Die German Studies Association ist ein Forum für internationale Deutschland-Experten
Hoch soll er leben, hoch soll er leben, drei Mal hoch." Mit stehenden Ovationen ehrten die Teilnehmer der Jahreskonferenz der German Studies Association (GSA) Gerald R. Kleinfeld, den Gründer der GSA, der nunmehr in den Ruhestand ging. Kleinfeld hat sich jahrzehntelang für den deutsch-amerikanischen Dialog eingesetzt. Sein eigentliches Lebenswerk ist die GSA - er war fast 30 Jahre lang ihr Executive Director.
Die German Studies Association ist die weltweit größte Organisation von Deutschlandexperten mit Sitz in den USA. Das Interesse der Organisation konzentriert sich auf Deutschland, bezieht aber auch Österreich und die Schweiz mit ein. Die inhaltliche Themenpalette reicht von Geschichte und Politikwissenschaft bis hin zu Literatur, Kunst und Film und umfasst das 19. sowie das 20. Jahrhundert und auch die Gegenwart. Weltweit hat die GSA über 1.300 Mitglieder und gibt eine angesehene Zeitschrift, die "German Studies Review", heraus. Ihre Jahrestagungen sind ein Treffpunkt internationaler Deutschlandexperten geworden, ein inter- und multidisziplinäres Forum, das fachübergreifende Kooperation und Forschung fördert.
Die diesjährige Jahreskonferenz fand vom 29. September bis zum 2. Oktober in Milwaukee statt. Über 800 Wissenschaftler, Politiker und Interessenten hatten in 196 Panels Gelegenheit, im transatlantischen Dialog ihre Forschungsergebnisse auszutauschen. Neben zahlreichen Einzelthemen bewegte viele Teilnehmer die Analyse und Bewertung der Bundestagswahlen in Deutschland. "I am just verzweifelt", brach es aus David P. Conradt, einem der erfahrensten amerikanischen Beobachter der deutschen Parteienlandschaft, angesichts des Wahlausganges heraus. Er kritisierte den Wahlkampf der CDU, der aus seiner Sicht äußerst schlecht kommuniziert wurde. CDU-Chefin Angela Merkel hätte zudem keine Führungsstärke erkennen lassen. Conradt stand der Option einer großen Koalition sehr skeptisch gegenüber. Wie soll es weitergehen, wenn die harten Themen verhandelt werden wie Subventionsabbau, Pendlerpauschale, Erfüllung der Maastricht-Kriterien - angesichts der desaströsen Staatsfinanzen? Auch Kleinfeld äußerte sich sehr skeptisch: Deutschland brauche dringend Reformen, aber Merkel, das habe der Wahlkampf bewiesen, könne sie nicht "verkaufen". Bei ihm stand allerdings die Sorge um die SPD im Vordergrund. Sie solle in die Opposition gehen, sich finden und den linken Rand aufsaugen. Carl Lankowski vom Foreign Service Institute des State Department sah den Ausgang der Wahl nicht so pessimistisch. Er sei Ausdruck gelebter Demokratie und bedeute eine gewisse Normalisierung der Parteienlandschaft im Vergleich mit anderen europäischen Staaten.
Dieter Dettke, Leiter der Friedrich-Ebert Stiftung in Washington, und der Mannheimer Wahlforscher Dieter K. Roth sprachen davon, dass sich die Parteienlandschaft in Deutschland verändern werde. Sie werde bunter, mit schrumpfenden Volksparteien. Innerhalb der Parteien nehme die Heterogenität zu. Ob sich die Kriterien "links" und "rechts" noch eigneten, wurde bezweifelt. Ein generelles Problem blieb: Wie kann man notwendigen Wandel bei Wahlen "verkaufen"? Nicht zuletzt wurde das Versagen der Meinungsforschungsinstitute beklagt. Hier sei ein neues Instrumentarium gefordert, um die bis zur letzten Minute unentschlossenen Wähler besser einfangen zu können.
Trotz machen Rätselratens über Deutschlands Zukunft stimmten die meisten Forscher mit dem Urteil von Rüdiger Lentz von der Deutschen Welle in Wa-shington überein: Das Ausland wartet. Deutschland gilt als Modell für politische Stabilität und sozialökonomischen Fortschritt. Es darf keine Zeit bei der Regierungsbildung und beim Reformieren des Landes verlieren.