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14. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag Protokoll 14 /25
14. Wahlperiode
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Wortprotokoll 1

25. Sitzung (Öffentliche Anhörung)
Berlin, den 15. Dezember 1999, 12.00 Uhr
(Dorotheenstr. 93, Saal 004)

Vorsitz: Abg. Christel Hanewinckel

Tagesordnung

Einziger Punkt der Tagesordnung

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz ? AltPflG) (Drucksache 14/1578)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (federführend); Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Ausschuss für Gesundheit, Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (mitberatend)

Inhalt

Liste der angehörten Verbände und Sachverständigen..........................................................2

Fragenkatalog zur Anhörung............................3

Anwesenheitsliste.............................................7

Wortprotokoll.....................................................8

Sprechregister.................................................32

Anhang............................................................33



Liste der angehörten Verbände und Sachverständigen

Marita Bauer

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK)

Postfach 3050

65746 Eschborn

Manfred Borutta

LAG der Kommunalen Fachseminare NRW

Bildungs-GmbH Mönchengladbach

Königstr. 151

41236 Mönchengladbach

Ute Braun

Vorsitzende

Fachausschuss Altenpflegeschulen der Arbeitsgemeinschaft der

Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern

Geschäftsstelle

Lessingstr. 1

80336 München

Gerd Dielmann

Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr

Vorstandssekretariat Gesundheit, Soziale Dienste

Postfach 103662

70031 Stuttgart

Dr. Hartmut Dietrich

Vorsitzender des KDA

Kuratorium Deutsche Altershilfe

An der Paulskirche 3

Dr. Birgit Hoppe

Bundesvorsitzende des Arbeitskreises Ausbildungsstätten für Altenpflege in der Bundesrepublik Deutschland

Hallesches Ufer 32 ?38

10963 Berlin.

Christina Kaleve

Deutscher Berufsverband für Altenpflege DBVA

Sonnenwall 15

47951 Duisburg

Harald Kesselheim

AOK-Bundesverband

Abteilung Pflege

Kortrijker Str. 1

53177 Bonn

Peter Franz Lenninger

Deutscher Caritasverband e. V.

Karlstr. 40

79104 Freiburg

Herr Mauel

Bundesverband privater Alten- und Pflegeheime und ambulanter Dienste e.V:

Meckenheimer Allee 145

53115 Bonn

Dr. Waltraud Meyer-Kriechbaum

Arbeitsgemeinschaft staatlich anerkannter Evangelischer Ausbildungsstätten

für Altenpflege im DEVA

Bleekstrasse 20

30559 Hannover

Ministerialdirigent Herbert Pascher

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

80327 München

Gertrud Stöcker

Geschäftsführerin

Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe e.V.

Sadowastr. 60

42115 Wuppertal

Dr. Manfred Wienand

Deutscher Städtetag

Geschäftsführung Lindenallee 13

50968 Köln

Herr MR Dr. Hans Ziller

ehemaliger Vorsitzender des Unterausschusses

?Altenpflege? des Bundesrates

Fragenkatalog zur Anhörung

  1. Allgemein:

1. Bewertung des Entwurfs der Bundesregierung unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bundesrates und der Gegenäußerung der Bundesregierung:

  1. Weiterentwicklung

1. Welche Daten liegen Ihnen vor zur Anzahl der Pflegebedürftigen, getrennt nach Pflegestufen und nach ambulanter und stationärer Versorgung? Wie werden sich diese Zahlen voraussichtlich entwickeln?

2. Welche Angaben liegen vor über

? die Anzahl der Personen in der Ausbildung zur Altenpflegerin/zum Altenpfleger und zur Altenpflegehelferin/zum Altenpflegehelfer,

? die Anzahl der Altenpflegefachkräfte und die Anzahl der Altenpflegehilfskräfte?

Mit welchem Bedarf an Altenpflegefachkräften und Altenpflegehilfskräften rechnen Sie in den nächsten Jahrzehnten?

Welche durchschnittliche Verweildauer besteht in den Berufen der Altenpflege und Altenpflegehilfe, welche Ursachen sehen Sie für diesen Sachverhalt und wie beurteilen Sie ihn?

3. Welche Defizite oder Chancen sehen Sie in den gegenwärtigen unterschiedlichen Länderregelungen?

Wie beurteilen Sie die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der Altenpflegeausbildung?

Welche Bereiche der Altenpflegeausbildung müßten zwingend im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes geregelt werden?

Welche Bereiche könnten die Länder eigenständig regeln?

II. Bewertung des Bundesratsentwurfs

4. Wie beurteilen Sie die Ausbildungsinhalte des Gesetzentwurfs des Bundesrates?

5. Halten Sie eine Ausbildungsdauer von drei Jahren, bei Teilzeitausbildung von bis zu fünf Jahren, für angemessen?

Welche Voraussetzungen/Kriterien sollten für eine verkürzte Ausbildung, z.B. für Umschüler/ Umschülerinnen, oder für Personen, die privat über mehrere Jahre eine Pflegetätigkeit ausgeübt haben, gelten?

Wie beurteilen Sie die im Gesetzentwurf vorgesehene Ausbildung in der Altenpflegehilfe?

6. Wie beurteilen Sie die vorgeschlagenen Kostenregelungen, insbesondere im Hinblick auf die schulische Ausbildung und auf die Ausbildungsvergütung?

Welche Möglichkeit bietet die Pflegeversicherung, zur Finanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung und ggf. auch der Kosten der schulischen Ausbildung beizutragen?

Würden durch eine bundeseinheitliche Regelung zusätzliche Kosten entstehen?

7. Der Gesetzentwurf des Bundesrates siedelt die Gesamtverantwortung für die Ausbildung bei der Altenpflegeschule an (§ 4 Abs.3) und macht die Rechtswirksamkeit des Ausbildungsvertrages von der Zustimmung der Schule abhängig. Wie sehen Sie die Funktion der Schule in diesem Zusammenhang, und wie beurteilen Sie diese Lösung?

8. Sind die räumlichen und personellen Mindestanforderungen an die Altenpflegeschulen (§ 5) ausreichend?

9. Wie beurteilen Sie die im Entwurf des Bundesrates vorgesehenen Qualifikationsstandards im Hinblick auf die europaweite Anerkennung der Ausbildung und die Vereinheitlichung von Ausbildungsstandards in der Europäischen Union?

III. Weiterbildung und Perspektiven

10. Welche Perspektiven für eine gemeinsame fachliche Weiterentwicklung von Alten- und Krankenpflege eröffnet der vorliegende Gesetzentwurf?

Wie könnte die Einbindung einer im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfs geregelten Ausbildung in das System der beruflichen Bildung gewährleistet werden?

11. Welche Ausbildungsinhalte halten Sie in bezug auf eine reformierte Pflegeausbildung für erforderlich?

12. Welche Regelungen bzw. Zugangsvoraussetzungen halten Sie in der Altenpflege für erforderlich, um die Durchlässigkeit zur Fachhochschul- und Hochschulausbildung sowie Übergänge zu anderen Berufen im Gesundheitswesen (z.B. Krankenpflege) zu ermöglichen?

13. Welche Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten halten Sie zur Hebung der Attraktivität der Altenpflegeberufe für erforderlich?

14. Auf welche Weise sollten die Modalitäten der Weiterbildung in der Altenpflege und ihre Schwerpunkte geregelt werden?



Anwesenheitsliste *

Mitglieder des Ausschusses

Ordentliche Mitglieder des Ausschusses Stellv. Mitglieder des Ausschusses

SPD

Bartels, Dr. Hans-Peter

Brandt-Elsweier, Anni

Dzewas, Dieter

Forster, Hans

Fuhrmann, Arne

Gradistanac, Renate

Hanewinckel, Christel

Humme, Christel

Lehder, Christine

Lörcher, Christa

Rupprecht, Marlene

Stöckel, Rolf

Wester, Hildegard

Wolf (München), Hanna

CDU/CSU

Dehnel, Wolfgang

Diemers, Renate

Dörflinger, Thomas

Eichhorn Maria

Falk, Ilse Reinhardt, Erika

Fischbach, Ingrid

Holetschek, Klaus

Link (Diepholz), Klaus

Weiß (Groß-Gerau), Gerald

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Schewe-Gerigk, Irmingard

F.D.P.

Haupt, Klaus

Lenke, Ina

PDS

Balt, Monika

Ministerien

Niehuis, Dr. Edith PStS?in (BMFSFJ)

Tack, Eduard, MDirig (BMFSFJ)



UAL Horweck (BMFSFJ)

RL´in Viere (BMFSFJ)

Ref Siegmund (BMFSFJ)

VA´e Huhnt (BKA)

Baum (BMA)

Bundesrat

MR´in DR. Wenzel (Brandenburg)

DR. Lang (Hessen)

RAng Dr. Daching (SL)

MR Klinger (ST)

Fraktions- und Gruppenmitarbeiter/innen

Engler, Hajo (SPD-Fraktion)

Sachverständige

Bauer, Marita (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe )

Borutta, Manfred (Landesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen Fachseminare NRW)

Braun, Ute (Fachausschuss Altenpflegeschulen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern)

Dielmann, Gerd (ÖTV)

Dr. Dietrich, Hartmut (Kuratorium Deutsche Altershilfe)

Dr. Hoppe, Birgit (Arbeitskreis Ausbildungssstätten in der Altenpflege in der BRD)

Kaleve, Christian (Deutscher Berufsverband für Altenpflege)

Kesselheim, Harald (AOK-Bundesverband)

Lenninger, Peter Franz (für Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege e.V.))

Mauel (Bundesverband privater Alten- und Pflegeheime und ambulanter Dienste e.V.)

Dr. Meyer-Kriechbaum, Waltraud (Arbeitsgemeinschaft staatlich anerkannter Evangelischer Ausbildungsstätten für Altenpflege im DEVA)

Pascher, Herbert (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus)

Stöcker, Gertrud (Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe e.V.)

Dr. Wienand, Manfred (für Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände)

Dr. Ziller, Hans (Hessisches Sozialministerium)



25. Sitzung

Beginn. 12.00 Uhr

Gesetzentwurf der Bundesregierung:

Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege

(Altenpflegegesetz ? AltPflG) ? Drs. 14/1578 ?

Vorsitz: Abg. Christel Hanewinckel

Vorsitzende: Meine Damen und Herren Sachverständige, liebe Gäste, liebe Frau Ministerin, liebe Parlamentarische Staatssekretärin. Ich sage das deshalb so familiär, weil wir hier so eng zusammensitzen, dass wir uns im besten Sinne gut mit einander verständigen müssen, wenn es darum geht, jeweils einen Platz zu finden. Bevor ich die Anhörung eröffne, bitte ich alle die, die als nicht Abgeordnete hier vorn sitzen, sich anderswohin zu setzen, weil es sonst schwierig ist mit der Sortierung derer, die Fragerecht haben. Trotz entsprechender vorheriger Anmeldung konnten wir keinen anderen Sitzungsraum bekommen. Aus sicherheitstechnischen Gründen können wir nicht noch mehr Stühle in diesen Raum stellen und müssen die Zuhörer bitten, zu stehen. Ich hoffe, dass jetzt die anzuhörenden Sachverständigen ihren Platz haben und auch die Kolleginnen und Kollegen ihre Plätze gefunden haben, vielleicht können sich diejenigen, die jetzt stehen müssen, mit denen abwechseln, die noch einen Platz gefunden haben.

Ich begrüße Sie alle herzlich zu unserer Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege. Die Regularien für diese Anhörung besagen, dass die Sachverständigen gebeten werden, in einer ersten Runde ein kurzes mündliches Statement zu dem abzugeben, was sie zum großen Teil auch in ihrer schriftlichen Vorlage den Abgeordneten schon zur Verfügung gestellt haben. Dafür haben Sie 3 bis 5 Minuten Zeit. Es geht nicht darum, dass Sie Ihre schriftliche Stellungnahme dem Ausschuss nochmals mündlich vortragen - den Abgeordneten liegen Ihre Stellungnahmen vor ? sondern dass Sie eine Zusammenfassung oder Zuspitzung dessen vorstellen, was aus Ihrer Sicht das Notwendigste ist. Sie haben dann in der Befragung die Möglichkeit, auf die eine oder andere Frage entsprechend zu äußern. Die Einschränkung der Redezeit ist wichtig, weil wir Sie sonst über eine Stunde hinaus hören und erst dann die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. Was Sie uns in Ihren schriftlichen Statements vorgelegt haben, wird in die Beratung mit einbezogen. Wir wollen in alphabetischer Reihenfolge vorgehen. Außerdem ist es nach der Geschäftsordnung des Bundestages üblich, von jeglichen Bekundungen der Freude oder des Missfallens Abstand zu nehmen, das trägt zu einem ruhigen und geordneten Ablauf der Anhörung bei. Wir sollen nur von Argumenten überzeugt werden und nicht von anderen Bekundungen.

Die Ministerin ? darüber freue ich mich sehr ? hat die Möglichkeit, sich für etwa eine Stunde an unserer Anhörung teilzunehmen. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf der Bundesregierung. An dieser Stelle sage ich herzlichen Dank für die Zeit, die wir zusammen die Anhörung erleben können.

Ich rufe als erstes die Sachverständige für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, Frau Marita Bauer, auf.

Marita Bauer : (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe): Sehr verehrte Frau Vorsitzende, sehr verehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, hier einige Aspekte zu diesem Gesetzentwurf herauszuheben. Ihre Fragen eingangs haben gezeigt ? etwas, das in der Zukunft noch auftritt ? wie dringend erforderlich es ist, eine ordentliche Pflegestatistik zu bekommen. Denn wir haben keine fundierten Daten, nach denen Sie auch gefragt haben, sondern nur Annahmen, Schätzgrößen, die hier zur Einschätzung beitragen können. Von daher wäre das ein Nebenauftrag, der dringend erfüllt werden muss. Wir gehen aber grundsätzlich davon aus, dass wir mit Sicherheit erheblich mehr professionelle Pflegekräfte benötigen werden, viel mehr, als wir jetzt schon erkennen, weil wir auch aus praktischen Berichten erfahren, dass auch jetzt schon die 50 Prozent Fachquote in den Heimen oft nicht eingehalten wird und es eher zunimmt, dass nicht ausgebildete Hilfskräfte eingesetzt werden. Hier liegt auch unsere große Sorge, wenn wir Pflegeausbildung nicht grundsätzlich erneut für alle Bereiche ? Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege ? neu regeln. Wir hoffen, mit diesem Gesetzentwurf einen wesentlichen Schritt in Richtung generalistischer Ausbildung für die Pflegeberufe zu gehen, um auch hier unter anderem zur europäischen Niveauanpassung zu kommen. Uns ist besonders wichtig, dass wir hier keine Blockaden mit diesem Gesetz aufbauen auf diesem Weg, weil das Arbeitsfeld ?Pflege? derzeit zunehmend mehr Kompetenz, gerade im sozialpflegerischen und aber auch pflegewissenschaftlichen Bereich erfordert. Dem muss Rechnung getragen werden.

Nach unserer Einschätzung birgt der Gesetzentwurf eine große Gefahr im Hinblick auf das erforderliche Niveau. Hier sehen wir besondere Probleme in der Verkürzungsmöglichkeit bei den Voraussetzungen, dem Hauptschulabschluss oder vergleichbaren Abschluss. Wir gehen eher davon aus, dass es wünschenswert wäre, mit einer Pflegeausbildung hier auch die Möglichkeit zu erreichen, in den tertiären Bildungsweg zu kommen. Wir haben seit Jahren für Pflegestudiengänge, den pflegewissenschaftlichen Weg gekämpft, haben ihn zum Teil auch schon erhalten. Ich denke, dass es auch ganz wichtig für den Bereich der Altenpflege ist, diesen weiter beschreiten zu können, und hoffe, dass es hier auch zu einer entsprechenden Berücksichtigung kommt, unabhängig davon, dass wir auch davon ausgehen, dass eine gewisse Reife für diesen Beruf erforderlich ist, die aber auch mit der Ausbildung gepaart werden soll.

Abschließend ist zu hinterfragen, ob die Ausbildungsstruktur sich an der tradierten Krankenpflegeausbildung, bei der wir seit Jahren eine Änderung anmahnen, orientieren sollte oder ob es nicht sinnvoller wäre, die Zeit zu nutzen und möglichst schnell eine neue Ausbildung an Höheren Fachschulen oder ähnlichen zu schaffen, um diese Durchlässigkeit für alle Bereiche zu bekommen und um auch den Pflegebedürftigen wirkliche Kompetenz im Bereich der Pflege anbieten zu können. Vielen Dank.

Vorsitzende: Herr Borutta bitte!

Keinen : (Landesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen Fachseminare NRW): Mein Name ist Keinen, Landesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen Fachseminare NRW. Wir teilen uns den Vortrag, werden aber trotzdem die Zeit von drei bis fünf Minuten einhalten. Ich möchte die Begrüßung deswegen auch sehr kurz halten. Bevor wir in die Bewertung des vorliegenden Altenpflegegesetzes einsteigen, möchte ich kurz auf den bildungspolitischen Ist-Zustand eingehen. Dies scheint mir wichtig, um aufzeigen zu können, ob die Ausbildung in der Altenpflege und somit die Dienstleistung, die diese Berufe in der Altenhilfe erbringen, an Qualität gewinnen wird oder eben nicht. Der junge Beruf ?Altenpflege? hat sich zu einem eigenständigen Beruf mit deutlichem sozialpflegerischen Profil entwickelt. Die gewachsenen Ausbildungsstrukturen in den einzelnen Bundesländern wurden aktuellen Entwicklungen angepasst. Die Ausbildung findet derzeit entgegen allen sonstigen Behauptungen auf einem hohen qualitativen Niveau statt. Mit Ausnahme von Bayern und Sachsen ist sie dreijährig geregelt. Im Länderdurchschnitt werden ca. 2200 theoretische Unterrichtsstunden erteilt. Unsicher ist in den meisten Bundesländern die Finanzierung der Betriebskosten, der Ausbildungsstätten sowie eine verfassungsgemäße Finanzierung der Ausbildungsvergütung. In der Beurteilung des Altenpflegegesetzes muss es daher darum gehen, ob die sozialpflegerischen Anteile als Standard erhalten werden können, die Ausbildung in allen Bundesländern dreijährig ist und die Finanzierung gesichert ist. Auf diese drei zentralen Punkte werden wir genauer eingehen:

  1. Die dreijährige Ausbildung: Gemäß § 26 soll die Ausbildu ng für alle Umschülerinnen bzw. Umschüler um ein Jahr gekürzt werden. Laut Begründung zum Gesetz soll der Anteil der Umschüler bei Zweidri t teln liegen. Das würde dazu führen, dass die Au s nahme der zweijährigen Ausbildung zur Regel wird. Diese Verkürzung wi rd dazu führen, dass viele das Ausbildungsziel nicht erreichen werden und das Ausbi l dungsziel wird infrage gestellt.
  2. Sozialpflegerisches Profil: Die eigenständigen soz i alpflegerischen Anteile des Berufsbildes finden im Gesetz nicht ausreichend Niederschlag . Es besteht hier deutlich die Gefahr, dass Altenpflege auf Kra n kenpflege für alte Menschen red u ziert wird.
  3. Gesicherte Finanzierung: Eine gesicherte planbare Finanzierung mit Betriebskosten und Ausbildung s vergütung wird durch das Gesetz nicht erreicht. Das s Zweidrittel der Ausbildungskosten für einen ganzen Berufsstand aus dem Topf der Arbeitsve r waltung finanziert werden sollen, ist bildungspol i tisch einzigartig. Das führt dazu, dass nicht nach Bedarf ausgebildet wird, sondern nach Finanzlage der Arbeitsver waltung. Die beabsichtigte Attraktiv i tätssteigerung des Berufes kann so sicherlich nicht erreicht werden.

Manfred Borutta : (Landesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen Fachseminare NRW) Ich werde diese drei Punkte noch vertiefend ergänzen. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verkürzungen für die Umschüler stellt die Zielsetzung des Gesetzentwurfs generell infrage. Dies wird deutlich, wenn man sich die amtliche Begründung durchliest, wo es im allgemeinen Teil heißt ?Die dreijährige Dauer der Erstausbildung ist erforderlich, um die heute unverzichtbaren Ausbildungsinhalte für die moderne Altenpflege jungen Menschen vermitteln zu können. Was für junge Auszubildende gilt, gilt auch für ältere Auszubildende, konkret: für die Umschüler. Die Klientel ist besonders problembelastet. Unsere Erfahrungen in den kommunalen Altenpflegeschulen Nordrhein-Westfalens zeigen, dass wir hier die höchste Abbrecherquote haben. Die sollen dem Gesetzentwurf zufolge demnächst nur noch zwei Jahre Ausbildung machen. Wir haben mit ?Patchwork-Biographien? zu tun, das heißt, mit Biographien, die geprägt sind von Ausbildungsabbrüchen, von Dauerarbeitslosigkeit. Wir haben damit zu kämpfen, dass weit zurückliegende Lernerfahrung eine Rollenfindung in der Ausbildung schwer machen, und kein vorhandenes Grundlagenwissen bei diesen Teilnehmern vorhanden ist. § 26 ? wie er jetzt auch in der Erwiderung der Bundesregierung auf die Initiative des Bundesrates formuliert ist, demontiert daher unseres Erachtens die Zielsetzung des Gesetzes, die Qualität der Ausbildung zu steigern. Die Qualitätsanforderungen im Gesetzentwurf sind diffus, das heißt, wir haben keine Klärung, was denn beispielsweise in § 5 eine ausreichende Zahl geeigneter Fachkräfte an den Ausbildungsstätten bedeutet, was eine ausreichende Bereitstellung von Lernmitteln bedeutet, was eine ausreichende Vorhaltung von Räumen bedeutet. Wenn der Gesetzgeber im SGB 11 und den dazugehörigen Richtlinien die Qualität in der Pflege, im Pflegealltag sichert, dann muss er dies auch in der Pflegeausbildung tun. Das kann er in diesem Gesetzentwurf, und davon sollte der Gesetzgeber Gebrauch machen.

