Petitionsausschuss
Der Seismograph des Parlaments
„Jeder“ kann sich mit seinen Anliegen an den Bundestag wenden. Das Recht dazu gibt ihm Artikel 17 Grundgesetz: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. "Beim Bundestag landen die Schreiben dann beim Petitionsausschuss. Er ist sozusagen der Seismograph des Parlamentes, der am unmittelbarsten die Stimmung der Bevölkerung aufzeichnet und am besten ein Bild davon vermitteln kann, ob die Gesetze das beabsichtigte Ziel erreichen oder zu neuen Problemen führen und daher noch einmal kritisch überprüft werden sollten.
Wie lebhaft dieses Recht genutzt wird, zeigt sich daran, dass seit der ersten Sitzung des Petitionsausschusses im Jahr 1949 bis heute rund fünf Millionen Zuschriften an ihn gerichtet wurden. Das sind im Durchschnitt über 50 Eingaben, die täglich bei ihm eintreffen.
Gerade die viel diskutierten Gesetze zur Rente, zum
Gesundheitswesen und zum Arbeitsmarkt dürften nach
Einschätzung des Petitionsausschusses wieder zu mehr Anfragen
führen. Je mehr Menschen sich von neuen Gesetzen betroffen
fühlen, desto voller sind die Postkörbe im
Petitionsausschuss.
Weil den Volksvertretern die Anliegen des Volkes so wichtig sind,
hat der Bundestag den Petitionsausschuss mit durchgreifenden
Rechten ausgestattet. So haben die Bundesregierung und die
Behörden des Bundes dem Ausschuss Akten vorzulegen, Auskunft
zu erteilen und Zutritt zu ihren Einrichtungen zu gestatten. Der
Ausschuss kann im Einzelfall die Petenten, Zeugen und
Sachverständige anhören und bei Gerichten und
Verwaltungsbehörden Amtshilfe anfordern.
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Häufig können Mängel schon durch einfaches Nachfragen abgestellt werden: Die Behörde wird gezwungen, sich noch einmal Gedanken über ihre Entscheidung zu machen und zu überprüfen, ob sie auch anders hätte handeln können. Aber es treten auf diesem Weg oft auch Schwächen in der Gesetzgebung zu Tage. „Wir merken sehr schnell, wie sich Gesetze auswirken und was nicht in die richtige Richtung geht“, bestätigt die neue Ausschussvorsitzende Marita Sehn.
Der Petitionsausschuss ist für viele Bürger so etwas wie der direkte Draht zum Parlament. Er ist erheblich mehr als ein „Kummerkasten der Nation“. Durch das grundgesetzlich garantierte Recht, sich unmittelbar ohne Bürokratie und Umwege an das Parlament zu wenden, ist der Petitionsausschuss in erster Linie ein Beispiel für ein Stück gelebter Demokratie.
Ein Blick in die jüngsten Berichte des Ausschusses vermittelt einen Eindruck von der Fülle an Besorgnissen, auf die die Bürger ihre Volksvertreter hinweisen. Das betrifft die Sorge vor Militäreinsätzen im Zusammenhang mit den Terroranschlägen auf die USA ebenso wie Ängste im Zusammenhang mit dem Auftreten von BSE und Maul- und Klauenseuche. Besonders häufig beklagen sich ältere Arbeitnehmer über gewaltige Schwierigkeiten, auf dem Arbeitsmarkt wieder eine Stelle zu finden.
Der Petitionsausschuss ist ein Gremium, das auf Kooperation setzt. Die Mitglieder des Petitionsausschusses eint die Absicht, das bestmögliche Ergebnis für den Petenten zu erreichen. Parteipolitische Differenzen treten dabei in der Regel in den Hintergrund.
Petitionen, über die der Ausschuss abschließend beraten hat, werden dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Dabei wird jede einzelne Petition in einer Liste aufgeführt, über die dann geschlossen abgestimmt wird. Dabei besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Anliegen einzelner Petenten über so genannte Änderungsanträge nochmals aufzugreifen und zu erörtern. Zudem berichtet der Petitionsausschuss dem Parlament und der Öffentlichkeit alljährlich in einem Tätigkeitsbericht ausführlich über seine Arbeit und stellt diese auch umfassend im Internetangebot des Bundestages dar.