Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 37 / 11.09.2006
mik

"Stabilitätspakt wird eingehalten"

Haushaltsdebatte im Bundestag
Haushalt. Deutschland wird in diesem Jahr nach die Defizitobergrenze des Europäischen Stabilitätspakts erstmals seit vier Jahren wieder unterschreiten. Dies erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am 5. September zum Auftakt der viertägigen Debatte zum Bundeshaushalt 2007 im Deutschen Bundestag. Die Obergrenze von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) werde aller Voraussicht nach eingehalten.

Realistisch ist 2,8 Prozent, wir werden sie nach Brüssel melden, so Steinbrück weiter. Wegen der guten Konjunktur werde allein der Bund bis zu 3,5 Milliarden Euro mehr einnehmen als geplant. Die Regierung will die Mittel zur Senkung der Neuverschuldung nutzen. Steinbrück warnte angesichts der Steuermehreinnahmen und des kräftigen Wachstums vor Begehrlichkeiten. Zu Entwarnung oder Euphorie bestehe kein Anlass. Während die Erholung in der Vergangenheit vor allem durch die Weltwirtschaft geprägt worden sei, gebe es nun im Inland eine kräftige Baukonjunktur, einen Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen und eine Belebung des privaten Konsums.

Der Etat des kommenden Jahres stehe im Zeichen der Konsolidierung. Der Minister verwies dabei auf die Senkung der Neuverschuldung um 16 Milliarden Euro auf 22 Milliarden Euro, die durch Einsparungen, Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen erreicht worden sei. Somit halte der Bund nach fünf Jahren wieder die Vorgaben des Grundgesetzes ein, wonach die Ausgaben für Investitionen höher sein müssen als die Neuverschuldung. Deshalb sei auch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer notwendig. "Selbstverständlich gibt es auch Risiken", räumte Steinbrück ein. So gebe es Unsicherheiten bei den Zinsen, bei den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose sowie durch Währungsungleichheiten.

Kritik der Opposition

Demgegenüber kritisierte die FDP-Fraktion den Etatentwurf der Regierung. Ihr haushaltspolitischer Sprecher Jürgen Koppelin warf der Regierung Ideenlosigkeit vor. Es gebe keine Idden, wo man zum Beispiel bei den Ausgaben kürzen könne. Der Rückgang der Neuverschuldung sei vor allem auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Punkte zurückzuführen. "Sie ziehen den Bürgern Geld aus der Tasche, wo immer sie können", sagte Koppelin. Es sei schon "ein Witz", die Bürger zum Sparen aufzufordern und gleichzeitig ab 2007 den Sparerfreibetrag zu halbieren. Die Sozialdemokraten hätten an Glaubwürdigkeit verloren, weil sie zunächst massiv gegen eine höhere Mehrwertsteuer gewesen seien und sich dann später hätten umstimmen lassen. Hermann Otto Solms (FDP) forderte die Regierung auf, endlich mit Sparen beim Staat zu beginnen. Nur dadurch werde den Menschen die Möglichkeit gegeben, für das Alter vorzusorgen.

Für die Unionsfraktion betonte Michael Meister, man stehe nicht am Ende, sondern erst am Anfang der Konsolidierung. Es gebe nichts zu verteilen. Er wandte sich dagegen, die Mehreinnahmen der Bundesagentur für Arbeit für die Haushaltssanierung zu verwenden. Joachim Poß (SPD) verteidigte die Mehrwertsteuererhöhung. Zwar gebe es durchaus Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die Mehrwertsteuererhöhung spiele dabei keine entscheidende Rolle.

Für die haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion Gesine Lötzsch ist der Etatentwurf eine Kampfansage an alle Kinder, Jugendlichen, Studierenden, Familien und Rentner. Sie warf der Koalition vor, nicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sondern den Stabilitätspakt an die erste Stelle ihrer Prioritätenliste gesetzt zu haben.

Anja Hajduk, haushaltspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte den geringen Sparwillen der Koalition. Sie warf ihr vor, der Anteil der Ausgaben, der nicht durch regelmäßige Einnahmen gedeckt werde, bleibe mit 46 Milliarden Euro zu hoch. "Das ist keine solide Haushaltspolitik", sagte sie. Hajduk bezifferte die Risiken allein im Arbeitsmarktbereich im kommenden Jahr auf 8 Milliarden Euro. Da würden die Kosten für das Arbeitslosengeld II mal "hoppla hopp" um 5 Milliarden Euro niedriger angesetzt. Auf die Menschen kämen im kommenden Jahr zahlreiche Belastungen zu. Das Ziel, die Lohnnebenkosten auf unter 40 Prozent zu senken, sei aufgegeben worden.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.