Einher geht mit der Qualitätssicherung die Finanzierung der Schulen. Die ?Flickenteppich? Beliebigkeit, die wir hier bundesweit haben, muss mit einem bundeseinheitlichen Gesetz beendet werden. Es kann nicht angehen, dass die Forderung der Altenpflegeausbildung nicht nach dem Bedarf passiert, sondern nach den finanziellen Ressourcen lokaler Arbeitsämter. So sieht die Realität aus und so wird sie im Gesetzentwurf unseres Erachtens festgeschrieben. Von daher plädieren wir dafür, dass der Begriff der Pflegefachkraft im Gesetz definiert wird, dass die Qualität der Schulen gesichert wird, dass die Qualität der Ausbildung generell gesichert wird. Wenn es der Bundesregierung ernst ist mit einem bundeseinheitlichen Gesetz, dann müssen diese zentralen Punkte erfüllt sein, denn ansonsten haben wir den Verdacht, dass es lediglich darum geht, dass die Regierung einen Erfolg verbucht. Wir wollen aber mehr als den Erfolg, der nur auf dem Papier steht. Wir wollen die Substanz des Erfolges in der Praxis erleben.

Vorsitzende: Frau Braun, bitte.

Ute Braun: (Fachausschuss Altenpflegeschulen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern) Ich argumentiere nun gerade auf dem Boden der bayerischen Ausbildung. Die Altenpflegeausbildung in Bayern erfolgt an Fachschulen in zweijähriger Vollzeit und in dreijähriger berufsbegleitender Form, das heißt, im Sinne des SGB 3 handelt es sich um eine verkürzte Ausbildung, wie sie der Gesetzentwurf für die Umschüler vorsieht. Die Fachschullösung hat sich in Bayern bewährt. Vor dem Hintergrund des erforderlichen Qualitätsniveaus ist aus unserer Sicht eine reelle Verkürzungsmöglichkeit für Umschüler von drei auf zwei Jahre nicht zu vertreten. Wir haben Erfahrung damit. Gerade unsere langjährige Erfahrung in Bayern mit dieser verkürzten Ausbildungsform lässt uns den gestiegenen Anforderungen entsprechend für diese Zielgruppe eine Verlängerung der Ausbildung fordern. Mit der Verkürzung auf zwei Jahre für Umschüler sind auch aus unserer Sicht die im Gesetzentwurf formulierten Ausbildungsziele und Qualitätsansprüche nicht zu realisieren.

Wir haben auch die Führung eines Familienhaushalts ? wir wissen aus unserer Erfahrung, dass das als Begründung der Verkürzung der dreijährigen Ausbildung auf zwei Jahre keinesfalls ausreicht. Die Struktur des Ausbildungsverhältnisses bewegt sich im Gesetzentwurf zwischen Schulrecht und Arbeitsrecht. Diese Zwitterstellung mit geteilten Verantwortlichkeiten wird in der Praxis etliche Probleme produzieren. Diese der Krankenpflegeausbildung analoge Struktur eignet sich aus unserer Sicht nicht in einem Bereich, in dem der Träger der praktischen Ausbildung in der Regel nicht gleichzeitig der der schulischen Ausbildung ist. Dies wird zu zusätzlichen Abstimmungsproblemen und erheblichem Verwaltungsaufwand führen. Die Anforderungen an Altenpfleger/rinnen sind gleichermaßen im medizinisch-pflegerischen und sozialpflegerischen Bereich gestiegen, sofern diese Begrifflichkeiten für moderne Pflege überhaupt noch taugen ? sie sind eher ein Abrechnungsmodus. Sie werden weiterhin steigen. Keinesfalls ist ein einseitiges Anwachsen und Überwiegen des medizinisch-pflegerischen Bereichs zu erkennen, denn:

  1. Auch bei zunehmender Multimorbidität der alten Menschen steht in der Altenpflege die gesamte L e bensgestaltung als Aufgabe im Vordergrund. Es ist ein Unterschied, ob ich eine Geri atriefachschwester oder eine Altenpflegerin h a be.
  2. Ein sich immer stärker ausprägender Anteil der Altenpflege bezieht sich auf Menschen mit gero n topsychiatrischen Krankheitsbildern. Auch in diesem Bereich stehen neben einer fachlich fundierten m e dizinischen Versorgung die sozialpflegerischen Konzepte im Vo r dergrund.
  3. Um eine der zentralen Aufgaben der Altenpflege, die Unterstützung und Entlastung privater häusl i cher Pflege, leisten zu können, sind Beratungs-, Anleitungs- und Vernetzungsfähigkeiten notwendig, die den fundierten Erwerb von methodischer und sozialer Kompetenz in der Ausbildung erfordern. Das im Gesetzentwurf in § 3 formulierte Ausbi l dungsziel zur Pflegeplanung repräsentiert ein Ziel der bestehenden Krankenpflegeausbildung. Der Altenpflege entzie ht es die spezifische Qualität ihres Berufsbildes. Auch der Vorschlag des Bundesrates greift aus unserer Sicht zu kurz, da eine sach- und fachkundige umfassende und geplante Altenpflege nur durch eine Verbindung von pflegewissenschaf t lichen und gerontologi schen Erkenntnissen möglich ist. Das Wort ? Gerontologie ? vermisse ich sowieso im Gesetzentwurf.

Im Hinblick auf eine zukünftige integrierte Ausbildung für die Pflegeberufe, die wir für dringlich halten, beurteilen wir das Gesetzgebungsvorhaben als hemmend für die notwendige gründliche Reform aller Pflegeberufe, da sie auch den Altenpflegeberuf in die Struktur der bestehenden Krankenpflegeausbildung presst. Die von der Bundesregierung beabsichtigten Ziele, die wir in vollem Umfang unterstützen, ließen sich aus unserer Sicht besser realisieren, wenn zum jetzigen Zeitpunkt statt einer Angleichung der Altenpflege an die bestehende Krankenpflegeausbildung die Integration der Pflegeberufe durch Erprobung in Modellprojekten vorangetrieben würde. Dazu wäre es notwendig, die entsprechenden Bedingungen auf Bundesebene, sprich Krankenpflegegesetz, und auf den Länderebenen, sprich Altenpflegeausbildung, zu schaffen.

Vorsitzende: Herr Dielmann, bitte.

Gerd Dielmann: (ÖTV) Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Die Gewerkschaft ÖTV begrüßt das Vorhaben, eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage für die Ausbildung in der Altenpflege zu schaffen. Sie bedauert, dass eine Integration in das System der beruflichen Bildung mit der Rechtsgrundlage Berufsbildungsgesetz unterbleibt. Wir bedauern weiter, dass mit diesem Reformvorhaben eine Vereinheitlichung der pflegerischen Ausbildungsgänge nur ansatzweise unternommen wird. Angesichts des unbestrittenen Reformbedarfs auch in der Kranken- und Kinderkrankenpflegeausbildung wäre zumindest eine einheitliche Gesetzesgrundlage, eine Art einheitliches Berufungsgesetz, sinnvoll.

Zu einigen Punkten im Gesetz selbst: Die Strukturvorgaben der zwei Ausbildungsträgerschaften halten wir für problematisch. Für eine überwiegend praktische Ausbildung, die durchaus sinnvoll ist und auch den europäischen Rechtsvorgaben entspricht, müssen auch die Ausbildungsbetriebe ? wenn es ein Verbund sein sollte ? in die Pflicht genommen werden, das heißt, die üblichen Qualitätsstandards für die betriebliche Ausbildung sind zu realisieren, Ausbildungspläne für die praktische Ausbildung und berufspädagogisch qualifizierte Ausbilderinnen und Ausbilder sind unverzichtbar in einem Bildungssystem, in dem qualitativ hochwertige Ausbildung organisiert werden soll. Das Ausbildungsverhältnis muss so gestaltet werden, dass Tarifverträge möglich sind. Die gesamten betrieblichen Ausbildungskosten müssen refinanziert werden und nicht nur die Ausbildungsvergütungen. Der Entwurf sieht bisher immer nur die Ausbildungsvergütungen vor. Es gibt aber noch weitere Kosten im Zusammenhang mit der Ausbildung, die auch sichergestellt sein müssen. Die Kosten für den theoretischen Teil der Ausbildung sollten die Bundesländer tragen. Schulgeldzahlungen halten wir für überholt und lehnen wir ab.

Die Ausbildung sollte mit der Abschlussprüfung enden. Der Vorschlag des Bundesrates sieht vor, das ursprüngliche Vorhaben zu korrigieren. Die Bundesregierung hat das akzeptiert. Das führt zu Problemen, dass Auszubildende vorzeitig die Prüfung ablegen aber immer noch im Ausbildungsstatus verharren müssen. Hier ist es sinnvoll, nach Abschluss der Prüfung die Ausbildung enden zu lassen und in das Berufsleben überzugehen.

Die Fehlzeitenregelungen, die in diesem Gesetzentwurf analog der Krankenpflege vorgesehen sind, sind problematisch. Sie müssen auch rechtliche, gesetzliche und tarifvertragliche Rechte umfassen, z.B. darf die Mitwirkung in einer Jugend- und Auszubildendenvertretung während der Ausbildungszeit nicht schädlich sein. Das sind Rechtsansprüche, die zu Konflikten führen, wenn man das nicht gleich vernünftig im Gesetz regelt.

Die Regelausbildung sollte drei Jahre betragen. Eine generelle Verkürzung auf zwei Jahre stellt ein Problem dar. Allerdings müssen bei Verkürzungen die beruflichen Erfahrungen auch anerkannt und berücksichtigt werden können. Sie sind auch als Rechtsanspruch festzulegen und nicht dem Belieben der Behörde zu überlassen, dem Ermessen, was angerechnet wird und was nicht.

Eine Regelung der Altenpflegehilfeausbildung halten wir nicht für notwendig. Es gibt bereits eine ausreichende Zahl von Helfer/innenqualifikationen. Wenn wir solche Regelungen für unverzichtbar halten, sollte der Umfang und die Dauer auf ein Jahr fixiert werden. Der Vorschlag, eine Regelung zu schaffen, die eine Helferausbildung bis zu zwei Jahren im Ermessen der Länder möglich macht, ist äußerst problematisch, weil sie zu dicht an der Fachqualifikation einer dreijährigen Ausbildung angesiedelt ist und die Gefahr besteht, dass Fachberufsqualifikationen ersetzt werden durch diese Helfer/innen, erst recht wenn man sich vorstellt, dass eine generelle Verkürzung oder für einen großen Teil der Ausbildung eine Verkürzung auf zwei Jahre vorgesehen ist. Bei einer Helferinnenausbildung von zweijähriger Dauer und einer Fachqualifikation von zwei Jahren ist sehr schwer zu vermitteln, worin hier der Unterschied besteht.

Dr. Hartmut Dietrich : (Kuratorium Deutsche Altershilfe) Das Kuratorium Deutsche Altershilfe begrüßt den neuen Versuch einer einheitlichen Ausbildung. Das KDA unterstützt die im Entwurf genannte Zielsetzung vor allen Dingen im Blick auf den Ausbau der weiteren Qualität, hält aber den Gesetzentwurf kaum für geeignet, diese Ziele zu erreichen. Der Bedarf an Fachkräften steigt weiter an nach uns vorliegenden Untersuchungen. Gleichzeitig müssen wir beobachten, dass die Pflegefähigkeit und die Pflegebereitschaft der Familien nachlässt, nicht zuletzt durch die stärkere Qualifikation der Frauen, bei denen ein großer Teil der Pflege liegt, die in qualifizierten Berufen selbst weiter tätig sein wollen. Die Frage der psychisch kranken alten Menschen haben wir dabei besonders im Auge. Das KDR sieht erheblich ansteigende Anforderungen in der Altenpflege im medizinisch-pflegerischer Sicht, vor allem in der ambulanten Pflege, da die Mitarbeiterinnen sehr auf sich selbst gestellt sind, oft weit entfernt von einer ärztlichen Begleitung. Aber auch in den stationären Bereichen, wo die Anzahl einmal der psychisch kranken alten Menschen weiter rapide zunimmt und dank der guten Weiterentwicklung im ambulanten Bereich, dort schwer- und schwerstpflegebedürftige alte Menschen weiter zu versorgen sind. Im Blick auf das erforderliche Qualitätsniveau sind die im Gesetz vorgesehenen Verkürzungsmöglichkeiten nach Meinung des KDA nicht verantwortbar. Nur mit einer dreijährigen qualifizierten Fachausbildung im Rahmen eines entsprechenden Schulsystems der Fachschule halten wir die Qualitätssteigerungen, die erforderlich sind, für möglich.

Im Blick auf die Leitung und Dozentenschaft der Altenpflegeausbildungsstätten ist das KDA der Meinung, dass es im Rahmen der üblichen Bildungslandschaft gesehen werden muss, das heißt, dass die Leiter und Dozenten nicht ohne Hochschulabschluss in diese Tätigkeit kommen können. Für Übergangsregelungen langjährig bewährter Dozenten sind wir offen und würden uns anbieten, hier entsprechende Qualifizierungshilfen von Seiten des KDA zu leisten.

Unter dem Gesichtspunkt der langfristig angestrebten integrierten Ausbildung für die Pflegeberufe scheint das Gesetzgebungsvorhaben offensichtlich eine Vorstufe zu sein. Wir sind der Meinung, dass nur vergleichbare Ausbildungsgänge zu einer gemeinsamen Ausbildung geführt werden können. Im Blick auf das europäische Umfeld haben wir durch unterschiedliche Untersuchungen festgestellt, dass die Bundesrepublik keinesfalls im Mittelfeld der Qualifikation pflegerischer Ausbildung liegt. Von daher möchten wir noch einmal deutlich dafür plädieren, dass die aufgezeigten Ziele der Bundesregierung auch realisierbar werden. Soweit zu einigen wesentlichen Punkten.

Herr Mauel: (Bundesverband privater Alten- und Pflegeheime und ambulanter Dienste e.V.) Herr Groth, der für den Bundesverband sprechen sollte, ist leider krank. Ich hoffe, dass ich jetzt nicht ihre alphabetische Reihenfolge durcheinanderbringe. Meine Damen und Herren, wir vertreten als Bundesverband privater Alten- und Pflegeheime 1.600 Pflegeheime und 900 ambulante Dienste. Ich würde gern etwas dazu sagen, wie die Stimmung in diesen Betrieben zu diesem Gesetzentwurf ist. Wir begrüßen zunächst diese bundeseinheitliche Regelung. Wir sind froh, dass dieser Wirrwarr geordnet wird und hoffen, dass das zu einem guten Ende geführt wird. Wir halten auch die bereits genannten Ausbildungsziele für wesentlich. Wir beobachten sehr stark, dass genau in den Bereichen, die hier vorgestellt sind, also die behandlungspflegerischen und sozialpflegerischen Aspekte, die Anforderungen ständig steigen, vor allem im stationären Bereich, weil einfach das Eintrittsalter steigt.

Wir sind kritischer an einem anderen Punkt, wo es um die Einbeziehung der Betriebe geht. Wir halten im Grundsatz die duale Ausbildung für die richtige mit den Betrieben als Ausbildungsträger und haben dabei auch im Sinn die Zugangswege zur Ausbildung im Sinn. Wir befürchten, dass sich eine Tendenz festsetzt, vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung, dass die Zugangswege zur Altenpflegeausbildung nicht in erster Linie durch die Motivation gesteuert sind, sondern durch Zuweisungswege der Arbeitsämter, so dass dadurch die Altenpflege ? damit bringen wir auch die hohe Abbrecherquote in der Pflegeausbildung zusammen ? in ein etwas schlechtes Licht geraten könnte. Wir wollen auf keinen Fall, dass die Altenpflege auch nur in die Nähe kommt, den Ruf eines ?Verschiebebahnhofes? zu bekommen.

Das duale System halten wir für das richtige, weil die praktische Ausbildung eine große Bedeutung haben soll und die Betriebe damit auch eine größere Auswahlmöglichkeit haben und damit die Eignung hinsichtlich der persönlichen Motivation für die Auszubildenden selbst prüfen können. Wir versprechen uns dadurch auch eine deutlich niedrigere Abbrecherquote.

Zur finanziellen Regelung: Wir sind im Grundsatz nicht für eine Umlage. Für eine Umlage sind wir nur, wenn die Betriebe mehr Einfluss auf die Ausbildungsverhältnisse haben. Ansonsten halten wir es für notwendig, diesen Ausbildungsberuf so attraktiv zu halten und die Betriebe so in die Pflicht zu nehmen, dass entsprechend viele Ausbildungsstellen geschaffen werden. Wir haben diese Möglichkeiten, wir halten das auch für realistisch. Wir haben in Baden-Württemberg in einem kleinen Modellprojekt geschafft, dass die Ausbildungszahlen um 15 % anstiegen, weil die Notwendigkeit zur Ausbildung in den Betrieben sehr deutlich gesehen wird. Vielen Dank.

Vorsitzende: Frau Dr. Hoppe, bitte.

Dr. Birgit Hoppe: (Arbeitskreis Ausbildungsstätten in der Altenpflege in der BRD) Sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche für den Arbeitskreis der Ausbildungsstätten in der Altenpflege, ein trägerübergreifender Zusammenschluss der Schulen, gewerbliche Träger, Träger in öffentlicher Trägerschaft und in der Wohlfahrtspflege. Die Stellungnahme des Arbeitskreises liegt Ihnen vor, ist sehr programmatisch formuliert und sehr grundsätzlich. Ich beschränke mich deswegen auf diese grundsätzlichen Punkte. Es gäbe sicherlich noch sehr viele andere Punkte im Detail zu erörtern. Der AA lehnt den Gesetzentwurf in dieser Form ab.

Dies möchte ich an vier wesentlichen Punkten begründen. Aus unserer Sicht wird das Gesetz gewachsene Qualität zerstören. Das Gesetz wird nicht mehr Ausbildungsplätze schaffen, sondern eher weniger, es wird Ausbildungskapazitäten zerstören. Der Beruf selber würde strukturell abgeschafft. Es würde nicht nur eine kleine Verschiebung am Profil erfolgen, und vor allen Dingen, die propagierte Vereinheitlichung würde mit diesem Gesetz nicht stattfinden. Das sind die vier wesentlichen Punkte, und ich möchte einiges dazu erläutern.

Warum könnte der Entwurf, so er denn Wirklichkeit würde, Qualität zerstören? Der Gesetzentwurf in dieser Form ? das wurde von einigen bereits gesagt ? bringt nicht die Diskussion um eine Modernisierung beruflicher Bildung auf, sondern schreibt ein Gesetz aus den achtziger Jahren am Modell der Krankenpflege fort und schreibt Mindeststandards in der beruflichen Bildung fort, die in allen anderen Berufsbereichen längst obsolet sind. Ich erwähne die Forderung nach Schlüsselqualifikation. Diese können sich nicht im Frontalunterricht vermitteln lassen, sondern brauchen Zeit. Hier ein erneuter Hinweis auf die Untragbarkeit der Verkürzung auf zwei Jahre.

Mit Schlüsselqualifikationen meine ich nicht nur die Überschriften Teamfähigkeit, Fähigkeit zur Empathie und ähnliches mehr, sondern insbesondere auch die essentiellen Aufgaben an eine moderne Altenpflege. Nämlich gerade im Bereich der ambulanten Versorgung etwas sicher zu stellen wie Koordinierung von Leistung, die Beratung von Angehörigen, wie Umgang mit den Menschen gerade auch im ambulanten Bereich, dass sie zum Teil auch in ihrer heutigen Situation verbleiben können, somit alles das, was sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat im Rahmen des demographischen Wandels.

Er würde auch deswegen Qualität zerstören, weil er grundsätzlich keine klare Aussage darüber trifft, in welchem System beruflicher Bildung die Altenpflegeausbildung zukünftig angesiedelt sein soll, also er regelt weder nach Berufsbildungsgesetz noch nach Schulrecht, sondern er lässt offen, dass die Länder die Altenpflegeausbildung belassen oder überführen ins Niemandsland beruflicher Bildung mit der Folge, dass die neugeschaffenen Studiengänge in der Pflege, aber insbesondere auch in Fragen der gerontologischen akademischen Weiterbildungsqualifikation nicht systematisch gesichert sind. Es gibt keine horizontale Durchlässigkeit mehr nach oben, man macht den ?Sackgassenberufscharaker? weiter und zerstört damit die Attraktivität des Berufs für diejenigen, die auch ein berufliches Fortkommen im Auge haben und die wir dringend für eine qualifizierte Bewältigung des demographischen Wandels brauchen.

