Damals ... vor fünf Jahren am 10. November: Der Bundestag berät über das Lebenspartnerschaftsgesetz
War es ein historisches Datum für die Gleichbehandlung oder wurden an diesem Tag die Werte der christlich-abendländischen Kultur unterwandert? Die Meinungen über den Gesetzentwurf "zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften" klafften weit auseinander. Dennoch verabschiedete der Bundestag den Entwurf am 10. November 2000 mit den Stimmen der Regierungskoalition aus SPD und Grünen. Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP stimmten dagegen, eine Mehrheit der PDS-Abgeordneten enthielt sich. Der Gesetzentwurf sollte es gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit umfassenden Rechten und Pflichten eintragen zu lassen.
Die Bundestagsdebatte zur zweiten und dritten Lesung des Lebenspartnerschaftsgesetzentwurfs, den die Regierungskoalition eingebracht hatte, war wegen des schwierigen Themas emotional aufgeladen. Es musste ein Kompromiss zwischen Anerkennung und Gleichstellung auf der einen und Schutz von Ehe und Familie auf der anderen Seite gefunden werden. Der Entwurf schlug ein neues, eigenständiges familienrechtliches Institut, eine "Eingetragene Lebenspartnerschaft", vor. Der Gesetzgeber wollte einen gesicherten Rechtsrahmen für Beziehungen zwischen Homosexuellen schaffen und diese Verbindungen auch verfassungsrechtlich schützen. In der Geschichte der Bundesrepublik war Homosexualität schon immer ein umstrittenes Tabuthema. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie mehrere Jahrzehnte strafbar und galt bis 1985 als "sittenwidrig".
In der Debatte warfen sich Vertreter von Union und SPD gegenseitig mangelnde Gesprächsbereitschaft vor. Die Union kritisierte außerdem das durch SPD und Grüne beschleunigte Gesetzgebungsverfahren. Norbert Geis (CDU/CSU) fand dafür harte Worte: "Das halte ich nicht für unparlamentarisch, das halte ich für würdelos und ehrlos." Damit kritisierte er auch die von Rot-Grün vorgenommene Aufspaltung des Gesetzes in eine zustimmungspflichtige und eine nicht-zustimmungspflichtige Version. Somit war es der Union nicht möglich, die Kernbestandteile des Gesetzes im von ihr dominierten Bundesrat zu kippen. Geis vertrat außerdem die Ansicht, dass der Entwurf den Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem der Schutz von Ehe und Familie festgeschrieben ist, verletze.
Müller von den Grünen: "Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit und eine Frage der Demokratie, dass homosexuelle und heterosexuelle Partnerschaften in allen Rechtsgebieten gleichgestellt sind." Die damals vorherrschende Situation brandmarkte sie als "unhaltbaren Missstand", der Schwule und Lesben diskriminiere und durch den deren Persönlichkeitsrechte missachtet würden.
Die Liberalen lehnten den Gesetzentwurf wie die Union ab. Der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt bezeichnete ihn sogar als "Kopie der Ehe". Seine Fraktion hatte daher einen eigenen Gesetzentwurf "zur Regelung der Rechtsverhältnisse eingetragener Lebenspartnerschaften" eingebracht, der aber von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Auch die PDS kritisierte Verfahren und Ergebnis. Homosexuelle bekämen nur wenige Rechte zugestanden und seien daher "Paare zweiter Klasse". Die Abgeordnete Chris-tina Schenk betonte, Lesben und Schwule wollten keine Sonderstellung, sondern eine rechtliche Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren.
In anderen europäischen Ländern - etwa Belgien, Frankreich oder die Niederlande - waren zum Zeitpunkt der Debatte solche registrierten Partnerschaften schon möglich. Allerdings sind sie dort nicht auf gleichgeschlechtliche Paare beschränkt, sondern stehen auch verschiedengeschlechtlichen Paaren als Alternative zur Ehe offen. In der Bundesrepublik wird eine solche Öffnung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft noch heute für bedenklich gehalten. Eine Gleichstellung mit der Ehe wäre mit dem besonderen Schutz, den ihr Artikel 6 des Grundgesetzes gewährt, nicht vereinbar.
Im Dezember 2000 lehnte der Bundesrat mit den Stimmen der Union den zustimmungspflichtigen Teil des Gesetzes zunächst ab. Nach einem Vermittlungsverfahren konnte es erst am 1. August 2001 in Kraft treten, nachdem das Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag von Bayern und Sachsen gegen das In-Kraft-Treten abgelehnt hatte. Die beiden Länder brachten daraufhin ein Normenkontrollverfahren in Gang, konnten ihr Ziel damit aber nicht erreichen. Die Karlsruher Richter erklärten das Gesetz im Juli 2001 für verfassungsgemäß.