Was tun, wenn man’s besser machen will?
Anja Eiardt ist
Geschäftsführerin eines Ausschusses, der sich mit
Verbesserungsvorschlägen befasst.
Das macht sie nebenamtlich, aber nicht nebenher.
In gewisser Weise führt Anja Eiardt im Deutschen Bundestag
ein Doppelleben. Das wird wahrscheinlich auch künftig so
bleiben. Obwohl sich sonst fast alles ändert. Die eine
große Veränderung ist am ersten November eingetreten.
Über die andere wird im Laufe der kommenden Monate
entschieden. Wenn man ein Doppelleben führt, liegen die Dinge
nur selten einfach.
Fangen wir mit dem ersten November an: Da hat die
35-Jährige ihr Büro im Paul-Löbe-Haus endgültig
verlassen. Vier Tage zuvor, exakt um 17 Uhr, endete ihre Arbeit als
Büroleiterin des Wirtschaftsausschusses des Deutschen
Bundestages. So wie auch der Ausschuss in dieser Form nicht mehr
existiert. Er heißt von nun an Ausschuss für Wirtschaft
und Arbeit.
Anja Eiardt hat die Arbeit im Ausschuss gern gemacht, aber sie
liebt auch neue Herausforderungen. Deshalb ist sie seit dem ersten
November Sachbereichsleiterin im Organisations-Technischen
Parlamentsdienst, zuständig für rund 280 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter vom Etagendienst, Plenarassistenzdienst,
Postdienst, Botendienst, Reinigungsdienst und Unterirdischen
Erschließungssystem (UES). So ein Wechsel bringt mehr als ein
Kribbeln im Bauch mit sich. Er ist ein richtiger Einschnitt, ein
ganz neuer Abschnitt und somit der Beginn einer anderen Zeit.
Anja Eiardts Büro im Paul-Löbe-Haus bot kurz vor dem
ersten November und selbst im schon fast ausgeräumten Zustand
einen fröhlichen Anblick. Das lag an den vielen Dingen, die
sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten und auf den ersten Blick
ein ganz und gar kurioses Sammelsurium bildeten. Eine riesige
Papierblume am Fenster, einst Dekoration in einem
Lebensmittelgeschäft. Die Blume hatte Anja Eiardt gefallen und
Kollegen nahmen das ernst genug, sich um das Schmuckstück zu
bemühen. Eine Dauerleihgabe war die große Plüschmaus
auf dem Tisch in der Ecke, die kleine Fee aus Gips kam als
Dankeschön von der Kollegin, für die Anja Eiardt Arbeiten
übernahm, als diese krank zu Hause bleiben musste. Und
irgendwann bekam Anja Eiardt auch eine kleine Fleißbiene
geschenkt. All die kleinen und großen Kuriositäten
sprechen für die Empfängerin. Es muss gut sein, mit ihr
zu arbeiten.
Über das eine neue Leben von Anja Eiardt, das am ersten
November begann, lässt sich im Moment noch nicht so viel
sagen. Außer, dass sie mit Blumen und sehr freundlich
empfangen wurde und die Neugier auf diese andere Arbeit nicht
verschwunden ist.
Über das andere, in Veränderung begriffene
Arbeitsleben lässt sich mehr berichten. Es ist ein Ehrenamt,
das sollte vielleicht zu Beginn gesagt werden. Ein Ehrenamt, auf
das die studierte Soziologin durch ihre ehemalige Chefin, die
Gleichstellungsbeauftragte, gekommen ist. Das Ehrenamt selbst ist
die Arbeit im Prüfungs- und Bewertungsausschuss für das
Vorschlagswesen bei der Verwaltung des Deutschen Bundestages. Anja
Eiardt ist Geschäftsführerin dieses Ausschusses, der aus
einer Vorsitzenden, zur Zeit fünf Mitgliedern, einem
stellvertretenden Mitglied und eben der Geschäftsführerin
besteht. Wer mitarbeiten möchte, bewirbt sich beim Referat ZV
1, dem Personalreferat.
Nun ist „Vorschlagswesen“ kein sonderlich
schönes Wort. Eher ein sperriger Begriff. Die Sache an sich
aber ist gut ausgedacht. Jede und jeder in der Verwaltung des
Bundestages kann Verbesserungsvorschläge unterbreiten.
