Alle Analysen der Wissenschaft und ihres Verhältnisses zu Wirtschaft, Politik und den Medien müssen auf diese unvergleichliche Wachstumsdynamik zurückgehen, auf ihre Ursachen und ihre Folgen. Das Wachstum der Wissenschaft hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesellschaft, sondern diese haben Rückwirkungen auf die Wissenschaft selbst.
Zum einen reagiert die Wissenschaft auf ihr exponentielles Wachstum mit Innendifferenzierung beziehungsweise Spezialisierung. Sie ist Resultat eines strategischen Verhaltens: Nimmt die Zahl der Konkurrenten und damit auch die Intensität der Konkurrenz unter ihnen zu, dann steigt der Anreiz für die Differenzierung über die Suche nach "Nischen" und/oder die Spezialisierung und Verengung des Forschungs- und Lehrbereichs.
Spezialisierung wird durch die bestehende Struktur der Disziplinen, ihrer Gegenstandsbereiche und Forschungsfragen gesteuert. Sie ist nur dann eine erfolgreiche Strategie zur Erlangung von Aufmerksamkeit, wenn sie die Verbindung zu den etablierten Feldern nicht verliert.
Allerdings ist die Funktionsweise von diesem Mechanismus auch abhängig von der Attraktivität der Alternativen, die ihrerseits wiederum von den verfügbaren Ressourcen abhängt. Praktisch hochgradig relevante Forschungsgebiete wie die Biochemie, die sehr viel öffentliche Gelder erhalten, ziehen eine wesentlich größere Zahl von Forschern an und sind zugleich hoch kompetitiv.
Eine Stoßrichtung der Innendifferenzierung weist auf größere Abstraktion, etwa durch Mathematisierung. Die Folge ist, dass die Wissenschaft immer weniger unmittelbares Tatsachen- und Erfahrungswissen aus ihrer Umwelt gewinnt und kategorisiert. Als Erfahrungs- und Lernform setzt die Wissenschaft an die Stelle unmittelbarer alltagsweltlicher Erfahrung Begriffe, Instrumente und Theorien, so dass sie ihre Empirie in zunehmendem Maße selbst konstruiert.
Die zweite Stoßrichtung der Innendifferenzierung besteht in der Ausweitung wissenschaftlicher Erkenntnisweisen auf immer neue Gegenstandsbereiche. Zu Anfang jeder disziplinären Entwicklung ist der Gegenstandsbezug konkret. Im weiteren Verlauf wird er durch disziplinkonstituierende Problemstellungen ersetzt, die auf immer neue Gegenstände angewandt werden. Je abstrakter und damit generalisierbarer die Methoden und Instrumente sind, desto effektiver der Zugriff auf neue Gegenstände und Phänomene, desto zahlreicher auch die Verknüpfungsmöglichkeiten zu bereits etablierten Disziplinen.
Ein besonders einschlägiges Beispiel der Verwissenschaftlichung von Handlungs- und Erfahrungsbereichen ist der gesamte Komplex der individuellen Verhaltenssteuerung, der durch eine Fülle von Forschungsgebieten - Ernährungswissenschaften, Hu- mangenetik, Sexualforschung und -therapie, Epidemiologie, um die wichtigsten zu nennen - geleistet wird. Aufgrund der unmittelbaren Beziehung dieser Gebiete zu Fragen der menschlichen Gesundheit und ethischer Wertbezüge lässt sich die Grenze zwischen "reiner" Wissenschaft und gesellschaftlichen Werten nicht mehr eindeutig ziehen.
Ähnliches gilt für den Bereich der Umweltwissenschaften, der sich von der ursprünglich naturwissenschaftlichen Ökologie auf die sozialwissenschaftliche Risikoforschung bis hin zur Umweltpsychologie ausgeweitet hat. Das hervorstechende Merkmal dieses Forschungsbereichs ist ebenfalls die unausweichliche politische, ökonomische und soziale Bewertung, die in die Konzipierung von Forschungsgegenständen und die Einschätzung von Ergebnissen eingeht. Die Umweltwissenschaften gelten deshalb als paradigmatisch für einen neuen Typus von Wissenschaft, der sich durch Politiknähe, Legitimationssensibilität und Wissensabhängigkeit auszeichnet und mit Bezeichnungen wie "post-normal-science" gekennzeichnet wird.
