Abgeordnete informieren sich über Europäischen Qualifikationsrahmen
Berlin: (hib/HIL) Europa soll bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftraum der Welt werden. Das haben die europäischen Regierungschefs bereits im Jahr 2000 in Lissabon festgeschrieben. Was dazu auf europäischer und auf nationaler Ebene nötig ist, darüber haben sich die Mitglieder des Bildungsausschusses am Montagvormittag in einer öffentlichen Anhörung informiert. Die Experten von Gewerkschaften, Handwerk, Bildungs- und Arbeitgeberverbänden und Forschungseinrichtungen waren sich weitgehend einig, dass die Entwicklung eines einheitlichen Qualifikationsrahmens in der beruflichen und der Hochschulbildung auf europäischer und deutscher Ebene ein wichtiger Schritt ist. In Detailfragen sind sie allerdings skeptisch. Am kritischsten wird die Vereinheitlichung von beruflicher Bildung und Hochschulbildung beurteilt.
Die Durchlässigkeit der beiden Systeme, berufliche Bildung auf der einen, Hochschulbildung auf der anderen Seite, sei ein wesentliches Ziel des von der EU geplanten Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR), unterstrich Michael Teutsch, Koordinator der Politik des lebenslangen Lernens bei der EU-Kommission. Der geplante EQR, der in Deutschland in einem Nationalen Qualifikationsrahmen umgesetzt werden soll, fungiere als Übersetzungsinstrument, in das nationale Bildungssysteme, -abschlüsse und Kompetenzen eingeordnet werden sollten. Dass der Qualifikationsrahmen der Vielfalt der beruflichen Bildung in Europa gerecht wird, beurteilt Klaus Heimann, IG-Metall-Vorstand, dagegen skeptisch. Zur Theorie der Vereinheitlichung von Bildungsstandards müssten einige Dinge in der Praxis hinzukommen, forderte er. So müssten beispielsweise die Industriebranchen europaweit in eine Diskussion über durch Ausbildung vermittelte Qualifikationen eintreten. "Wenn diese Diskussion in Gang kommt, haben wir viel erreicht", sagte Heimann.
Sybille von Obernitz vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag hoffte, dass durch einen EQR der bereits bestehende Europass, der seit 2005 eine europaweit verständliche Dokumentation von Qualifikationen und Kompetenzen ermögliche, aufgewertet und stärker genutzt wird. Beide Systeme zur europaweiten Vereinheitlichung von Qualifikationen, der Europass und der EQR, sollten miteinander verzahnt werden, sagte Obernitz.
Mit dem EQR solle ein gemeinsames Bezugssystem für Qualifikationen entwickelt werden, das auf alle Bildungssysteme in Europa anwendbar ist. Ziel des Qualifikationsrahmens sei es, die Vergleichbarkeit von Lernergebnissen und Kompetenzen zu verbessern und die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt und die Teilhabe am lebensbegleitenden Lernen zu erhöhen. Die Koalitionsfraktionen begrüßen in einem Antrag die Entwicklung eines europäischen Qualifikationsrahmens ( 16/2996). Eine intensivere Beschäftigung mit dem EQR fordern die Grünen in einem Antrag ( 16/1063). Die Linksfraktion möchte mit dem EQR eine Erhöhung des gesellschaftlichen Bildungsniveaus anstreben. Mit einem nationalen Qualifikationsrahmen sollen außerdem bestehende soziale, migrations- und gesellschaftsspezifische Unterschiede des Bildungssystems in Deutschland abgebaut werden, fordern die Abgeordneten in einem Antrag ( 16/1127).