Die zweifelhaften Methoden des US-Imperiums
Ein Economic Hit Man (EHM) ist ein Spitzenmanager, der im Dienst eines US-Konzerns dafür zu sorgen hat, dass in anderen Ländern Profite gemacht werden, die ausschließlich der US-Ökomonie zugute kommen. John Perkins war viele Jahre lang ein EHM; er arbeitete als hochbezahlter Chefvolkswirt in Indonesien, Iran, Saudi-Arabien, Panama, Ecuador und Kolumbien, bis er, geplagt von jahrelangen Gewissensbissen und Schuldgefühlen, den Mut fand, über seine Arbeit Rechenschaft abzulegen.
Seine Bekenntnisse sind schockierend. Zum ersten Mal berichtet ein Insider, wie das mächtigste Land der Welt dabei ist, ein globales Imperium rücksichtslos auf Kosten vor allem der Entwicklungsländer aufzubauen. Wurde Weltmacht-Streben in früheren Jahrhunderten noch überwiegend über Kriege realisiert, so ist es heute die subtilere Methode ökonomischer Eroberungen.
Ein EHM offeriert, wie Perkins seine Tätigkeit beschreibt, den wirtschaftlich zurückgebliebenen Ländern hohe Kredite. Dabei werden den jeweiligen Regierungen die damit verbundenen Vorteile in den schillernsten Farben und oft mit gefälschten Zahlen geschildert. Die zur Verfügung gestellten Gelder, in Absprache und mit Unterstützung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds, flossen in die Kassen großer US-Unternehmen, denen der Aufbau moderner Großstädte, Flughäfen, Schienenverbindungen, Straßen und Elektrizitätswerken übertragen wurde.
Konnte dann, wie erwartet und erhofft, das Entwicklungsland die Kredite nicht zurückzahlen, geriet es völlig in die Abhängigkeit der US-Strategen, die nun leichtes Spiel hatten, die Regierungen dieser Länder in das ausgedehnte amerikanische Netzwerk zu integrieren und schamlos auszubeuten. Weigerten sie sich wie im Falle Panamas und Ecuadors, den Interessen der "Korporatokratie" zu dienen, wie Perkins die Allianz von Ölgesellschaften, Baufirmen, Großbanken und der US-Regierung nennt, griffen die Killerkommandos oder das CIA ein und beseitigten die Störenfriede.
So kamen der ecuadorianische Präsident Roldós und der panamesische Präsident Torrijos bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Waren die Killerkommandos erfolglos, weil der widerspenstige Regierungschef zu gut bewacht wurde oder durch Doppelgänger schwer berechenbar war, dann musste wieder die eigentlich überholte kriegerische Option angewendet werden, nach Perkins der Hintergrund der beiden Irak-Kriege.
Ein EHM arbeitet nicht als Beauftragter der US-Regierung, sondern ist immer Mitarbeiter eines renommierten US-Unternehmens. Läuft etwas schief, kann die Regierung ihre Hände in Unschuld waschen. Die Interessensymbiose zwischen Wirtschaft und Regierung ist dennoch stets gewährleistet: So war George Shultz Präsident des US-Konzern Bechtel und wurde Finanzminister, später Außenminister; Caspar Weinberger war Chefsyndikus von Bechtel und wurde Verteidigungsminister; Richard Cheney ist Direktor von Halliburton und jetzt US-Vizepräsident; George Bush war vor seiner Präsidentschaft CIA-Direktor und Gründer der Firma Zapata Petroleum.
Was sind die Ergebnisse der neoliberalen, auf Weltherrschaft ausgerichteten Konzeption, an deren Umsetzung die EHM maßgeblichen Anteil haben? Das Verhältnis zwischen den Einkommen jenes Fünftels der Weltbevölkerung, das in den reichsten Ländern lebt, und dem Fünftel in den ärmsten Ländern, hat sich von 30:1 im Jahr 1965 auf 74:1 im Jahr 1995 verändert. In Ecuador zum Beispiel stieg der Anteil der Armen von 50 auf 70, die Zahl der Arbeitslosen von 15 auf 70 Prozent; die Staatsverschuldung wuchs von 240 Millionen auf 16 Milliarden, wobei der Anteil der nationalen Ressourcen für die Ärmsten der Armen im Lande von 20 auf sechs Prozent sank. Gleichzeitig aber, so Perkins, behaupteten die Weltbank, die US-Agency for International Development und der IWF, "dass sie gute Arbeit machen und dass es vorangeht".
Perkins will mit dem Buch ein Zeichen setzen, will "der Korporatokratie in den Arm fallen und den wahnhaften und selbstzerstörerischen Marsch in das globale Imperium aufhalten". Es sei an der Zeit, der unermesslichen Gier und dem ungebändigten Machthunger des US-Imperiums die Stirn zu bieten.
John Perkins
Bekenntnisse eines Economic Hit Man.
Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia.
Riemann Verlag, München 2005; 383 S., 19 Euro