Die DVU: Marionette des Verlegers Gerhard Frey
Gerhard Frey, der finanzkräftige Verleger der "National-Zeitung/Deutsche Wochenzeitung" (Auflage ungefähr 48.000), gründete 1971 die Deutsche Volksunion (DVU) als überparteiliche, "national-freiheitliche" Sammlungsbewegung. Er engagierte sich zunächst gleichzeitig in der NPD und kandidierte 1975 erfolglos für das Amt des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Partei. Wohl auch weil ihm der Weg an die Spitze der NPD versagt blieb, wollte Frey nun eine eigene Partei. Im März 1987 trat die Partei "DVU-Liste D" an die Seite des Vereins DVU. Sie forderte in ihrem knappen, zunächst nur einseitigen Programm: "Begrenzung des Ausländeranteils, Stopp dem zunehmenden Ausländerzustrom, Beschleunigung der Asylverfahren, Ausweisung von kriminellen Ausländern". Als Motto diente der Schlachtruf "Deutschland zuerst".
Ein programmatischer Schwerpunkt war zudem die Verfemung der Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit und die Einebnung des Völkermords an den europäischen Juden mit - tatsächlichen und vermeintlichen - Kriegsverbrechen an den Deutschen. Deutlicher als im Parteiprogramm zeigt sich die rechtsextremistische Ausrichtung in den inoffiziellen Parteiorganen, der "Deutschen National-Zeitung" und der "Deutschen Wochen-Zeitung", die sich 1999 zur "National-Zeitung/Deutsche Wochenzeitung" zusammenschlossen. Heftig und häufig polemisieren die Artikel gegen Vergangenheitsbewältigung und Ausländer.
Die DVU arbeitete zunächst eng mit der NPD zusammen. Auf Anhieb konnte die DVU 1987 in einem Wahlbündnis mit der NPD in die Bremer Bürgerschaft einziehen. Dies leitete nach den rechtsextremen Wahlerfolgen der Sozialistischen Reichspartei (SRP) in den 50er- und der NPD in den 60er-Jahren eine neue Welle rechtsextremer Achtungserfolge bei Wahlen ein. Trotz eines enormen Aufwands für den Wahlkampf zur Europawahl 1989 blieb das Bündnis von DVU und NPD mit 1,6 Prozent im Schatten des Erfolgs der REP (7,1 Prozent). Nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl 1990 trennten sich die Wege von DVU und NPD bis 2004.
Im Alleingang konnte die DVU 1991 bei den Wahlen in Bremen (6,2 Prozent) und in Schleswig-Holstein (6,3 Prozent) in den Landtag einziehen. 1996 scheiterte die DVU in Schleswig-Holstein (4,3 Prozent) nur knapp und 1997 in Hamburg (4,97 Prozent) haarscharf an der Fünf-Prozent-Hürde. Vor 1998 trat die DVU in den östlichen Bundesländern nicht an. Erst in jenem Jahr sah Frey bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt Chancen für einen Parlamentseinzug seiner Partei. Unverhohlen buhlte sie mit dem Slogan "Protest wählen - Deutsch wählen" um die Gunst politisch Unzufriedener. Die DVU konnte mit 12,9 Prozent ihren größten Erfolg feiern. Dies ist das höchste Ergebnis einer rechtsextremen Partei in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Die DVU zog zudem als erste rechtsextreme Partei in ein ostdeutsches Parlament ein. Ihren Erfolg konnte sie - wenn auch nicht annähernd in gleicher Höhe - bei den Wahlen in Brandenburg (5,3 Prozent) wiederholen. In Thüringen (3,1 Prozent) endete der ostdeutsche Siegeszug der Partei 1999, obwohl die Partei viel Geld eingesetzt hatte. Die DVU ist die mitgliederstärkste rechtsextremistische Partei, allerdings mit stark abnehmender Tendenz (1992: 26.700 Mitglieder; 2004: 11.000 Mitglieder). Die Mehrzahl der Mitglieder sind zudem "Karteileichen". Das einzig nennenswerte Zeichen eines Parteilebens war die seit 1982 jährlich in Passau organisierte "Großkundgebung der Nationalfreiheitlichen", auf die die Partei seit 2002 verzichtet.
Die Landtagswahlkämpfe plant die Münchner Parteizentrale, nicht der jeweilige Landesverband. Den Mangel an attraktiven Kandidaten und an Organisationskraft gleicht Frey durch "Materialschlachten" mittels Postwurfsendungen und flächendeckender Plakatierung aus. Die DVU tritt nur dann zu Wahlen an, wenn sich Frey große Chancen auf einen Parlamentseinzug ausrechnet. Die DVU setzt dann viel Geld ein. Die Parlamentsarbeit der Partei wirkt meist nicht professionell. Sie ist gekennzeichnet von der Inaktivität, Inkompetenz und Zerstrittenheit der parlamentarischen Mandatsträger.
2002 trat die DVU nicht zur Bundestagswahl an. Die Partei verzichtete auch auf eine Teilnahme an den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, weil nach den Skandalen und Spaltungen ihrer Landtagsfraktion eine Wiederholung des Erfolgs von 1998 aussichtslos schien und der Partei inzwischen die finanziellen Mittel fehlten. Nur unter ausgesprochen günstigen Rahmenbedingungen gelang der DVU 2004 mit 6,1 Prozent der Stimmen ein erneuter Einzug in den Landtag Brandenburgs: Der Protest gegen Hartz IV war auf fruchtbaren Boden gefallen. Dennoch ist die Partei inzwischen so schwach, dass sie sich an die vermeintlich stärkere NPD anlehnt.