Die Wahl unter dem roten Adler (dem Landeswappen) wird spannend, zumal die SPD seit 1990 ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellt. 2002 machte dann Stolpe dem Potsdamer Oberbürgermeister Matthias Platzeck Platz. Seit 1999 ist Schönbohm stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister des Landes. Das hat seinen Bekanntheitsgrad in dem Flächenland mit rund zwei Millionen Wahlberechtigten erheblich vergrößert.
Ein Blick zurück auf die Landtagswahl 1999: Die SPD verlor die absolute Mehrheit und kam nur noch auf 37 der 88 Sitze. Sie war entweder auf die CDU (25 Sitze) oder die PDS (21 Sitze) als Koalitionspartner angewiesen. Die DVU, die überraschend fünf Sitze und damit Fraktionsstärke errang, wurde von allen anderen Parteien gemieden. Ihre Chancen bei der Septemberwahl werden allgemein mit "gleich Null" angegeben. Dafür bereitet den beiden großen Partein (aber auch den kleinen) eine andere Gruppe erhebliche Sorgen, nämlich die "Allianz Unabhängiger Bürger" (AUB). Dabei handelt es sich um ein Zusammenschluss von unterschiedlichen Bürgerinitiativen und Freien Wählergemeinschaften, die bereits bei den letzten Kommunalwahlen große Erfolge erzielen konnten. Sie machen den etablierten Parteien das Leben schwer, vor allem dann, wenn die Wahlbeteiligung gering ist (1999 betrug sie 54,3 Prozent).
Die PDS unter ihrem Landesvorsitzenden Ralf Christoffers hat Dagmar Enkelmann als Spitzenkandidatin nominiert. Die Mutter von drei Kindern gehört dem brandenburgischen Landtag seit 1999 an. Insgeheim hatte die PDS, die bei der letzten Landtagswahl 23,34 Prozent der Stimmen erreicht hatte, öfter auf einen Bruch der Großen Koalition gehofft - zumal diese in der SPD nicht sonderlich beliebt ist und bereits 1999 dazu geführt hatte, dass die (inzwischen gestorbene) in der Bevölkerung sehr populäre Regine Hildebrandt nicht mehr dem Landeskabinett als Sozialministerin angehören wollte. Allerdings geht die PDS davon aus, dass am 19. September die CDU stärkste Partei werden könnte. Da die SPD nicht als Juniorpartner in eine CDU-geführte Großen Koalition eintreten wird, könnte es dann für eine rot-rote Regierung reichen. Da Rot-Rot allerdings nicht sonderlich populär ist, könnte es für eine solche Konstellation eng werden. Vor allem dann nicht, wenn den Grünen die Rückkehr in den Landtag gelingen sollte. Ihnen gehörte ja in der 1. Legislaturperiode ab 1990 auch der jetzige Ministerpräsident Matthias Platzeck als Umweltminister an. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition blieb Platzeck im Kabinett und trat später zur SPD über, deren Landesvorsitzender er zwischenzeitlich auch ist.
Die Grünen (die bei der Landtagswahl 1999 auf 1,94 Prozent der Stimmen kamen) haben sich für die Landtagswahl 2004 Verstärkung aus Berlin geholt. Von dort kommt der männliche Spitzenkandidat Wolfgang Wieland, der im Berliner "Sommersenat" aus SPD und Grünen für wenige Wochen Justizsenator war. Weibliche Spitzenkandidatin ist Cornelia Behm. Der FDP (1999 1,86 Prozent der Stimmen) werden für eine Rückkehr in den Landtag kaum Chancen eingeräumt.
