und "Lange Bank"
Rede des Regensburger Oberbürgermeisters
Schaidinger
zur Eröffnung der Ausstellung
"Grüner Tisch" und "Lange Bank"
- Es gilt das gesprochene Wort -
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich möchte Ihnen nicht verhehlen, dass der Umgang der Regensburger mit dem Reichstag ein alltäglicher ist. Wenn etwa die Stadt Regensburg bedeutende Empfänge gibt, dann tut sie das im Reichssaal im Alten Rathaus, also in jenem Gebäude, in dem seit 1663 knapp 150 Jahre lang der Immerwährende Reichstag des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation tagte. Und mein Büro, das ebenfalls in diesem Komplex liegt, gehört zu einem Trakt, der extra in den Jahren 1721 - 1723 errichtet wurde, da die Stadtverwaltung in ihrem eigenen Rathaus keinen Platz mehr fand, weil der Reichstag inzwischen alle Räume okkupiert hatte.
Dieser für uns ganz alltägliche Umgang mit dem Reichstag hat uns veranlasst, zur Neueröffnung unseres Reichstagsmuseums eine Öffentlichkeit zu suchen, der wir uns nicht nur auf Grund unserer Verfassung, sondern auch aus historischer Tradition verbunden fühlen, dem Deutschen Bundestag im Alten Reichstag zu Berlin. Nicht dass der Reichstag in Regensburg der direkte Vorläufer unseres heutigen Bundestages ist, hier wäre eher der Bundesrat als direkter Nachfolger anzusehen, aber der Reichstag im Alten Reich und der Bundestag hatten und haben eines gemeinsam, sie stellten und stellen die zentrale Recht setzende Institution in Deutschland dar.
Natürlich wollten wir Ihnen hier Dinge präsentieren, die typisch für den Alten Reichstag waren. Da verfielen wir auf den Gedanken, einige heute noch gültige Sprichwörter, die ihren Ursprung wohl im Regensburger Reichstag hatten, zu materialisieren:
- "Etwas auf die lange Bank schieben" und
- "Am grünen Tisch entscheiden".
Hier haben Sie die lange Bank, auf der nicht nur Gesandte saßen, sondern auch die unerledigten Akten lagen, die so lange nachgeschoben wurden, bis sie am anderen Ende hinunterfielen.
Und hier haben Sie den grünen Tisch aus dem Kurfürstenzimmer, an dem so manche Entscheidung , die fern jeder Realität war, gefällt wurde.
Im Hinblick auf die Gemeindefinanzen möchte man als Oberbürgermeister gerne vermuten, dass beide Sprichwörter auch für das heutige Parlament noch Gültigkeit haben, doch Herr Bundestagspräsident, wenn man sich das voluminöse Bundesgesetzblatt ansieht, ist unschwer zu erkennen, dass zumindest nicht mehr viele Probleme vom Bundestag auf die lange Bank geschoben werden.
Außerdem haben wir Ihnen noch ein Konfekttischlein mitgebracht, eine Einrichtung, die natürlich von der Reichsstadt bezahlt werden musste und an dem sich die Gesandten und ihr Personal bedienen durften. Sie bekamen anfänglich auch noch kostenlos aus den Kellern der Stadt Wein spendiert. Beides wurde abgeschaft, zuerst der Wein, da es die Gesandten doch peinlich betraf, wenn der eine oder andere Sekretarius bei den Beratungen angetrunken einschlief und die Verhandlungen durch lautes Schnarchen störte, später fiel dann das Konfekttischlein den Sparmaßnahmen der Stadt zum Opfer. An Stelle des Weines haben wir Ihnen das Reichstagsbier, das die Brauerei Bischofshof anlässlich unserer heurigen Ausstellung zum zweihundertsten Jahrestag des Reichsdeputationshauptschlusses extra braut, mitgebracht. Schon zur Zeit des Immerwährenden Reichstages war nämlich Regensburg eine Bierstadt, obwohl damals noch riesige Weingärten am Nordufer der Donau bestanden. Die vielen Bierbrauer galten damals als die reichsten Gewerbetreibenden der Stadt, wohl nicht zuletzt wegen des hohen Bierkonsums des Personals am Reichstag. Übrigens stammt das Konfekt hier aus der Konditorei Prinzess, die direkt gegenüber dem Reichstagsgebäude in Regensburg liegt und die als ältestes Kaffeehaus Deutschlands gilt. Auch dabei ist der ursächliche Zusammenhang mit dem Reichstag evident.
Mit diesen beiden Mitbringseln wollten wir Ihnen zeigen, dass der Reichstag in Regensburg nicht nur eine von staatsmännischem Ernst getragene Einrichtung darstellte, sondern dass damit auch viel Lebensfreude verbunden war. Die Gesandten vor allem der großen Höfe Europas fanden immer wieder Anlässe, um den Regensburger Bürgerinnen und Bürgern rauschende Feste auszurichten. Bier und Wein flossen dabei in Strömen. Für den Wein gab es sogar einen eigenen Brunnen - übrigens eines der amüsantesten Ausstellungsstücke des demnächst neu zu eröffnenden Museums im Reichstag.
Es würde mich sehr freuen, wenn wir Sie, Herr Bundestagspräsident, und die Damen und Herrn Abgeordneten mit diesen paar Objekten ein wenig neugierig auf Regensburg und seinen Reichstag machen könnten. Wir werden uns jedenfalls erlauben, Sie zur Neueröffnung des Reichstagsmuseums und zur Eröffnung der Ausstellung zum zweihundertsten Jahrestag des Reichsdeputationshauptschlusses nach Regensburg einzuladen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.