Die Verwissenschaftlichung hat, wie die Spezialisierung, ebenfalls Rückwirkungen auf die Identität der Wissenschaft. Die durch die Spezialisierung vorangetriebene Expansion der Wissenschaft hat eine Verschiebung ihrer institutionellen Grenzen zur Folge. Die Demarkationslinie der Wissenschaft wird weiter "nach außen" verlagert in Bereiche, die vordem als außerhalb der wissenschaftlichen Beobachtung und Reflexion liegend galten: Politik und Wirtschaft werden verwissenschaftlicht; Ethik, Moral und soziale Werte werden Gegenstand wissenschaftlicher Diskurse. Das Wachstum der Wissenschaft ist mithin die Kraft, die für viele der grundlegenden Veränderungen der Wissenschaft und ihrer Rolle in der Gesellschaft verantwortlich ist.
Harrisburg und Tschernobyl
Am Abend des 28. März 1979 eröffnete Walter Cronkite die CBS Abendnachrichten mit der Bemerkung, dass es der 'chaotischste Tag in der Geschichte der Nachrichtenmedien' sei und fuhr fort, die sich widersprechenden Informationen vom Unglück im Three Mile Island Kernreaktor in Harrisburg zu präsentieren. Die Konfusion sollte für mehrere Tage anhalten. Drei Wochen später schrieb das Nachrichtenmagazin Newsweek, eines der ersten Opfer des Nuklearunfalls sei die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit gewesen. Sieben Jahre später wurde durch ein sehr viel schwereres Unglück im ukrainischen Tschernobyl faktisch der politische Ausstieg aus der Kernkraft besiegelt.
Three Mile Island und Tschernobyl wurden zu Symbolen des Verlusts der auf verlässlichem Wissen und einstimmiger Expertise gründenden Autorität der Wissenschaft sowie der Glaubwürdigkeit der sich auf diese Autorität stützenden Politiker. Die widersprüchlichen Erklärungen der wissenschaftlichen Experten in öffentlichen Anhörungen zeigten, dass sie bestimmte politische und wirtschaftliche Interessen vertraten. Damit wurde das Image der Wissenschaft als einer von Interessen freien Institution zerstört. Seither sind gleichartige Kontroversen im Zusammenhang mit einer Reihe anderer wissenschaftlich-technologischer Projekte, etwa der genetischen Veränderung von Nahrungsmitteln, den Reproduktionstechnologien, der Stammzellforschung aufgetreten.
Wissenschaftler sind als Gäste in den Korridoren der politischen Macht längst zu einem vertrauten Anblick geworden. Noch vor wenig mehr als drei Jahrzehnten wurde die Verbindung von Wissenschaft und Politik ambivalent gesehen: einerseits als Gewähr für eine rationale und auf unparteiisches Wissen sich stützende Politik der "besten Lösungen" im Interesse des Gemeinwohls, andererseits als eine Bedrohung des demokratischen Systems durch den keiner öffentlichen Kontrolle unterliegenden und somit illegitimen politischen Einfluss wissenschaftlicher Experten. In dem Maß, in dem wissenschaftliche Experten zur Normalität in der Politik geworden sind, haben sich die ursprünglichen Befürchtungen gelegt, nicht zuletzt, weil Expertenwissen allen Gruppen in der Politik zugänglich gemacht worden ist.
Die Funktion wissenschaftlichen Wissens für die Politik und die allgemeine Verfügbarkeit dieses Wissens hat geradezu zu einer Konkurrenz um Expertise geführt. Diese Verwissenschaftlichung der Politik hat jedoch die überraschende Folge, dass politische Entscheidungen nicht etwa rationaler, eindeutiger, einmütiger und unter größerer Sicherheit getroffen werden können. Im Gegenteil, die Kontroversen um sie sind intensiver und ihre mangelnde Wissensbasierung sowie ihre Risiken dadurch offenbar geworden. Die Beziehung von Wissenschaft und Politik lässt sich deshalb am ehesten als eine "rekursive Kopplung" modellieren: Verwissenschaftlichung von Politik und der Politisierung der Wissenschaft.
