weiterhin unterstreicht sie die Notwendigkeit, dass die Erweiterung nicht nur Anstrengungen auf Seiten der Beitrittsländer erfordere, sondern auch auf Seiten der bestehenden EU im Hinblick auf deren Erweiterungsfähigkeit. Inzwischen wachse die Überzeugung, die vorgesehene mid-term-review zu einer neuen Ausrichtung der Agrarpolitik zu nutzen. Dies sei nicht unproblematisch und daher habe sie die Frage, wie Kommissar Dr. Franz Fischler dies politisch einschätze.

Sie glaube, dass der entsprechende Druck sehr groß und dass es angesichts der bestehenden Systeme fast unmöglich sein werde, sich mit den neuen Mitgliedsländern kurzfristig finanzpolitisch zu einigen. Daher müsse eine entsprechende Planung bereits 2003 erfolgen. Inzwischen habe aber schon das Jahr 2001 begonnen. Daher möchte sie wissen, was die Kommission von den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Vorbereitung einer entsprechenden Diskussion erwarte.

Was die aktuelle BSE-Situation betreffe, so verweist sie auf das von der EU-Kommission vorgeschlagene Marktentlastungsprogramm, das in den Mitgliedstaaten zu entsprechenden Diskussionen wie z. B. hinsichtlich der ethischen Bedenken geführt habe. Sie halte es für problematisch, dass bisher nicht vorgesehen sei, den entsprechenden Durchführungsmaßnahmen des Programmes BSE-Tests vorzuschalten. Kommissar Byrne habe darauf erwidert, dass er nicht damit gerechnet habe, dass entsprechende Testkapazitäten vorhanden seien. Inzwischen habe sich die Situation jedoch verändert.

Sollte das Programm wie vorgesehen durchgeführt werden, führe es eher zu einem BSE-Verschleierungsprogramm. Die Tierbestände, die geschlachtet werden, müssten neu aufgebaut werden, und insbesondere sei es erforderlich, im Bereich des Zuchtviehbestandes zu einer höchstmöglichen Sicherheit zu kommen.

Daher halte sie es für dringend erforderlich, bei dem nächsten Agrarrat festzulegen, dass entsprechende BSE-Tests vorgeschaltet werden, um die notwendigen epidemiologischen Untersuchungen im Hinblick auf den Verbraucherschutz und die Sicherheit der Betriebe durchführen zu können.

Abg. Norbert Schindler weist zur Situation in Deutschland auf die hier vorgesehenen neuen Wege in der Agrarpolitik mit den Stichworten Modulation, Cross compliance hin, was vor dem Hintergrund der Osterweiterung und den WTO-Verhandlungen gesehen werden müsse.

Er habe die Frage, inwieweit die Kommission die Sorge teile, dass es in den Umwelt- und Sozialstandards zu einer neuen Form des Protektionismus und gleichwohl über die großen Handelsketten zu unterschiedlichsten Angeboten komme.

EU-Kommissar Dr. Franz Fischler unterstreicht, dass es von Anfang an klar gewesen sei, dass es sich bei der Frage der Direktzahlungen nur um eine Übergangslösung handeln könne. So sei nie davon die Rede gewesen, den neuen Mitgliedsländern Direktzahlungen auf Dauer vorzuenthalten bzw. zwei unterschiedliche Formen der Agrarpolitik einzuführen.

Insofern stelle sich die Frage nach einer Übergangslösung. Die Kandidatenländer würden dies nicht für sinnvoll halten, da ihre Landwirte vom Tag des Beitrittes an den Landwirten der bisherigen Beitrittsländer gegenüber wettbewerbsfähig sein müssten.

Aus Sicht der bisherigen Mitgliedstaaten gebe es allerdings eine Reihe von Argumenten gegen diese These. So dürfe man bei dieser Frage nicht nur den zurückliegenden Zeitraum berücksichtigen, sondern gerade auch im Hinblick auf das Argument der Wettbewerbsfähigkeit alle damit im Zusammenhang stehenden Kostenfaktoren. Diese Betrachtungsweise berechtige durchaus dazu, den Einstieg in Direktzahlungen stufenweise vorzusehen, wenn auch die Unterschiede bei den Preisen geringer würden und es Extremfälle wie in Polen und Slowenien gebe, wo der Weizenpreis bereits über Gemeinschaftsniveau liege. Dies rechtfertige jedoch nicht eine Umkehr der bisherigen Haltung in dieser Frage.

