Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 16 / 18.04.2005
Detlev Lücke

Auf der Agenda: Die Zukunft der Jugend

Heftiger Streit im Bundestag um BAföG, Bildung und Arbeitsmarkt-Chancen

Koalition und Opposition haben sich in der Debatte um die Zukunftschancen der Jugend am 14. April im Deutschen Bundestag scharfe Auseinandersetzungen geliefert. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hielt den Unionsparteien vor, mit der von ihnen geplanten Abschaffung des BAföG und der Einführung von Studiengebühren den Jugendlichen Zukunftschancen zu verbauen. In der Aussprache zu den Themen Jugend und Bildung kritisierte die Rednerin CDU und CSU außerdem dafür, "gegen den erklärten Willen der Eltern" den Ausbau von frühkindlicher Bildung und Ganztagsschulen zu behindern. Das gelte vor allem für Hessen und Baden-Württemberg. Der Bund investiere in der laufenden Legislaturperiode mehr als sieben Milliarden Euro in Ganztagsschulen und frühkindliche Betreuuung.

Zu Beginn der Debatte hatte die Ministerin darauf verwiesen, dass arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren nicht länger als drei Monate ohne Erwerbsarbeit sein dürften. Mit dem "Pakt für Arbeit" 2004 sei es gelungen, erstmals seit 1999 wieder mehr Ausbildungsverträge abzuschließen als im Vorjahr. Die Wirtschaft dürfe nicht aus der Verantwortung entlassen werden, für genügend Ausbildungsplätze zu sorgen.

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion Maria Böhmer wies den Vorwurf zurück, dass CDU/CSU das BAföG abschaffen wolle. Das sei eine "böswillige Unterstellung". Hintergrund des Streits zwischen Regierung und Opposition bilden Überlegungen der Union, im Falle eines Wahlsiegs 2006 die bisherige BAföG-Studienförderung in eine Kombination von "BAföG, Bildungssparen, Bildungsdarlehen und Gebühren bei einkommensabhängiger Darlehenszurückzahlung" umzuwandeln, wie die CDU-Bildungsexpertin Katherina Reiche in der Debatte sagte. Ein CDU-Parteitagsbeschluss sieht in diesem Zusammenhang auch "Freiplätze für Begabte und Bedürftige" vor. Reiche bescheinigte der SPD in diesem Zusammenhang eine "künstliche Aufregung über eine angebliche Abschaffung des BAföG." Notwendig sei eine Weiterqualifikation dieser Unterstützung. Für nichts anderes habe sich die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) ausgesprochen, deren Vorschläge jetzt kontrovers diskutiert würden. Die Ministerin stehe mit dieser Haltung in ihrer Partei durchaus nicht allein da, sondern werde von ihren niedersächsischen und Brandenburger Amtskollegen Lutz Stratmann und Johanna Wanka (beide CDU) unterstützt, unterstrich der SPD-BIldungsexperte Jörg Tauss. Die Grünen-Abgeordnete Monika Lazar hob hervor, dass die Koalition vor knapp sieben Jahren ein "heruntergewirtschaftetes BAföG" übernommen habe, bei dem nur noch 225.000 Studierende gefördert worden seien. 2003 seien es bereits wieder 326.000 Studentinnen und Studenten gewesen, die Tendenz sei weiterhin steigend.

Für die Freien Demokraten erklärte Ulrike Flach, dass die Grundsicherung des Lebensunterhaltes der Studierenden nicht in Frage gestellt werde. Wer wie die FDP Studienentgelte wolle, sei für die Beibehaltung des BAföG. Die Rednerin bemängelte außerdem, dass den Kommunen Geld für den Ausbau der Betreuung von Kleinstkindern fehle. Was von den durch Bundesseite zugesagten 1,5 Milliarden Euro tatsächlich bei den Kommunen ankomme, stehe in den Sternen. Grietje Bettin (Bündnis 90/Die Grünen) forderte die Union auf, im Bundesrat endlich grünes Licht für die Abschaffung der Eigenheimzulage zu geben, um mehr Mittel für Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung zu gewinnen. In der Schulpolitik warfen sich Koalition und Opposition gegenseitig Unterrichtsausfall und Leistungsmängel vor, wie sie aus dem PISA-Test ergeben hätten. Dagegen einigte sich das Parlament auf zusätzliche Möglichkeiten für Freiwilligendienste. In einem entsprechenden Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, die Zahl der Plätze für Freiwilligendienste aufzustocken.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.