Natürlich gehen die meisten solcher Ideen, wie die
Arbeitsbedingungen, Wirtschaftlichkeit, der Umweltschutz verbessert
werden könnten, den ganz direkten Gang der Dinge. Man spricht
darüber im eigenen Sachbereich oder Referat, mit Kolleginnen
und Kollegen, dem oder der Vorgesetzten und überlegt
gemeinsam, ob sich die Vorstellungen umsetzen lassen. Trotzdem, so
die Erfahrung, ist es gut, jenseits dieser Möglichkeiten noch
ein Gremium zu haben, das dafür da ist, Vorschläge zu
prüfen und ihre Umsetzung in die Wege zu leiten, wenn sie
tauglich erscheinen. Es ist auch gar nicht schlecht, wenn dieses
Gremium eine geradezu unabhängige Instanz ist und die, die
prüfen und bewerten, nur den Vorschlag, nicht aber den
Absender kennen. So kann man ressortübergreifend
überlegen und nur auf den Inhalt konzentriert entscheiden.
Aber was sind die Inhalte? Es geht um Vereinfachung von
Verwaltungsabläufen, um die Verbesserung von Arbeitsmitteln,
Arbeitsmethoden und Arbeitsabläufen, um Unfallschutz, soziale
Einrichtungen, Material, Geräte und Einrichtungen.
Als Geschäftsführerin ist Anja Eiardt die Einzige, die
weiß, von wem die Vorschläge kommen. Sie reicht sie an
die Ausschussmitglieder weiter und kümmert sich um den
weiteren Verlauf der Dinge – wenn nötig, um
Rücksprache mit dem Einsender, Einholen der Stellungnahmen der
Fachreferate, und am Ende nach der Entscheidung des Ausschusses
über den Vorschlag gegebenenfalls um die Auszahlung der
Prämie. Manchmal sind es ganz einfache Dinge, die hier
vorgeschlagen werden, mit nicht unbeträchtlicher Wirkung. So
machte ein Mitarbeiter des Etagendienstes den Vorschlag,
Tonerkartuschen zu sammeln und nicht wegzuwerfen. Bei der
Prüfung stellte sich heraus, dass die Lieferfirma laut Vertrag
verpflichtet ist, die Kartuschen zurückzunehmen.
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Nun ist eine Reform des bisherigen Prozedere geplant, an deren
Ende ein neues „Verfahrens- und Ideenmanagement” stehen
wird. Es soll einfacher und selbstverständlicher werden, sich
Gedanken um Arbeitsabläufe und mögliche Verbesserungen zu
machen. Ideen, die nur den eigenen Bereich betreffen und schnell
diskutiert und entschieden werden können, sollten
künftig, so der Wunsch, mit den direkten Vorgesetzten und
Kollegen beraten werden. |
Das fände auch Anja Eiardt gut, gäbe es doch eine
größere Selbstverständlichkeit im Umgang mit der
uralten Weisheit, dass nichts bleibt, wie es ist. Anja Eiardt
wünscht sich mehr persönlichen Austausch zwischen all
denen, die von der Umsetzung eines Vorschlags betroffen sind.
Zugleich kann sie sich gut vorstellen, dass der Ausschuss
künftig mehr die Rolle eines Moderators übernimmt, denn
nicht jede Idee findet sofort ausreichend begeisterte
Anhänger. Es gibt Beharrlichkeit und Beharrungsvermögen,
Zweifel und Vorpreschen, Angst vor dem Scheitern und Lust auf das
Wagnis. Immer. Und überall. Gegenwärtig sind die Gedanken
zu all dem noch nicht fertig gedacht, auf jeden Fall aber wird
für Anja Eiardt auch in diesem Bereich manches neu und anders
werden. Aber wer neue Herausforderungen liebt, mag es auch, wenn
die Dinge sich ändern. Eins gehört zum andern.
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Wenn man Anja Eiardt beim Reden zuhört und zuschaut,
strahlt sie eine gute Art von Gelassenheit aus. Sie zappelt nicht
beim Reden, doch ihr Mienenspiel gibt ausreichend Signale, die
verraten, worüber sie sich freut oder ärgert, was sie
nachdenklich, ungeduldig oder entschlussfreudig macht. Von solchen
Menschen sagt man gern, sie ruhten in sich. Das mag stimmen. Es ist
auf jeden Fall so, dass solche Menschen gut auf andere zugehen
können und ihnen ausreichend Raum lassen, von sich und ihren
Ideen zu reden. Für die Arbeit ist das sowieso gut. Für
ein Ehrenamt nicht minder wichtig.
Text: Kathrin Gerlof
Fotos: studio kohlmeier