Plenum lehnt Unionsvorschlag zu Kürzungen bei der Jugendhilfe ab
Bei der Kinder- und Jugendhilfe wird derzeit nicht gekürzt. Mit den Stimmen der rot-grünen Koalition sowie der FDP lehnte der Deutsche Bundestag am 6. Mai Anträge der Union sowie des unionsdominierten Bundesrats ab, die unter anderem die Begrenzung der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche vorsahen. Die Union hatte ihren Vorstoß mit den ihrer Ansicht nach "enorm gestiegenen" Ausgaben für die Jugendhilfe seit dem Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes im Jahr 1991 begründet. In der Debatte hielten Redner der Koalition entgegen, dass die Kostenexplosion vor allem durch den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz entstanden sei - und den würden alle Parteien im Bundestag befürworten.
Zwar habe sich das seit über zehn Jahren bestehende Kinder- und Jugendhilfegesetz "bewährt und zu einer Qualifizierung der Angebote im Interesse der Kinder, der Jugendlichen und der Familien beigetragen", sagte die CSU-Abgeordnete Maria Eichhorn. Die Ausgaben für die Jugendhilfe seien zwischen 1992 und 2002 allerdings auch um 41 Prozent auf über 19 Milliarden Euro gestiegen. Diese erhöhten Kosten hätten "leider großen Anteil" daran, dass sich die Finanzlage der Kommunen drastisch zugespitzt habe. In "Zeiten knapper Gelder" müssten die laut Gesetz vorgesehenen Leistungen "verstärkt nach Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen" hinterfragt werden, erklärte die Abgeordnete. Insbesondere bei "seelischen Behinderungen" von Kindern und Jugendlichen, bei deren Behandlung ein sehr starker Kostenanstieg zu beobachten sei, sollten laut dem Entwurf die Leistungen nach deutlich engeren Kriterien verteilt werden. Denn, so Maria Eichhorn: "Die Kernaufgabe der Jugendhilfe, nämlich die Förderung der Erziehung in der Familie, muss wieder in den Mittelpunkt des Gesetzes und der Aufgaben der Jugendämter gestellt werden."
Der Unionsantrag stieß jedoch bei allen anderen Fraktionen auf deutliche Ablehnung. Trotz "einiger guter und sinnvoller Gedanken" lehnte Klaus Haupt (FDP) den Antrag ab. Dieser enthalte aus Sicht seiner Partei "schwerwiegende Defizite, die zu einer erheblichen Verschlechterung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe führen, ohne dass im Endeffekt sicher mit echten Einsparungen zu rechnen" wäre. Der Entwurf würde zu Leistungseinschränkungen für seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche führen und damit deren Integration gefährden. Haupt mahnte: "Wer bei der Jugendhilfe sparen will, darf nicht vergessen, dass Ausgaben für unsere Kinder und Jugendlichen Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft sind."
Nach Ansicht von Marlene Rupprecht (SPD) ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz auch nach 13 Jahren "immer noch ein sehr modernes Gesetz", da es die Interessen der Kinder und Jugendlichen und deren Familien in den Mittelpunkt stelle. Die von der Union geforderte Einführung von starren Altersbegrenzungen lehnte sie strikt ab, da junge Menschen nicht "wie geklont mit 18 schlagartig erwachsen" seien. Die bisher möglichen Übergangsfristen müssten erhalten bleiben.
Ein Kinder- und Jugendhilfegesetz "light unter ausschließlich finanziellen und nicht unter fachlichen Gesichtspunkten" sei unbrauchbar, befand Jutta Dümpe-Krüger (Bündnis 90/Die Grünen). Die von der Union angestrebte Einführung des Begriffs der "wesentlichen Behinderung" würde keine Klärung, sondern weitere Unklarheiten mit sich bringen. Zudem würde es zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, sagte die Abgeordnete der Grünen. Die fraktionslose Abgeordnete Gesine Lötzsch warf der Union schließlich vor, dass sie ausgerechnet bei jenen Kindern und Jugendlichen sparen wolle, "die es besonders schwer haben, ihren Weg in die Gesellschaft zu finden". Dies habe wenig "mit christlicher oder sozialer Politik" zu tun.