Bildwortmarke des Deutschen Bundestages . - Schriftzug und Bundestagsadler
English    | Français   
 |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ  |  Druckversion
 
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 2000 > Deutscher Bundestag - Blickpunkt 04/2000 >
April 04/2000
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

ERGEBNISSE DES EU-GIPFELS IN LISSABON AUF DEM PRÜFSTAND

Koalition: EU soll dynamischster Wirtschaftsraum der Welt werden

(eu) SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben die Ergebnisse des Europäischen Sonderrates von Lissabon am 23./24. März dieses Jahres begrüßt. Der Bundestag sei aufgerufen, das von den Staats- und Regierungschefs in der portugiesischen Hauptstadt beschlossene strategische Ziel, die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln, zu unterstützen.

In einem zur einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am 6. April im Parlament vorgelegten Entschließungsantrag ( 14/3099) vertreten die Koalitionsfraktionen gleichzeitig die Auffassung, bei konsequenter Umsetzung der vom Europäischen Rat vorgegebenen Maßnahmen stelle eine durchschnittliche wirtschaftliche Wachstumsrate von drei Prozent eine realistische Aussicht dar. Vor diesem Hintergrund sei das nachdrückliche Bekenntnis der Staats- und Regierungschefs, die Voraussetzungen für die Vollbeschäftigung wieder zu schaffen, zu begrüßen.

IT-Fachkräftemangel beheben

Sozialdemokraten und Bündnisgrüne heben zudem hervor, es gelte bei den Bemühungen, die Wissens- und Innovationsgesellschaft voranzubringen, bestehende Stärken auszubauen und Schwächen so schnell wie möglich zu beseitigen. Zu Letzteren zählen die Abgeordneten unter anderem auch den Fachkräftemangel im Informations- und Kommunikationssektor. Der Bundestag müsse die Regierung deshalb auffordern, weitere Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dieser Mangel behoben und Arbeitslose im IT-Bereich weitergebildet und nachqualifiziert werden.

SPD und B'90/Grüne erwarten zudem, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Forschungsaktivitäten künftig besser integrieren und aufeinander abstimmen. Nur so könne Europa attraktive Perspektiven für seine fähigsten Wissenschaftler bieten.

Die Fraktionen plädieren des Weiteren dafür, die Ausarbeitung des rechtlichen Rahmens der EU unter anderem für den elektronischen Handel sowie für Urheberrechte schnellstmöglich abzuschließen. Der Übergang in die Informationsgesellschaft brauche verlässliche Rahmenbedingungen. So sollten die Zugangskosten für das Internet durch verstärkten Wettbewerb deutlich gesenkt und öffentliche Dienstleistungen möglichst bald auf elektronischem Wege genutzt werden können.

Das Parlament müsse deshalb die Regierung auch auffordern, dass diese ihren Beitrag leiste, damit die erforderlichen Regelungen für den elektronischen Geschäftsverkehr möglichst bald in Kraft treten können. Sie solle sich auch dafür einsetzen, dass die Telekommunikationsmärkte bis zum Jahr 2001 vollständig integriert und liberalisiert werden.

SPD und Bündnis 90/Die Grünen verweisen in ihrer Initiative außerdem darauf, die Staats- und Regierungschefs der EU hätten in Lissabon unterstrichen, dass es eines angemessenen Gleichgewichts zwischen ökonomischer Effizienz und sozialer Integration bedürfe. Die EU müsse deshalb darauf hinwirken, dass sich die sozialen Gegensätze in diesem Entwicklungsprozess nicht verschärfen und für alle Bürgerinnen und Bürger der Zugang zur Wissensgesellschaft offen bleibe. Die Bundesregierung sei aufgefordert, die Aus- und Weiterbildungspolitik mit einer leistungsfähigen aktiven Beschäftigungspolitik zu verbinden.

Steuerpolitik harmonisieren

Die Koalitionsfraktionen sprechen sich des Weiteren dafür aus, die "solide makroökonomische Politik" fortzusetzen. Derzeit gebe es in dieser Hinsicht die besten Rahmenbedingungen seit einer ganzen Generation. Die Regierung sei auch aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips auf europäischer Ebene die Bemühungen vorangetrieben werden, die schädlichen Auswirkungen des Steuerwettbewerbs zu beenden. Die Regierung müsse vor dem nächsten Sonderrat der EU-Staats- und Regierungschefs im kommenden Frühjahr dem Bundestag einen Bericht über die erreichten Fortschritte auf diesem Feld vorlegen (siehe auch Seite 57).

Ein anderes Fazit des Lissabonner Gipfels zieht die CDU/CSU. Sie stellt ihrerseits in einem Entschließungsantrag ( 14/3101) fest, die bisherigen EU-Beschäftigungsgipfel seien insgesamt ohne durchschlagenden Erfolg geblieben. Noch immer seien mehr als 15 Millionen Menschen in der EU arbeitslos. Insbesondere in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien seien die Arbeitslosenquoten überdurchschnittlich hoch. In andere Mitgliedstaaten sei hingegen nahezu Vollbeschäftigung erreicht. Es gebe auch aus diesem Grund keine Notwendigkeit für eine gemeinsame Arbeitsmarktpolitik in der EU, findet die Union.

Auf Zuständigkeiten achten

Bei künftigen Maßnahmen mit Blick auf Wachstum und Beschäftigung seien in jedem Fall die Zuständigkeit, die Finanzierbarkeit und die Frage, ob das Subsidiaritätsprinzip eingehalten wird, zu überprüfen. Dies betreffe insbesondere die Beschäftigungspolitik. Es dürfe nicht angehen, so die CDU/CSU, dass sich Gremien in Brüssel ohne Rechtsetzungskompetenz durch eine politische Verpflichtung auf Zielvorgaben Kompetenzen anmaßten, die in Wahrheit den Mitgliedstaaten zustünden.

Was künftige Maßnahmen der Bildungspolitik betreffe, so sei auch in dieser Hinsicht angesichts der klaren Zuständigkeit der deutschen Bundesländer kein Handlungsbedarf der EU gegeben. Der Bundestag soll nach dem Willen der Union deshalb die Auffassung bekräftigen, Bildungsziele könnten nicht zentral gesteuert und an Abschluss-

quoten gemessen werden. Sollten Ausbildungsgänge in Europa standardisiert werden, berge dies das Risiko in sich, an den Erfordernissen des Wirtschaftslebens vorbei zu planen.

Die Fraktion begrüßt hingegen den in Lissabon beschlossenen Anschluss der Schulen ans Netz und die Forcierung der Lehrerausbildung am Computer. Dieses wichtige Ziel sei in Deutschland allerdings eine Angelegenheit der Länder. Ein Handlungsbedarf der EU sei auch hierbei nicht erkennbar.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0004/0004030
Seitenanfang
Druckversion