Bereits unmittelbar nach den Anschlägen in den USA waren erste Forderungen nach einer derartigen Vernetzung der Informationen sowohl von Bund und Ländern als auch von Polizei und Geheimdiensten laut geworden. Und auch in die Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD wurde das Vorhaben aufgenommen. Die Datei soll über Verdächtige aus dem Bereich des islamistischen Extremismus sowie über deren Kontaktpersonen informieren.
Vor dem einstimmigen Beschluss der Innenminister waren die kontroversen aber überwindbaren Positionen noch einmal verdeutlicht worden. So pochten die Innenminister von Hessen und Niedersachsen, Volker Bouffier und Uwe Schünemann (beide CDU), auf einen weit gefassten Zugang der Sicherheitsbehörden zu den Informationen von Polizei und Geheimdiensten. "Wenn Behörden mit Hilfe der Datei rascher arbeiten und Informationslücken füllen sollen, müssen sie auch handeln können", betonte Bouffier. Schünemann forderte eine Anti-Terror-Datei, in der Religionszugehörigkeit oder Berufsausbildung der Betroffenen enthalten sein müssten. Darüber hinaus schlug er elektronische Fußfesseln für "gefährliche Ausländer" vor, die nicht abgeschoben werden könnten. Sogar die Registrierung "sexueller Auffälligkeiten" wurde diskutiert.
Die Gegenposition markierte Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner. "Wir dürfen nicht das grundgesetzlich vorgegebene Trennungsverbot von Polizei und Geheimdiensten aufgeben", sagte der SPD-Politiker. Deshalb sei eine Volltextdatei ausgeschlossen, wie sie mancher in der Union wünsche. Und Stegner setzte noch einen drauf: "Ich werde keiner Lösung zustimmen, die prima vista verfassungswidrig ist." Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) meinte, Angaben zur Religionszugehörigkeit hülfen nicht bei der Terrorbekämpfung. So blieb es Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) als Vorsitzenden der Fachministerkonferenz überlassen, Möglichkeiten einer Einigung aufzuzeigen. Bei der Aufnahme der Religionszugehörigkeit gelte es abzuwägen, gab er vor Konferenzbeginn zu bedenken. Möglich sei es, dass bei einem "liberalen, toleranten Moslem die Religionszugehörigkeit nicht in die Datei aufgenommen wird, bei anderen dagegen schon". Bei Islamisten sei die Religionszugehörigkeit "eines der entscheidenden Kennzeichen", begründete er seinen Vorschlag.
Starke Worte auf beiden Seiten, die einem Kompromiss dennoch nicht im Wege standen. Zwei Schlagworte hatten wochenlang die Debatte beherrscht: Volltextdatei und Indexdatei. Während die Volltextdatei alle relevanten Informationen zu einem Verdächtigen enthält, sind in der Indexdatei nur dessen Name und ein Verweis auf diejenige Behörde gespeichert, die über weitere Informationen verfügt. Im Ergebnis haben sich die Ressortchefs auf eine so genannte erweitere Índexkartei geeinigt, die über Querverweise und Fundstellen hinausgeht, ohne aber wirklich sämtliche verfügbaren Informationen zentral zu bündeln.
Der Kompromiss, mit dem offenbar alle leben können, sieht eine Mehrstufigkeit bei der Abfrage von Daten vor. So sollen in einem so genannten Grunddatenbestand nur Informationen gespeichert werden, die zur Identifizierung der jeweiligen Personen notwendig sind. Erst in einem erweiterten Datenbestand soll auf Informationen der verschiedenen Behörden zugegriffen werden können. In der erweiterten Datei wird auch die Religionszugehörigkeit gespeichert.
Union und SPD suchten die Bedenken der Opposition zu zerstreuen. Beckstein versicherte, auf die Daten habe "nicht jeder Polizist Zugriff", sondern nur Behördenleiter oder eine beauftragte Person. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies darauf hin, durch das mehrstufige Verfahren und den eng begrenzten Zugriffskreis sei den verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Trennungsgebotes von Polizei und Geheimdiensten Rechnung getragen worden. Schäuble, ein engagierter Befürworter eines Kompromisses, hatte sich zuvor auch mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) abgestimmt.
Die Opposition bewertete den Kompromiss kritisch. Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler unterstützte zwar den Ansatz, die Datei zu teilen, "aber bei Details bleiben verfassungsrechtliche Bedenken". So sei unklar, welche Informationen der Geheimdienste, die auch Unverdächtige überprüfen, an die Polizei weitergegeben würden. "Dafür ist ein Filter nötig", forderte Stadler. Dagegen hob dessen Fraktionskollege Jörg van Essen hervor, die Anti-Terror-Datei stelle sicher, dass sensible Daten nicht von jedermann in den Strafverfolgungsbehörden abgerufen werden könnten.
Die Grünen äußerten Kritik. "Die Speicherung der Religionszugehörigkeit ist verfassungswidrig", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Volker Beck. Die Bundestagsvizpräsidentin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Petra Pau, befürchtete, dass sich die Anti-Terror-Datei als "Anti-Bürgerrechts-Datei" erweisen könnte. Es sei offen, ob diese mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Schäuble kündigte nach der Konferenz an, umgehend einen Gesetzesvorschlag zur Anti-Terror-Datei vorzulegen, damit das Kabinett noch in diesem Monat darüber entscheiden könne. Der Aufbau der Datei, die beim Bundeskriminalamt (BKA) angesiedelt werden soll, wird auf mehrere Monate veranschlagt. Beckstein meinte, die Datei dürfte binnen Jahresfrist eingesetzt werden können.