Hinsichtlich der Frage der Umlagefinanzierung ist Ihnen bekannt, dass die rechtlichen Fragen sehr schwierig sind, dass wir in fast allen Ländern mit Umlagefinanzierung ?Bauchlandungen? erlebt haben, dass dadurch ein enormer Schub an Deregulierung in Gang gekommen ist, dass Ausbildungskapazitäten verloren gegangen sind. Wenn man ein neues Gesetz schafft, müsste man mindestens auf dieser Ebene sicher stellen, dass man nicht ein Ziel, das man propagiert, hinten herum wieder zerstört.

Warum muss es diesen Beruf überhaupt geben, warum darf er nicht strukturell abgeschafft werden durch eine Verschiebung auf medizin-pflegerische Profile? Wenn Sie die Verkürzungstatbestände nehmen, werden Sie feststellen, dass siedie Ausbildung im gegenwärtigen Umfang von 2200 Stunden im Bundesdurchschnitt halbieren müssen, weil der praktische Anteil überwiegt. Davon haben Sie dann noch maximal die Hälfte für sozialpflegerische Inhalte, also Umgang mit demenziell veränderten Menschen, Beratungskompetenzen, rechtliche Kompetenzen im Bereich des Betreuungsrechts zu vermitteln. Das schaffen Sie schlicht nicht. Dann wäre es ehrlicher, den Beruf gänzlich abzuschaffen und auf eine geriatrische Krankenpflege zu verengen. Das kann sicherlich gerade auch im Blick des Erkenntnisstands der Gerontologie nicht das Ziel sein. Deswegen teilt der Arbeitskreis für Ausbildungsstätten auch nicht das Ziel einer gemeinsamen Ausbildung zum gegenwärtigen Zeitpunkt, weil wir sehen, dass ungeheuer viel in dieser eigenständigen Profilierung eines Berufsziels, was Gesundheit und Gerontologie als eigenständige Elemente aufnimmt, zu tun ist.

Letzter Punkt: Die propagierte Vereinheitlichung. Es wird gesagt, dass die Länder bei ihren Regelungen bleiben sollten. Fakt ist, dass einige Bundesländer schon angekündigt haben, dass sie aus dem Schulrecht der Länder aussteigen werden in dem Moment, wo der Beruf ein Hilfsberuf wird. Den viel propagierten Wildwuchs, von dem die Rede war, würde ich an dieser Stelle nochmals kritisch hinterfragen. Wenn der Wildwuchs gelten würde im Rahmen einer ASMK-KMK-Rahmenver-einbarung, wie die Altenpflege derzeit, wenn auch auf dem Stand von Mitte der achtziger Jahre, geregelt ist, der würde dann auch für alle anderen sozialpädagogisch-pflegerischen Berufe gelten. Dann müsste man dies auch den Erzieherberufen und vielen anderen Berufen, die so geregelt sind, zum Vorwurf machen. Dieser Punkt überzeugt unseres Erachtens nicht. Deswegen votiert der Arbeitskreis Altenpflege zum gegenwärtigen Zeitpunkt für eine Aktualisierung der ASMK-KMK-Rahmenvereinbarung, weil wir nicht wollen, dass die in der Mehrzahl vorhandenen schulrechtlichen Lösungen in den Ländern auf Berufsfachschul- oder Fachschulebene zerstört und gefährdet werden. Wir wissen in dem Moment, wo der Bereich der Finanzen Möglichkeiten sieht zur Einsparung, dass als erstes das Berufsfeld Altenpflege ins Visier genommen wird. Wir haben eine langjährige Erfahrung in dieser Hinsicht, dass es dann auch faktisch passiert ? siehe aktuelle Beispiele aus diesem Jahr.

Vorsitzende: Frau Kaleve, bitte.

Christiane Kaleve: (Deutscher Berufsverband für Altenpflege) Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren. Der Deutsche Berufsverband für Altenpflege als Vertretung des Berufsstandes fordert schon seit 25 Jahren eine bundeseinheitliche Altenpflegeausbildung. Von daher freue ich mich als Vertreterin des DBVA, heute hier die Pflege- und Ausbildungspraxis mit in die Entscheidungsfindung einbringen zu können. Das Vorhaben der Bundesregierung können wir grundsätzlich unterstützen. Denn ansonsten kann dieses Gesetz, wie im Vorentwurf vorgelegt, nicht die gewünschte Vereinheitlichung der Altenpflege auf Bundesebene erfüllen. Hier haben wir entscheidende Kritikpunkte anzubringen, die eine Konformität mit dem Gesetzentwurf nicht möglich macht. Ich möchte zu einigen Punkten Stellung nehmen.

Die Zielsetzung des Altenpflegegesetzes entspricht im wesentlichen dem des Berufsbildes. Aufgenommen werden muss jedoch auch das Ziel Freizeitgestaltung und Ausrichtung von Gemeinschaftsveranstaltungen. Auch die Anleitung, Beratung und Unterstützung von Schülern, Hilfskräften und Laienpflegekräften ist als Ziel zu nennen. Nur so kann der erforderliche Theorie-Praxis-Transfer hergestellt und der überaus stark zu spürende Konflikt verringert werden.

Auch eine Ausbildung in der Altenpflegehilfe zu etablieren, führt nicht zum erwarteten Anstieg der Qualität vor Ort. Hier sind vielmehr die ausgesetzte Heimpersonalverordnung und wesentliche Verbesserungen des Pflegeversicherungsgesetzes gefragt. Mit den im Gesetzentwurf formulierten Verkürzungsmöglichkeiten wird weder dem Ziel des Gesetzes Genüge getan, noch den Betroffenen eine ihnen zustehende sachliche und vor allen Dingen auf einem einheitlichen Niveau gestaltete Begleitung und Pflege zugestanden. Es darf weder unter arbeitsmarkt- noch unter finanzpolitischen Gesichtspunkten eine Verkürzung eintreten. Dies betrifft die Verkürzungsmöglichkeiten der Umschüler. Diese Möglichkeit der Verkürzung würde Zweidrittel aller Auszubildenden betreffen und somit natürlich keine Vereinheitlichung herstellen. Das heißt, eine das Ausbildungsziel nicht gefährdende Ausbildungszeit kann nur die von drei Jahren sein, um so auch der Realität entsprechende Anforderungen vermitteln zu können. Ansonsten wird das Gesetz ad absurdum geführt und der gesamte Berufsstand deklassiert. Sowohl die Finanzierung der Ausbildung als auch die Strukturen des Ausbildungsverhältnisses stehen hier auf tönernen Füssen. Die Rechtmäßigkeit der Sonderabgaben und die Gruppennützigkeit muss dringend überprüft werden. Auch die Rahmenbedingungen zeigen wesentliche Schwachpunkte. Die vertragliche Regelung sollte der Schule obliegen, die auch für die fachpraktische Ausbildung verantwortlich ist. Nur diese darf Weisungsrecht gegenüber den Schülern haben. In der täglichen Praxis der Ausbildungsstätten werden die nicht zu akzeptierenden Bedingungen deutlich. Hier darf auf keinen Fall der Tendenz Tür und Tor geöffnet werden, Auszubildende auszunutzen und als volle Arbeitskraft einzusetzen, oder eine so erheblich schlechte Pflegequalität anzubieten, dass nicht von einer fachlich hohen Ausbil dung gesprochen werden kann. Eine Abhängigkeit des Schülers von den Einrichtungen muss vermieden werden.

Die vom Bundesrat eingebrachten Kriterien bezüglich der Einsatzgebiete der Auszubildenden reichen in dem beschriebenen Umfang nicht aus. Den angehenden Altenpflegern müssen Einsätze gerade in allen Bereichen der Altenhilfe zugestanden werden, da die Arztferne besonders in der stationären Betreuung vorliegt. Die Erfahrung auch in der geriatrischen und vor allen Dingen der geronto-psychiatrischen Versorgung sind zwingend notwendig für den Alltag nach dem Examen. Priorität muss sein, dass in den verschiedenen Arbeitsfeldern im gleichen Umfang Lernerfahrungen gemacht werden können.

Die Qualitätssicherung in der Ausbildung obliegt nach diesem Gesetzentwurf weiterhin den Ländern. Daher sind klar definierte Ausbildungsstandards bundeseinheitlich festzuschreiben. Dies betrifft einerseits die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung mit festgelegter Mindeststundenzahl von 4600 Stunden mit gleichwertiger Verteilung auf den theoretischen und praktischen Unterricht. Eine Stundentafel mit einem Rahmenkurrikulum wäre sinnvoll und auch weitere festzulegende Kriterien der Eignung der Ausbildungsstätten, wie z. B. die Quantität des Lehrpersonals, hier im Verhältnis Vollzeitlehrkraft zu den Auszubildenden 1 zu 20 und auch die Qualität des Lehrpersonals, welches auch auf die nebenberuflichen Dozenten greifen sollte.

Vorsitzende: Frau Kaleve, darf ich Sie an die Zeit erinnern!

Christa Kaleve : Ja, diese Forderungen sind notwendig. Die zeitgemäße und vor Ort gerecht werdende Grundlage muss gesichert werden und darüber hinaus sollten die weiterbildenden Maßnahmen bundeseinheitlich und staatlich geregelt werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzende: Herr Kesselheim, bitte.

Harald Kesselheim : (AOK Bundesverband) Frau Vorsitzende, lassen Sie mich versuchen, nicht in die Details einzusteigen, sondern in der Erinnerung an das, was Sie eingangs sagten, mich auf einige Grundsätze zu konzentrieren, wobei ich glaube, wenn man über Details der Ausbildung spricht, muss man zunächst über-legen, in welchem Feld bewegt sich der Beruf des Altenpflegers heute. Da wird man sicherlich nicht vorbeisehen können, dass das Pflegefeld sich im letzten Jahrzehnt insgesamt erheblich gewandelt hat. Wenn wir die Zahlen aus der Pflegeversicherung ansehen, müssen wir konstatieren, dass mehr als 50 % aller Pflegebedürftigen ihre Pflege selbst organisieren, dass Zweidrittel der Pflegebedürftigen heute im ambulanten Bereich gepflegt werden und dass die Politik und die Beteiligten im Bereich der Pflege sich einig darüber sind, dass die ambulante Pflege den Vorrang genießen soll vor der stationären Pflege. Das erfordert, dass dieser Beruf sich zunehmend im ambulanten Berufsfeld orientiert, dort werden auch zukünftig die Berufschancen im wesentlichen liegen.

Dabei ist festzustellen, dass zunächst die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen es wünschen, im ambulanten Bereich versorgt zu werden und über eine möglichst lange Zeit Selbständigkeit zu wahren. Das führt letztlich dazu, dass die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zu einem immer späteren Zeitpunkt Hilfe durch Pflegefachlichkeit anfordern, wo Pflegebedürftigkeit multimorbid verursacht ist, dass es also nicht darum geht, soziale Bedürfnisse zu erfüllen, sondern im medizinisch-fachlichen Bereich Unterstützung zu bekommen. Auch dem wird sich die Altenpflegeausbildung widmen müssen, so dass im Vordergrund des Hilfebedarfs medizinische Fragen stehen werden. Es geht nicht mehr darum, die Pflege gut durchzuführen, das zeigen die Zahlen, das unterstellen alle als selbstverständlich. Eingefordert wird darüber hinaus, dass Pflegefachlichkeit sich dadurch ausdrückt, dass man die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen beraten kann. In der stationären Pflege gibt es Termini, die diesen Bereich fachlich bezeichnen. Im ambulanten Bereich gehört diese Beratungsfunktion genauso dazu, ebenso, dass man gerade vor dem Hintergrund der medizinisch-fachlichen Pflege bei multimorbiden Krankheiten den Pflegeprozess organisiert, die Vernetzung zu anderen Berufen im Gesundheitswesen herstellen kann.

Eine Anforderung, die zunehmend an die Beruflichkeit gestellt wird, ist auch die aktive Beteiligung an Maßnahmen der Qualitätssicherung, unabhängig davon, in welchem Berufsfeld diese stattfindet.

Nach unserem Eindruck wird die Ausbildung, wie sie heute stattfindet, diesen Anforderungen nicht voll gerecht. Die Organisation der Pflegeprozesse ist unterteilt in verschiedene Fachlichkeiten wie Krankenpflegeausbildung, Altenpflegeausbildung. Vor Ort unterscheidet keiner mehr danach ? vor Ort kommt es nicht darauf an, ob jemand das Zertifikat als Altenpfleger oder Krankenschwester hat. Die Erwartung ist, fachlich qualifizierte Kräfte zu bekommen, die als Pflegefachkräfte mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Wir stellen aber auch fest ? dies ist auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf so angelegt -, dass die Ausbildungsinhalte, aber auch die Träger der Ausbildung völlig unterschiedlich sind. Nach wie vor wird es differenzierte Länderregelungen geben, so dass die Erwartungen, eine gleichwertige Qualifikation zu bekommen, durch ein Zertifikat den Hinweis dafür zu bekommen, dass die formalen Voraussetzungen in gleicher Weise erfüllt sind, bundeseinheitlich nicht vorhanden sein werden. Man muss nicht über europarechtliche Regelungen diskutieren, wenn man das noch nicht einmal im Bundesgebiet erreichen kann.

Wir stellen aber auch fest, dass für eine qualifizierte Ausbildung und qualifizierte Tätigkeit natürlich entsprechend qualifiziertes Ausbildungspersonal da sein muss. Diese Anforderungen werden im Gesetzentwurf auch mehr zufällig als systematisch geregelt ? ein Grundsatz, der in der Ausbildung in anderen Wirtschaftsunternehmen durchaus selbstverständlich ist ? man muss sehen, dass Pflegeunternehmen mit 61 Milliarden DM Umsatz im letzten Jahr durchaus einen beachtlichen Wirtschaftsfaktor darstellen ? dass das Ausbildungspersonal zumindest die Voraussetzung einer Ausbildereignungsverordnung erfüllen müssen. Noch nicht einmal dies wird im Gesetzentwurf realisiert.

Zu den Verkürzungsmöglichkeiten der Ausbildung in Helferberufen haben meine Vorredner schon Stellung genommen. Als Fazit möchte ich als Petitum der Spitzenverbände der Pflegekassen zusammenfassen, dass aus unserer Sicht dieser Gesetzentwurf keinen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, dass qualititätsgeleistete Pflege zukünftig besser möglich ist als heute. Daher meinen wir, es wäre nützlich, in einem neuen Anlauf zunächst die Pflegeberufe zu einem einheitlichen Ausbildungsberuf zusammenzuführen, in erster Linie Schlüsselqualifikationen zu vermitteln und mindestens die Ausbildlungsqualitäten sowohl inhaltlich als auch formal zu gewährleisten, die im dualen Bildungssystem heute selbstverständlich sind.

Vorsitzende: Herr Lenninger, bitte.

Peter Franz Lenninger: (Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege e.V.) Die Stellungnahme der BAG liegt Ihnen vor. Auch ich will mich auf einige Kernpunkte beschränken. Die Wohlfahrtsverbände haben sich seit 1989 seit dem ersten Anlauf - damals noch unter Ursula Leer - für ein bundeseinheitliches Altenpflegegesetz eingesetzt, und zwar aufgrund der deutlichen Verschiebungen im Anforderungsprofil und in den Qualifikationsmerkmalen der Altenpflege, die wir als wichtiger Akteur sowohl im Bereich der Ausbildung als auch der Beschäftigung sehen. Ich schließe mich meinem Vorredner an. Wenn wir heute bis 80 % der Bewohner in Altenpflegeheimen mit geriatrischen Krankheiten bzw. gerontopsychiatrischen Erkrankungen haben, und wir eine Zunahme von behandlungspflegerischen Leistungen auch im Bereich der Altenpflegeeinrichtungen haben, dass wir im ambulanten Bereich, den durch das Gesundheitsstrukturgesetz und das SGB 11 eine Vorrangstellung zukommt, die institutionelle Trennung zwischen Altenpflege und Krankenpflege im Prinzip aufgehoben ist und dass drittens durch die Gesetzgebung induzierte fließende Übergänge entstanden sind zwischen den einzelnen Versorgungsbereichen, all das zeigt uns, dass Altenpflege sehr viel stärker an Bedeutung gewinnt und die Erwachsenenpflege insgesamt zu großen Teilen zur Altenpflege wird. Das bedeutet für uns viererlei:

Zunächst einmal ein Plädoyer für eine grundsätzliche Verankerung der Altenpflege in einer grundständigen Ausbildung, und nicht etwa in einer Zusatzausbildung.

Zweitens: Es verändert sich nicht nur die Altenpflege, auch die Krankenpflege muss sich verändern und sie verändert sich auch. Wer sich also die Veränderungen im Versorgungsbereich und in den Pflegekonzepten genauer ansieht, wird das auch feststellen.

Drittens, die Verschiebungen im Tätigkeitsspektrum rechtfertigen eine Bundeszuständigkeit, also eine Regelung im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung als anderer Heilberuf.

Das bedeutet keinesfalls die Aufgabe sozialpflegerischer Kompetenzen in der Altenpflege, im Gegenteil, sozialpflegerische und medizinisch-pflegerische Tätigkeiten befinden sich auf einem Kontinuum. Sie bilden eine Einheit, das kann man sowohl von der Bedarfslage her sehen, als auch, was das Pflegeverständnis angeht, wie es heute praktiziert ist. Dem wird der Gesetzestext von seinem Zielkatalog her im Prinzip Rechnung tragen.

Wie beurteilen wir nun die Struktur des Gesetzentwurfs? Auch hier möchte ich nur auf einzelne Punkte eingehen. Die Verkürzungsregelung bzw. die Umschulungsregelung auch mit der zeitlichen Befristung wird von uns als äußerst problematisch angesehen und wird im übrigen auch dem Erfordernis einer qualitativ hochstehenden Ausbildung und dem Bemühen, die Altenpflege als grundständige Ausbildung zu sichern, nicht gerecht. Die Altenpflegehilfeausbildung, wenn man sie denn schon im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung als Heilhilfsberuf regeln will - wobei noch zu diskutieren wäre, ob das überhaupt vom Anforderungsprofil her sein muss -, dann ist nicht schlüssig, dass einerseits Berufsbezeichnungsschutz und Erlaubnisvorbehalt gilt, andererseits die Standards aber, die für den Berufsbezeichnungsschutz bei der Fachkraftausbildung gelten - also Standards, was die Anerkennung von Vorqualifikationen angeht, Standards an die Ausbildungsstätte usw. - hier nicht berücksichtigt werden. Da ändert es auch nichts, wenn in der Gegenäußerung der Bundesregierung ein Stundenrahmen von 600 Theorie- bzw. 900 Stunden Praxisausbildung vorgegeben wird.

Zur Problematik der Finanzierung der Ausbildungsvergütung möchte ich nur kurz bestätigen, dass sowohl das angedachte Verfahren der Erhebung von Ausgleichsbeiträgen nach § 25 als auch die nach § 24 vorgesehene Berücksichtigung der Kosten der Ausbildungsvergütung und der Entgelte problematisch ist.

Zur Finanzierung des schulischen Anteils, also der Betriebskosten, müssen wir aufpassen, dass wir hier nicht ein ?Schwarze-Peter-Spiel? machen. Selbstverständlich kann der Bund die hundertprozentige Finanzierung der Schulen nicht absichern. Andererseits müssen wir sehen, dass die Schullandschaft im Prinzip getragen ist von Schulen der besonderen Art bzw. staatlich anerkannten Ersatzschulen, deren Finanzierung von den Ländern getragen wird und in den letzten Jahren eher rückläufig ist. Entweder wir haben die Möglichkeit, Schulgeld zu erheben, oder es muss sichergestellt sein, dass die Betriebskosten in dem dualen System der Verantwortlichkeit der Länder für den schulischen Anteil und Verantwortlichkeit der Träger für den praktischen Anteil sichergestellt ist.

Wir begrüßen, dass die Gesamtverantwortung der Ausbildung bei der Schule liegt. Hiervon sollte keine Ausnahme gemacht werden, auch nicht durch Ermächtigung. Darüber hinaus halten wir es für erforderlich, dass die Absicherung der inhaltlichen und organisatorischen Verzahnung der Ausbildungsteile vertraglich geschieht und hierzu genauso wie für die Praxisanleitung durch pädagogisch qualifizierte Pflegefachkräfte eine Rechtsverordnung erlassen wird. Es ist zu prüfen, ob dies auf Bundesebene geschehen kann. Zumindest muss aber den Ländern die Erlaubnis erteilt werden, entsprechende Rechtsverordnungen zu erlassen. Das System des Theorie-Praxis-Verbundes ist eine der Qualitätsschnittstellen in diesem gesamten Gesetzentwurf.

Zu den Perspektiven: Wir haben immer gesehen, dass ein Altenpflegegesetz zu einem einheitlichen Berufsprofil und zu einer beruflichen Identität in der Altenpflege beiträgt. Des weiteren, dass dies eine Voraussetzung bildet für die strukturelle Gleichwertigkeit mit der Krankenpflegeausbildung inklusive der Möglichkeit der häuslichen Behandlungspflege in den Vereinbarungen mit den Krankenkassen. Drittens, dass es eine gemeinsame Entwicklungsperspektive aller Pflegeberufe bietet, die wir begrüßen. Voraussetzung ist allerdings ? das ist bei diesem Gesetzentwurf fraglich -, ob die Qualitätsstandards derart sind, dass wir damit nicht hinter das zurückfallen, was wir bislang einerseits in der Krankenpflege haben und was andererseits etwa die Hälfte der Bundesländer in ihren Gesetzen novelliert hat. Voraussetzung ist gleichzeitig, dass auch im Krankenpflegegesetz in einer kleinen Revision im nächsten Jahr eine Experimentierklausel eingeführt wird, damit wir auf empirischer Grundlage Erkenntnisse erhalten über Fragen, die wir bislang nur berufsständisch diskutieren, beispielsweise über das Verhältnis von theoretischer und praktischer Ausbildung und einer integrativen gemeinsamen Ausbildungs- und Spezialisierungsphase.

