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März 02/1999
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Der Anwalt der Steuerzahler

Haushalt

Der Haushaltsausschuß ist mit 42 ordentlichen Mitgliedern einer der größten und ganz ohne Zweifel auch einer der fleißigsten, einflußreichsten und wichtigsten Ausschüsse des Deutschen Bundestages. Wer dort sitzt, der kann über seine Mitarbeit parlamentarischen Einfluß ausüben. Denn er ­ oder sie ­ nimmt die vornehmste und älteste Aufgabe aller Parlamente wahr, das mit intensiver Kontrolle der Regierung verbundene Budgetrecht.

"Erbsenzähler"

werden die Mitglieder des Haushaltsausschusses mit Respekt von ihren Kollegen genannt. Sie selber sehen sich parteiübergreifend dagegen lieber als Anwälte der Steuerzahler und mithin von Bürgern und Wirtschaft. Aber für Sparsamkeit ist "Erbsenzählerei" nun einmal eine unabdingbare Voraussetzung...

Der Haushaltsausschuß durchforstet nicht nur in wochenlanger Arbeit alle Einzeletats, bevor der Bundeshaushalt im Plenum verabschiedet wird. Es wird auch kein anderes Gesetz mit finanziellen Auswirkungen im Bundestag zur Abstimmung gestellt, ohne daß es der Haushaltsausschuß vorher begutachtet, bewertet und mit Empfehlungen versehen hätte. Schon das erfordert einen erheblichen Aufwand an Vorbereitung in den Arbeitskreisen der Fraktionen und an Beratung im Ausschuß.

Jeden Mittwoch tagen die Mitglieder im 25. Stock des "Langen Eugen" - meist einen ganzen Tag lang. Und während der wochenlangen Haushaltsberatungen, die in diesem Jahr in der ersten Märzwoche begannen, machen sie per Sondergenehmigung des Präsidenten auch noch den Donnerstag zum Ausschußtag - und fehlen damit bei den Plenumsdebatten. Aber anders ist die Arbeit nicht zu bewältigen.

Für jeden Einzeletat gibt es Berichterstatter, die die Ausschußberatungen vorbereiten. Dafür setzen sie sich vorher mit der Leitung und den zuständigen Mitarbeitern des jeweiligen Ministeriums sowie einem Vertreter aus dem Spiegelreferat des Bundesfinanzministeriums zusammen und gehen den Haushaltsentwurf Punkt für Punkt durch. Bei großen Einzelplänen - etwa der Verteidigung - kann das mehrere Tage dauern. Immer mit dabei ist auch ein Experte des Bundesrechnungshofes, der jederzeit als Gutachter eingeschaltet werden kann. Erfahrene Berichterstatter wissen übrigens häufig besser Bescheid als etwa neue Minister und Staatssekretäre. Alle Haushaltspositionen, über die sich anschließend die Berichterstatter parteiübergreifend einigen, gelten im Haushaltsausschuß als beschlossen. Nur strittige Ansätze müssen in der Ausschußsitzung entschieden werden. Nimmt man den Etatentwurf, Berichte und Antragsänderungen zusammen, dann füllt jeder Einzeletat zwei bis drei dicke Aktenordner, die der Haushaltsausschuß durcharbeiten muß.

Das alles dauert Zeit. In der vergangenen Legislaturperiode gab es 103 offizielle Sitzungen. Die Vorbereitungen dafür in den Arbeitskreisen nimmt mindestens soviel Zeit in Anspruch wie die anschließende Beratung im Haushaltsausschuß. Die kann sich - etwa bei der Haushaltsbereinigungssitzung - bis zu 15 Stunden und mehr hinziehen.

Wer so eng und oft zusammenarbeitet, der mu

(Siehe hierzu auch Seite 25 ff)

"Wir haben einen eigenständigen Auftrag gegenüber der Regierung wahrzunehmen"

INTERVIEW MIT DEM VORSITZENDEN DES HAUSHALTSAUSSUSSES DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES, ADOLF ROTH (CDU/CSU)

Herr Roth, hat sich seit dem Regierungswechsel am Klima oder an der Arbeitsweise des Haushaltsausschusses etwas verändert?

