Für ihn ist alles neu und noch ist er damit beschäftigt, sich im "Raumschiff Bundestag" zurecht zu finden: Detlef Müller ist SPD-Direktkandidat aus Chemnitz und neu im Bundestag. Er hofft, dass das politische Arbeiten bald beginnt.
Das Parlament: In welchem Ausschuss werden Sie künftig arbeiten? Deckt sich das mit Ihren Wünschen?
Detlef Müller: Ich bin im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Das war ein eher sekundärer Wunsch: Der Hauptwunsch war, in den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu kommen. Da liegt meine Kompetenz, denn ich bin Eisenbahner. Allerdings wusste ich vorher, dass fast jeder in den Verkehrsausschuss will, um für seine Region im Verkehr und in der Infrastruktur etwas zu erreichen. Entsprechend habe ich auf die Liste, die ich im Fraktionsbüro abgegeben habe, auch geschrieben, dass ich mir dessen bewusst bin, dass das alles nur Wünsche sind. Einen Anspruch, in einem bestimmten Ausschuss zu landen, hat man nicht. Im Verkehrsausschuss bin ich nun stellvertretendes Mitglied, damit bin ich sehr zufrieden.
Das Parlament: Hatten Sie mit diesem Auswahlprozedere gerechnet?
Detlef Müller: Das war für mich nicht überraschend, ich war lange genug Fraktionschef im Chemnitzer Stadtrat. Da hat man auch versucht, die Abgeordneten entsprechend ihrer Kompetenzen einzusetzen. Da gilt es, alles zu beachten: Ob es ein Mann oder eine Frau ist, ob jung oder alt und die Region, aus der jemand stammt. Es muss ausgewogen sein. Das ist, denke ich, hier im Bundestag ganz gut gelungen.
Das Parlament: Wie arbeiten Sie sich in die Ihnen neue Materie ein?
Detlef Müller: Ganz so unbeleckt bin ich in dem Bereich nicht, denn ich habe seit 1994 als Stadtrat im Umweltausschuss Umweltpolitik gemacht. Jetzt muss ich schauen, wie die Themen hier im Bundestag beraten werden. Momentan gibt es nur ein Motto: Lesen, Lesen, Lesen. Ich arbeite mich durch die normalen Informationsbroschüren, ich lese die Protokolle aus der letzten Wahlperiode und schaue, was im Umweltausschuss schon beraten wurde und wie der Stand der Gesetzgebung ist. Die anderen Mitglieder aus der entsprechenden Arbeitsgruppe in der Fraktion versorgen mich mit Material und geben mir ihren Rat. Außerdem habe ich meinen Mitarbeiter, der sich mit den anderen Fraktionsmitarbeitern berät, um die Themen abzuarbeiten. Man bekommt Hilfe an allen Stellen.
Das Parlament: Mitunter heißt es, in den Ausschüssen würden nur noch Rituale absolviert, aber nichts mehr wirklich entschieden.
Detlef Müller: Ich wäre sehr enttäuscht, wenn das so wäre. Ich weiß, dass die Debatten im Plenum meist Fassade sind. Dort wird ja noch diskutiert, nachdem die Arbeit in den Ausschüssen schon gemacht ist. Wenn es so sein sollte, dass im Ausschuss die Vorlagen kommen und es schon irgendwo anders Vorabstimmungen gegeben hat und wir nur noch abnicken würden, dann wäre ich wirklich negativ überrascht. Ich sehe allerdings die Gefahr, dass im Rahmen der Großen Koalition auf Koalitionsebene Absprachen stattfinden. Die Fraktionsvorstände oder der Koalitionsausschuss beraten ja zu brisanten Themen. Dann wird es sicherlich eine Vorgabe geben, wie wir im Ausschuss abzustimmen haben. Ich hoffe, dass das nicht zu oft der Fall sein wird.
Das Parlament: Glauben Sie, dass Sie sich in Ihrer Arbeit stark der Fraktionsdisziplin unterwerfen müssen?
Detlef Müller: Das ist momentan noch schwer einzuschätzen. Man merkt, wie Wahlen innerhalb der Fraktion ablaufen und dass es viele Dinge gibt, die nicht einheitlich gesehen werden. Es gibt sehr offene Diskussionen, doch manchmal bin ich etwas irritiert, wie stark die einzelnen Strömungen differieren und wie rau man gelegentlich miteinander umgeht. Aber das wird sich hoffentlich geben.
Das Parlament: Was erwarten Sie von den nächsten Wochen?
Detlef Müller: Ich kann kaum erwarten, dass es endlich mit der politischen Arbeit und den Sachthemen losgeht - und ich spreche sicher für viele Neue, wenn ich sage, dass wir genug von den ganzen organisatorischen Fragen haben. Bis gestern abend waren wir nur mit Wahlen beschäftigt - Kanzlerin, Arbeitskreisleiter, Ausschussvorsitzende. Wir beschäftigen uns seit dem 18. September nur mit uns selbst. Das nervt. Wir wollen endlich anfangen zu arbeiten.
Das Interview führte Susanne Kailitz