Vorsitzende:

Frau Dr. Meyer-Kriechbaum, bitte.

Dr. Waltraud Meyer-Kriechbaum: (Arbeitsgemeinschaft staatlich anerkannter Evangelischer Ausbildungsstätten für Altenpflege im DEVA) Sehr geehrte Damen und Herren, ich vertrete die Arbeitsgemeinschaft evangelischer Altenpflegeschulen. Wir fordern seit mehr als 10 Jahren eine bundeseinheitliche Ausbildungsregelung und sind froh, dass nun ein neuer Gesetzentwurf vorliegt. Auch die im Entwurf genannten Zielsetzungen, die Sicherung und den weiteren Ausbau in der Qualität der Pflege alter Menschen, wird von uns ausdrücklich begrüßt.

Leider erfüllt der vorliegende Gesetzentwurf jedoch nicht diese gesteckten Ziele und damit die Anforderungen an eine zukunftsorientierte Ausbildung. In der Gesetzesvorlage werden keine Aussagen zur rechtlichen Zuordnung von Altenpflegeschulen gemacht. Damit wird das Ziel, eine bundeseinheitliche Ausbildung zu schaffen, nicht erfüllt. Nach wie vor kann jedes Bundesland eine andere Schulform einführen bzw. beibehalten. Eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse kann damit nicht erreicht werden. Die genannten Mindestanforderungen sind nicht ausreichend, wenn es überhaupt welche gibt. Vor allem die Voraussetzungen für die Leistung der Schule ist für das anzustrebende Niveau der Ausbildung unzureichend und liegt weit unter den bereits in vielen Ländern geltenden Bestimmungen. Eine Berufsausbildung, die den genannten hohen Anforderungen entsprechen soll, muss eindeutig einem Schulsystem zugeordnet werden. Wir halten eine Ausbildung auf Fachschulniveau für die richtige Lösung. Damit verbunden werden muss die Qualifizierung der Schulleitung durch ein wissenschaftliches Studium, wie dies z. B. inzwischen zahlreiche Pflegestudiengänge anbieten. Gleichzeitig damit wird die Attraktivität des Berufs für Schülerinnen und Schüler erhöht, da eine Fachschulausbildung den Zugang zu Fachhochschulen ermöglicht. Gleichzeitig würde gewährleistet, dass neue pflegewissenschaftliche Erkenntnisse möglichst rasch Eingang in die theoretische Ausbildung finden können und in der Pflege alter Menschen berücksichtigt werden.

Zu den Verkürzungsmöglichkeiten möchte ich nicht mehr viel sagen. Die lehnen wir im Grunde alle ab, da es nicht möglich ist, eine echte dreijährige Ausbildung zu machen und inzwischen allen Schülern die zweijährige Ausbildung anzubieten.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Gesamtverantwortung für die Ausbildung bei der Schule liegen soll. Im Widerspruch dazu steht aber in § 13 Ziff. 2 die Forderung, der Ausbildungsvertrag mit der praktischen Einrichtung muss Angaben über die der Ausbildung zugrundeliegende Prüfungsverordnung erhalten. Hier befürchten wir eine Vermischung der Zuständigkeiten. Die Frage der Verantwortlichkeit für die Inhalte der Ausbildung müssen eindeutig geklärt sein und können nur bei der Schule liegen. Die Kooperation zwischen Praxis und Schule ist gewährleistet, wenn zwischen Schule und Einrichtung ein Kooperationsvertrag geschlossen wird, in dem die Zeiten der schulischen und praktischen Ausbildung, die Ferien, Inhalte und Ziele der Ausbildung festgelegt werden. Auch die fachliche Begleitung durch die Schule muss festgelegt sein und die Qualifikation der Mentoren in der Praxis. Auch das darf nicht der Beliebigkeit der Einrichtung überlassen werden.

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Kostenregelung durch ein Umlageverfahren wird nicht greifen. Schon jetzt sind in den Ländern, in denen ein solches Verfahren durchgeführt wird, eine Reihe von Widerspruchsverfahren anhängig. In Niedersachsen wird z.B. zum 1.8.2000 die Umlage ausgesetzt, weil sich das Land außer Stande sieht, die Einrichtungen zur Zahlung zu zwingen. Ähnliches ist dann auf Bundesebene zu befürchten. Die Gesamtverantwortung der Schule für die Gestaltung der Ausbildung begründet auch die Verpflichtung der Schule, für die gesamten Kosten der Ausbildung, also Theorie und Praxis, aufzukommen. Es wird auch von einer engen Verzahnung zwischen Theorie und Praxis ausgegangen. Da der Schule die rechtlichen Grundlagen für eine Refinanzierung der Ausbildungskosten fehlen, sind ihr damit die finanziellen Grundlagen entzogen und sie wäre finanziell vor dem Aus. Wir schlagen deshalb vor, den Vertrag mit der Einrichtung auf die Inhalte der praktischen Ausbildung zu begrenzen und die Kosten der Ausbildungsvergütung nicht über eine Umlage, sondern über die Pflegeversicherung zu finanzieren. Damit wäre auch mehr Gerechtigkeit erreicht, wenn alle Bundesbürger für den Fall der Pflegebedürftigkeit die Kosten zahlen und gleichzeitig auch dafür sorgen, dass gut ausgebildetes Personal zur Verfügung steht.

Da der Gesetzentwurf keine echte dreijährige Ausbildung vorsieht, ist zu bezweifeln, ob das Altenpflegegesetz als Basis für eine künftige gemeinsame Pflegeausbildung gesehen werden kann.

Ebenso ist es notwendig, eine gegenseitige Anerkennung zu Pflegeausbildung gesetzlich zu verankern. Erst wenn die gesetzlichen Grundlagen vergleichbare Ausbildungen vorsehen, kann es zu einer einheitlichen Pflegeausbildung kommen. Gerade im Hinblick auf die Anerkennung innerhalb der EU ist eine Fachschulausbildung zwingend erforderlich, denn nur auf diesem Niveau können Ausbildungen überhaupt geregelt werden. Außerdem finden Pflegeausbildungen in vielen Ländern auf Fachhochschulebene statt, so dass der vorgelegte Gesetzentwurf keine Basis für eine europaweite Anerkennung bietet.

Zusammenfassend muss daher festgestellt werden, dass wir zwar der Zielsetzung des Gesetzentwurfs zustimmen, der Inhalt aber den Zielen nicht gerecht wird und eine bundeseinheitliche Regelung nicht erreicht wird, da den Ländern große Spielräume gelassen werden, eine Dreijährigkeit durch die zahlreichen Verkürzungsmöglichkeiten unterlaufen wird, das Niveau und die Qualität der Ausbildung durch den unklaren Schulstatus nicht gehalten werden kann und die Finanzierung der Ausbildung nicht gesichert ist. Vielen Dank.

Vorsitzende: Herr Pascher, bitte.

Herbert Pascher: (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus) Sehr geehrte Damen und Herren. Unsere Bedenken gegen den Gesetzentwurf richten sich weniger gegen die fachlichen Zielsetzungen. Sie entsprechen im wesentlichen unseren Vorstellungen. Die Ausbildungsinhalte müssen ohnehin erst in einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung konkretisiert werden. Unsere Ablehnung gründet sich vorrangig auf unterschiedliche strukturelle Vorstellungen, unklare organisatorische Abgrenzungsfragen, das Kostenproblem der Ausbildungsvergütung und die von uns gesehene fehlende Regelungskompetenz des Bundes. Wir können und wollen nicht bestreiten, dass das Berufsbild des Altenpflegers und die elementaren Grundsätze seiner Ausbildung einschließlich der Anerkennung der Abschlüsse einheitlich festgelegt werden müssen. Dazu bedarf es aber keiner bundesrechtlichen Regelungen. Entsprechende Vereinbarungen zwischen den Ländern erfüllen denselben Zweck. Der Einigungsdruck zwischen den Ländern wird allerdings solange nicht groß genug sein, solange der Bundesgesetzgeber die Angelegenheit regeln will.

Wir verkennen auch nicht die positive Seite einer Ausbildungsvergütung. Dass sie die Attraktivität einer Ausbildung erhöht, wird nicht infrage gestellt. Für die Verweildauer im Beruf ? das ist noch das wichtigere Problem ? sind wieder andere Kriterien maßgeblich wie Arbeitsbedingungen, Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten. Wir gestehen dem vorliegenden Entwurf auch eine deutliche Verbesserung gegenüber früheren Vorlagen zu. Das Ausbildungsziel ist deutlich stärker sozialpflegerisch geprägt und entspricht damit besser den Anforderungen des Berufs. Trotz alledem sehen wir in der beabsichtigten Normierung der Altenpflegeausbildung als Erstausbildung - das ist einer unserer Haupteinwände ? keine Verbesserung im Vergleich zur bayerischen Fachschulausbildung. Mit dem Anspruch der Verbesserung tritt die Bundesregierung an.

Ich fasse unsre Hauptkritikpunkte wie folgt zusammen:

Erstens: Das in der beruflichen Erstausbildung involvierte Regeleinstiegsalter von 16 Jahren ist deutlich zu niedrig. So junge Menschen sind insbesondere den psychischen Anforderungen des Berufs noch nicht gewachsen.

Zweitens: Die Altenpflege sollte auch für Frauen nach der Erziehungsphase und für Berufswechsler und ältere Bewerber offen gehalten werden. Eine dreijährige Erstausbildung und eine bis zu fünfjährige Teilzeitausbildung behindern dies ganz erheblich. Ich räume allerdings ein, dass dieser Einwand durch die Verkürzungsmöglichkeiten nach § 7 Abs. 2 und § 26 relativiert wird.

Drittens: Die Strukturen in der Altenhilfe unterscheiden sich wesentlich von den Strukturen in der gewerblichen Wirtschaft oder in den Krankenhäusern. Das Überwiegen der praktischen Ausbildung unter Zurückdrängung der systematischen Ausbildung in der Schule führt in absehbarer Zeit ? das Problem der Ausbildungseignung ist schon angesprochen worden - nicht zu einer Qualitätssteigerung.

Viertens: Der Gesetzentwurf laviert zwischen dualer und schulischer Ausbildung. Wir befürchten, dass dieses Mixtum compositum zu Reibungsverlusten führt.

Fünftens: Die Umlagefinanzierung der Ausbildungsvergütung ist verfassungsrechtlich bedenklich. Beim Bundesverfassungsgericht sind bereits mehrere Richtervorlagen gegen entsprechende Länderregelungen anhängig.

Sechstens: Für sozialpflegerische Ausbildung, wie es die Altenpflege und die Altenpflegehilfe sind, ist nach unserer Meinung eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gegeben. Uns ist zwar das Gutachten von Prof. Friau bekannt, aus dem sich auch eine Kompetenz des Bundes zur Regelung der Altenpflege herauslesen lässt. Aber es überzeugt uns nicht. Wir haben zwischenzeitlich zur Frage der Gesetzgebungskompetenz selbst ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben. Es wird uns in Kürze vorliegen. Wenn das Gutachten unsere Auffassung stützt, schließen wir notfalls auch einen Gang zum Bundesverfassungsgericht nicht aus.

Vorsitzende: Frau Stöcker, bitte.

Gertrud Stöcker: (Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe e.V.) Ich spreche für den Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe. Nach SGB 11 und - wenn politisch gewollt - auch nach SGB 5 wird von der qualifizierten Altenpflegerin auf allen Versorgungsebenen der Altenhilfe zunehmend mehr pflegerische und medizinische Fachkompetenz erwartet. Deshalb ist für dieses Handlungsfeld die erforderliche Zahl qualifizierter Pflegekräfte durch eine Bildungsoffensive sicherzustellen. Die Frage nach dem zukünftigen Bedarf an qualifizierten Pflegefachkräften ist immer mit Blick auf das gesamte Berufsfeld ?Pflege? zu richten. Eine isolierte Betrachtung, fokussiert auf die nur traditionelle Altenpflege, ist nicht mehr zeitgemäß und in der heutigen Realität der Pflegepraxis nicht mehr angemessen. Der Bundesausschuss begrüßt im Grundsatz die bundespolitische Initiative des Gesetzgebers zur Schaffung eines bundeseinheitlichen Altenpflegegesetzes im Sinne eines Berufszulassungsgesetzes auf der Grundlage des Grundgesetzes als Heilberuf, nicht als Heilhilfsberuf.

Das erneut aufgegriffene Gesetzesvorhaben zeigt, dass es nicht nur schon seit langem sehr intensiv und kontrovers diskutiert wird, gilt es doch die unterschiedlichen Pfründe zu sichern, eine Vielfalt von Intentionen durchzusetzen und darüber hinaus zeitgleich staatliche Probleme zu lösen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass Investitionen in die Berufsbildung Investitionen in die Zukunft sind und keine Probleme von heute lösen. Daher sieht der Bundesausschuss dieses Gesetzesvorhaben vorrangig als Chance für die Einheitlichkeit unterschiedlicher qualitativer Ausbildungsregelungen in den Ländern und als eine Zwischenlösung auf dem Weg zu einer Bildungsreform aller Pflegeberufe. Professionelle Pflege beschränkt sich nicht mehr länger nur auf den kurativen Aspekt medizinischer Versorgung, sondern gleichfalls auf präventive, rehabilitative und palliative Elemente der Gesundheitsversorgung. Auch die Pflegewissenschaft betrachtet Pflege als eine Einheit gesundheits- und sozialpflegerischer Elemente. In Konsequenz bedeutet dies, dass zukünftig die traditionelle Trennung von der gesundheitspflegerischen einerseits und der sozialpflegerischen Ausbildung andererseits aufzuheben ist und die bisherigen Zielgruppen und strukturdifferenzierten Pflegeausbildungen in einer generalistischen Erstausbildung zusammenzuführen sind. Von daher bewerten wir die jetzige politische Reformbestrebung nur als einen Anfang und bewerten die Aussage im Gesetzestext, Ausbildungsmodelle zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe, auch als eine Notwendigkeit aus Sicht des Gesetzgebers.

Die arbeitsmarktpolitischen und finanzpolitischen Begründungsaspekte in der Gesetzesvorlage sind auffallend. Aspekte der pflegeberuflichen Bildung im Sinne einer Qualifizierungsoffensive spielen eher eine nachgeordnete Rolle. Im Regierungsentwurf vom September dieses Jahres begrüßen wir daher, dass die Bundesregierung den Positionen des Bundesrates in weiten Teilen gefolgt ist, allerdings noch nicht ausreichend. Die Gesetzesvorlage hat eine inhaltliche Verbesserung sicherlich auch im Hinblick auf den Ausbildungsanspruch erfahren. Sie liegt aber weit entfernt von den Normen und Qualitäten eines Krankenpflegegesetzes von 1985. Im Zusammenhang mit den Ausbildungszielen möchten wir mit Nachdruck kritisieren, dass unverändert die Medizinanhängigkeit von Pflege postuliert wird und dadurch Pflegewirtschaft als Kernwissenschaft missachtet wird. Sach- und fachkundige, umfassende und geplante Pflege basiert auf Pflegewissenschaft im Kontext der Bezugswissenschaft, dazu gehört auch die Gerontologie.

Die Ausbildungsverkürzungen für die ausgeführten affinen Berufsabschlüsse sind durchaus zu begrüßen. Dies entspricht nicht nur dem hohen Maß inhaltlicher Schnittmengen in den jetzigen Ausbildungen, sondern ist auch entscheidend für die horizontale Mobilität im Berufsfeld Pflege.

Alle weiteren vorgesehenen Verkürzungstatbestände lehnen wir entschieden ab. Dies gilt insbesondere für die Umschulung. Der Anspruch an eine qualifizierte dreijährige Pflegeausbildung im Sinne einer fachlichen Gleichwertigkeit wird dadurch dequalifiziert. Die dreijährige Ausbildungsdauer findet unsere Zustimmung. Es müssen aber festgelegt werden der Umfang der Ausbildung in Stunden und ein Verhältnis in Theorie und Praxis. Die europäische Zielsetzung des Gesetzentwurfs zu beschreiben und anzustreben ist sicherlich legitim. Aus unserer Sicht wird sich jedoch erfahrungsgemäß, weil die Altenpflege in Europa einzigartig in Deutschland stattfindet, korrekterweise die Eintragung in die Liste C der allgemeinen Richtlinie als auch das berufliche individuelle Anerkennungsverfahren in einem Mitgliedstaat schwierig gestalten. Hier sollte man dem Berufswähler, dem Schüler gegenüber, realistischer, d.h. ehrlicher sein.

Vorsitzende: Herr Dr. Wienand, bitte.

Dr. Manfred Wienand: (Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände) Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich vertrete die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, also den Deutschen Städtetag, den Deutschen Landkreistag und den Deutschen Städte- und Gemeindebund. Ich möchte nicht unsere Stellungnahme vorlesen, sondern eingangs unsere Grundauffassung mitteilen. Wir sind der Auffassung, dass die nahezu schon ?unendliche Geschichte? des Altenpflegegesetzes in dieser Legislaturperiode beendet werden sollte mit folgendem Ergebnis, dass endlich das Gesetz erlassen wird. Wir sind auch der Auffassung, dass der vorliegende Gesetzentwurf grundsätzlich eine geeignete Grundlage ist und die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beachtet und nicht überschreitet. Wir verstehen den Gesetzentwurf so, dass er weiterer Konkretisierung bedarf. Es handelt sich um einen bundesrechtlichen Rahmen, der zu konkretisieren ist durch eine Verordnung des zuständigen Bundesministeriums. Im Rahmen dieses Verfahrens können die Länder Einfluss auf die Ausbildungs- und Prüfungsordnung nehmen. Den Ländern bleibt unbenommen, darüber hinaus weitergehende Regelungen zu treffen.

Des weiteren sehen wir als richtig an, dass der Helferinnenberuf auf Länderebene geregelt wird. Damit wird eine Grundlage auch dafür geschaffen, dass der Beruf der Altenpflege in Zukunft durchlässiger gestaltet wird. Wir gehen auch davon aus, dass diese Durchlässigkeit bis zur Fachhochschulebene gehen können sollte.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der eine ?Crux? dieses Gesetzentwurfs ist, die Finanzierung und Refinanzierung der Ausbildungsvergütung. Hier ist vorgesehen, dass die Einrichtungen über die Pflegesätze die Ausbildungsvergütungen refinanzieren. Der Bundesrat sieht in einem Gegenvorschlag vor, dass auch die Einrichtungen, die Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz abschließen, einbezogen werden. Wir sind im Grundsatz der Auffassung, dass die Einrichtungen der Sozialhilfe mitbeteiligt werden sollten an der Refinanzierung der Ausbildungsvergütung, aber nur insoweit sie auch Altenpfleger ausbilden. Hier wäre auf der Grundlage des Vorschlages des Bundesrates eine Konkretisierung vorzunehmen dahingehend, dass es sich um Pflegeeinrichtungen handeln muss. Im großen und ganzen würde ich dem Gesetzentwurf nun endlich Erfolg wünschen. Wir haben einige Jahre der stetigen Konkretisierung vor uns. Dann wird sich auch ein Berufsprofil ausbilden, das im europäischen Kontext Bestand haben kann. Vielen Dank.

Vorsitzende: Herr Dr. Ziller, bitte.

Dr. Hans Ziller: (Hessisches Sozialministerium) Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren. Ich möchte vorausschicken, dass ich nicht als Vertreter des Landes Hessen, sondern als Vorsitzender des Unterausschusses Altenpflege des Bundesrates spreche, der den Entwurf vorberaten hat. Auch ich bin der Auffassung, dass die Verabschiedung eines Bundesaltenpflegegesetzes in dieser Legislaturperiode unabweisbar erforderlich ist, dies insbesondere weil es endlich einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für diese Ausbildung geben muss mit Blick auf die notwendige Anerkennung und Anpassung an die EU-Standards im Sinne der Richtlinie 9251 EWG. Der Rekurs auf das duale System hilft nicht weiter, weil das duale System, so wie wir es in der Lebenswirklichkeit vorfinden, im Hinblick auf das Niveau der theoretischen Ausbildung und in besonderem Maße im Hinblick auf die notwendige Wechselbeziehung zwischen Theorie und Praxis, die die Ausbildung in der Altenpflege prägen muss, nicht geeignet ist, den Anforderungen dieses Ausbildungsfeldes gerecht zu werden. Die Verabschiedung eines Bundesaltenpflegegesetzes sehe ich zugleich als eine Plattform, von der aus zügig ein gemeinsamer Weg in eine gemeinsame Perspektive nicht nur von Altenpflege und Krankenpflege, sondern der Pflegeberufe insgesamt eröffnet werden kann. Dieser gemeinsame Weg fällt angesichts der großen strukturellen Unterschiede zwischen den verschiedenen Pflegeberufen nicht vom Himmel.

