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Juli 02/1998
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Transformationsprozeß verschieden bewertet

(in) Ursachen für die noch bestehenden sozialpolitischen Probleme sind in erster Linie die Erblasten der in weiten Teilen verfehlten Wirtschafts- und Sozialpolitik der früheren DDR, so die Mehrheit der Kommissionsmitglieder der Enquete "Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit" in ihrem Abschlußbericht (13/11000). Die Transformation der Wirtschafts- und Sozialordnung der ehemaligen DDR in die Soziale Marktwirtschaft beinhalte die radikale Umstellung der Lebensverhältnisse. An die Stelle staatlicher Fürsorge sei ein komplexes Sozialsystem getreten, dessen Umstellung, sofern es die sozialen Sicherungssysteme betreffe, erfolgreich abgeschlossen sei.
Aufgrund der geringen Produktivität der DDR-Wirtschaft, der Kapitalausstattung und des Wegfalls wesentlicher Außenmärkte vor allem in Osteuropa kam es nach der Wiedervereinigung gegenüber den Weltmärkten laut Mehrheitsvotum zu scharfen Einbrüchen der Produktion. Damit sei ein rapider Anstieg der Arbeitslosigkeit verbunden gewesen. Wegen des nach wie vor großen Produktivitätsrückstandes gegenüber Westdeutschland und wegen der Löhne, die der Produktivitätsentwicklung weit vorausgeeilt seien, sei auch bei einem beachtlich hohem Wirtschaftswachstum nur ein sehr langsamer Anstieg der Beschäftigung zu erwarten.
Zudem werden die derzeitigen arbeitsmarktpolitischen Probleme laut Mehrheitsvotum noch dadurch verstärkt, daß der Transformations- mit einem Wandlungsprozeß zusammenfällt, der den Übergang in die postindustrielle, globale Informationsgesellschaft mit rasanten technischen Veränderungen kennzeichnet.
Die SPD sieht die sozialpolitischen Probleme demgegenüber nicht nur als Altlast der DDR. In ihrem Sondervotum geht die Fraktion davon aus, daß es im Prozeß der wirtschaftlichen und sozialen Vereinigung der beiden ehemaligen Teile Deutschlands neben positiven Aspekten und Erfolgen auch eine größere Anzahl Fehlentwicklungen gab. So ist die Frauenerwerbsquote laut Bericht drastisch gesunken. Auch die Zahl der Kinderversorgungseinrichtungen sei erheblich zurückgegangen. Damit sei es vor allem für Frauen schwieriger geworden, Familie und Beruf zu vereinbaren. Sozial- und Arbeitslosenhilfe stellten zwar weiterhin die Grundversorgung sicher. Sie würden jedoch vielfach als Dauereinrichtung wahrgenommen. Die negativen sozialpsychologischen Folgen seien kaum abzuschätzen.
Mit der Vereinigung sei das den Menschen in Ostdeutschland vertraute soziale Netz durch ein neues ersetzt worden, dessen Träger, Verwebungen, Abhängigkeiten und bürokratische Zwänge sie bis heute noch nicht genau kennen. Während früher soziale Leistungen über den Betrieb vom Staat gekommen seien, habe sich diese Struktur nun völlig verändert. Sozialleistungen würden heute durch eine Vielzahl von Institutionen und Finanzierungsarten erbracht. Angesichts des Ausmaßes der Veränderungen hätten die Menschen in Ostdeutschland eine bemerkenswerte Anpassungsbereitschaft und Entschlossenheit im Umgang mit völlig neuen Lebenssituationen bewiesen.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9802/9802023c
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