Ein Indikator der Verwissenschaftlichung ist darin zu sehen, dass viele der Probleme, die auf die politische Agenda gelangen, zu allererst durch die Wissenschaft wahrgenommen und definiert werden. Das Problem des Umweltschutzes wurde Gegenstand der politischen Diskussion, als wissenschaftliche Untersuchungen die Akkumulation des DDT in der Nahrungskette aufgewiesen hatten. Mit anderen Worten: Die Wissenschaft spielt eine zunehmend größere Rolle in der Definition von Problemen, zu deren Lösung sie sodann um Rat gefragt wird, wenn diese Probleme auf die politische Tagesordnung gelangt sind.
Umgekehrt führt die Kopplung von Wissenschaft und Politik zur Politisierung der Wissenschaft. Wissen, das in die öffentliche Arena eintritt, wird unweigerlich von der Gesellschaft bewertet. Die Position von Experten wird als von Politik und Interessen bestimmt gesehen. Berater werden allzu oft gewählt, nicht weil Parlamentarier und Regierungsbeamte ihren Rat wollen, sondern weil sie die Legitimierung für die Politik haben wollen, die sie vertreten.
Die Wissenschaft ist selbst zu einem Akteur in der politischen Arena geworden, sei es als interessierte Partei oder sei es als von anderen Akteuren rekrutierter Gehilfe, deren spezifische Interessen sie unterstützen soll. Die legitimatorische Funktion wissenschaftlichen Wissens als politische Ressource begründet tendenziell eine Konkurrenz unter den politischen Akteuren um die jeweils neuesten Forschungsresultate, um in den Auseinandersetzungen über die Einführung einer neuen Technologie oder die Zulassung eines neuen Arzneimittels die angestrebten Entscheidungen dafür oder dagegen möglichst überzeugend begründen zu können.
Die Konkurrenz um das neueste und deshalb vermeintlich überzeugendste wissenschaftliche Wissen produziert jedoch systematisch eine paradox erscheinende Konsequenz. Der Tendenz nach treibt nämlich die Rekrutierung von Experten über den Bereich des konsentierten Wissens hinaus bis an die jeweiligen Forschungsfronten, wo das Wissen noch umstritten ist, die Behauptungen unsicher und Angriffen gegenüber offen sind und die Kontroversen noch andauern. Die enge Kopplung von Wissenschaft und Politik enthält für die Politik das Risiko, eine wichtige Quelle der Legitimierung, und für die Wissenschaft das Risiko, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu verlieren.
Kritik an den Medien
Eine ähnliche Kopplung wie die der Wissenschaft mit der Politik besteht auch mit den Medien. Seit einer Reihe von Jahren beklagen Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten wieder einmal das Desinteresse der Öffentlichkeit vor allem an der Förderung der Grundlagenforschung und den schlechten Ausbildungsstand der Bevölkerung. Die Medien sollten die Erkenntnisse der Wissenschaft in geeigneter Weise, populär und publikumsgerecht, darstellen. Entsprechend diesem Arrangement stehen die Medien auch unter der kritischen Beobachtung der Wissenschaft, wenn es um die Frage der 'Richtigkeit' der Berichterstattung geht.
Die häufig zu hörende Klage der Wissenschaft über "falsche" oder "verzerrte" Berichte oder über die vorgeblich "falsche" Auswahl von Nachrichten geht jedoch an der Sache vorbei. Die Medien gehorchen ihrer eigenen operativen Rationalität. Sie produzieren offenbar ebenfalls Wissen, zumindest im Sinn der eigenständigen Darstellung von Realität für das von ihnen adressierte Publikum. Zu dieser medial vermittelten Realität gehören auch die Wissenschaft und deren Realitätsbeschreibung. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass es genau in diesem Bereich zur schärfsten Konkurrenz kommt, zum Konflikt über die Angemessenheit der Darstellung.