Zur Frage nach der Gesetzgebungszuständigkeit möchte ich sagen, sie ist nicht ein Problem der verfassungsrechtlichen Erkenntnis, sondern ein Problem des politischen Wollens. Im Hinblick auf die fachlichen Standards möchte ich sagen, dass Lehramtsbefähigung mit Universitätsstudium und Referendariat nicht der alleinige Maßstab für Lehrerqualifikation in diesem Bereich sein kann. Wenn jetzt ein Bundesgesetz gemacht wird, muss es einen Rahmen bieten, der den vorhandenen historisch gewachsenen Ausbildungsstrukturen einen Weg in diesen neuen rechtlichen Rahmen eröffnet. Dass es auch noch andere Kriterien für Lehramtsbefähigung geben kann als rein schulrechtliche, das darf ich als Hesse mit besonderer Überzeugungskraft sagen, denn in Hessen ist die erste Altenpflegeschule Deutschlands entstanden, und das außerhalb des Schulrechts.

Zur Frage der sozialpflegerischen Anteile möchte ich bekräftigen, dass auch der Bundesrat die Verengung des Ausbildungsziels in § 3 Satz 2, Nr. 1 auf medizinisch-pflegerische Inhalte für eine Verkürzung hält. Daher hat der Bundesrat vorgeschlagen, die Worte ?medizinisch-pflegerisch? in dieser Vorschrift durch ?pflegewissenschaftlich? zu ersetzen. Ich vermute, dass diese Entscheidung der Bundesregierung im Sinne von medizinisch-pflegerisch mit Blick auf die Probleme der Gesetzgebungszuständigkeit getroffen wurde, nicht aus fachlicher Überzeugung. Ich halte das aber für kontraindiziert, weil der Rekurs auf die gemeinsame inzwischen vorhandene pflegewissenschaftliche Grundlage von Alten- und Krankenpflege sehr viel besser geeignet ist, eine gemeinsame Gesetzgebungszuständigkeit zu begründen.

Zur Verkürzung möchte ich die Bedenken bekräftigen, die viele Rednerinnen und Redner vor mit thematisiert haben. Ich möchte ergänzend darauf hinweisen, dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates ausgesagt hat, dass eine Anerkennung auf EU-Ebene im Sinne der Richtlinie 9251 nur möglich ist bei zehn Jahren Schulausbildung plus drei Jahren Fachausbildung. Bei einer so breitflächigen Verkürzung der Fachausbildung auf zwei Jahre ist die EU-weite Anerkennung im Sinne dieser Richtlinie infrage gestellt. Diese Frage muss die Bundesregierung überzeugend klären, während dieses Gesetzgebungsverfahrens, sonst wäre es im Ergebnis unverantwortlich, Altenpflege zweier Klassen zu produzieren, nämlich einen Teil, der die Richtlinien der Anerkennung erfüllt, und einen anderen, der sie nicht erfüllt.

Abschließend möchte ich sagen, dass das Gesetz zügig beraten und verabschiedet werden sollte. Es sollte dann unverzüglich mit den Vorbereitungen eines umfassenden Gesetzes über die Pflegeberufe begonnen werden. Die bereits angesprochene Öffnung des Krankenpflegegesetzes für gemeinsame Ausbildungsmodelle und Felder, die bisher von der Bundesregierung langjährig blockiert wurden, könnte kurzfristig hergestellt werden.

Vorsitzende: Ich danke den Sachverständigen sehr herzlich. Wir können mit der ersten Fragerunde beginnen. Von jeder Fraktion soll nach den Regularien ein Berichterstatter bzw. ein anderes Mitglied maximal drei Fragen an drei Sachverständige zu richten. Nach drei Abgeordneten haben Sie die Möglichkeit zu antworten, dann kommt die nächste Fragerunde.

Christa Lörcher (SPD): Als Altenpflegerin und Lehrerin für Pflegeberufe möchte ich nur kurz sagen, dass ich mich sehr freue über diese Anhörung, weil ich denke, es mehrt die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für den Beruf der Altenpflege. Ich denke, dass der Gesetzentwurf intensiv beleuchtet und diskutiert wird, ist sehr sinnvoll. Ich bin dankbar für die vielen sehr differenzierten Zuschriften und die Stellungnahmen ? kein Gesetz ist so gut, dass es nicht verbessert werden könnte, keines ist so schlecht, dass es nur Kritik verdient hätte. Es ist unser gemeinsames Interesse, dass wir Qualität in den Pflegeberufen und eine humane und professionelle Pflege wollen und durchsetzen.

Ich möchte den Vertreter der Pflegekassen fragen: In der Stellungnahme wurde zu recht betont, dass der Vorrang der ambulanten vor der stationären Pflege im Gesetzentwurf zu kurz kommt. Ich denke, die ambulante Pflege hat die Aufmerksamkeit der Schulen noch nicht in dem Maß erreicht, wie sie in der Realität verwirklicht ist. Ich habe aus der Stellungnahme herausgelesen, dass Sie die sozialpflegerische Komponente stark betont haben. Sie haben in der mündlichen Stellungnahme die medizinisch-pflegerische Seite stärker betont. Insgesamt fand ich bei allen Stellungnahmen sehr interessant, dass gesagt wurde, diese Begriffe sind überholt, sie müssen zusammengefasst werden. Der Begriff ?pflegewissenschaftlich? ist sicher ganz sinnvoll. Ich bitte um Klärung. Die Entwicklung der letzten 10 Jahre in der Pflege hat gezeigt, dass der pflegewissenschaftliche Ansatz sehr wichtig ist.

Den Vertreter der ÖTV möchte ich fragen: Einer der kritischen Punkte in diesem Gesetzentwurf ist die Umschulungsregelung. Bis jetzt sind Umschulungen für Pflegeberufe bis Ende 2001 noch dreijährig finanziert, nicht für andere Berufe. Wie sind Umschulungsmaßnahmen in andere anspruchsvolle Berufe möglich, die nur zwei Jahre finanziert werden. Hat das Arbeitsamt oder vielleicht die Institution und die Schule die Möglichkeit, z.B. auf Vorerfahrungen und Qualifikationen Einfluss zu nehmen? Ist es vertretbar mit der Umschulung, dass die Erstauszubildenden und die Umschüler eine gute Kombination in den Altenpflegeklassen sind, wenn sie zusammen ausgebildet werden, die jungen und die älteren. Wie sind die Erfahrungen mit Umschulungen in anderen beruflichen Bereichen für qualifizierte und anspruchsvolle Berufe.

Die dritte Frage geht an Herrn Ziller: Sie sagten, dass die Qualifikation der Unterrichtskräfte, der Schulleiter und des Anleitungspersonals eigentlich eine höhere sein müsste. Dieses Thema haben die Länder schon länger diskutiert, höhere Qualifikation bedingt höhere Kosten. Sehen Sie eine Chance, dass in den nächsten Jahren diese Anforderungen durchzusetzen und ob es auch in anderen Qualifikationen entsprechend gehandhabt wird, ob es möglich ist, Qualitätsmaßstäbe durchzusetzen.

Maria Eichhorn (CDU/CSU): Es ist in den Stellungnahmen deutlich geworden, dass Ziele und Inhalte des Gesetzentwurfs deutlich auseinanderdriften, dass der sozialpflegerische Anteil zu kurz kommt. Ich frage Frau Braun und Frau Dr. Hoppe: Wie müsste der Gesetzentwurf geändert werden, damit der sozialpflegerische Anteil der Ausbildung den Anforderungen gerecht wird?

Wenn der sozialpflegerische Anteil unbestritten sehr wichtig ist, haben dann nicht diejenigen Länder recht, die die Verfassungsmäßigkeit anzweifeln, das ist nicht nur Bayern, sondern auch andere Länder. Wenn hier gesagt worden ist, dass verfassungsrechtliche Erkenntnisse nicht wichtig sind, muss man auch sagen, dass man nicht gegen Verfassungsrecht handeln kann. Unter dem Gesichtspunkt ist interessant, was Frau Dr. Hoppe als Alternative genannt hat, nämlich eine schnelle Aktualisierung der ASMK-Rahmenvereinbarung. Ich frage Frau Dr. Hoppe und Herrn Pascher, wie sie diese Möglichkeit sehen und was notwendig ist an aktuellen Handlungen des Gesetzgebers bzw. der Länder und des Bundes, um hier zu einer schnellen Aktualisierung zu kommen.

Irmingard Schewe-Gerigk (B 90/DIE GRÜNEN): Meine Frage richtet sich an Herrn Borutta. Können Sie Ihre Erfahrungen im Hinblick auf die Teilnehmerstruktur an den kommunalen Altenpflegeschulen erläutern und ist nicht die vorgesehene Ausbildung zur Altenpflegehelferin vertretbar vor dem Hintergrund, dass dadurch auch ein Beitrag geleistet wird für die Sicherung der Qualität unterhalb der Fachkraftebene?

Meine Frage an Frau Stöcker: Wir haben viele Zuschriften auch von Schulen bekommen. Sehen Sie Risiken für den Erhalt der bisher geführten Schulen und ihrer Strukturen? Wie könnten diese vermieden werden, und welche Verantwortung tragen die Länder und die Schulen?

Meine Frage an Frau Dr. Meyer-Kriechbaum: Der Gesetzentwurf legt nur Mindestanforderungen an die Qualifikation der Lehrkräfte fest und gibt damit den Ländern einen großen Spielraum. Welche Erfahrungen wurden mit Unterrichtsaltenpflegerinnen gemacht und welcher Stellenwert kommt der fachspezifischen Berufserfahrung der Lehrkräfte zu?

Harald Kesselheim: Wenn man die Diskussion darüber führt, wie hoch der medizinische Anteil in der Altenpflege ist, kommt man nicht umhin, darauf zu schauen, was heute in der Praxis der Pflegeeinrichtungen tatsächlich passiert. Wir haben im Grunde genommen in allen Bundesländern Regelungen, die die ausgebildeten Altenpfleger berechtigt, auch Leistungen in der Krankenpflege zu erbringen und damit die typischen medizinischen Leistungen. Es gibt dazu nur eine Ausnahme. In Nordrhein-Westfalen enthalten die Verträge keine solche Regelung. Hintergrund dafür ist, dass das OVG Düsseldorf in einer Entscheidung aus Anfang der 80er Jahre, die damals heftig kritisiert worden ist, dargestellt hat, dass die Ausbildungsinhalte in der Altenpflege und der Krankenpflege derartig unterschiedlich seien, dass eine qualifizierte Erbringung von behandlungspflegerischen Leistungen durch Altenpflegefachkräfte nicht gewährleistet sei. Deshalb sei dieser Berufskreis von der Erbringung solcher Leistungen ausgeschlossen.

Auf Bundesebene hat das dazu geführt, dass wir lediglich den Altenpflegeberuf in den Rahmenempfehlungen, die wir jetzt noch für die häusliche Krankenpflege aufgrund eines gesetzlichen Auftrags machen, in einer Fußnote vorsehen als diejenigen, die berechtigt sind, behandlungspflegerische Leistungen zu erbringen. Nämlich mit dem Hinweis darauf, dass das in den Ländern möglich sei, in denen eine Gleichstellung der Altenpfleger mit den Krankenpflegern stattgefunden hat, sofern das nicht bereits in den Ausbildungsregelungen festgehalten ist. In den Altenpflegegesetzen der Länder gibt es regelmäßig Ministerialerlasse, die diese Gleichförmigkeit herstellen ? die Ausnahme ist Nordrhein-Westfalen. Rechtstechnisch gibt es zumindest seitens der Krankenversicherungen keine Zweifel an der Qualifikation von Altenpflegekräften heutigen Zuschnitts für die Erbringung der behandlungspflegerischen Leistungen.

In der Praxis erbringen die Altenpfleger auch diese Leistungen, egal ob dies in ambulanten oder teil- und vollstationären Einrichtungen geschieht. Dort werden Altenpfleger ganz selbstverständlich in den gleichen Tätigkeiten tätig wie Krankenpfleger. Insofern gibt es da keine Zweifel. Wenn der Gesetzgeber nun durch ein neues Altenpflegegesetz die Betonung stärker auf den sozialen Bereich legt, würde dies aus unserer Sicht zwangsläufig zur Folge haben, dass wir die Diskussion darüber erneut führen müssen, inwieweit das OLG Düsseldorf mit seiner Entscheidung auf der richtigen Linie war, ob Altenpfleger tatsächlich medizinische Leistungen erbringen dürfen. Ich würde das sehr bedauern, denn es ist von fast allen Sachverständigen deutlich gemacht worden, dass es im Hinblick auf die ganzheitliche Pflege wichtig ist, dass der Patient alle Leistungen von einer Person bekommt. Von daher halte ich es für wichtig, dass der Gesetzentwurf betont, dass medizinisch-pflegerische Kompetenz selbstverständlicher Ausbildungsanteil ist. Wir haben in unserer Stellungnahme versucht deutlich zu machen, dass dieser Bereich gewichtiger ist als die sozialen Leistungen. Wir halten diesen Aspekt für erheblich bedeutsamer. In der fachbezogenen Pflege geht es um den medizinischen Anteil.

Gerd Dielmann: Eine Anrechnung von beruflicher Vorqualifikation ist prinzipiell sinnvoll und es ist richtig, da eine entsprechende Regelung vorzunehmen. Das Problem in diesem Ausbildungsgesetz ist, dass es sich um einen so großen Teil von Auszubildenden handelt, dass quasi eine generelle Verkürzung der Ausbildungszeit auf zwei Jahre erfolgt, wenn etwa Zweidrittel bei dem heutigen Stand der Auszubildenden diese generell in Anspruch nehmen können. Sinnvoller ist es, eine individuelle Anrechnung vorzunehmen, die das Gesetz auch vorsieht, wo im konkreten Einzelfall angerechnet wird, was an Erfahrungen da ist und wie lange die Ausbildung dauern soll. Das sonstige Berufsbildungssystem sieht ja auch diese Möglichkeiten der Verkürzung oder Verlängerung der Ausbildung vor.

Die Frage nach der Entscheidung über die Aufnahme in ein Ausbildungsverhältnis liegt beim Ausbildungsträger. Insofern kann der Träger auch beeinflussen, ob er diejenigen, die im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme an diesem Bildungsgang teilnehmen wollen, auch aufnehmen will. Von daher ist die Möglichkeit, eine individuelle Prüfung vorzunehmen, selbst wenn wirtschaftlicher Druck je nach Situation der Schulen die Wahlfreiheit wieder stark einschränkt. Es ist aber nicht so, dass etwa die Arbeitsämter die Träger bestimmter Einrichtungen zwingen würden, Umschüler aufzunehmen, wenn der Träger sagt, der Bewerber ist für diese Maßnahme nicht geeignet oder es besteht keine Aussicht auf erfolgreichen Abschluss.

Dr. Hans Ziller: Zur Frage nach der Anhebung des Niveaus der Qualifikation der Lehrenden möchte ich zunächst auf den Antrag des Bundesrates verweisen, in § 5 Abs. 2 Nr. 1, wo die Qualifikation der hauptberuflichen Leitung der Altenpflegeschulen geregelt ist, auch pflegepädagogische Qualifikationen aufzunehmen. Diesem Vorschlag hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zugestimmt. Ich sehe hier einen ?naturwüchsigen? Weg, um auf der Grundlage des in vielen Ländern entstandenen Angebots an pflegepädagogischen Studiengängen einen Beitrag zur Qualitätssteigerung zu leisten.

Im übrigen ist nicht zu leugnen, dass die Frage nach der Qualifikation des Lehrpersonals für Ausbildungsstätten außerhalb des Schulrechts unmittelbar abhängt von der Finanzausstattung der Schulen. Hier haben die Länder, die Ausbildungssysteme außerhalb des Schulrechts behalten ? darunter auch Hessen ? eine besondere Verantwortung. Sie kann nur zu der Konsequenz führen, dass ein Prozess der Angleichung der Standards der Finanzausstattung zwischen öffentlichen Schulen einerseits, der Ersatzschulfinanzierung andererseits und Schulen eigener Art außerhalb des Schulrechts wie den Altenpflegeschulen in diesen Ländern stattfindet.

Im übrigen ist auf die Ausbildungs- und Prüfungsordnung zu verweisen, wo noch reichlich Gelegenheit besteht, fachliche Anforderungen und Standards auch im Hinblick auf die Qualifikation der Lehrenden zu setzen.

Ute Braun: Zur Frage, wie der sozialpflegerische Anteil im Gesetzentwurf formuliert werden müsste: Es fällt auf, dass zwar die eine Seite genannt ist. Wenn man diese obsoleten Begriffe noch nimmt ? medizinischpflegerisch und sozialpflegerisch ? wenn der eine Begriff genannt wird, müsste der andere auch genannt werden. Warum der nicht genannt ist, kann man sich nur aus diesen zuständigkeitstechnischen Gründen erklären. Das geht natürlich nicht. Wenn man keinen dritten Begriff findet, der auf die Pflegefachlichkeit abstellt, und dann benennt in den einzelnen Punkten, wie es gemacht ist, dann wäre das dem Berufsbild angemessen, nicht aber dieser ?Seiltanz?, das eine zu vermeiden, es dennoch sagen zu wollen, aber nicht klar zu benennen. Das ist ein Manko.

Dr. Birgit Hoppe: Zur Frage des sozialpflegerischen Anteils: Es kommt darauf an, aus welcher Perspektive man es sieht, aus der Perspektive Gesundheit - Alter ist per se Krankheit - oder aus der Perspektive ?Soziales? - Alter braucht trotz Multimorbidität eine Fülle unterschiedlicher Ansätze, die immer auch originär sozialer Natur sind. Von daher ist die Antwort auf die Frage nach dem sozialpflegerischen Anteil zweigeteilt.

Die erste Antwort ist: Es muss darin stehen: Beraten, betreuen, begleiten und pflegen. Aus dieser Perspektive sind unmittelbare Auswirkungen zu ziehen auch hinsichtlich der Qualifikation der Lehrkräfte, dann brauchen sie nämlich Psychologen, Juristen usw., somit Fachkräfte auf einem akademischen Niveau, die auch in der Lage sind, das zu leisten, was der Deutsche Verein in der Stellungnahme im Vorgängerbundesentwurf gesagt hat: ?Altenpflege ist gekennzeichnet durch ein Berufsprofil, das Hilfe, planungsspezifische, beratungsspezifische, psychosoziale und pflegerische Kompetenzen fallbezogen gewichtet.?

Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes bzw. des sozialpflegerischen Ansatzes: Wenn der Beruf sozialpflegerisch ist und ein originärar sozialer bleiben soll, dann hat der Bund hier nichts zu regeln, sondern es liegt in der Hoheit der Länder.

Zur zeitlichen Schiene: Es war klar, dass die aus Mitte der achtziger Jahre vorliegende Rahmenvereinbarung sich seit langem überlebt hat. Die Länder haben in den letzten Jahren ihre ungeheure Beweglichkeit trotz des enormen Drucks immer wieder unter Beweis gestellt und neue Ländergesetze und Regelungen erlassen, d.h. seitens der KMK und KASMK ist hier nicht nur deswegen Bewegung gewesen, weil der Bund immer regeln wollte. In dem Moment, wo der Bund sich zurückziehen würde, weil er zur Kenntnis nimmt, nicht dass die Ziele falsch sind, sondern dass der Zeitpunkt in dieser Form verpasst ist, dann würde es sicherlich leicht gehen, auf Länderebene die seit langem überfällige Aktualisierung zu vollziehen. Es ist immer ein ?Prozess im Wartestand? gewesen ? solange der Bund nichts geregelt hat.

Herbert Pascher : Ich bestätige im wesentlichen die Aussagen von Frau Dr. Hoppe. Solange der Bund die Materie für regelungsnotwendig hält und dem auch die Mehrheit der Länder zustimmt, solange macht es keinen Sinn, die Bemühungen auf Länderebene zu reanimieren, um zu einer Ländervereinbarung zu kommen. Diese müssten erst dann wieder aufgenommen werden, wenn eine Bundesregelung nicht zustande kommt.

Manfred Borutta : In Bezug auf die Teilnehmerstruktur kann ich nur bestätigen, was Frau Lörcher sagte. Wir profitieren in der Ausbildung von der Heterogenität der Kurse, d. h. von der Mischung zwischen Erstauszubildenden und Umschülern. Wir stellen uns die Frage, wie dies geregelt werden soll, wenn die Verkürzungstatbestände dann de facto greifen. Wenn ich mir die einzelnen Ausführungen im Gesetz dazu ansehe, komme ich zu der Überzeugung, die Schulen müssten dann die ?Quadratur des Kreises? leisten, denn die Prüfungsbestimmungen sollen gleich bleiben, die Inhalte sollen vom Umfang gleich bleiben. Wie dies operationalisiert werden soll, bleibt möglicherweise im Rahmen einer APO zu klären. Wir haben aber deutlich gemacht, dass wir auf diese verkürzte Ausbildung gut und gerne verzichten können. Die Gründe sind hinlänglich benannt.

Hinsichtlich der Helferausbildung sei ergänzend gesagt, dass wir aus Sicht der kommunalen Altenpflegeschule in NRW diese als überflüssig und kontraproduktiv bezeichnen. Wir brauchen uns nur die reale Situation im ambulanten und stationären Bereich anzusehen und können feststellen, dass dort ein eklatanter Mangel an Pflegefachkräften herrscht. Wenn wir die Definition aus der Heimpersonalverordnung und dem SGB 11 ernst nehmen, brauchen wir im Moment Fachkräfte und keine Hilfskräfte. Sie können sich die anderen Berufssparten gerne ansehen ? im Handwerk, der Verwaltung, der Dienstleistung -, dann zeigen Sie uns doch mal, wo es da eine Helferausbildung gibt. Ich kenne das nur im Bereich der Krankenpflege. Die Fehler, die dort gemacht worden sind, müssen wir in der Altenpflege nicht wiederholen. Ich darf darauf verweisen, dass der Anteil der arbeitslosen Krankenpflegehelfer in NRW in den letzten vier Jahren um 87 % gestiegen ist. Die Daten können Sie abfragen beim Landesarbeitsamt NRW.

