Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 48 / 22.11.2004
vom

Union warnt vor zu viel Liberalisierung

EU-Zuckermarkt

Verbraucherschutz. Die anstehende Reform des EU-Zuckermarktes soll nach Meinung der CDU/CSU-Fraktion Perspektiven für die deutsche Landwirtschaft und die Erzeuger in den Entwicklungsländern bieten. In einem Antrag (15/4145) wird die Regierung aufgefordert, sich für Planungssicherheit durch längere Anpassungszeiträume einzusetzen. Auch sei ein Sicherheitsnetz beizubehalten, das die Marktrisiken aus den zunehmenden zollfreien Einfuhren nicht ausschließlich den EU-Produzenten aufbürdet.

In den laufenden Verhandlungen der Welthandels-organisation (WTO) solle die EU bei der internen Stützung, beim Marktzugang und beim Exportwettbewerb nur solche Zugeständnisse machen, die den Landarbeitern und den Kleinbauern in den Entwick-lungsländern zugute kommen. Die EU solle in der WTO-Runde auch nichthandelsbezogene Anliegen wie soziale Standards und Normen des Umwelt- und Verbraucherschutzes durchsetzen, damit die Zuckerproduktion in bestimmten Ländern nicht unter unzulässigen Bedingungen stattfindet.

Drastische Preissenkungen

Der Reformvorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass ab 1. Juli 2005 der Interventionspreis für Zucker in zwei Schritten von 632 Euro pro Tonne auf 421 Euro gesenkt und der Zuckerrübenmindestpreis zum Wirtschaftsjahr 2007/2008 um 37 Prozent gekürzt wird. Die Einkommenseinbußen der Rübenerzeuger sollen in einer Größenordnung von 60 Prozent durch Beihilfen und deren Einbeziehung in die Betriebs- und Flächenprämie ausgeglichen werden. Gesenkt werden soll der Garantiepreis für Rohzucker aus Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik (AKP), in Indien und in den ärmsten Entwicklungsländern.

Die Fraktion betont, dass dieser Vorschlag der Kommission die europäische und deutsche Landwirtschaft vor größte Anpassungsprobleme stellen und für einen Teil der europäischen Zuckerwirtschaft das Aus bedeuten würde. Deutschland sei mit einem Marktanteil von etwa 20 Prozent innerhalb der EU gemeinsam mit Frankreich führender Zuckererzeuger. Betroffen seien etwa 50.000 rübenanbauende Betriebe sowie etwa 30.000 Arbeitsplätze in der Zuckerwirtschaft und den vor- und nachgelagerten Bereichen. Die Abgeordneten schreiben, "einseitige Darstellungen", nach denen eine völlige Liberalisierung der Märkte stets zum Wohle der Entwicklungsländer führe, seien gerade beim Zuckermarkt unangemessen. Eine weitgehende Liberalisierung würde der Union zufolge nicht nur den EU-Produzenten, sondern auch den AKP- und den ärmsten Entwicklungsländern mittel- bis langfristig Nachteile bringen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.