Der Beltz Verlag hat verdienstvollerweise Alexander Mitscherlichs große Studie von 1971 wieder aufgelegt und damit eines der wichtigsten Bücher im Nachkriegsdeutschland leicht zugänglich gemacht. Die außerordentliche Wirkung, die das Buch seinerzeit weit über Fachkreise hinaus hatte, ist vor allem dadurch zu erklären, dass ein Nerv der Zeit getroffen worden war. Den Verlust der väterlichen Autorität bei vielen Menschen, vor allem bei Jugendlichen, weitete Mitscherlich aus in die Analyse des Verlustes symbolischer Formen und Ideale, die aber eine Gesellschaft für einen gedeihlichen Zusammenhalt einfach braucht. Mitscherlichs behutsame Vorschläge einer stärker eigenbestimmten Lebensführung (mit allen Chancen und Risiken), gestützt auf Erkenntnisse der Soziologie, Psychologie und Psychoanalyse, haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren. ks
Alexander Mitscherlich
Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft.
Ideen zur Sozialpsychologie.
Beltz Taschenbuch, Weinheim 2003; 400 S., 16,80 Euro