Gravierende Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz gefordert
Die 1.700 Netzbetreiber schon vorab zu kontrollieren, bringe nur mehr Bürokratie und Unsicherheit, so der Bundeswirtschaftsminister.
Wiesheu sieht den Grund für die gestiegenen Energiepreise ohnehin eher in der verfehlten Energiepolitik der Bundesregierung. Wenn man Energieverteuerung zum Programm mache, so Wiesheu, sei man auch verantwortlich für die Kostensteigerungen. Man könne nun nicht mit dem Finger auf die Unternehmen zeigen, wenn man Energieverteuerung politisch gewollt habe. Eine "ideologisch geprägte" Energiepolitik sei nicht hilfreich, wenn es darum gehe, im Interesse der Unternehmen und der privaten Verbraucher die Energiepreise wieder auf ein vertretbares Maß zu senken.
Der Regulierungsbedarf im Strom- und Gasmarkt, so Hessens Wirtschaftsminister Alois Riehl (CDU), existiere nicht bei der Erzeugung oder dem Verkauf, sondern bei der Durchleitung. Dort habe der Wettbewerb versagt. Es müsse nun verhindert werden, dass monopolistische Netzbetreiber nicht die Netzbenutzer und den Endverbraucher schädigen. Dazu sei Regulierung nötig. Riehl sprach sich für die Erteilung von Vorab-Genehmigungen aus, da die von der Bundesregierung geplante nachträgliche Missbrauchsaufsicht zu lax sei und zu spät greife. Außerdem dürften bei der Entgeltfestsetzung den Netzbetreibern keine weiteren Spielräume für Preiserhöhungen überlassen werden. Um eine effektive Netzkontrolle zu erreichen, solle man den Ländern die Zuständigkeit für die Genehmigung der Entgelte der lokalen und regionalen Netze zugestehen, forderte er.
Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) sieht in den Strom- und Gasnetzmonopolen den Grund für den fehlenden Wettbewerb. Mit dem existierenden Kartellrecht sei dem Missbrauch nicht beizukommen, urteilte Pfister, der das Gesetz als ein "wichtiges und auch eilbedürftiges" Vorhaben bezeichnete. Der vorliegende Entwurf werde diesem Anspruch jedoch nicht gerecht. Gerade die Entwicklungen in den letzten Monaten zeigten, dass strikte Regelungen nötig seien, die nur durch ex ante-Modelle, also Vorabgenehmigungen, erreicht werden könnten. Als falsch bezeichnete er die Absicht des Gesetzgebers, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post mit der Regulierung zu beauftragen. Die Regulierungsbehörde sollte ortsnah arbeiten und sei daher durch die Länder zu organisieren. Dies sei zwar aufwendig für die Länder, aber absolut notwendig.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement räumte ein, dass die Energiepreise in Deutschland auch aus politischen Gründen sehr hoch seien. Dafür gebe es jedoch gute Gründe: Mit der Ökosteuer stütze man die Rentenversicherungsbeiträge, und auch der Weg hin zur Nutzung erneuerbarer Energien fordere seinen Preis. "Wollen Sie darauf wirklich verzichten?", fragte er seine Kritiker. Zu 40 Prozent sei der Energiepreis politisch bestimmt, die anderen 60 Prozent seien der marktbestimmte Preis. Dort müsse man Änderungen erreichen. Nachdem freiwillige Regelungen, denen er immer den Vorrang gebe, nichts gebracht hätten, werde dieses Gesetz dringend gebraucht. An einer zügigen Umsetzung sei die Bundesregierung sehr interessiert, auch weil man mit der Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie schon in Verzug sei. Obwohl er für Verbesserungsvorschläge immer offen sei, wundere ihn der ex ante-Vorschlag der Länder. Dies sei kein Wunderwerk, von dem schnelle Preissenkungen zu erwarten seien. In den Ländern habe man doch Erfahrungen mit dem Modell - eine Erfolgsgeschichte sei es nicht gewesen. Eher sei mit dem Kollabieren der Regulierung schon in der Startphase zu rechnen, schließlich gelte es, alle 1.700 Anbieter zu prüfen. Dies, so Clement, bedeute Bürokratie pur. Er fordere daher Beiträge, um eine schlagkräftige ex post-Regulierung zu schaffen, wie sie seines Wissens nach noch vor wenigen Monaten auch von den Wirtschaftsministern der Länder vorgezogen wurde.