Allerdings dürfe man die Frage der Direktzahlungen auch nicht isoliert betrachten. Insofern sei auch denen zuzustimmen, die die Bedeutung der Stärkung der Zweiten Säule hervorgehoben hätten.

Hierbei dürfe aber auch nicht die Finanzierung in den neuen Mitgliedsländern außer Betracht bleiben. So müsse man davon ausgehen, dass alle Regionen der Beitrittsländer nach dem System der EU sog. Ziel-1-Gebiete seien. Dies bedeute, dass ein wesentlicher Teil der ländlichen Entwicklung nicht aus Mitteln des Agrarhaushaltes finanziert würde, sondern vielmehr aus den Strukturfonds. Weiterhin sei man bereit, den neuen Ländern mehr Strukturmittel zur Verfügung zu stellen, als dies bisher den Altmitgliedern gewährt werde. Schließlich sei man auch bereit, mit entsprechenden Zahlungen auch bereits vor dem Beitritt zu beginnen, was einmalig sei.

Die eigentliche Herausforderung bestehe in der Frage, wie in den sensibelsten Ländern, z. B. Polen, die Landbevölkerung nachhaltig beschäftigt werden könne. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass die gesamte Landbevölkerung auch in Zukunft Beschäftigungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft haben werde. Daher halte man es für sinnvoller, finanzielle Mittel für Infrastrukturmaßnahmen und Anreize für Unternehmer vorzusehen, die bereit seien, im ländlichen Raum zu investieren. Es müsse verhindert werden, dass es zu einer Landflucht komme, was die Erhaltung und den Aufbau sinnvoller Strukturen im ländlichen Raum erforderlich mache. Diese Frage müsse besondere Priorität haben, womit auch den gerade in Deutschland geäußerten Bedenken Rechnung getragen werde, die Erweiterung führe zu einer Flut von Beschäftigten nach Deutschland. Dies mache auch die Dimension dieser Fragestellung deutlich, die weit über den Bereich der Landwirtschaft hinausgehe.

Allerdings könne dieser Prozess nicht beliebig beschleunigt werden. So hätten die Erfahrungen des Beitrittes von Spanien, Portugal und Griechenland gezeigt, dass es zu Fehlallokationen von Investitionsmitteln komme, wenn die entsprechenden Fördermittel 4 bis 5 % des Bruttosozialproduktes einer Region überschritten. Zwar könne man mit einem höheren Mittelaufkommen die Investitionen überdimensional ausstatten. Um eine produktive Investition im Sinne der Schaffung dauerhafter Arbeitsplätze sowie der Förderung des Handwerks, der Kleinindustrie und von Dienstleistungsunternehmen handele es sich dabei jedoch nicht. Dies werde der Schlüssel bei den anstehenden Beratungen mit den Kandidatenstaaten über den besten Lösungsweg sein. Hierbei dürfe auch nicht dem in manchen Beitrittsländern bestehenden Koalitionsdruck nachgegeben werden.

Was die Vorbereitung der Zahlstellen betreffe, so erwarte man zum Zeitpunkt des Beitrittes keine entsprechenden Probleme, sofern die Durchführung des Vorbereitungsprogrammes planmäßig verlaufe.

Zur Frage der Konvoilösung, die insbesondere einen politischen Charakter habe, sei folgendes festzuhalten: So gelte zum einen der Grundsatz, dass jedes Land danach beurteilt werde, in welchem Umfang es die in Kopenhagen formulierten Beitrittskriterien erfülle.

Andererseits werde es aus Gründen der Praktikabilität nicht so sein, dass jedes Land gesondert aufgenommen werde, sondern dass man die Aufnahme vielmehr gruppenweise durchführt. So sei zu berücksichtigen, dass nach jedem Verhandlungsabschluss ein Beitragsvertrag mit allen Konsequenzen der notwendigen Ratifizierung erforderlich sei, also einer Beschlussfassung durch das Europäische Parlament, die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten sowie das nationale Parlament des Beitrittslandes, was bei einer Einzelaufnahme jedesmal von Neuem notwendig wäre. Insofern sei eine gewisse Gruppenbildung sicherlich sinnvoller. Dementsprechend sollte auch die jetzige schwedische Präsidentschaft, die hieran auch bereits ein entsprechendes Interesse gezeigt habe, bewogen werden, auf dem Gipfel am Ende ihrer Präsidentschaft mehr Klarheit darüber zu schaffen, wie man den Zieleinlauf einer ersten Gruppe von Beitrittsländern organisieren wolle.

