Verbraucherschutz. Für einen Schwellenwert bei der Saatgutkennzeichnung, der sich an der Nachweisgrenze orientiert, plädieren die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (15/2972), den der Bundestag am 29. April zusammen mit einem Antrag der FDP zur Nutzung der grünen Gentechnik (15/2979) zur Beratung an den Verbraucherschutzausschuss überwiesen hat.
Die Koalitionsfraktionen fordern die Bundesregierung auf, sich in der EU für die Reinhaltung des Saatgutes einzusetzen. Anlass dafür bietet ein von der EU-Kommission im vorigen Jahr zurückgezogener Richtlinienvorschlag über genetisch verändertes Saatgut. Da die Kommission demnächst einen überarbeiteten Entwurf vorlegen wolle, solle sich die Regierung bei der Diskussion um Schwellenwerte bei der Kennzeichnung von Saatgut, das genetisch veränderte Organismen (GVO) enthält, für die Orientierung an der Nachweisgrenze einsetzen.
Schwellenwert bei Saatgut einführen
Bereits auf der Agrarministerkonferenz in Rostock im letzten Jahr hat sich die große Mehrheit der Fachminister für die Einführung eines Schwellenwertes für Saatgut eingesetzt, der sich an der technischen Nachweisgrenze orientiert, heißt es in dem Antrag. An der Frage der Reinheit des Saatgutes werde sich entscheiden, ob eine gentechnikfreie Agrarproduktion künftig möglich sei. Damit sowohl GVO-haltiges Saatgut neben gentechnikfreier Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion existieren könne, müsse genetisch verändertes Saatgut strikt gekennzeichnet werden. Die Wahlfreiheit der Landwirte und der gesamten Lebensmittelkette bis hin zum Verbraucher sei sicherzustellen. Das EU-Recht habe daher zu gewährleisten, dass über eine strikte Reinheits- und Kennzeichnungspflicht ein ordnungsgemäßes Risikomanagement möglich werde, wie es in einer EU-Richtlinie vorgeschrieben sei. Darüber hinaus heißt es, Schwellenwerte oberhalb der Nachweisgrenze würden einer unkontrollierten Form des Einbringens von genetisch veränderten Pflanzen Vorschub leisten.
Die Liberalen möchten die Nutzung der grünen Gentechnik in Deutschland ermöglichen. Sie fordern deshalb von der Bundesregierung eine grundlegende Korrektur des Gentechnikgesetzes. Dem Antrag zufolge soll die Bundesregierung für alle Betroffenen "akzeptable" Haftungsregeln entwickeln und vorlegen. Diese Haftungsregeln müssten sicherstellen, dass Landwirte entschädigt werden, wenn ihnen durch den Eintrag von Fremdpollen Gewinneinbußen entstehen. Auch müsse das Verbraucherschutzministerium Regeln zur Koexistenz von solchen Pflanzensorten aufstellen, die mit verschiedenen Methoden gezüchtet worden sind. Halten Landwirte die Regeln zur Koexis-tenz unterschiedlicher Pflanzensorten ein, dürfen sie nach Meinung der Liberalen keine Forderungen zu befürchten haben.
Mit Blick auf die Haftungsregelung, heißt es weiter, sollte keine Versicherungslösung gefunden werden; dann müsse ein Haftungsfonds geschaffen werden. In den Fonds sollten solche Unternehmen einzahlen, die in Deutschland genetisch verändertes Saatgut vermarkten. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene gesamtschuldnerische Haftung lehnt die Fraktion mit der Begründung ab, dass diese die Landwirte auch dann zur Haftung heranziehe, wenn sie nicht Verursacher einer Erlösminderung seien. Dadurch würde der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen auch dann zum existenziellen Risiko für Landwirte, wenn diese alle Regeln befolgt hätten. Nach Meinung der FDP sollten aber nur solche Landwirte haften, die die so genannten Koexistenzregeln nicht konsequent einhalten.
Ferner regen die Parlamentarier dazu an, ein freiwilliges Kataster anzulegen, das für die Klärung von Haftungsfragen und für ein wissenschaftliches Monitoring zur Verfügung steht. Einsicht in das freiwillige Kataster dürfe aber nur bei konkret begründeten Vorhaben gewährt werden, etwa um die Zerstörung von Feldern mit genetisch veränderten Pflanzen zu verhindern oder das Eigentum zu schützen. Auch zur personellen Besetzung der Ausschüsse der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit haben die Liberalen eigene Vorstellungen. Da die Kommission über die Zulassung von Freisetzungsversuchen entscheide, müsse sie überwiegend mit "fachkompetenten" Personen besetzt werden. Ferner soll die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Nutzung der grünen Gentechnik so verbessern, dass deren Anwendungsmöglichkeiten in den verschiedensten Lebensbereichen genutzt werden können. sas