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Oktober 10/2002
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Titelthema

Zusammensetzung des neuen Parlaments

Kleiner, jünger, weiblicher

Blick in den Plenarsaal.

Otto Schily ist mit 70 Jahren der älteste im neuen Bundestag. Deshalb weist die Geschäftsordnung dem Abgeordneten und Bundesinnenminister eine besondere Ehre zu: Als Alterspräsident eröffnet er die erste Sitzung des 15. Bundestages. Mit dabei: Anna Lührmann von Bündnis 90/Die Grünen. Mit 19 Jahren ist die Abiturientin aus Hessen die jüngste Bundestagsabgeordnete aller Zeiten.

Nicht nur bei der Alterszusammensetzung schlägt der neue Bundestag einen interessanten Spannungsbogen. Mit einem Ex-Turnweltmeister, einem früheren Weltklasse-Schiedsrichter und dem ersten Brüderpaar in der Geschichte des Hohen Hauses bietet das Parlament eine Reihe bunter Tupfer.

Fast ein Drittel der bisherigen Bundestagsabgeordneten schied mit der Wahl aus dem Parlament aus. In der CDU/CSU-Fraktion sind 86 der 248 Mitglieder neu, in der SPD 54 von 251. Beim Bündnis 90/Die Grünen machen die Neuen 25 von 55 aus, bei der FDP 15 von 47. Auch eine der beiden direkt gewählten PDS-Abgeordneten ist neu im Bundestag. Weil die PDS die Fünf-Prozent-Hürde nicht übersprang, sind im neuen Parlament nur noch vier Fraktionen vertreten.

Das Durchschnittsalter der Abgeordneten liegt im neuen Parlament bei 49,28 Jahren*. Im Vergleich zum vorausgegangenen Bundestag sinkt es damit um ein knappes halbes Jahr. Mit 45,1 Jahren im Durchschnitt präsentiert sich die grüne Fraktion als die jüngste; die SPD-Fraktion liegt mit 50,65 Jahren oben, dicht gefolgt von der FDP-Fraktion, bei der das Durchschnittsalter bei 50,57 Jahren liegt. Die Parlamentarier von CDU und CSU sind im Schnitt knapp zwei Jahre jünger (CDU: 48,64, CSU: 48,71 Jahre).

Abgeordnete nach Alter und Geschlecht.

* Vorläufige Ergebnisse, die sich nach Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses noch geringfügig verändern können.

Über 65 Jahre alt sind im neuen Bundestag nur fünf Abgeordnete, was 0,9 Prozent des gesamten Bundestages entspricht. Eine klare Unterrepräsentation, denn in der Gesamtbevölkerung sind 13,7 Millionen Menschen oder 16,6 Prozent über 65 Jahre alt. Die Jüngeren schneiden besser ab: Mit 21 Abgeordneten unter 30 Jahren (davon fallen auf CDU/CSU 12, auf die SPD 5, die Grünen 3 und die FDP 1) stellen sie 3,5 Prozent der Abgeordneten.

Die Frauen sind, wenn auch langsam, auf dem Vormarsch. Betrug der Frauenanteil in der 14. Legislaturperiode noch 30,9 Prozent, liegt er im neuen Bundestag bei 32,17 Prozent: 194 Abgeordnete sind weiblich. Ihr Anteil in den Fraktionen ist allerdings höchst unterschiedlich: Besonders frauenfreundlich erweisen sich wieder einmal die Grünen: Über die Hälfte ihrer Sitze – 32 von 55 – sind von Frauen erobert worden. Sie stellen damit 58,2 Prozent der grünen Mandate.

Die berufssoziologische Struktur des neuen Bundestages liegt im Detail noch nicht vor. Immerhin lässt sich schon jetzt sagen: Auch im neuen Parlament bilden "Abgeordnete oder administrativ entscheidende Berufstätige" – also Parlamentarier sowie politische und andere Beamte sowie Angestellte des öffentlichen Dienstes – die größte Fraktion: 318 Parlamentarier stufen sich in diese Kategorie ein (im letzten Bundestag waren es sogar 336).

Durchschnittsalter der Abgeordneten.

Langweilig präsentiert sich der neue Bundestag jedenfalls nicht. Sportlich zeigt er sich sogar in Höchstform: Sitzt doch mit dem CDU-Abgeordneten Eberhard Gienger ein leibhaftiger früherer Weltmeister im Reckturnen in seinen Reihen.

Ein weiterer bekannter Sportler kommt vom Fußball – Deutschlands einstiger Vorzeige-Schiedsrichter Bernd Heynemann. Der Unparteiische aus der Bundesliga, der vor einem Jahr die Trillerpfeife an den Nagel hängte, sitzt für die Magdeburger CDU im Parlament. Dort will er sich vor allem für die Gesundheit und den Breitensport stark machen.

Eine Premiere für den Bundestag stellt das erste Brüderpaar dar, das gemeinsam ins Parlament einzog: Volker und Siegfried Kauder aus Baden-Württemberg. Der Ältere – der 53-jährige Volker – ist schon ein alter Parlamentshase und gerade zum Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion aufgestiegen; sein gut ein Jahr jüngerer Bruder Siegfried will nun ebenfalls für die CDU im Bundestag Politik machen. "Wir freuen uns, dass wir uns jetzt häufiger sehen", meint Volker Kauder zur parlamentarischen Familienzusammenführung. Denn obwohl im heimatlichen Baden-Württemberg nur 30 Kilometer auseinander wohnend, war für gemeinsame Aktivitäten der Brüder kaum Zeit. Aber: Ob sich das im Parlament ändert?

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2002/bp0208/0210008a
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