Die Forderung zur Stärkung der Zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik könne er aus vielerlei Gründen nur unterstreichen. So würden damit nicht nur die Erweiterungsverhandlungen erleichtert, sondern darüber hinaus auch die WTO-Verhand-lungen, da für die Zweite Säule nur Maßnahmen vorgesehen seien, die der Green Box entsprechen.

Darüber hinaus sei dies für Nettozahler wie Deutschland gerade in jenen Regionen die interessanteste Umwandlung, wo man daran interessiert sei, Anreize für mehr Selbständigkeit zu schaffen. Hierbei spiele die Kofinanzierung, die in Deutschland immer wieder eingefordert werde, eine wichtige Rolle.

Schließlich komme hinzu, dass die Förderungen der Zweiten Säule nicht produktionsorientiert seien und dadurch auch kein neuer Produktionsdruck entstehe. Alle Probleme werde man allerdings über die Zweite Säule allein auch nicht lösen können.

Zu den hinsichtlich der von der Kommission aufgelegten Marktentlastungs-Pro-gramm geäußerten ethischen Bedenken sei folgendes festzustellen: So werde über die Situation in Deutschland in einer dramatischen Art und Weise berichtet, wie dies in keinem anderen Mitgliedsland der Fall sei. Weiterhin würden in der Öffentlichkeit entsprechende Sachverhalte völlig falsch dargestellt und z. B. der Eindruck erweckt, als würde Brüssel die Schlachtung und Verbrennung von 400.000 Rindern in Deutschland anordnen. Tatsache sei vielmehr, dass in der gesamten EU Landwirten alte Tiere, die dringend geschlachtet werden müssten, nicht abgenommen werden. Vor der Schlachtung müssten die Tiere getestet werden, womit das Risiko steige, dass eine BSE-erkrankte Kuh entdeckt werde. Werde eine entsprechende Kuh im Schlachthof entdeckt, müsse dieser für vier Wochen geschlossen werden, was zu erheblichen finanziellen Einbußen des Schlachthofes führe. Diese weigerten sich deshalb, entsprechende Tiere zu kaufen. Dies sei die Realität, der der Bauer ausgesetzt sei.

Daher habe es die Kommission für erforderlich gehalten, dem Landwirt eine Alternative anzubieten. Dieser sei allerdings völlig frei in der Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, nämlich ein oder mehrere Tiere schlachten zu lassen.

Außerdem werde argumentiert, dass es ethischen Regeln widerspreche, nahrungsmitteltaugliches Fleisch zu verbrennen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Rinderproduktion nicht von heute auf morgen gestoppt werden könne. Jedes junge Rind, das sich in den Ställen Europas befinde, nehme täglich ein Kilogramm Gewicht zu. Angesichts der Einbrüche des entsprechenden Fleischkonsums sei das Fleisch in dieser Menge nicht mehr vermarktbar. Nun gebe es zwei Möglichkeiten: zum einen die bekannte öffentliche Intervention oder das von der Kommission vorgesehene Programm. In der öffentlichen Intervention sei während der gesamten Geschichte der Europäischen Union nie ein Kilogramm Fleisch eines weiblichen Tieres interveniert worden.

Hinzu komme, dass die EU im vergangenen Jahr mit Zustimmung aller Mitgliedstaaten ein Etikettierungssystem für Rindfleisch beschlossen habe, das zwei Stufen vorsehe. Während die erste Stufe zum 1. September letzten Jahres in Kraft getreten sei, trete die zweite Stufe später in Kraft, allerdings vor dem Zeitpunkt, zu dem das Fleisch, das interveniert werden solle, wieder ausgelagert werden müsse. Dies bedeute, dass das Fleisch zum Zeitpunkt der Auslagerung überhaupt nicht verkehrsfähig sei, also nicht verkauft werden könne. Damit hätte man die schlechteste Lösung, nämlich die Einlagerung von Fleisch, das dann nach zwei Jahren verbrannt würde. Dies würde zu noch höheren Kosten führen und hinsichtlich der ethischen Bedenken keinerlei Verbesserung bringen. Diese Fakten sollte man bei der laufenden Diskussion zur Kenntnis nehmen.