Ich darf des weiteren darauf verweisen, dass die Anzahl der Ausbildungsplätze in demselben Zeitraum in NRW um ca. 66 % zurückgegangen sind. Ich frage, was will man bei einer solchen Entwicklung der Krankenpflege dann in der Altenpflege mit einer Helferausbildung, ich halte sie für absolut kontraproduktiv und überflüssig. Ich selbst bin von Beruf Altenpfleger und kann nur bestätigen, wir brauchen Pflegefachkräfte und nicht Pflegehilfskräfte.

Gertrud Stöcker : Die bisherigen Schulstrukturen für Gesundheitsberufe befinden sich systemisch außerhalb des staatlichen Bildungssystems, d.h. hinsichtlich der Trägerschaft, der Fachaufsicht, der Finanzierung und des Schülerstatus. Das positioniert die Pflegeausbildung in ein bildunssystematisches Ghetto. Dem Schüler werden vertikale Aufstiege bis in den Hochschulbereich verwehrt. Es gibt zwar beispielhaft in einigen Bundesländern Weiterbildungsgesetze für die Pflege, so dass damit zugleich auch die Fachhochschulreife erreicht wird. Andererseits gibt es die Quotenregelung hinsichtlich des Studieneinstiegs. Einige Bundesländer haben auf der Grundlage bestehender Berufszulassungsgesetze den theoretischen Teil der Ausbildung in das Berufsfachschulsystem ohne Einschränkung gelöst.

Ein Mittelding ist das Land Bayern, hier gibt es die Berufsfachschule besonderer Art, was in der 70er Jahren sicherlich begrüßenswert war, allerdings mit Konsequenzen verbunden ist auch hinsichtlich des Ausbildungsprofils. Der Schülerstatus ist primär ein Arbeitnehmerstatus, d.h. ein Einrichtungsträger, zugleich auch Bildungsträger, versucht über die Finanzierung der Ausbildung den Dienstplan einer Einrichtung zu füllen. Die Regelsituation heute ist, dass auf einer Station mehr Schüler eingesetzt sind als ausgebildetes Personal. Der Ausbildungsanspruch, den der Schüler in einer solchen Einrichtung hat, unterliegt gesundheits-, sozial- und finanzpolitischen Schwankungen. Wir stellen seit Herbst 1996 fest, dass aufgrund des Kostendrucks in den Krankenhäusern beispielhaft Ausbildungsplätze abgebaut werden, Schulen geschlossen werden und der Bestand an qualifiziertem Personal aufgrund einer vermuteten Bedarfsperspektive gefährdet ist. Es gibt bisher nur in NRW eine Studie über den Bedarf an qualifizierten Pflegekräften in der Alten- und der Krankenpflege. Das heißt, es werden im Jahr 1999 über den Bedarf hinaus 50 % zuviel Altenpflegehelfer ausgebildet, d.h. die Anstellungen sind gefährdet, das prognostiziert Arbeitslosigkeit in den Helferberufen. Auch in der Altenpflegehilfe und der Krankenpflegehilfe wächst die Arbeitslosigkeit.

Zu fordern ist als Lösung die schulrechtliche Verortung nach dem Berufsschulsystem der Länder, d.h. der Schüler erwirbt den Schülerstatus, der Träger der Ausbildung kann wie bisher pluralistisch geregelt sein, es gibt öffentliche Schulen und Ersatzschulen. Die Finanzierung für die theoretische Ausbildung ist den Ländern zu übertragen. Das hat Konsequenzen für die Lehrerbildung. Hier unterstütze ich den Sachverständigen aus Hessen. Es bedarf einer anderen Form der Lehrerbildung. An Berufsfachschulen ist universitär qualifiziertes Lehrpersonal erforderlich. Die bisherige Weiterbildung zum Lehrer für Pflegeberufe ist ein System, was sichtbar abbricht. Die Studiengänge an Fachhochschulen sehen wir als Übergangslösung. Das Ausbildungs- oder Studienprofil ist nicht Lehramt, sondern Pädagogik. Das wird in den Ländern zu entscheiden sein.

Dr. Waltraud Meyer-Kriechbaum: Zu den Erfahrungen mit Unterrichtsaltenpflegern: Es gibt keine einheitliche Regelung in der Ausbildung für Unterrichtsaltenpfleger. Das ist länderrechtlich geregelt und somit sehr unterschiedlich. Es gibt Länder, die ein Gesetz zur Weiterbildung für Pflegeberufe haben, andere, die es nicht haben. Es gibt private Anbieter, die von sehr unterschiedlichen Stundenzahlen ausgehen, Altenpfleger zu Unterrichtskräften auszubilden. Das kann nicht die Qualität sein, die wir für die Schulen erwarten und fordern. Gerade wenn wir fordern, dass die Schulen für Altenpflege auf einem Fachschulniveau angesiedelt sind, müssen auch Lehrer entsprechendes Niveau haben, da reicht berufliche Erfahrung allein nicht aus. Wir fordern darum eine universitäre Ausbildung für Lehrkräfte, vor allem für Schulleiter an Altenpflegeschulen.

Darüber hinaus ist sicherlich an Altenpflegeschulen zumindest derzeit notwendig, dass andere Berufsgruppen an der Ausbildung beteiligt sind. Das sind Übergangsregelungen, die wir derzeit noch haben, mit Honorarkräften an vielen Schulen. Auf Dauer muss es eine Ausbildung auf Hochschulniveau sein. Die fachspezifischen Erfahrungen von Lehrkräften sind notwendig ? das eine schließt aber das andere nicht aus. Es kann nicht ausreichen, dass man fünf Jahre im Altenheim tätig war und dann eine Schule leiten kann. Das kann es sicherlich nicht sein.

Vorsitzende: Wir kommen zur nächsten Fragerunde. Herr Haupt bitte.

Klaus Haupt (F.D.P.): Meine Frage an Herrn Groth zur Gesamtverantwortung: Es heißt in §§ 3, 4, die Gesamtverantwortung liegt bei den Schulen. Sie hatten darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf auch einige Widersprüche enthält. Könnten Sie auf diese Widersprüche aufmerksam machen, ob das z.B. § 15 zutrifft, der festlegt, wie Form, Zweck und Zeit der Ausbildung durch den Träger geregelt werden soll ? wo ich einen Widerspruch sehe zur Gesamtverantwortung der Schule, oder ob das für § 13 zutrifft, der festlegt, dass praktisch ein Vertrag abgeschlossen wird.

Ich bitte Sie um Ihre Aussage zum Thema ?Gesamtverantwortung Schule? und ob Sie Gefahren sehen, dass der Gesetzentwurf Unterhöhlungen zu dieser Aussage enthält.

An Frau Dr. Hoppe die Frage zu § 5, der heute kritisiert wurde: Am Beispiel Anforderung an das Lehrpersonal, insbesondere an den Leiter: Halten Sie solche Regelungen für sinnvoll, den Spielraum bei den Ländern zu lassen, oder sollten gewisse Rahmen, die auch Qualität beinhalten, im Gesetz verankert sein?

An Herrn Maul die Frage: Wenn wir im Gesetz das Ausbildungsentgelt als eine Aufwertung für dieses Berufsbild sehen, teilen Sie die Befürchtung, dass Ausbildungsbetriebe nicht interessiert sind, weil sie Finanzierungsschwierigkeiten sehen? Könnten Sie bitte das Finanzierungsmodell aufzeigen, das Sie favorisieren würden.

Monika Balt (PDS): Meine Frage an Frau Dr. Hoppe: Ich teile die Auffassung, dass wir qualifizierte Pflegefachkräfte brauchen und keine Hilfskräfte, und dem sollte sich der Gesetzentwurf auch stellen. Wie ist aus Ihrer Sicht die rechtliche Einschätzung der Umlagefinanzierung in Bezug auf die Auswirkung auf Ausbildungsplätze?

Wie würden Sie den Qualitätsgewinn in der bundeseinheitlichen Ausbildung im Vergleich zur Praxis in den einzelnen Ländern sehen und werten?

An Frau Stöcker die Frage: Wie verhält sich der im Gesetzentwurf angestrebte Standard in der Bundesberufsbildung zu den üblichen Standards der beruflichen Bildung generell?

Arne Fuhrmann (SPD): Herr Kesselheim, welche Kompetenz muss eine Pflegekraft heute überhaupt haben ? ich beziehe mich da auf den vorher erwähnten ?Seiltanz??

Herr Dr. Dietrich, ist es richtig, dass wir heute davon ausgehen, dass das Durchschnittsalter der Pflegebedürftigen sich bei 80 + Jahren verfestigt und in Zukunft eher noch höher sein wird? Stimmt bei dieser Feststellung, dass wir immer aktiver in die ambulante Pflege hinein gesetzgeberisch zu agieren haben?

Meine Frage an Herrn Dr. Wienand: Wenn das stimmt, wie ist dann zu bewerten, wie die sozialen Kompetenzen der Pflegekräfte im Verhältnis zu den medizinischen Fähigkeiten der Pflegekräfte zu bewerten sind, wenn mehr oder weniger der Schwerpunkt der Pflege auf die Ambulanz verlagert und damit gewährleistet ist, dass im sozialen Bereich Einbindungen und intensive Beziehungen weiter Bestand haben?

Dr. Waltraud Meyer-Kriechbaum: Zur Frage nach der Gesamtverantwortung der Schulen und zu den Widersprüchen, die sich aus dem Gesetzentwurf dadurch ergeben, dass der Ausbildungsvertrag gem. § 3 eine Vielzahl von Bestimmungen enthalten muss, u.a. die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Das sind erhebliche Widersprüche. Man überträgt sowohl der Einrichtung als auch der Schule viel Verantwortung. Es ist nicht geklärt, bei wem letztlich die Gesamtverantwortung liegt. Der Gesetzentwurf besagt zwar: Die Gesamtverantwortung hat die Schule. Die Frage ist aber, wenn im Vertrag mit der Einrichtung auch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Vertragsbestandteil ist, wie weit kann auch der Träger dieser Einrichtung die Ausbildungsinhalte mitbestimmen? Es könnte hier zu erheblichen Kollisionen kommen. Das sehen wir hier nicht eindeutig geregelt. Normalerweise trägt die Schule die Gesamtverantwortung. In vielen Ländern gibt es Kooperationsverträge zwischen Schulen und Einrichtungen, so dass das Verhältnis zwischen diesen beiden für die Ausbildung verantwortlichen Institutionen geregelt wird. Hier könnte es zu Problemen kommen.

Die Frage ist auch, wieweit es mit der Ausbildungsvergütung und der Finanzierung der Schulen noch nicht klar ist, wenn die Gesamtverantwortung bei der Schule liegen soll. Wenn es ums Geld geht, hat die Schule keinerlei Möglichkeiten, in irgend einer Weise Gelder zu bekommen, etwa über Refinanzierung, so dass die Finanzierung der Schulen in erhebliche Schwierigkeiten kommen könnte. Es könnte passieren, dass die Schulen vor dem Aus stehen, wenn sie nicht irgendwo durch das Schulrecht Möglichkeiten haben, in die Finanzhilfe der Länder zu kommen. Sie haben sonst keine Möglichkeit, ihre Auslagen ersetzt zu bekommen. Hier gibt es Möglichkeiten der Unterwanderung, da sehen wir Gefahren, die die Existenz der Schulen nachhaltig beeinflussen oder überhaupt zerstören könnten.

Dr. Birgit Hoppe: Herr Haupt, Sie haben mich nach der Realität gefragt in Kontrastur zur ?Spielwiese? und da hinsichtlich der Qualifikation der Lehrkräfte. Wenn wir Altenpflege mittlerweile schulrechtlich geregelt haben ? in der Mehrzahl der Länder ? auf Berufsfachschul- oder Fachschulebene, dann bedeutet das z.B. im Land Berlin, dass die Lehrkräfte an Fachschulen ein Universitätsstudium haben müssen, Lehramt Sekundarstufe 2, oder ein einschlägiges Hochschulstudium mit entsprechender pädagogischer Erfahrung. Wenn im Gesetz nicht eindeutig definiert wird und dem Schulrecht durch ein solches Gesetz ?die Beine weggeschlagen werden?, wenn die Länder hier aussteigen, würde das bedeuten, dass diese Anforderungen an die Qualifikationen vom Tisch wären, weil schlicht finanzielle Begehrlichkeiten eher das Zepter schwingen würden als das, was man als fachlichen Standard mindestens für erforderlich erachtet. Das ist praktisch die große Gefahr bei dieser ganzen Angelegenheit. Es dürfte keine einzige Regelung geben, die das gerade unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen nicht sicherstellt, dass die Qualifikation genau an dieser Stelle definiert wird, sonst können Sie alle diese Anforderungen, die auch Herr Kesselheim genannt hat - an Koordination, an Begleitung, an Qualitätssicherung - auf dem Papier beschreiben, aber in der Praxis werden Sie nicht mehr die Lehrkräfte haben, die das sicherstellen.

Zur Frage von Frau Balt zur rechtlichen Einschätzung der Umlagefinanzierung: Ich möchte nur die Einschätzung geben, wie die Umlagefinanzierung sich in den Ländern ausgewirkt hat. Überall dort, wo sie eingeführt werden sollte, ist sie durch entsprechende Gerichtsurteile der Sozialgerichte gekippt worden. Die Auswirkung heißt Desregulierung der Ausbildung, d.h. Ausbildungsstätten müssen schließen, Ausbildungskapazitäten verschwinden. Bevor auf der gerichtlichen Ebene eine Klärung erfolgt, sind schon Realitäten geschaffen, von denen alle hier im Raum sagen würden, die haben wir nicht gewollt. Wir wissen auch aus Erfahrung bundesweit in allen Ausbildungsstätten, dass gerade solche schwierigen rechtlichen Bedingungen im Zusammenhang mit betriebswirtschaftlichen Erwägungen dazu führen, dass eine Ausbildung, die nicht unbedingt im Focus des Interesses steht als traditioneller Frauenarbeitsmarkt und ?beruf, unter die Räder kommt. Das ist keine Vision, sondern wir haben das in der Realität.

Zu Ihrer Frage zur Auswirkung einer Bundeseinheitlichkeit im Vergleich zum Vorhandenen: Man muss sich überlegen: Was gewinnt man mit diesem Gesetz? Ich sehe auf der ganzen Linie ausschließlich Verluste. Ein paar Kriterien habe ich genannt. Wenn das Gesetz kommt, werden die Länder, die es jetzt schon angekündigt haben, z.B. Brandenburg und Berlin, aus dem Schulrecht aussteigen mit allen bekannten Konsequenzen. Die Länderregierungen, die wirklich auch in der heißen Phase von Pflegeversicherung und schwieriger werdender Finanzierung von personenbezogenen Dienstleistungen in den letzten Jahren noch sichergestellt haben, dass sie ihre Ländergesetze modernisiert haben, werden unter enormen Druck geraten. Es ist jetzt schon absehbar, weil die Zeiten sich nochmals verändert haben, dass diese Standards neu hinterfragt werden und mit Sicherheit, weil die Mindeststandards im Gesetz festgeschrieben sind, minimiert werden. Das bedeutet, wir werden eine Altenpflegeausbildung kriegen, die jetzt über dem Niveau strukturell der Krankenpflegeausbildung liegt, die dann erst einmal auf Mitte der achtziger Jahre auslaufendes Modell festgeschrieben wird. Und wir werden eine Altenpflegeausbildung kriegen, die das, was man braucht, nämlich die sozialen Kompetenzen vernachlässigt. Es ist etwas anderes ? die Pflege nach einer Blinddarmoperation oder die Pflege, Beratung, Begleitung und Betreuung von Menschen in schwierigen Lebenslagen im Alter sicher zu stellen. Wir werden eine Altenpflegeausbildung kriegen, die dieses komplexe Berufsprofil in keiner Weise mehr sicherstellt. Den einzigen Gewinn, den ich bisher in der Diskussion gesehen habe, hat Herr Kesselheim vorhin ?vom Tisch gewischt?. Es war immer die Frage des Zugangs von Altenpflegekräften. - Herr Kesselheim hat es deutlich gesagt - das ist nicht unser Problem, das können wir sicherstellen, dass Altenpfleger diesen Zugang auch haben. Das war bisher der einzige Punkt, der mich noch hätte davon überzeuge n können im Sinne von Arbeitsmarkt und Sicherung von Arbeitsplatzerhalt, darin noch einen Gewinn zu sehen. Aber heute ist mir praktisch auch der letzte verloren gegangen.

Herr Mauel: Zur Frage von Herrn Haupt: Wir gehen davon aus, dass die Einrichtungen ein sehr wohl verstandenes eigenes Interesse an der Ausbildung haben und selbstverständlich auch am Ausbildungsentgelt. Ich spreche nicht dafür, dass man als Auszubildender auch noch Geld mitbringen soll. Diese Gefahr durch Finanzierungsschwierigkeiten sehe ich zunächst nicht. Die Einrichtungen brauchen hoch qualifizierte Kräfte und sind auch bereit, sich dafür in die Verantwortung nehmen zu lassen. Die Entlohnung der Auszubildenden gehört eindeutig in die Kalkulation der Entgelte. Unser Anliegen dabei ist ? es wird immer von Theorie- und Praxistransfer gesprochen, als ob das ein Gegensatz wäre, was in der Schule gelehrt wird und was im Betrieb geübt und verfestigt wird. Die Vertiefung der theoretischen Kenntnisse in den Betrieben ist ein Bereich, von dem die Betriebe nur profitieren. Insofern ist es auch angemessen, dass die Betriebe die Finanzierung übernehmen, dass sie über das Entgelt kalkulieren können. Es gibt große Vorbehalte bei komplizierten Umlageregelungen, bei denen man nicht weiß, wohin sie laufen, wer davon profitiert. Die Betriebe beschweren sich darüber, dass sie wenig Einfluss auf die Auswahl der Auszubildenden haben. Ich würde die Betriebe, die ein großes Interesse an Auszubildenden haben, gern in die Pflicht nehmen. Diese komplizierten Umlagemodelle mit Verwaltungspauschalen usw. sehen unsere Betriebe nur, wenn man ihnen mehr Einfluss auf die Auswahl gibt. Am liebsten wäre ihnen die Deregulierung ? sie sind dafür verantwortlich und kalkulieren ihre Entgelte.

Gertrud Stöcker: Ich wurde gebeten, die Standards der pflegeberuflichen Bildung der generellen beruflichen Bildung gegenüberzustellen. Ich beginne mit der Bewerberauswahl. Diese findet an Schulen für Gesundheitsberufe durch die Schule statt. Der Träger der Einrichtung schließt den Ausbildungsvertrag ab. Als Zugangsvoraussetzungen für Pflegeausbildungen gilt grundsätzlich der Sekundarstufe 1 ? Abschluss als Mindestanforderung. Es gibt Möglichkeiten der Verbindung von Hauptschulabschluss und dreijähriger Ausbildung. Darüber hinaus gibt es im geltenden Berufszulassungsgesetz noch die Möglichkeit der Ausbildungsverkürzung über die Krankenpflegehilfe. Hierzu ist zu sagen, dass dies nicht mehr wahrgenommen wird, weil die Schulen für Krankenpflegehilfe zunehmend weniger geworden sind.

Der Lernende ist Schüler der Krankenpflege oder in den Pflegeberufen. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Da die Gesamtverantwortung der Ausbildung bei der Schule liegt, trifft die Schule die kurrikulare Planung für Theorie und Praxis und deren Vernetzung. Wir haben eine Gleichwertigkeit von schulischer und theoretischer Ausbildung.

Nicht geregelt ist die berufspädagogische Praxisanleitung während der Ausbildung. Von daher kann man mit Blick in die Praxis sagen: Praxisanleitung ist Zufall. Es gibt aber sehr wohl die Praxisbegleitung durch die Lehrer in den Praxisfeldern bis hin zur Abnahme der praktischen Prüfung. Die Prüfung ist im Gegensatz zum generellen beruflichen Bildungssystem eine staatliche Prüfung. Die Weiterbildung ist per Weiterbildungsgesetz möglich, weniger ist es das Ziel, dass gleichzeitig mit dem Berufsabschluss auch ein weiterführender allgemeiner Bildungsabschluss erreicht wird.

Ein weiterer Standard ist, dass wir an den Schulen eine Trägerpluralität haben.

