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Juni 01/1998
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Auf dem Weg zu neuen Ufern

Die entscheidenden Weichen auf dem Weg zum Euro sind gestellt, und schon nehmen die Europäer neue Herausforderungen in Angriff.

War es das schon ?

Monatelang beherrschte der Euro die öffentliche Diskussion, und auf einmal scheint der Euro kein Thema mehr zu sein. Doch was auf den ersten Blick überrascht, hat seine Berechtigung. Denn mit der Zustimmung des Bundestages und den Beschlüssen des EU-Gipfels von Brüssel hat der Euro die letzten Hürden genommen. Klar ist jetzt:
1. An der Währungsunion nehmen von Beginn an am 1. Januar 1999 elf Länder teil: Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, die Benelux-Staaten, Österreich, Finnland, Irland und Portugal. Großbritannien, Schweden und Dänemark wollen sich erst später anschließen, Griechenland erfüllt die Stabilitätskriterien noch nicht.
2. Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt wird der Niederländer Wim Duisenberg, der als Garant für die künftige Stabilitätspolitik der EZB gilt, auch wenn er durch die angekündigte Verkürzung seiner Amtszeit vorerst leicht geschwächt wurde.
3. Die Wechselkurse zwischen den noch existierenden nationalen Währungen sind festgeschrieben, die Umrechnung in Euro erfolgt nach dem Kurs der schon existierenden Kunstwährung Ecu zum 1. Januar 1999. Für die Deutsche Mark bedeutet das: Ein Euro wird wahrscheinlich ungefähr 1,97 DM wert sein. Für den Bürger ändert sich vorläufig nichts. Zwar sind die ersten Euros in Frankreich schon geprägt worden, aber in die Hand bekommt der Bürger das neue Geld erst am 1. Januar 2002. So lange dauert die Übergangsphase ab dem 1. Januar 1999, in der der Euro nur als buchungstechnische Rechnungseinheit existiert.

Ost-Erweiterung

So nehmen die EU-Politiker bereits neue Aufgaben in Angriff. Die Tagesordnung der Konferenz der Europa-Ausschüsse der nationalen Parlamente (COSAC), die gerade in London tagte, weist schon auf eines der Hauptthemen hin: die Ost-Erweiterung der EU. Seit dem Frühjahr wird mit den am weitesten fortgeschrittenen Reformländern Polen, Ungarn, Tschechien, Estland und Slowakei sowie mit Zypern konkret verhandelt. Die EU-Kandidaten müssen Wirtschaft und Rechtssystem reformieren, aber auch die EU muß sich vor dem Zuwachs fitmachen.

Agenda 2000

"Agenda 2000" hat die EU-Kommission ihr ehrgeiziges Reformpaket genannt, das zusammen mit der Ost-Erweiterung auch auf dem EU-Gipfel Mitte Juni in Cardiff erörtert wird. Hinter der anspruchsvollen Überschrift verbirgt sich das gesamte Pensum, das die Europäer bis zur Jahrhundertwende schaffen müssen:
1. Die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik. Weil es zu teuer wäre, die bisherige Agrarfinanzierung durch Garantiepreise über dem Weltmarktniveau auf die Beitrittsländer zu übertragen, hat die Kommission eine drastische Senkung der Preise und Ergänzung durch direkte Einkommensbeihilfen vorgeschlagen. Hier gibt es starke Kontroversen, die auch im Deutschen Bundestag noch ausgetragen werden dürften.
2. Ebenso muß die Förderung für die strukturschwachen Regionen verändert werden, weil die EU-Neulinge weit unter dem Wohlstandsniveau der Gemeinschaft liegen. Die Förderung in der "alten" EU soll auf die am meisten bedürftigen Regionen konzentriert werden. In Deutschland träfe das vor allem die ländlichen Gebiete Westdeutschlands, die Neuen Bundesländer sollen davon nicht betroffen sein.
3. Das gesamte Finanzsystem der EU muß reformiert werden, wofür es bis zum Herbst konkrete Vorschläge geben soll. Bei allen EU-Konferenzen steht aber bereits jetzt ein Teilproblem der Finanzreform im Hintergrund: Deutschland als größter Nettozahler will seinen Beitrag zum EU-Haushalt verringern, wofür logischerweise andere Staaten mehr zahlen müßten.

Diskussionen im Deutschen Bundestag

Da mit den ersten EU-Beitritten nicht vor dem Jahr 2002 zu rechnen ist, werden auf dem EU-Gipfel im Juni keine konkreten Beschlüsse erwartet. Im Deutschen Bundestag aber ist die Diskussion über die EU 2000 längst entbrannt.
Im Bundestag begrüßen alle Fraktionen und die Gruppe der PDS die Ost-Erweiterung, setzen aber jeweils eigene Schwerpunkte. So bestehen CDU/CSU wie FDP darauf, daß auch in einer größeren EU der Haushaltsrahmen von 1,27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschritten wird. Gleichzeitig kritisieren sie die Reformvorschläge zur Agrarpolitik und warnen vor ausufernder Bürokratie und steigenden staatlichen Transferzahlungen.
Die SPD-Fraktion mahnt größere Anstrengungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an, zeigt sich aber mit den Koalitionsfraktionen darin einig, daß der deutsche EU-Beitrag reduziert werden soll.
Auch die Grünen fordern eine gemeinsame Beschäftigungspolitik, ergänzt durch eine Stärkung der demokratischen Kontrolle und der Umweltpolitik. Eine "Sozialunion" mit den Schwerpunkten Beschäftigungspolitik und gemeinsamen Sozialstandards schließlich will auch die PDS durchsetzen.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9801/9801065
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