Im Übrigen könne er nur unterstreichen, dass es nicht zu einer Differenzierung insoweit komme, als einzelne Tiere nicht getestet und entsorgt werden, andere Tiere dagegen getestet und nicht entsorgt werden. Die Problemlage sei folgende: Als dieser Fragenkomplex im Agrarrat beraten worden sei, habe sich die Kommission dafür ausgesprochen, ein entsprechendes Programm auch im Interesse der Konsumenten zusätzlich zu nutzen. Nur mit Hilfe dieses Programmes sei man in der Lage gewesen, die Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, dass bereits ab 1. Januar dieses Jahres kein Fleisch mehr in den Verkehr gelange, das nicht getestet worden sei. So sei daran zu erinnern, dass nach der Gemeinschaftsregelung das Testen aller Tiere älter als 30 Monate erst ab dem 1. Juli dieses Jahres vorgeschrieben sei. Daraufhin habe Deutschland erklärt, dass es sich wie Frankreich in der Lage sehe, schon jetzt alle Tiere zu testen, und die Zustimmung zu diesem Programm davon abhängig gemacht, dass auch getestete Tiere an dem Programm teilnehmen können. Daher sollte mit Nachdruck daran gearbeitet werden, dass die Tests nicht erst zum 1. Juli einsetzen. Erreicht habe man z. B., dass die Niederlande, die an dem Programm eigentlich nicht teilnehmen wollten, die allgemeinen Tests inzwischen vorgezogen hätten.

Abschließend unterstreicht er nochmals seine Auffassung, dass unter allen Umständen vermieden werden müsse, dass im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Programm auch nur der Anschein einer Verschleierung entstehe.

Was die Modulation und Cross compliance betreffe, so gebe es diese Elemente bereits in der Agenda 2000. Die Frage sei nur die, wie man damit umgehe. Frankreich, Großbritannien und Irland würden die Modulation bereits anwenden, während viele andere Staaten wie Deutschland und Österreich dies bisher nicht täten. Allerdings müsse man hier auch konsequent sein. Wenn man der Auffassung sei, dass das Subsidiaritätsprinzip besondere Bedeutung habe und das Gemeinschaftsrecht daher entsprechende Spielräume für die Mitgliedstaaten eröffnen solle, dann müssten die Mitgliedstaaten auch bereit sein, ihre Verantwortung für die Prioritäten zu übernehmen, die sie selber setzten. Eine neue Form des Protektionismus entstehe dadurch nicht, weil die nationale Einführung einer Modulation die WTO-Gesetzgebung in keiner Weise tangiere.

Hinsichtlich der Cross compliance dürfte es innerhalb des EU-Binnenmarktes kein Problem geben, da hier jedes Produkt unabhängig vom Grad der Cross compliance EU-weit frei zirkulieren können müsse.

Nicht zulässig sei es jedoch, Produkte vom Markt zu verbannen, die den auf nationaler Ebene entwickelten Länderprüfzeichen mit höheren Qualitätsstandards nicht entsprechen. Dies verstoße eindeutig gegen EU-Recht und berge das Risiko in sich, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleite.

Abg. Peter Bleser begrüßt es, dass EU-Kommissar Dr. Franz Fischler seine Position hinsichtlich eines Nein zu den Direktzahlungen an die Beitrittsländer inzwischen modifiziert habe und auf Grund der Verschiebung des Beitrittes innerhalb des bisherigen Finanzrahmens zumindest einen Einstieg in die Direktzahlungen für möglich halte.

Er möchte daher wissen, welche Summe hierfür zur Verfügung stehen könnte und in welchem Umfang die den bisherigen Mitgliedstaaten zustehenden Ausgleichszahlungen auf die Beitrittsländer übertragen werden könnten.

Weiterhin habe der EU-Kommissar angekündigt, nach der Überprüfung der Agenda-Beschlüsse im Jahre 2002 die Agrarpolitik in einem Paket neu auszurichten. Er möchte daher wissen, ob dies bedeute, dass im kommenden Jahr eine neue Agenda beschlossen werde, da dies dann noch im Rahmen der bisherigen Mitgliedstaten möglich sei.

Auch habe er die Frage, ob vorgesehen sei, die Mengensteuerung bei Milch und Getreide auf die Beitrittsländer zu übertragen, was nur im Zusammenhang mit Ausgleichszahlungen möglich wäre.

Schließlich möchte er wissen, wie die Tatsache beurteilt werde, dass die Bundesregierung den Landwirten noch keinerlei Angebot zum Aufkauf von Rindern nach dem entsprechenden Programm der EU-Kommission vorgelegt habe, obwohl die Viehställe übervoll seien und sich Fragen des Tierschutzes dringend stellten.