Harald Kesselheim: Zur Frage von Herrn Fuhrmann, welche Kompetenz Pflegefachkräfte haben sollten: Ich bin dankbar, dass Sie nach Pflegefachkräften gefragt haben und nicht differenziert haben nach Kranken- und Altenpflegefachkräften. Da Frau Dr. Hoppe versucht hat, mich zum Eideshelfer zu machen, will ich gleich sagen, dass ich offensichtlich in einer völlig anderen Pflegewelt lebe als Frau Dr. Hoppe. Die Einrichtungen sind heute nicht mehr davon geprägt, Altenpflege im herkömmlichen Sinne zu machen, sondern wir erleben zunehmend, dass Altenheime der traditionellen Weise sich umwandeln in Pflegeheime. Das hängt mit der Entwicklung zusammen, dass die alten Menschen in einem älteren Stadium und erheblich höherem Pflegebedarf in die Einrichtungen kommen. Auch in der ambulanten Pflege besteht der Pflegebedarf über einen längeren Zeitraum und professionelle Hilfe wird da gefordert, wo der alte Mensch nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu organisieren. Diese fehlende Fähigkeit zur Organisation geht einher mit Krankheit. Das wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen hat 1996 dazu eine Untersuchung vorgelegt. Darin zeigt sich, dass es in den Einrichtungen ? gleich ob ambulant, teilstationär oder vollstationär ? die gleichen Schwerpunkte gibt, nur die Prozentzahlen ändern sich. Der größte Teil der jeweilig betreuten Personen sind chronisch psychisch Kranke, MS-Kranke, Apalliker, Aidskranke. Insoweit steht immer ein Krankheitsbild im Vordergrund, das medizinischer Betreuung bedarf. Von daher ist eine Pflegefachkraft zunächst gefordert mit einer hohen Pflegefachlichkeit, die sie in die Lage versetzt, Anleitung und Beaufsichtigung zu geben, aber auch zu helfen bei der Wiederherstellung bzw. beim Erhalt der eigenen Ressourcen, und nicht nur in einem engen pflegerischen Bild, sondern auch in den Kompetenzen, die mit den Krankheiten zusammenhängen. Viele meiner Vorredner haben die Auffassung deutlich gemacht, die ich teile, dass man an der Stelle Pflege als ganzheitlichen Prozess sehen muss, der sich nicht trennen lässt in Verrichtungsbezogenheit, abgelöst von Krankheitsbildern, sondern selbstverständlich diese mitbeinhaltet.

Eine andere Statistik belegt: Fast 70 % aller Pflegebedürftigen bekommen neben den Leistungen der Pflegeversicherung eine Behandlungspflege aus der Krankenversicherung. Das zeigt den hohen Anteil des medizinischen Bedarfs. Das zeigt aber auch, dass die soziale Kompetenz, die ich bei den Pflegefachkräften selbstverständlich einfordere, nur ein Aspekt ist neben dem medizinischen Aspekt, der erforderlich, so wie ein weiterer Aspekt die pädagogische Kompetenz ist, denn sonst ist Anleitung und Beaufsichtigung schwer zu machen.

Das soll deutlich machen, dass Pflegefachkräfte heute tatsächlich fast ?Allround-Kräfte? sein müssen ? natürlich brauchen sie auch Kenntnisse in Organisationsmanagement und in Qualitätsmanagement, wenn sie tatsächlich die von den Klienten geforderte Vernetzung und Organisation der verschiedenen Tätigkeiten anderer Berufe mit erledigen sollen. Von daher zeigt sich, dass es mehrere gleich wichtige Aspekte gibt: medizinische, soziale Kompetenz, Managementkompetenz.

Um deutlich zu machen, dass möglicherweise mein Argument hinsichtlich der Behandlungspflege in eine etwas andere Richtung ging: Ich habe darauf hingewiesen, wenn tatsächlich der Bundesgesetzgeber einen Altenpflegeberuf sozial ausrichtet und auf medizinische Anteile verzichtet, wir zwangsläufig als Krankenkassen in die Situation kommen, darüber nachzudenken, ob Behandlungspflegeleistungen noch von Altenpflegern erbracht werden können. Im Hinblick darauf, dass möglicherweise zwangsläufig eine Entscheidung fallen müsste, wenn zukünftig qualifizierte Altenpfleger keine Kompetenz in medizinischen Fragen haben, könnten sie keine Behandlungspflege mehr erbringen. Dies wäre aus meiner Sicht das Ende des Altenpflegeberufs in den Pflegeeinrichtungen. Damit würden Sie den Leuten eine gewaltige Berufschance verbauen ? und nicht eröffnen.

Dr. Hartmut Dietrich: Zur Frage von Herrn Fuhrmann: Das Durchschnittsalter steigt nicht zuletzt durch die Möglichkeiten der Medizin, die sich ständig weiterentwickeln. Das hat natürlich Konsequenzen sowohl im ambulanten wie im stationären Bereich. Das KDA ist dabei, ein Qualitätshandbuch für die ambulante Pflege zu entwickeln, nachdem es für den stationären Bereich bereits geschehen ist. Dabei ist wichtig die medizinisch-pflegerische Kompetenz, aber auch die Beratungskompetenz in der Ambulanz. Es muss sehr deutlich darauf geachtet werden, dass das in der Ausbildung ausreichenden Raum findet.

Ich möchte aber den Tendenzen widersprechen, die besagen, die medizinisch-pflegerische Seite muss nicht in der Form für den Altenpflegeberuf weiterentwickelt werden. Wir müssen uns vor Augen halten, dass Krankenhauspatienten heute immer früher aus dem Krankenhaus entlassen werden mit dem Etikett: ?Rein klinisch ist hier nicht mehr viel zu machen?. Aber dann müssen die Kompetenzen sowohl im ambulanten wie im stationären Bereich vorhanden sein. Wir fordern von Seiten des KDA eine erheblich höhere Qualifikation von den künftigen Altenpflegerinnen und Altenpflegern.

Dr. Manfred Wienand: Zur Frage von Herrn Fuhrmann: Von der Beantwortung nach dem vorgestellten Anforderungsprofil in der Altenpflege hängen zwei Folgerungen ab: Einmal die wiederholt angesprochene verfassungsrechtliche Frage und möglicherweise auch Finanzierungsfragen. Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände hat folgende Einschätzung: Die pflegerische Kompetenz ist notwendige Voraussetzung, aber nicht hinreichende. Sie muss aber vorhanden sein, und zwar im Schwerpunkt. Die soziale Kompetenz muss hinzukommen. Sie prägt das Anforderungsprofil des Altenpflegers. Sie soll aber nicht so verstanden werden, dass soziale Kompetenz gleichsam alle Kompetenzen in diesem Bereich umfasst. Sie müsste vor allem auch eine Vermittlungskompetenz sein, vermitteln hin zu den Fachleuten, die es sowohl bei den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, bei den privaten Trägern und in den Kommunen gibt. Es wurde genannt der Bereich der Betreuung oder der Sozialberatung, oder einfache alltägliche Fragen, wie kann die Versorgung mit Essen sichergestellt werden, körperliche Hilfen, die noch nicht Pflege sein müssen, usw.. Von daher täte der Berufsstand ? es fallen hier wiederholt berufsständische Argumente - gut daran, diese Schwerpunktbildung im medizinisch-pflegerischen Bereich zu akzeptieren als Grundlage, aber daran zu arbeiten, dass diese soziale Kompetenz stärker differenziert wird, jedoch nicht im Sinne einer All-Kompetenz in diesem Bereich.

Vorsitzende: Wir kommen zur dritten Fragerunde.

Erika Reinhardt (CDU/CSU): Im Grundsatz war der Tenor ?sozialpflegerisch? im Vordergrund. Frau Dr. Hoppe, Sie sagten, es birgt Gefahr, wenn man den sozialpflegerischen Beruf Altenpfleger mehr in den Krankenpflegebereich umwandelt. Gibt es über die rechtlichen hinaus noch Punkte, die Benachteiligung bringen? Eine Ablehnung grundsätzlich zu einer Umschulung wie auch zu einer verkürzten Ausbildung war zu merken. Könnte man sich vorstellen ? ich frage Herrn Borutta und Frau Dr. Hoppe -, dass man am Ende eine Verkürzung vornimmt? Nicht beim Einstieg, sondern wenn eine gewisse Qualifikation vorhanden ist, dass jemand eine gewisse Vorbildung in diesem Bereich mitbringt? das müsste man definieren ? und eine Prüfung bereits nach zwei Jahren macht. Wäre das ein Ansatz, dass man nicht von vornherein die Verkürzung vereinbart, sondern den Nachweis der Qualifikation erst im Laufe eines Ausbildungszeitraums erbringen muss?

Meine Frage an Frau Dr. Hoppe: Das SMK wäre doch imstande, z.B. die Eingangsvoraussetzungen, die Unterrichtsbereiche, die Prüfungsordnungen usw. sehr rasch bundeseinheitlich zu regeln?

Gerald Weiß (CDU/CSU) : Ich frage Herrn Dr. Ziller: Sie haben auf unsere Frage, ob Sie die vorgesehenen Zugangsvoraussetzungen und die Verkürzungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund des erforderlichen und des zu sichernden Qualitätsniveaus für angemessen halten, eher zurückhaltend geantwortet, die Zugangsvoraussetzungen und insbesondere Verkürzungsmöglichkeiten seien grundsätzlich an fachlichen Kriterien zu orientieren und die erforderliche Aufwertung des Altenpflegeberufs sei nicht infrage zu stellen. Sehen Sie dieses Kriterium im vorliegenden Gesetzentwurf ? also die Orientierung an fachlichen Kriterien ? erfüllt oder nicht hinreichend erfüllt?

Sehe ich richtig, dass es für das Ziel, im Raum der EU die Anerkennung der Diplome in der Altenpflege sicherzustellen, zumindest aus diesem Grund keiner bundeseinheitlichen Regelung zwingend bedarf, sondern dass das auch grundsätzlich länderrechtlich erreichbar wäre und gesichert über eine koordinierende ASMK KMK ? Vereinbarung?

Eine verfassungsrechtliche Frage: Sie sagten zu dem Aspekt der Gesetzgebungskompetenz, dass es keiner Überbetonung des medizinisch-pflegerischen Elementes im Gesetz oder in den Ausbildungsordnungen bedürfe, um die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes abzuleiten, sondern Sie sprachen von dem pflegewissenschaftlichen Ansatz, der das trage. Können Sie erklären, inwiefern das die verfassungsrechtliche Begründung für die Bundeszuständigkeit hergibt?

Klaus Haupt (F.D.P.): Meine Frage an Frau Braun, Herrn Dr. Dietrich und Herrn Borutta: Sehen Sie Möglichkeiten einer sinnvollen Verkürzung oder sehen Sie bei den drei angegebenen Aspekten in § 5 des Gesetzentwurfs einige der Aspekte als Verkürzungsmöglichkeiten oder sind Sie generell gegen jede Art von Verkürzung? Welche Verkürzungen würden Sie für sinnvoll halten?

Christa Lörcher (SPD): Meine Frage geht an Frau Stöcker zur EU-Kompatibilität: Es sind mindestens 10 Jahre allgemeinbildende Schule und drei Jahre berufliche Bildung nötig, um überhaupt einen Antrag stellen zu können und anerkannt zu werden in einem anderen Land. Ist das nicht ein Motiv, dass Umschüler, wenn sie je eine verkürzte Ausbildung machen würden, sowieso nicht anerkannt werden, dass diese Zahlen längerfristig heruntergehen? Auch die Altenpflegehilfe, die nur ein Jahr Ausbildung benötigt, hat keine Chance, anerkannt zu werden. Ich habe bisher die Altenpflegehilfe nur unter dem einen Aspekt anerkannt, dass sie der Einstieg ist für eine volle Ausbildung.

Meine Frage an Herrn Dr. Dietrich vom KDA zur sozialen Kompetenz und pflegewissenschaftlichen und pflegefachlichen Kompetenz gerade bei Menschen mit Demenzerkrankungen oder auch bei der starken Betonung von Prävention und Rehabilitation: Spielen hier beide Komponenten gemeinsam eine starke Rolle, so dass man diese beiden Bereiche ? medizinischpflegerisch und sozialpflegerisch - nicht mehr trennen kann?

Über die Finanzierung ist viel gesprochen worden, eine Umlagefinanzierung würde einem Verfassungsgerichtsentscheid nicht standhalten. Gibt es Möglichkeiten, - bei so vielen Lern- und Ausbildungsorten ist es sicher schwierig, ein solches Modell herzustellen ? für ein Modell, das tatsächlich verfassungsrechtlich sicher wäre? Viele Stellungnahmen haben belegt, dass die Umlagefinanzierung die gerechteste wäre, dass damit Ausbildungsplätze eher bereitgestellt würden bei einer Mitfinanzierung aus einem Fonds. Das ist z.B. die baden-württembergische Erfahrung, die offensichtlich leider nicht verfassungsfest gewesen ist.

Dr. Birgit Hoppe: Frau Reinhardt, Sie haben nach den Risiken jenseits rechtlicher Fragen gefragt, wenn man etwas am Profil verschiebt oder grundsätzlich verändert. Ich habe mit Freuden zur Kenntnis genommen, dass hier offenbar die Aussage ist, die medizinisch-pflegerischen Kompetenzen für die pflegeversicherungsrechtlichen Fragen, die medizinischpflegerischen Kompetenzen reichen jetzt aus, sie überzeugen. Das heißt, es ist die Frage, was man riskiert, wenn man inhaltlich schneidet. Ich hatte beim Zuhören den Eindruck der ?Quadratur des Kreises?. Es wurde von den medizinisch gestiegenen Anforderungen geredet, und gesagt, Qualitätsmanagement, Betreuungsbedarf, Beratung von Angehörigen, Koordinierung von Leistungen und Umgang mit demenziell veränderten Menschen ? alles Dinge, die originär sozialpädagogische Kompetenzen ausmachen. D.h. ihre Frage, was ginge verloren, es sollen maximal drei Jahre sein, im Regelfall zwei Jahre, davon mindestens mehr als die Hälfte medizinisch-pflegerisch ? dazu einige Kompetenzen: Umfangreiche Kompetenzen in der Gesprächsführung, die die tatsächliche Beratung ermöglichen, umfangreiche Kompetenzen in der Frage des Verstehens von psychischen Veränderungen beim Menschen, umfangreiche Kompetenzen hinsichtlich der Frage, wie man Hilfeangebote organisiert, wie man Gemeinwesenarbeit betreibt, wie man gerade hinsichtlich des sozialen Engagements ? Ehrenamt ? zusätzliche Unterstützungsangebote heranzieht. Es ginge verloren die Fähigkeit rechtlich zu beurteilen im Rahmen von Betreuungsrecht, wie man handelt. Die Pflegewelt, in der ich lebe, ist eine, wo mir auch, wenn ich hier den Arbeitskreis der Schulen vertrete, vor allem die Praxis am Herzen liegt. Die alten Menschen, die oft nur einer ambulanten Pflegefachkraft ausgesetzt und darauf dringend angewiesen sind, dass diese nicht nur im engeren Sinne Pflege bestreiten, sondern das ganze Spektrum zur Verfügung haben, um überhaupt agieren zu könn en. Meine Pflegewelt umfasst einen bis zu 80prozentigen Anteil demenziell veränderter Menschen, die außerdem krank sind, an Diabetes leiden, Herzerkrankungen haben, Dikusitus haben, Apalliker sind, Schlaganfälle aufweisen, usw.. Meine Pflegewelt beinhaltet auch, dass es nicht nur die Versorgungstatbestände eines notleidenden Körpers sind, die sichtbar zu behandeln sind, sondern dass es um die soziale Beratung, Begleitung und Betreuung geht, die zu organisieren ist, um auch Angehörige zu entlasten und etwas herzustellen, was wir im Zuge des demographischen Wandels dringend brauchen, wenn wir so etwas wie die Würde sicherstellen wollen.

Zur Frage nach der Verkürzung: Ich habe das Nein vorweggenommen, indem ich sagte, selbst diese drei Jahre ? im Kontext von ausbildungspolitischen Diskussionen war von der sog. Überfrachtung die Rede ? vor dem Hintergrund der Aussage, dass die Anforderungen dermaßen gestiegen sind, dass es bereits jetzt schwierig ist, innerhalb der dreijährigen Ausbildung diese Schlüsselqualifikationen sicherzustellen ist, sehe ich bei der Fülle von Aufgaben keinerlei Möglichkeiten der Verkürzung der Ausbildung.

Die andere Lösung ist die Arbeit in einem interdisziplinären Team. Wir haben mit der Krankenpflege eine hochqualifizierte Berufsgruppe, die in der Lage ist, die Behandlung des Körpers sicherzustellen. In Altenhilfeeinrichtungen haben wir oft nicht seitens der Leitungsstrukturen eine klare Entscheidung dafür, dass die Interdisziplinarität überhaupt funktionieren kann. Das hat mit Personalabbau, Leistungsverdichtung zu tun, dass es nicht immer möglich ist, das in die Hände anderer zu geben, so dass die Personalplanung nicht richtig funktioniert. Auf jeden Fall hat eine Altenpflegerin immer die Möglichkeit, eine andere Berufskollegin zu fragen, von daher könnte man antworten, dass man zwei Berufe hat. Das ist ein großer Gewinn, den wir für die Anforderungen in der Praxis haben ? verkürzen kann man da nicht mehr.

Manfred Boruttta: Zu den Fragen nach Verkürzung und Umschulung: Wir wehren uns nicht prinzipiell gegen Umschulung, wir halten sie für wichtig. Wir halten es nicht für vertretbar, dass generell eine Umschulungsmaßnahme dazu führt, dass eine Ausbildung um ein Jahr bekürzt werden kann. Dies ist im Gesetz vorgesehen. Wir halten es in Einzelfällen für durchaus denkbar, dass verkürzt werden kann, wie in § 7 vorgesehen ? nach Intervention Bundesrat und durch Bundestag bestätigt. Wir können uns aber nicht vorstellen, dass bei Zweidritteln pauschal gekürzt wird ohne nach einer vorhandenen Berufsausbildung zu fragen, die im Zusammenhang mit der Altenarbeit steht. Diese pauschale Kürzung halten wir nicht für vertretbar.

Bei der Umschulung besteht das Problem, dass die finanziellen Grundlagen der Altenpflegeausbildung hier zu Zweidritteln zu Lasten der Arbeitslosenversicherung geht. Das halte ich für problematisch. Wenn wir Ausbildungsplätze nicht mehr besetzen können, wenn Arbeitsamtsbezirke kein Geld mehr haben ? diese Situation haben wir in Nordrhein-Westfalen, dass man schon die prekäre Situation hat, dass ein Unternehmen pleite macht und eine Schule sagt, wir haben Umschüler. Das wird pervertiert, wenn das die Grundlage für die Ausbildung von benötigten Altenpflegern ist. Es kann nicht auf landesgeförderte Plätze übergeleitet werden. Es wird dann nicht ausgebildet und der Kurs findet nicht statt, wenn das Arbeitsamt kein Geld hat. Da Arbeitslosengeldzahlungen Vorrang haben und Umschulung nur eine Kannleistung ist, passiert es flächendeckend in Nordrhein-Westfalen, dass Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden.

NN.: Ich möchte kurz ergänzen: Wir dürfen nicht den kausalen Zusammenhang aus dem Blick verlieren. Der kausale Zusammenhang für die Regelung es § 26 liegt begründet im § 417 SGB 3. Wenn dem so ist, und die Finanzierung über drei Jahre nach SGB 3 nach 2001 nicht mehr gesichert ist, dann sollte man das auch so nennen. In der Gesetzesbegründung steht etwas völlig anderes: Es soll eine verkürzte Ausbildung durchgeführt werden für Umschüler mit dem Hinweis, dass das arbeitsmarktpolitisch dringend notwendig sei. Das kann ich fachlich so nicht teilen. Es gibt zu den Verkürzungsüberlegungen eine Brücke zu dem, was Herr Kesselheim und andere thematisiert haben, nämlich der Diskussion, die ich für etwas schräg halte zwischen sozialpflegerisch und medizinpflegerisch. Ich streite nicht um Begriffe ? die Veränderung der Begriffe führt nicht zur Veränderung der Tatsachen. Veränderung der Tatsachen bedeutet z.B. in Nordrhein-Westfalen, dass die Altenpflegeausbildung im Theoriebereich im Moment 650 Stunden mehr umfasst als die Krankenpflege, mittlerweile auch in anderen Bundesländern. Ich halte beide Bereiche, den medizinischen wie den sozialpflegerischen für absolut gleichrangig.

Herr Kesselheim, ich muss Sie korrigieren, die Kassen blockieren im Moment die Zulassung von Pflegekräften im ambulanten Bereich als Leitungskräfte mit der Begründung und dem Bezug auf Einzelfallurteile, die es in NRW gibt. Es gibt fachlich keinen Grund, dies zu blockieren, weil Altenpfleger innerhalb ihrer Ausbildung im medizinisch-pflegerischen Bereich die behandlungspflegerischen, auch die invasiv-behandlungspflegerischen Maßnahmen erlernen und praktizieren und nach einer geregelten Delegation, wie es in der Krankenpflege auch zulässig ist, von den Ärzten übertragen bekommen. So ist die Realität, so wird ausgebildet, dazu gibt es keine Diskussion für mich über die Notwendigkeit, diesen Aspekt zu verstärken. Er ist weitaus umfassender da als in manchen Krankenpflegeschulen. Wir sollten allenfalls überlegen im Hinblick auf das mittlerweile veraltete Krankenpflegegesetz, wie die Thematik des Umgangs mit gerontopsychisch veränderten Menschen dort ist. Fragen Sie doch mal den Krankenpfleger, der im ambulanten Bereich arbeitet, ob er den Unterschied zwischen einer Multiinfarktdemenz und einer Alzheimerdemenz kennt. Bei somatischen Ursachen kann er dazu vielleicht noch etwas sagen, aber bei den psychischen Folgen aus diesen Erkrankungsbildern wird es schwierig. Da besteht in der Krankenpflege ein Bedarf, die sozialpflegerischen Kompetenzen nachzubessern. In der Altenpflege halte ich die veränderte Lage in vielen Bundesländern für nicht erforderlich. Von daher halte ich die Diskussion für überflüssig zwischen dem medizinischen und sozialpflegerischen Anteil.