Nein. Wir sind sozusagen Spezialisten für den harten Kern der Politik, nämlich für alle Regierungsentscheidungen, die mit finanziellem Aufwand verbunden sind. Damit haben wir einen gemeinsamen parlamentarischen Auftrag gegenüber der Regierung zu vertreten - und insofern repräsentiert der Haushaltsausschuß auch nach dem Regierungswechsel einen wichtigen Teil der parlamentarischen Kontinuität. Natürlich hat es einen Rollenwechsel durch die neuen Mehrheiten gegeben. Die Mitglieder der rot­grünen Koalition erleben jetzt das, was ich und meine Kollegen jahrelang erfahren mußten: Die Wahrnehmung von Verantwortung setzt objektive Grenzen - insbesondere, wenn man das Ziel der finanzpolitischen Stabilität und der Haushaltskonsolidierung nicht aus dem Auge verlieren will. Und die Mitglieder der neuen Opposition müssen - was die Durchsetzung ihrer Wünsche betrifft - neue Bescheidenheit lernen. Aber ich kann schon jetzt sagen: Damit sind beide Seiten gut fertig geworden. Daneben gibt es viele neue, junge Kollegen, die sich mit den Aufgaben erst vertraut machen müssen. Auch das klappt fast reibungslos.

Ist der Haushaltsausschuß das kritischste Gremium des Bundestages?

Das sollte er auf jeden Fall sein. Denn wir haben einen eigenständigen Auftrag gegenüber der Regierung wahrzunehmen. Nicht alles, was Ressortminister gestalten wollen, ist auch finanziell machbar. Wir müssen sie deshalb gemeinsam auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Auch bei den laufenden Berichterstattergesprächen über den Bundesetat '99 zeigt sich schon, daß die Bäume für die Regierung nicht in den Himmel wachsen - und das, obwohl die Ausgaben um fast sieben Prozent steigen, was weit über die Vorgaben des Finanzplanungsrates hinausschießt.

Was wird denn nach Ihrer Schätzung der Haushaltsausschuß noch einsparen können?

Das hängt vom Mut der rot­grünen Mehrheit im Ausschuß ab. Ihre Mitglieder haben angekündigt, noch zwei Milliarden Mark erwirtschaften zu können. Das würde bedeuten, daß jeder Einzeletat im Schnitt um einen halben Prozentpunkt gekürzt werden müßte. Aus meiner Sicht könnte und sollte es deutlich mehr werden. Denn objektiv ergibt sich ein weiterer Zwang zum Sparen.

Wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte der Haushaltspolitik?

Wir haben drei große Herausforderungen in der Haushaltspolitik: Zum einen müssen wir den Staatsanteil weiter verringern. Das setzt voraus, daß wir die Haushaltsstruktur korrigieren, die eine Schieflage zugunsten der Sozialausgaben und Zinsen aufweist. Die zweite Herausforderung ist die Finanzverfassungsreform als gemeinsamer Auftrag an Bund, Länder und Kommunen. Wir müssen die Bundeseinnahmen wieder stärken. Der Anteil des Bundes an den Steuereinnahmen ist in den vergangenen Jahren weit über das verträgliche Maß hinaus abgesunken. Seit 1991 haben wir sieben Prozent des Steueraufkommens verloren. Das sind 57 Milliarden Mark Umschichtung zugunsten der Länder. Über dieses Ungleichgewicht müssen wir ernsthaft diskutieren. Und das letzte ist das Haushaltsrecht und damit die institutionelle Reform. Insbesondere müssen wir ein besseres System der Erfolgskontrolle bei staatlichen Ausgaben einführen. Denn bisher schauen wir nur auf die Kostenseite - also wieviel genehmigen wir wofür. Aber wir prüfen nicht nach, ob damit auch der beste Effekt mit dem geringstmöglichen finanziellen Aufwand erzielt wird. Das muß sich ebenfalls ändern.

A. Roth, CDU/CSU

Der Haushaltsausschuß macht sich seit Jahren für einen kontinuierlichen Abbau der Stellen in der Bundesverwaltung stark ­ eine Übung, die übrigens auch die neue Mehrheit übernommen hat...

Wir müssen schon aufgrund des Tarifabschlusses von 3,1 Prozent für den öffentlichen Dienst das Personal weiter reduzieren. Aber auch unabhängig davon bleibt es beim Stellenabbau, weil wir die Organisation der Bundesverwaltung leistungsfähiger machen wollen. Das erlaubt größere Schritte auf dem Weg zum schlanken Staat. Eine große Chance dafür bietet der Umzug nach Berlin.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902073
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