Abg. Jella Teuchner stellt die Frage, welche Aussichten bestehen, dass das EU-weite Verbot zur Tiermehlverfütterung auch über den 31.06. dieses Jahres hinaus Geltung haben werde, ob es nicht sinnvoll wäre, bereits bei der Überprüfung der Agenda-Beschlüsse 2002/2003 ein Ausstiegsszenario über die Milchmengenregelung zu beschließen und damit nicht erst bis 2006/2008 zu warten, und wie schließlich bei einem Beitritt Tschechiens die Beitrittsfrage der angrenzenden Slowakei geregelt werden solle.

Abg. Klaus Hofbauer unterstreicht die Aussage des EU-Kommissars für die Menschen, die aus der Landwirtschaft aussteigen, im ländlichen Raum andere Arbeitsplätze schaffen zu müssen.

In diesem Zusammenhang möchte er wissen, inwieweit auch zum Schutz der hiesigen Landwirtschaft Übergangsregelungen vorgesehen seien, von welchen Zeiträumen man hierbei ausgehe und ob es nicht richtig wäre, mit entsprechenden Vorbereitungen schon jetzt zu beginnen.

Schließlich habe er die Frage, ob das von EU-Kommissar Verheugen angekündigte Grenzgürtel-Aktionsprogramm unterstützt werde und wie dies ausgestaltet werden solle.

Abg. Waltraud Wolff weist eingangs darauf hin, dass die Aspekte der Solidarität ihrer Auffassung nach bisher etwas zu kurz gekommen seien. Sie stellt die Frage, inwieweit bei den Überlegungen und Planungen der EU-Kommission zur EU-Ost-erweiterung Erfahrungen Deutschlands beim Vereinigungsprozess und entsprechendes Zahlenmaterial eingeflossen seien.

Schließlich bittet sie um eine Stellungnahme dazu, inwieweit die Einrichtung einer Gendatenbank für Rinder, wie dies bereits in Sachsen-Anhalt erfolgt sei, auf EU-Ebene Unterstützung fände.

Der Vorsitzende weist klarstellend zu den Aspekten der Solidarität darauf hin, dass bisher auch keine diesbezüglichen Fragen in der Anhörung gestellt worden seien.

EU-Kommissar Dr. Franz Fischler macht deutlich, dass es im Hinblick auf die Agenda 2000 nicht um seine Absichten gehe, sondern darum, die von den Mitgliedstaaten gefassten Beschlüsse entsprechend umzusetzen. Hierzu gehöre ein Finanzrahmen, die finanzielle Vorausschau sowie die Grundstruktur einer reformierten Agrarpolitik. Zu berücksichtigen sei im Übrigen, dass die Reform noch nicht vollständig implementiert sei.

Andererseits sei klar, dass dann, wenn im Rahmen der Überprüfung Mängel beim Funktionieren einer Marktordnung deutlich würden, die Kommission Vorschläge zur Behebung dieser Mängel aufzeigen werde.

Was die Frage nach dem Zusammenführen betreffe, so handele es sich hier nur um ein zeitliches Zusammenführen. Jedenfalls müssten alle wesentlichen Bereiche hierbei Berücksichtigung finden.

Zum Milchbereich laute der Auftrag, das Milchquotensystem mit dem Ziel zu überprüfen, das bestehende System auslaufen zu lassen. Insofern gehe es um die Frage, wie man im Falle eines Ausstiegs aus dem Milchquotensystem ein sog. phasing out gestalten könne und welche ökonomischen und marktwirtschftlichen Auswirkungen damit verbunden seien. Gleichwohl gebe es auch andere Optionen, denn der Auftrag laute, das bestehende Milchquotensystem abzuschaffen. Denkbar wäre also auch, dass ein anderes System an die Stelle des jetzigen trete.

Festzuhalten sei noch einmal, dass die Überprüfung nicht automatisch zu einem Vorschlag führe, sondern es gehe vielmehr darum, dass die Kommission eine Analyse der aktuellen Situation vorlege. Auf dieser Basis müsse dann eine politische Diskussion darüber geführt werden, worauf sich die Mitgliedstaaten verständigen können. Eine ggf. notwendige Änderung der bestehenden Marktordnungen bedürfe einer qualifizierten Mehrheit, und zwar dann bereits nach der neuen Formel, was die Mehrheitsfindung noch schwieriger mache.

Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass das bestehende Quotensystem insofern bereits unter Druck stehe, als man für die Mengen, die zulässigerweise produziert werden könnten, überhaupt Märkte finde.

Nun sei es sehr wahrscheinlich, dass bei einer Abschaffung des Begrenzungssystems zumindest in einer gewissen Phase mehr Milch produziert werde. Daher benötige man ein über mehrere Jahre reichendes phasing out.

Weiterhin sei daran zu erinnern, dass bei den Beschlüssen in Berlin leider die gesamte Milchreform verschoben worden sei. Dies führe dazu, dass mögliche Märkte auf Grund einer fehlenden Wettbewerbsfähigkeit nicht wahrgenommen und andererseits die geförderten Exporte nicht gesteigert werden könnten, sondern vielmehr zurückgeführt werden müssten.

Im Übrigen bestehe keinerlei Zweifel daran, dass der gesamte acquis communautaire im Falle des Beitrittes in seiner Gesamtheit auf die neuen Mitgliedstaaten übertragen werden müsse, also auch die bestehenden Mengensteuerungsinstrumente. Dies sei das Grundprinzip der Erweiterung.

Im Getreidebereich gebe es folgendes Problem: Hier sei das Mengensteuerungsinstrument die Flächenstilllegung, die nur dann funktioniere, wenn es Direktzahlungen gebe. Dies sei bei entsprechenden Überlegungen ebenfalls zu berücksichtigen.

Zur Frage einer Verlängerung des auf EU-Ebene verhängten Tiermehlverfütterungsverbotes stellt er klar, dass es hierbei nur um die Verfütterung an Schweine, Geflügel und Fische, nicht aber um die Verfütterung an Wiederkäuer gehe. Er halte die vorgesehene Befristung auf ein halbes Jahr für gerechtfertigt, da es die Möglichkeit eröffne, die unterschiedlichen Aspekte eines permanenten Verbotes im Einzelnen genau zu überprüfen.

So erinnert er daran, dass die Kommission vor Erlass des Verfütterungsverbotes von Tiermehl einen Vorschlag dazu vorgelegt habe, für die Tiermehlerzeugung nur Materialien zuzulassen, die grundsätzlich auch für die menschliche Ernährung zulässig seien.

Auch müsse man sich über die Konsequenzen eines entsprechenden permanenten Verfütterungsverbotes im Klaren sein. So sei zu fragen, ob damit nicht ein Verbot des Imports von Fleisch und Fleischwaren aus allen Staaten, in denen es ein entsprechendes Verfütterungsverbot nicht gebe, verbunden werden müsste. Dies würde ein weltweites Importverbot von Schweinefleisch und Geflügel bedeuten.

Im Übrigen sei die Situation vergleichbar mit der Debatte über das Hormonfleisch. Ein entsprechendes permanentes Verfütterungsverbot würde vor dem WTO-Pannel keinen Bestand haben, wenn nicht vorher hierzu eine wissenschaftliche Risikoabschätzung durchgeführt werde. Auch hierfür wolle man die Zeit bis zum Sommer nutzen.

Dies bedeute nicht, dass die EU nicht den Standpunkt vertreten könne, das von den Wissenschaftlern definierte Risiko sei zu groß. Das Niveau des Risikos werde also von der EU bestimmt, während die Einschätzung des Risikos durch die Wissenschaftler erfolge.

Auch weist er hierzu darauf hin, dass die wissenschaftlichen Ausschüsse immer den Standpunkt vertreten hätten, dass es bei Einhaltung der Vorschriften von wissenschaftlicher Seite her keinerlei Probleme gebe. In der Praxis habe sich gezeigt, dass die Vorschriften nicht eingehalten werden, woraus die Probleme resultierten. Insofern müsse es auch hierzu Überlegungen geben. Dies zeige, was vor Erlass eines permanenten Verbotes bedacht werden müsse.

Was den Beitritt Tschechiens betreffe, so könne man nicht davon ausgehen, dass auf Grund einer bestehenden Zollunion mit der Slowakei diese dann auch automatisch beitrete. Dass es allerdings bei einem nicht gleichzeitigen Beitritt zu erheblichen Schwierigkeiten kommen würde, da man dann eine echte Grenze zwischen Tschechien und der Slowakei einführen müsste, sei der Kommission bekannt.