In dem Maß, in dem die Medien an Bedeutung gewinnen und die Eigenständigkeit ihrer Verarbeitungsweisen und ihrer Wirkung erfahren wird, verliert die Wissenschaft das Monopol dieser Beurteilungskompetenz. Das abstrakte Wahrheitskriterium der Wissenschaft gilt nicht mehr allein, sondern ihm stellen die Medien das Kriterium der Zustimmung des öffentlichen Publikums gegenüber. Der Verlässlichkeit einer Information steht ihr Verbreitungsgrad, repräsentiert durch die Auflagenhöhe einer Zeitung oder die Zuschauerzahl einer Fernsehsendung, gegenüber. In der medialen Berichterstattung über Wissenschaft tritt mediale Prominenz der Wissenschaftler potentiell in Konkurrenz zu ihrer wissenschaftlichen Reputation.
Viele Wissenschaftler haben die strategische Bedeutung der Medien verstanden und entwickeln Strategien der Informationskontrolle und der Öffentlichkeitsarbeit, um sie für die Wahrnehmung, Bewertung und Förderung ihrer Arbeit zu nutzen. Institutionen und wissenschaftliche Zeitschriften setzen die gezielte Breitenveröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse ein, um ihr Image zu verbessern oder auch die Bereitschaft zur Unterstützung bestimmter Forschungsrichtungen zu fördern. So werden globale Katastrophen beschworen oder Hoffnungen auf neue Medikamente und Behandlungstechniken geweckt, die die mediale Aufmerksamkeit erringen und im Konkurrenzkampf um knapper werdende Ressourcen als Legitimationsbasis dienen sollen.
Diese Strategie greift vor allem dort, wo politische Entscheidungen die Ressourcenzuweisung an die Forschung bestimmen. Dort aber, wo die Notwendigkeit des "Verkaufens" der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung das Kalkül der Forscher mitbestimmt, liegt die Vermutung nahe, dass die Entscheidungen im Forschungsprozess sich nicht nur an der späteren Verwertbarkeit der Ergebnisse im gesellschaftlichen und politischen Raum orientieren, sondern zunehmend auch an ihrer potentiellen Medienwirksamkeit.
So ist zum Beispiel der Forschungsgegenstand des Klimawandels durch die Wissenschaftler selbst zu einem politischen Handlungsfeld vorgeformt, indem Verantwortlichkeiten, Handlungsoptionen und Bezüge zum gesellschaftlichen Kontext in die wissenschaftliche Kommunikation eingebaut wurden.
Alle diese Indizien für ein neues Verhältnis zwischen Wissenschaft und Medien lassen sich zu einem Bild verdichten. Das Neue besteht in Form und Intensität des Verhältnisses und ergibt sich aus der engeren Beziehung der Wissenschaft zu ihrer gesellschaftlichen Umwelt sowie der veränderten Rolle der Medien in der Beobachtung dieser Beziehung. Das Phänomen, um das es hier geht, soll als Wissenschaft-Medien-Kopplung bezeichnet werden.
Daraus lässt sich die These von der Medialisierung der Wissenschaft ableiten: Der Bedeutungszuwachs der Medien für die Prägung des öffentlichen Bewusstseins hat auch die Wissenschaft in die Konkurrenz um öffentliche Aufmerksamkeit gezwungen. Die Medien haben die Funktion der Formulierung und Vermittlung von Themen, die für Wissenschaft und Politik legitimatorisch relevant sind. Unter bestimmten Bedingungen lassen sich aus diesen medienträchtigen Themen langfristige Forschungsprogramme ableiten, die aufgrund ihrer politischen Relevanz die Mobilisierung finanzieller Ressourcen ermöglichen.