Letztlich wird die Wahl zwischen SPD, CDU und PDS entschieden, wobei es nicht unerheblich ist, wie die Grünen abschneiden und ob es der "Allianz Unabhängiger Bürger" gelingt, tatsächlich in den Landtag einzukehren. Von Siegeszuversicht ist in der SPD gegenwärtig nicht viel zu spüren. Sie weiß um die Umfragezahlen auf Bundes- und Landesebene. Partei- und Regierungschef Matthias Platzeck kann gegenwärtig nicht mehr von einer "eigenen Mehrheit" träumen. Dafür ist die CDU zu stark geworden. Für die SPD wäre es eine Katastrophe, wenn Platzeck auf die Oppositionsbank verbannt würde. Schließlich zählt er zu den Hoffnungen der Gesamtpartei.
Die SPD, die am 9. Mai ihren Landesparteitag in Potsdam abhält (nach Redaktionsschluss), wird auf ihrer Landesliste nach Platzeck wahrscheinlich Finanzministerin Dagmar Ziegler nominieren, gefolgt von Gunter Fritsch, dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion. Für Platz 7 ist Udo Folgart vorgesehen, der Vorsitzende des Landesbauernverbandes. Die CDU wird den gesamten Wahlkampf auf ihren Spitzenkandidaten Schönbohm abstellen. Aber auch die anderen CDU-Minister sollen eine wichtige Rolle spielen, allen voran Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Doch dieser steht immer im Schatten von Schönbohm und hat kaum Möglichkeiten zur Profilierung - zumal es um die Wirtschaft des Landes Brandenburg nicht sonderlich gut steht.
In den Entwürfen der beiden großen Parteien für die künftige Legislaturperiode bekennt sich die CDU eindeutig zur geplanten Länderfusion mit Berlin, während dies die SPD nicht mehr tut. Intern heißt es, Berlin müsse erst seine Schulden in den Griff bekommen. Beide Parteien legen in ihren Wahlprogrammen ein Schwergewicht auf die Bildungspolitik, die durch rapide abnehmende Schülerzahlen geprägt wird. Deshalb soll es nach dem Willen der SPD künftig nach der sechsjährigen Grundschule nur noch Sekundarschulen (Real-und Gesamtschulen) sowie Gymnasien geben. Versprochen wird eine gute Schulversorgung auch in den dünn besiedelten Regionen. Die Union macht sich für ein Abitur nach zwölf Jahren stark und will in Kernfächern wie Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen mehr Unterrichtsstunden durchsetzen. Zugleich soll der Religionsunterricht zu einem "echten" Wahlfach werden.
Auch Brandenburg ist hochverschuldet und muss sparen. Das setzt den Wahlversprechen der Parteien enge Grenzen. Nach wie vor gilt das brandenburgische Kita-System bundesweit als das beste. Daran will die SPD auch in Zukunft nicht sparen. Im Gegenteil. Brandenburg soll zu einem der kinderfreundlichsten Länder überhaupt werden und das letzte Kita-Jahr will man beitragsfrei stellen. Die CDU plant keinen weiteren Kita-Ausbau. In der Wirtschaft will die CDU vor allem mehr Infrastruktur fördern. Besondere Förderung wird den kleinen und mittleren Betrieben versprochen. Die SPD wendet sich ab von der speziellen Förderung einzelner Unternehmen. Dafür soll eine branchenorientierte Wirtschaftspolitik neue Arbeitsplätze schaffen. Dazu gehören Medien, Tourismus, Energie und Luftfahrt. Auch die Sozialdemokraten wollen kleine Unternehmen besonders fördern.
Beide Koalitionspartner hatte in der zu Ende gehenden Legislaturperiode erhebliche Probleme mit einzelnen Ministern. Einige von ihnen auf SPD-Seite wollten gegen den Willen von Landeschef Platzeck erneut für den Landtag kandidieren. Dies konnte verhindert werden. Die CDU möchte am liebsten die Namen ihrer zurückgezogenen Minister gar nicht mehr erwähnt wissen. Vorerst steht die Europawahl im Mittelpunkt der Arbeit in den Parteizentralen - doch das eigentliche Interesse richtet sich auf den 19. September.