Zur Frage der Übergangsregelungen sei die Kommission bestrebt, so wenig und so kurze Übergangszeiten wie möglich zu vereinbaren. Sehr zurückhaltend sollte man mit Übergangsregelungen für den Binnenmarkt sein. Wenn man z. B. in den Kandidatenländern andere Qualitätsstandards der Produktion als in der Gemeinschaft zulasse, führe dies zu einer Zweiteilung des Marktes. Dies sei in der Praxis kaum durchführbar. Hinzu komme, dass die Abschaffung der Grenzkontrollen eines der politischen Hauptziele sei. Diese Frage sei zur Zeit des Beitrittes von Spanien nicht das Problem gewesen, da es seinerzeit noch nicht den Binnenmarkt in der heutigen Form gegeben habe.

Was die Grenzregionen betreffe, so sei er mit Kommissar Verheugen hinsichtlich einer weiteren Förderung einer Meinung. Auch sollte berücksichtigt werden, dass in dem im November beschlossenen Strategiepapier ausdrücklich die Erwartung ausgesprochen worden sei, dass die betroffenen Regionen bzw. Mitgliedstaaten entsprechende Vorschläge vorlegen.

Was die Berücksichtigung von Erfahrungen in den neuen Bundesländern für den Erweiterungsprozess betreffe, so sei zu berücksichtigen, dass die EU-Osterweiterung nicht das gleiche sei wie die deutsche Wiedervereinigung. So habe die Wiedervereinigung das Ziel gehabt, in den neuen Bundesländern möglichst bald Bedingungen zu schaffen, die den bereits bestehenden Lebensbedingungen in den alten Bundesländern entsprechen.

Bei der Erweiterung dagegen werde der Anspruch erhoben, dass die Beitrittsländer in der Lage sind, sich am Markt der Gemeinschaft zu behaupten, wofür ihnen auch entsprechende Strukturhilfen zur Verfügung stehen. Andernfalls hätte man keine Möglichkeiten, Staaten aufzunehmen, deren Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung auf der Hälfte des durchschnittlichen Gemeinschaftsniveaus liege. Im Vergleich dazu sei daran zu erinnern, dass das deutsche Bruttosozialprodukt weit über dem Durchschnitt der Gemeinschaft liege.

In anderen Bereichen könne man sehr wohl auf Erfahrungen in Deutschland zurückgreifen, was z. B. die Definition der Basisflächen oder auch die Ableitung von Referenzen, eine der schwierigsten Fragen, betreffe. Hier müsse man auch eine gewisse Fairness walten lassen, wenn ein Staat aus einem völlig anderen System komme und darüber hinaus eine Phase des Zusammenbruchs der Produktion durchlaufen habe. In diesen Fällen könne man weder die Phase, in der die Landwirtschaft künstlich subventioniert worden sei, noch die Phase des Produktionszusammenbruches als Referenzgröße für die Produktionsmöglichkeiten dieser Staaten heranziehen.

Zur Gendatenbank erklärt er, dass auf Grund des bestehenden Kennzeichnungssystems in der EU eine entsprechende Bank eigentlich nicht erforderlich sei. Mit dem bestehenden System sei ohne Schwierigkeiten nachzuvollziehen, von welchem Rind welches Kalb stamme, wo es aufgezogen worden sei, auf welchen verschiedenen Höfen es während seiner Lebenszeit gestanden habe usw.

Eine Gendatenbank wäre eigentlich nur dann erforderlich, wenn der Verdacht bestehe, dass es Unregelmäßigkeiten bei den Meldungen nach dem Kennzeichnungssystem gebe. Wenn es allerdings hierbei Zweifel gebe, könne auch jetzt schon verlangt werden, dass ein Gennachweis erbracht werde. Insofern sehe er keine dringende Notwendigkeit, ein entsprechendes Gendatenbanksystem einzuführen, von den damit verbundenen erheblichen Kosten einmal ganz abgesehen.

Abg. Peter Hinze, EU-Ausschuss, unterstreicht die Bedeutung dieser Anhörung für die parlamentarische Begleitung des Erweiterungsprozesses.

Was die Beitrittskandidaten betreffe, so habe er die Frage, ob deren Wettbewerbsfähigkeit - mit Ausnahme von Bulgarien und Rumänien, wo es sich um einen Sonderfall handele - im Bereich der Landwirtschaft einigermaßen vergleichbar sei oder ob es vielmehr stärkere Unterschiede gebe, die im Vorfeld des Erweiterungsprozesses zu berücksichtigen seien.

