Das Parlament
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Nr. 21 / 23.05.2005
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Erik Spemann

Vorrang für Hochschul-Investitionen

Bayerns Staatsregierung schließt Innovationsbündnis

In Bayern, wo die CSU spart, dass es kracht, wird mittlerweile bereits gejubelt, wenn ein Etat vom drastischen Streichkurs verschont wird: So "feierte" die Staatsregierung ein "Innovationsbündnis Hochschule 2008" mit den 37 Hochschulen im Land mit einer Regierungserklärung von Wissenschaftsminister Thomas Goppel im Landtag als ein "herausragendes Projekt der bayerischen Hochschulpolitik", das in seiner konkreten Ausgestaltung deutschlandweit einmalig sei und ein neues, partnerschaftliches Verhältnis zwischen Hochschulen und Staat begründe. Gleichwohl mochte die Opposition in das Loblied nicht einstimmen. Sie sprach von einer Mogelpackung (SPD) und nur vagen Versprechungen der Staatsregierung (Grüne).

Wie Goppel vor dem Plenum erläuterte, verpflichtet sich die Regierung über zwei Doppelhaushalte hinweg, in die Hochschulen vorrangig zu investieren und damit einen klaren Schwerpunkt für die Wissenschaftspolitik zu setzen. Kern der staatlichen Zusagen ist die Planungssicherheit für die Hochschulen bis Ende 2008. Bis dahin bleibe der Hochschuletat mindestens auf dem Niveau des Nachtragshaushalts 2004, so der Minister. "Wenn Möglichkeiten dazu bestehen", solle er weiter wachsen, wie im Doppelhaushalt 2005/2006 um 7,2 Prozent. Goppel räumte ein, dass es keine absoluten Garantien gebe. Gegenüber allen anderen Bereichen sage die Regierung den Hochschulen aber eine "bevorzugte Behandlung" zu, selbst dann, wenn neue Haushaltssperren und globale Minderausgaben unumgänglich würden. Als zusätzliche Finanzausstattung bekommen die Hochschulen für dieses und nächstes Jahr insgesamt 180 Millionen Euro aus dem "Investitionsprogramm Zukunft Bayern", für die folgenden beiden Jahre stehen weitere Mittel aus diesem Programm in Aussicht.

Mit Genugtuung berief sich der Minister auf Bayerns gute Position bei aktuellen Rankings. Im kürzlich vorgelegten Bericht "Wissenschaftsland Bayern 2020" der internationalen Expertenkommission unter Leitung von Professor Mittelstraß resümierten die Experten, Bayern verfüge über ein leistungsfähiges, einschließlich der außerhochschulischen Forschungseinrichtungen über ein "außerordentlich leistungsfähiges Wissenschaftssystem". Vor dem Hintergrund kräftig wachsender Studentenzahlen (bis zum Jahr 2015 weitere 70.000 Studierende in Bayern) und der beschlossenen Konsolidierung des Staatshaushalts betonte Goppel, dass die Explosion des Wissens und der Globalisierung strukturelle Modernisierungen der Hochschulen nötig machten. In dem Bündnis verpflichten sich diese dazu, an der Optimierung mitzuwirken. Außerdem haben sie sich weitere zu erbringende Leistungen eingehandelt wie ein qualitätsgesichertes Studienangebot von Bachelor- und Masterstudiengängen, die Verkürzung der Studiendauer (in Bayern im Durchschnitt 11,9 Semester, deutschlandweit 13,4) und eine verstärkte Frauenförderung.

Es gelte, so der Minister, Schwächen im Fächerangebot zu identifizieren, um damit Umschichtungspotenziale zu erschließen. Daraus ließen sich die profilgebenden Bereiche der Hochschule stärken. Im Innovationsbündnis sieht Goppel die Garantie, dass der Staat frei werdende Ressourcen nicht einziehe, sondern den Hochschulen voll für Modernisierung und Verstärkung überlasse. Auch künftige Studiengebühren, wie sie ab 2007 angekündigt wurden, sollen als zusätzliche Mittel zur Optimierung des Lehrangebots an den Hochschulen bleiben. Vor Einführung dieser Beiträge, die eigentlich schon für dieses Jahr geplant waren, will die Staatsregierung mit den Kreditinstituten erst noch sozial verträgliche Kreditmodelle entwickeln. Die Opposition vermutet als Hintergrund für die Verschiebung allerdings die Bundestagswahl 2006.

Einen im Zuge des Bündnisses einzurichtenden "Innovationsfonds" bezeichnete Goppel als ein zentrales Steuerungsinstrument bei der Neugestaltung der Hochschullandschaft. Die Universitäten müssen bis 2008 insgesamt 600 frei werdende Stellen in diesen Fonds einbringen. Diese fließen "in vollem Umfang" wieder an Universitäten zurück, wo sie im Zuge der Profilbildung eingesetzt werden.

In einem künftigen neuen Hochschulgesetz soll dann die Autonomie der Universitäten weiter gestärkt werden, wobei es vor allem um die Bereiche Forschung, Lehre und Organisation gehen wird. "Wir wollen weiter voran, nicht mit Trippelschritten, sondern in Siebenmeilenstiefeln", sagte Goppel und stellte die Vorlage einer "großen Novelle" noch für dieses Jahr in Aussicht. Die Zahl der Bestimmungen soll dabei um ein Drittel gekürzt werden.

Der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wolfgang Vogel, kritisierte das Innovationsbündnis als neues Kapitel im "bayerischen Märchenbuch der Staatsregierung" , bei dem Goppel auf des "Kaisers neue Kleider" zurückgegriffen habe: Denn Hochschulen und Fachhochschulen hätten mit diesem Bündnis-Kleid "ja gar nichts an": Die staatlichen Finanzzusagen seien unverbindlich und unzulänglich, obgleich verbindliche Gegenleistungen von den Hochschulen eingefordert würden.

Auch die hochschulpolitische Sprecherin und Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Ulrike Gote, verwies darauf, dass die Etatzusagen an die Hochschulen auf den gegenüber 1993 gekürzten Ansätzen von 2004 basierten ("da wurde kräftig zugelangt"). Der Hochschulhaushalt mache schon längst nicht einmal mehr ein Zehntel des Staatshaushaushalts aus. Auf die mit Goppels Ankündigungen verbundenen Unwägbarkeiten für die Hochschulen zielend, meinte sie: "Würden Sie jemandem eine Waschmaschine verkaufen, der sagt, er plane sie zu bezahlen, wenn sein Kontostand es denn zulasse?" Von der so genannten Planungssicherheit als zentraler Säule des Paktes bleibe nicht viel übrig.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.