Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 37 / 06.09.2004
K. Rüdiger Durth

Editorial

Der Mittelstand, darin sind sich nicht nur die Wirtschaftswissenschaftler und Politiker einig, bildet das Rückgrat der Gesellschaft. Auch im Blick auf die gegenwärtig zentralen Themen wie Arbeits- und Ausbildungsplätze. Ein Teil des Mittelstandes ist das Handwerk, von dem der Volksmund sagt, dass er "goldenen Boden" habe. Doch gerade das Handwerk unterliegt großen Veränderungen: Etwa die Bildung großer Handelsketten, die beispielsweise Bäcker, Metzger oder Schuhmacher zum Aufgeben zwingen. Oder die Ausbildung, die immer anspruchsvoller wird, und für die zunehmend jungen Menschen nicht genügend theoretisches Rüstzeug in der Schule vermittelt wird.

Die vorliegende Ausgabe will weder eine politische Bestandsaufnahme zum Thema Mittelstand/ Handwerk bieten, noch erhebt sie Anspruch auf Vollständigkeit im Blick auf die Arbeit der Verbände. Es geht vielmehr darum, zentrale Probleme zu beleuchten. Subjektives ist nicht auszuschließen.

Bei aller Kritik, die die Verbands- und Interessenvertreter an der Politik üben - und bei aller gegenseitigen Schuldzuweisungen der Politiker untereinander - stehen nicht Anklage und Forderungen im Mittelpunkt. Vielmehr wird immer wieder deutlich, dass der Handwerker gern Handwerker ist, der Unternehmer voller Kreativität Unternehmer ist. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Dieter Philipp, gelangt zu dem Schluss: "Der Handwerker ist auf der Suche nach Neuem und bereit zu Experimenten."

Was für das Handwerk gilt, gilt auch für den Mittelstand als Ganzes. Dafür steht beispielhaft der Bonner Verleger Markus Lemmens, der den Mut hatte, in schwieriger Zeit einen Verlage für Wissenschaft und Wirtschaft aufzubauen, der heute zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen sicheren Arbeits- und Ausbildungsplatz bietet: "Der Mittelstand ist nicht am Ende. Aber die Wende dauert viel länger als gedacht."

Wenn es um Mittelstand und Handwerk geht, geht es immer auch um Kredite. Deshalb werden nicht nur die Erfolgszahlen der KfW Mittelstandsbank und die Klagen des Handwerks veröffentlicht.

Nachdenklich stimmt der Bericht von Benjamin Lassiwe, nach dem 95 Prozent der Unternehmen das Internet nutzen, aber die wenigsten Unternehmen es auch beherrschen. Immer wieder geht es um die hohen Arbeitskosten, die Mittelstand und Handwerk das Leben schwer machen. In den neuen Bundesländern kommt es in diesen Wochen immer wieder zu Demonstrationen, die sich gegen Hartz IV wenden. Doch gerade in Ostdeutschland erweist sich der Mittelstand als Motor der Wirtschaft. Dass Mittelstand und Handwerk auch China fest im Blick haben, versteht sich fast von selbst.

Das sind nur einige Schlaglichter aus der Vielfalt der Themen. Den Abschluß bildet eine Reportage von Torsten Weiler über die Schwarzarbeit, der den Zoll beim Aufspüren illegaler Arbeit begleitete. Zugleich will diese Ausgabe Mut machen. Denn in jedem Handwerker steckt ein Erfinder, stellt Jens-Uwe Hopf fest. Und was braucht das Land mehr als Erfinder? Wenn der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Löning zu dem Schluss gelangt, dass der Mittelstand das "Rückgrat der deutschen Wirtschaft" bleibt, spricht er sicherlich auch für Mitglieder anderer Parteien.

Vielleicht macht diese Ausgabe Mut zur Selbständigkeit, aber auch, weniger zu klagen. Vor allem dann, wenn jedem Leser selbst Beispiele für positive Entwicklungen in Mittelstand und Handwerk einfallen und findet, diese hätten in dieser Ausgabe auch berücksichtigt werden müssen. Mit Sicherheit. Nur hätten wir dann ein dickes Buch veröffentlichen müssen. Und dieses wiederum nur als Band 1. Soll heißen: Es lohnt sich, den Mittelstand und das Handwerk zu unterstützen.

K. Rüdiger Durth

Der Autor arbeitet als freier Journalist in Bonn und Berlin.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.