Die Politik einzelner Forschungsfelder, durch die öffentlichkeitswirksame Prognose von Katastrophenszenarien und die gleichzeitige Positionierung als Experten mit Bedarf an Forschungsmitteln wird zu einem Muster. Macht sich die Wissenschaft nicht prinzipiell unglaubwürdig, wenn die prognostizierten Katastrophen auf das Interesse ihrer Urheber an der Finanzierung ihrer Forschung zurückzuführen sind? Die verschwörungstheoretische Unterstellung bösen Willens und der Fälschung aufgrund von Eigeninteresse ist jedoch nicht das Problem. Vielmehr hat die Kopplung zwischen Wissenschaft und Medien eine in ihrer Häufigkeit und Intensität neuartige Konkurrenz um Aufmerksamkeit ausgelöst.
Im Kampf um Aufmerksamkeit versuchen alle Akteure, die Definitionsmacht zu gewinnen, aber keiner kontrolliert das Spiel. Das Resultat sind Überbietungsdiskurse: Die von der Wissenschaft behaupteten Katastrophen werden immer globaler, die politischen Selbstverpflichtungen, für den Legitimationsgewinn im Augenblick getroffen, werden immer riskanter und rechnen mit der Vergesslichkeit. Die Medien spielen die zentrale Rolle in der Vermittlung der Szenarien, ihrer Vereinfachung, Überhöhung und wirksamen Verbreitung.
Schon die Form der Präsentationen und sodann die erzwungenen Korrekturen zuvor propagierter Positionen führen jedoch zu einem unvermeidlichen Verlust an Glaubwürdigkeit für die Wissenschaft, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Warnungen. Das darin zum Ausdruck kommende "Risiko der Kommunikation" entspricht im Prinzip jenem der Kassandra-Sage. An sich gerechtfertigte Warnungen drohen einer allgemeinen Skepsis zum Opfer zu fallen. Es gibt keine Möglichkeit mehr, ihren Wahrheitsgehalt einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen. Wissenschaft als "Frühwarnsystem" der Gesellschaft droht auf diese Weise zu einer Stimme unter vielen zu werden, die niemand mehr ernst nimmt.
Elitäre Wissenschaft, wie sie noch bis in die Mitte unseres Jahrhunderts ihrem Selbstverständnis und der Wahrnehmung der Öffentlichkeit entsprach, ist in diesem Kontext nicht mehr denkbar. Damit geht der gesellschaftliche Primat wissenschaftlichen Wissens verloren. Dass diese Entwicklung ihren Preis hat und nicht ohne Selbstschädigung des Arrangements beliebig weiter gesteigert werden kann, liegt auf der Hand.
Welches sind letztlich die Konsequenzen der Kopplungen für die Kommunikation von gesichertem Wissen? Gerade weil die Ausdifferenzierung der Wissenschaft nur bei Strafe des Rückfalls in die Vormoderne umkehrbar (und vorstellbar) ist, können Entwicklungen nur in Richtung einer Steigerung ihrer eigenen Prinzipien weisen. Ihr Funktionsmonopol bleibt erhalten, allerdings nunmehr unter den Bedingungen erhöhter Unsicherheit, der Vielfalt der Kontexte sowie komplexer und dezentrierter Beobachtungsverhältnisse und des Verlusts ihrer ursprünglichen Autorität.
Der Verlust der Distanz zwischen Wissenschaft auf der einen, Politik und Medien auf der anderen Seite führt nicht zum Zusammenbruch der Wahrheitskommunikation. Vertrauen und Glaubwürdigkeit bleiben weiterhin die konstitutiven und zugleich knappen Werte dieser Kommunikation, und dies mehr denn je, da die Abhängigkeiten von der Verlässlichkeit des Wissens größer denn je sind. Die Konkurrenz um sie kennzeichnet die neue Wissensordnung genauso wie die alte. Nur der Aufwand, Vertrauen und Glaubwürdigkeit herzustellen, ist für die Wissenschaft ungleich größer geworden.
Professor Peter Weingart hat sich in seiner langjährigen Arbeit an der Universität Bielefeld auf Fragen der Wissensentwicklung und Wissenschaftsforschung konzentriert.