Ute Braun : Zur verkürzten Ausbildung: Es gibt eine bildungsinhaltliche Begründung, zumindest eine Diskussion und Argumentation, warum man bei Menschen, die bestimmte berufliche Voraussetzungen haben, die Ausbildung verkürzen könnten. Die hat etwas für sich. Nur muss man sich fragen, um welchen Beruf geht es und wie ist es konkret begründbar. Da wir diese Diskussion als Grundlage unserer Regelausbildung in Bayern haben und über unsere zweijährige deswegen nicht hinauskommen, können wir allerdings aus der Erfahrung argumentieren: Wir bekommen 1600 Theoriestunden in die Ausbildung hinein ? irgendwo ist die Grenze dafür, was man in die Ausbildung hineinpacken kann ? und 1400 praktische Stunden. Mehr ist in zwei Jahren nicht zu machen. Unsere Erfahrung ist, wo wir nur Menschen haben, die bereits im bildungspolitischen Sinne berufliche Voraussetzungen haben ? wir wissen, dass diese Ausbildung bei den gestiegenen Anforderungen auf Dauer nicht ausreicht ? muss man sich fragen, ob man überhaupt und um wie viel man kürzen könnte. Wir haben das durchgespielt, denn wir sind auch der Meinung, dass Menschen, die berufliche Vorerfahrung haben, durchaus anders lernen. Wir wissen nicht, wie wir die Inhalte zusammenpressen sollten bzw. in andere Qualifikationsbündelungen fassen sollen. Wir schaffen es nicht. Nicht nur die Ausbilder, sondern zusammen mit der Praxis wird überlegt. Ich warne davor, die zweijährige Ausbildung zu versuchen. In dem Punkt können wir unsere Erfahrung aus Bayern beitragen, dass es mit zwei Jahren auch bei Menschen, die berufliche Voraussetzungen haben, nicht geht.

Zur sinnvollen Verkürzung hat der Bundesrat schon für die Gleichwertigkeit von sozialpflegerischen und krankenpflegerischen Berufen den Vorschlag gemacht. Dem kann man nur zustimmen. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum man, wenn jemand eine Krankenpflegeausbildung hat, die Ausbildung um zwei Jahre verkürzen sollte, und für einen Heilerziehungspfleger um ein Jahr. Der Familienhaushalt ? das bringt den Frauen zwar viele Fähigkeiten, die im krankenpflegerischen und sozialpflegerischen Beruf zweckdienlich sind, weil sie Konfliktfähigkeit usw. bringt. Wenn sie noch eine pflegebedürftige Person im Haushalt hatten, können sie im Einzelfall etwas, aber als Voraussetzung für den Verkürzungstatbestand von einer professionellen Pflegeausbildung ist das absolut untauglich. Wir haben diese Frauen und machen Förderunterricht, um genau bei diese Frauen diesen Nachholbedarf abdecken zu können. Ich kann nur warnen, dies jemals wieder irgendwo aufleben zu lassen.

Dr. Hans Ziller: Zur Frage nach den Zugangsvoraussetzungen und den Verkürzungsregelungen und ihrer Bewertung aus fachlicher Sicht: Die Zugangsvoraussetzungen sind vergleichsweise wenig umstritten, wenngleich offenkundig ist, dass wir ein erhebliches Gefälle zu schulrechtlich geregelten Zugangsvoraussetzungen haben. Wenn etwa die Berufsfachschule für Sozialpflege, die mit ihrer Sozialassistentenausbildung in mehreren Ländern durchaus eine interessante Alternative zur Altenpflegehilfeausbildung darstellen könnte, als zwingende Zugangsvoraussetzung auf der Grundlage einer KMK-Rahmenvereinbarung den mittleren Bildungsabschluss hat, dann sehen wir, dass wir hier eine nicht nachvollziehbare Verwerfung im Bildungssystem haben, wenn in die Altenpflegeausbildung als Zugang Hauptschule plus einige Anforderungen genügt, für eine minderrangige Sozialassistentenausbildung aber der mittlere Bildungsabschluss gefordert wird. In Bezug auf die Entwurfsvorschriften bin ich der Auffassung, dass sie insoweit sachgerecht sind, als der Bundesrat über längere Zeiträume hinweg bis heute den Zugang zur Altenpflegeausbildung für Hauptschulabsolventen nicht verstellen wollte.

In Bezug auf die Bekürzungsregelungen hat der Bundesrat langjährig die Auffassung vertreten, dass nur fachliche Kriterien im Sinne einer Verkürzung im Umfang der fachlichen Gleichwertigkeit vertretbar seien. Der eigentliche Konfliktpunkt liegt hier in der Umschulungsregelung. Hier scheint ein Kerndissens zwischen der Position der Bundesregierung und der des Bundesrates vorzuliegen, jedenfalls so, wie sie im Zeitpunkt der Stellungnahme des Bundesrates gegeben war. Ob diese Position heute noch besteht, vermag ich nicht einzuschätzen. In Bezug auf den Interessenkonflikt, der sich an den Kosten von Umschulungsmaßnahmen festmacht, frage ich mich, ob ein möglicher Kompromiss darin liegen könne, dass die Arbeitsverwaltung im Rahmen von Umschulungsmaßnahmen die vollen Kosten des schulischen Anteils der Ausbildung trägt - das tut sie sowieso ? und im übrigen Unterhaltsgeld nur für die Dauer von zwei Jahren zahlt, wenn eine generelle Regelung greift auch für die Pflegeberufe, dass nur zweijährige Umschulungen bezahlt werden. Die Ausbildungsvergütung für das dritte Jahr könnte auf der Grundlage des § 82 a Abs. 2 SGB 11 ? was jetzt als Alternative für die Umlagefinanzierung in Bezug auf die Ausbildungsvergütung sowieso greift, möglicherweise geregelt werden. Voraussetzung dafür wäre allerdings eine gewisse Blockbildung in Bezug auf berufspraktische Ausbildungsabschnitte. Die sind aber keineswegs systemfremd, was Ausbildungsgänge im sozialpädagogischen und sozialpflegerischen Bereich angeht.

Zur EU-Anerkennung kann ich nicht aus eigener Kompetenz sprechen, sondern versuche zu reproduzieren, was die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung gesagt hat. Man muss unterscheiden zwischen dem Gesichtspunkt der allgemeinen Gleichbehandlung vor dem Hintergrund des Freizügigkeitsgrundsatzes, hier besteht eine grundlegendes wechselseitiges Vertrauen im Hinblick auf die Berufsabschlüsse in den Mitgliedstaaten, allerdings vor dem Hintergrund dieses Grundsatzes kann es zu Anforderungen kommen im Hinblick auf Nachprüfungen, Nachqualifizierungen und ähnlichem, also ein Automatismus ist auf dem Wege dieser Regelung nicht erreichbar. Allerdings würden auch länderrechtlich geregelte Abschlüsse in den Genuss dieses allgemeinen Grundsatzes der Freizügigkeit kommen, aber das eigentlich erstrebenswerte Ziel nach den Ausführungen der Bundesregierung ist die Aufnahme dieses Abschlusses in den Anhang C der Richtlinie 9251 EWG. Die würde eine automatische Anerkennung bedeuten und man brauchte nur den Abschluss und diesen Anhang im anderen Staat vorzuweisen, dann wäre der Abschluss anerkannt. Hier sagt die Bundesregierung, dass nach Verabschiedung des Altenpflegegesetzes ein Antrag an die Europäische Kommission auf Aufnahme dieser Ausbildung in den Anhang der Richtlinie C erforderlich sei. Dazu müsste die Bundesregierung etwas sagen, dass dieser Vorgang jedenfalls auf der Grundlage der bestehenden Vielfalt, um nicht zu sagen dem Wirrwarr ? der Länderregelungen so ohne weiteres nicht erreichbar ist.

Zum Gesichtspunkt der medizinisch-pflegerischen Elemente: ich bin der Auffassung, dass das Gesamtspektrum der Ausbildungsziele in § 3 sowohl den spezifischen sozialpflegerischen und pädagogischen gerontologischen Anforderungen der Altenpflegeausbildung gerecht wird wie auch insbesondere im Hinblick auf Ziff. 4 Gesundheitsvorsorge, Ziff. 3 Rehabilitation, umfassende Begleitung Schwerkranker, Sterbender, die Mitwirkung bei der Behandlung kranker und behinderter alter Menschen usw. umstandslos die Anforderungen der Zuordnung zum Kompetenztitel für Heilhilfsberufe erfüllt. Ich bin allerdings der Meinung ? das habe ich in meinem Statement ausgeführt -, dass die Ausrichtung von § 3 Satz 2 Nr. 1 ? ein sehr exponierter Ort der Regelung, wo das Berufsbild sehr plakativ geprägt wird ? die Zuordnung zu medizinisch-pflegerischen Erkenntnissen ?Schlagseite? hat. Diese Zuordnung sollte man öffnen entweder ? wie vom Bundesrat vorgeschlagen wurde ? im Hinblick auf pflegewissenschaftliche Erkenntnisse, oder man könnte auch pflegefachliche Erkenntnisse in Bezug nehmen. Man könnte auch medizinisch-pflegerische neben pflegewissenschaftliche Erkenntnisse stellen. Dies würde den Gesamtzuschnitt im Hinblick auf die Gesetzgebungsbefugnis nicht verändern.

Dr. Hartmut Dietrich: Zur Verkürzung: Wir halten eine Verkürzung für möglich bei pflegerischen Fachkräften, also die Krankenschwester, jedoch nicht um 24 Monate, höchstens um 12 Monate. Bei allen Verkürzungen müssen wir darauf hinweisen, es muss auch praktikabel für die Schulen sein. Sie können nicht lauter Sondergruppierungen für diese unterschiedlichen Verkürzungsansprüche haben. Wir haben schon bei der vorigen Bundesregierung dringend darauf hingewiesen, § 7 Abs. 3 generell zu streichen. Das kann keine Regelung sein, die hier wieder auf den Tisch kommt. Eine Verkürzung um mehr als 12 Monate halten wir nicht für möglich. Der Nachweis irgendeiner Berufsausbildung kann nicht relevant sein für eine Fachausbildung, wie wir hinreichend artikuliert haben.

Zur Frage von Frau Lörcher: Wenn wir Arbeitsgebiete wie Prävention, Rehabilitation haben ? wir plädieren nicht für eine Reduzierung der sozialpflegerischen Anteile, sondern setzen uns ein für eine Verbesserung der medizinisch-pflegerischen. Ich möchte davor warnen, dass wir in die Ausbildung von Altenpflegerinnen eine ?Allround-Sozialtätigkeit? einbauen und das von denen verlangen. Die sehr komplizierten Fragen der Rehabilitation in der Geriatrie sind sicher vielen von uns bekannt. Ich halte es für eine Überforderung, dass die dreijährig ausgebildete altenpflegerische Fachkraft mit allen diesen Fragen fertig wird. Ich möchte mich Frau Hoppe anschließen: Wir müssen stärker die Teamarbeit unterstreichen, die Zusammenarbeit von Altenpflegern, Sozialarbeitern und Vertretungen anderer Berufe. Anders kann das nicht umgesetzt werden.

Gertrud Stöcker: Ich möchte mich den Ausführungen von Dr. Ziller in etwa anschließen. Es gibt zwei Qualitäten von EU-Richtlinien, einmal die sog. sektoralen Richtlinien. Über diese Richtlinie ist ausschließlich nach deutschen Recht die Krankenpflegeausbildung geregelt. Das bedeutet, die in Deutschland erworbene Krankenpflegequalifikation ist in allen EU-Mitgliedstaaten anzuerkennen. Wir haben versucht, das gleiche für die pädiatrische Pflege zu erreichen. Das ist nicht gelungen. Zeitgleich entstand die sog. allgemeine Richtlinie. Sie lässt sich unterscheiden in die sog. Hochschulrichtlinie und die ergänzende Richtlinie. Weil damals das Verfahren für die Kinderkrankenpflege im Sinne eines Harmonisierungszieles weit entwickelt wurde, hat es die Kinderkrankenpflege geschafft, obwohl nur in drei EU-Staaten üblich, als Erstausbildung in die Liste C der ergänzenden allgemeinen Richtlinie zu kommen. Für die Altenpflege bedeutet das, dass sie europäisch nicht diskutiert wird als Erstausbildung. Sie ist Bestandteil der Erstausbildung in der allgemeinen Pflege oder sie ist Gegenstand der Weiterbildung. Nach diesem System der Europäischen Richtlinien haben alle EU-Staaten ihre Pflegeausbildungen reorganisiert. Es wurden Kinderkrankenpflegeausbildungen abgeschafft, psychiatrische Erstausbildungen abgeschafft, und wir stellen heute fest, dass es in Deutschland einzigartig die Erstausbildung in der Altenpflege gibt. Selbst die Niederlande haben sie vor zwei oder drei Jahren eingestellt. Von daher wage ich zu bezweifeln, dass europäisches Interesse für die ergänzende EU-Richtlinie besteht hinsichtlich der Eintragung in die Liste C. Nur dahin könnte sie passen, wenn das Gesetz noch einige Standards erfüllen würde. Für ein Land innerhalb der EU ein Eintragungsverfahren zu machen ? ich glaube nicht, dass dafür ein europäisches Interesse besteht.

Zweitens gilt es zu unterscheiden, wie läuft das Anerkennungsverfahren ab? Hier muss ich Herrn Dr. Ziller korrigieren. Es läuft in jedem Fall ein Anerkennungsverfahren, dies kann zwei Dimensionen haben. In einem EG-Aufnahmestaat wird erst geprüft, gibt es diese Ausbildung bei uns zu diesen Kriterien. Wenn nein, ist die Anerkennung abgeschlossen. Wenn ja, werden die Ausbildungen mit einander verglichen und es kann eine Nachqualifikation verlangt werden bevor der Antragsteller in einem EU-Mitgliedstaat überhaupt tätig werden kann mit seiner mitgebrachten beruflichen Qualifikation. Es sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass mit diesem Gesetz nicht unbedingt eine europäische Harmonisierung, Freizügigkeit für den Altenpfleger möglich ist.

Christa Lörcher (SPD): Wie sehen Sie dann die Chancen für den nächsten Schritt in dieser integrierten Ausbildung, die wir anstreben, und wo jetzt Modelle möglich sein werden?

Gertrud Stöcker: Die Europäische Union folgt dem Konzept der WHO nach der ?General Nurse?. Sie legt es darauf an, eine Erstausbildung in der Pflege breiter und mit einem höheren Qualifikationsniveau zu erreichen. Eine ?General Nurse? ist von der Erstausbildung her in der Lage, in allen Einrichtungen des gesundheitlichen Sozialwesens zu arbeiten und nach den unterschiedlichen Bedürfnissen der Gesundheitsversorgung, also präventiv, kurativ, rehabilitativ, palliativ tätig zu werden. Würde Deutschland die drei grundständigen Erstausbildungen in eine Ausbildung zusammenfassen, hätte Deutschland damit die Anforderungen und mit der generalistischen Ausbildung die Anerkennung, Harmonisierung und Freizügigkeit der sektoralen Richtlinie erreicht. Das heißt, die Qualifikation, die in Deutschland erworben wird, wird automatisch in allen 15 Staaten anerkannt. Automatismus nur über die sektorale Richtlinie, ansonsten sehen wir Probleme, denn wir sehen, wie schwierig die Anerkennungsverfahren laufen.

Herbert Pascher: Die Grundsatzfrage ist: Handelt es sich hier bei den Umlageverfahren um eine in eingeschränktem Umfang zulässige Sonderabgabe? Die Frage, die fünf Verwaltungsgerichte aus drei verschiedenen Ländern bisher aufgeworfen haben, ist ? darauf spitzt sich die Problematik zu: Ist die Forderung nach der Eigennützigkeit der Abgabe erfüllt, d.h. kommt die Sonderabgabe dem Kreis zugute, von dem die Abgabe erhoben wird? Das wird generell von den Verwaltungsgerichten mit der Begründung verneint, dass die Altenpflegeausbildung keine Aufgabe der Altenheimeinrichtungen ist, sondern eine öffentliche Aufgabe, dafür sei letzten Endes die allgemeine Politik zuständig, also der Bund oder das Land.

Dr. Hans Ziller: Wenn ich richtig erinnere, war nach Alternativen der Finanzierung zur Umlage gefragt. In SGBXI § 82 a, Abs. 2, steht eine solche Alternative zur Verfügung. Wir nennen das inzwischen die sog. Direktabrechnung, d.h. ein Ausbildungsbetrieb stellt einen Auszubildenden für den praktischen Teil der Ausbildung ein und zahlt für die Dauer der Ausbildung die Ausbildungsvergütung. Diese Kosten sind, das ist der Sinn des § 82 a SGBXI, in der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen berücksichtigungsfähig. Insoweit ist eine praktikable und bereits im Gesetz geregelte Finanzierungsalternative zur Umlage gegeben. Nach meiner Kenntnis steigen alle Länder, die Umlageverfahren aufgebaut haben, inzwischen um auf diese andere Finanzierungsart mit Ausnahme von Baden-Württemberg, die zwar aus der staatlich geregelten Umlage aussteigen, aber inzwischen eine Vereinbarung über eine Umlage auf freiwilliger Basis haben. Die Probleme bei der sog. Direktabrechnung liegen in zwei Punkten, einmal der Konkurrenznachteil derjenigen Betriebe, die ausbilden, denn für sie entstehen Kosten, die sich ganz oder teilweise in einer Erhöhung der Pflegevergütung, also des Entgelts, am Markt niederschlagen. Diesem Konkurrenznachteil könnte man dadurch begegnen, dass man die Leistungen der Pflegeversicherung an dem Punkt außerhalb des Deckels gewährt. Versuche von Ländern, auch von Hessen, in diese Richtung haben keine Mehrheitschance ergeben, auch die Bundesregierung hat wenig Neigung gezeigt, die Leistungen der Pflegeversicherung außerhalb des Deckels zu verbessern. Wenn man davon ausgeht, bleibt nur die Möglichkeit, den Konkurrenznachteil dadurch zu mindern, dass möglichst viele Ausbildungsbetriebe sich auch regional an der Ausbildung beteiligen, so dass sich die Lasten verteilen. ob das erreichbar sein wird, kann man nicht prognostizieren.

Das zweite Problem ist die Anrechnung auf das Budget oder den Stellenschlüssel aller Krankenpflegeleistungen. Dieser Punkt ist außerordentlich umstritten, weil die allgemeine fachliche Meinung dahin geht, in deutschen Pflegeeinrichtungen gibt es nach drei Jahren Pflegeversicherung nichts zu kompensieren, und schon gar nicht im Bereich der personellen Ausstattung. Alle Berichte des medizinischen Dienstes und der Pflegekassen einerseits und der Heimaufsicht andererseits über die Lebenswirklichkeit in Pflegeeinrichtungen ergeben, dass es hier keine Kompensationsmasse gibt, oder nur in sehr begrenztem Umfang, so dass wir zwar eine zur Verfügung stehende Regelung im Gesetz haben, die aber in der praktischen Umsetzung erhebliche Folgeprobleme aufwirft.

Vorsitzende: Wir sind am Ende der Anhörung. Es gibt keine weiteren Fragen der Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten. Wir werden im Ausschuss noch heftig diskutieren, davor auch in den verschiedenen Arbeitsgruppen. Herzlichen Dank an alle, die Sie nach Berlin gereist sind und uns Ihre Zeit hier zur Verfügung gestellt haben, auch Ihre Zeit, indem Sie schriftliche Statements abgeliefert haben. Ich wünsche einen guten Heimweg. Ich hoffe, dass wir ein gutes Gesetz mit Ihrer Hilfe auf den Weg bringen. Vielen Dank.

Ende der Anhörung: 15.40 Uhr

Christel Hanewinckel, MdB

Vorsitzende



Sprechregister

Sachverständige:

Bauer, Marita : 9

Borutta, Manfred: 10,22,28

Braun, Ute: 11,22,28

Dielmann, Gerd: 11,21

Dr. Dietrich, Hartmut: 12,26,29

Dr. Hoppe, Birgit. 13,22,24,27

Kaleve, Christina: 14,15

Keinen: 10

Kesselheim, Harald: 15,21,25

Dr. Lenninger, Peter Franz: 15

Herr Mauel: 12,25

Dr. Meyer-Kriechbaum, Waltraud: 16,23,24

Pascher, Herbert: 17,30

Stöcker, Gertrud: 18,22,25,30

Dr. Wienand, Manfred: 19,26

Dr. Ziller, Hans: 19,21,29,30

Ausschussmitglieder:

Monika Balt (PDS): 23

Maria Eichhorn (CDU/CSU): 20

Arne Fuhrmann (SPD): 23

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 20

Klaus Haupt (F.D.P.): 23,27

Christa Lörcher (SPD): 20,27,30

Erika Reinhardt (CDU/CSU): 26

Gerald Weiß (CDU/CSU): 26



Anhang

Hinweis zu den Stellungnahmen der Sachverständigen

Auf Wunsch und bei Interesse können die Stellungnahmen der Sachverständigen im Sekretariat des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bezogen werden :

Postanschrift:

Sekretariat des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,

Platz der Republik 1,

11011 Berlin

oder über

e-mail: ditte.liebing@bundestag.de

bezogen werden.

Quelle: http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv14/a13/a13_anh/a13_anh25
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