Weiterhin möchte er wissen, ob die beim letzten Gespräch im EU-Ausschuss angesprochenen Schwierigkeiten bei der Liberalisierung des Agrarhandels vor dem Beitritt noch bestehen.

Schließlich stellt er die Frage, ob man auf Grund der für das Jahr 2010 beschlossenen Freihandelszone im Mittelmeerraum für landwirtschaftliche Produkte in diesem Zusammenhang mögliche Kollisionen erwarte.

EU-Kommissar Dr. Franz Fischler antwortet darauf, dass es zwischen den Beitrittskandidaten, auch wenn man Bulgarien, Rumänien und die Türkei einmal ausklammere, in der Landwirtschaft erhebliche Unterschiede gebe, und zwar einmal struktureller Art. So gebe es die Gruppe von Staaten, in denen die Landwirtschaft nie vergesellschaftet worden sei wie in Polen und in Slowenien sowie die übrigen Staaten, wo es faktisch eine Struktur von Großbetrieben gebe.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied sei der, dass Ungarn eine Sonderstellung gegenüber allen anderen Beitrittsländern einnehme. Ungarn sei der einzige Nettoexporteur und schon jetzt wettbewerbsfähig auf dem Binnenmarkt. Auch gebe es unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Anpassung, so z. B. zwischen Estland und Litauen.

Hinsichtlich des Liberalisierungsprozesses sei es im vergangenen Jahr gelungen, mit allen 10 Beitrittskandidaten ein neues bilaterales Abkommen abzuschließen, das auch sensible Produkte beinhalte, wobei die sog. Doppelnulllösung erstmals zum Tragen gekommen sei. Bei den meisten Ländern seien diese Abkommen schon im vergangenen Sommer in Kraft getreten, bei Polen und Litauen erst zum 1. Januar dieses Jahres.

Die Kommission sei auch bereit, auf dem jetzt eingeschlagenen Weg weitere Gespräche mit den Ländern zu führen, wo es nur noch darum gehe, das Volumen auszuweiten. Mit diesen Abkommen seien ca. 70 % der Exporte dieser Kandidatenländer in die Gemeinschaft liberalisiert worden.

Bei der beschlossenen Freihandelszone für Mittelmeerprodukte erwarte er mit der Erweiterung eine gewisse Erleichterung, und zwar aus folgendem Grunde: So bestehe jetzt bereits in der EU 15 ein starker Wettbewerb zwischen den südlichen Mitgliedstaaten mit einem enormen Wettbewerb bei Obst und Gemüse und einem wachsenden Wettbewerb bei Olivenöl, und wo es auch bei anderen Mittelmeerprodukten Probleme gebe. Unter den Erweiterungsländern gebe es dagegen, außer Rumänien und Bulgarien, keinen Staat, der Mittelmeeprodukte erzeuge. Je stärker das Wirtschaftswachstum in diesen Staaten zunehmen werde, um so stärker werde auch die bisher insgesamt relativ schwache Nachfrage nach Obst und Gemüse stärker wachsen, so dass ein echter Zukunftsmarkt entstehen werde.

Dies bedeute auch, dass es dann, wenn man größere Mengen aus den Anrainerstaaten Nordafrikas in der EU akzeptiere, nicht zu einer Verdrängung der angestammten Produktion in Spanien oder Portugal komme.

Der Vorsitzende dankt den Mitgliedern des EU-Ausschusses, die ihm die Sitzungsleitung ausgesprochen erleichtert hätten. Der EU-Ausschuss sei auch bei anderen Veranstaltungen des Agrarausschusses herzlich willkommen und sollte im Übrigen die Möglichkeit nutzen, sich auf der bevorstehenden Internationalen Grünen Woche einen Überblick über das vielfältige Nahrungsmittelangebot zu verschaffen.

Der Vorsitzende des EU-Ausschusses, Dr. Friedbert Pflüger, dankt sowohl EU-Kommissar Dr. Franz Fischler als auch den Sachverständigen für die eingehenden Antworten, die darüber hinaus mit ihren schriftlichen Stellungnahmen zu einer umfangreichen Materialsammlung beigetragen hätten, die sicherlich in der weiteren Diskussion noch von großem Nutzen sein werde.


Der Vorsitzende schließt die Sitzung 18.25 Uhr


Dr. Friedbert Pflüger, MdB Peter Harry Carstensen (Nordstrand), MdB
Vors. des EU-Ausschusses Vors. des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Quelle: http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv14/a10/a10_sitz_57
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