Geplantes Telemediengesetz stößt bei Adressaten auf Vorbehalte
Berlin: (hib/VOM) Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetzes ( 16/3078, 16/3135) stößt bei den Adressaten auf mancherlei Vorbehalte. Dies geht aus den Stellungnahmen der Sachverständigen hervor, die zur heutigen öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie geladen sind, die um 14.30 Uhr begonnen hat. Neben dem Regierungsentwurf stehen auch ein Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen für ein Anti-Spam-Gesetz ( 16/1436) sowie ein Antrag der Fraktion, die Verbraucher beim Telemediengesetz nicht zu übergehen ( 16/3499), zur Diskussion. Bestandteil des Gesetzes ist ein völlig neues Telemediengesetz, das die einschlägigen Regelungen bündeln und die Tele- und Mediendienste von den Bereichen Rundfunk und Telekommunikation abgrenzen soll. Zu den Telemediendiensten werden alle Informations- und Kommunikationsdienste gezählt, die nicht ausschließlich Telekommunikationsdienste oder Rundfunk sind. Geplant ist ferner, die Verletzung bestimmter Informationspflichten bei der E-Mail-Werbung mit Bußgeldern zu ahnden, um die Flut an Spam-Mails zu einzudämmen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bezweifelt, ob die gesetzlichen Definitionen ausreichen, Telekommunikation, Rundfunk und Mediendienste sinnvoll zu trennen. Durch Abgrenzungsschwierigkeiten könnte sich die Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen verstärken, schreibt der DIHK. Noch deutlicher wird Professor Bernd Holznagel von der Universität Münster. Für ihn verschärft der Entwurf die Abgrenzungsprobleme. Es werde nicht klar, was die Abgrenzungsmerkmale von Telemedien im Verhältnis zum Rundfunk sind. Auf Beispiele werde im Gesetzestext völlig verzichtet. Beispielsweise könne Video-on-demand nicht eindeutig zugeordnet werden, weil es nur dann zu den Telemedien zähle, wenn es sich nicht um einen Fernsehdienst handelt. Holznagel sieht Grauzonen und Konfliktpotenziale wie bisher. Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien warnt vor einer "einseitigen Verschiebung" der bisherigen Abgrenzung von Rundfunk und Mediendiensten zu Lasten des Rundfunks. Die Einordnung eines Dienstes als Rundfunk oder als Telemedium könne erhebliche wettbewerbsrechtliche Konsequenzen haben, heißt es in der Stellungnahme. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) sieht die Gefahr einer "schleichenden Ausweitung" der klassischen Rundfunkregulierung auf die neuen Medien. Diese dürften nicht vorschnell der Rundfunkregulierung unterworfen werden. Vielmehr sollte geprüft werden, ob die Rundfunkregulierung noch in Zeiten gerechtfertigt ist, in denen sich der Nutzer aus vielen Informationsquellen über unterschiedliche Plattformen bedienen kann.
Breiten Raum in den Stellungnahmen nimmt die Spam-Problematik ein. Zwar begrüßt der Verbraucherzentrale Bundesverband die Bemühungen, die Spam-Flut durch ein erweitertes Verbot mit Sanktionsmöglichkeiten zu bekämpfen. Die Verbraucherschützer lassen allerdings eine Vorliebe für die Initiative der Bündnisgrünen erkennen, die sie für wirkungsvoller halten. Unter anderem wird verlangt, Bußgeld auch für solche Spam-Mails zu erheben, die nicht rein kommerzieller Natur sind, und den Bußgeld-Höchstbetrag auf 500.000 Euro anzuheben. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (Eco) sieht darin jedoch ein "stumpfes Schwert". So sei das Vorhaben, Auflagen zur Gestaltung der Kopf- und Betreffzeile in Mails zu schaffen, bei ausländischen Versendern wirkungslos. Das Telekommunikations- und Internetunternehmen Freenet.de AG regt sogar an, die Einstufung als Ordnungswidrigkeit zu streichen und statt dessen auf die Selbstregulierung der Wirtschaft und den Einsatz von Spam-Filtern zu setzen. Die jetzigen Regelungen gegen Spam-Mails reichten aus. Das Unternehmen befürchtet, dass ansonsten auch rechtmäßiges E-Mail-Marketing als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden könnte.
Auf die besondere Problematik von Suchmaschinenanbietern wird in einer gemeinsamen Stellungnahme von sieben Betreibern eingegangen, darunter Google, T-Online und AOL. Kritisiert werden die unterschiedlichen Haftungsregelungen. Sie schlagen vor, die Suchmaschinenbetreiber weitgehend von Haftung freizustellen. Unterlassungs- oder Beseitigungspflichten sollten nur dann eintreten, wenn ein Rechtsverstoß als solcher erkannt wird. Suchmaschinenanbieter sähen sich heute gezwungen, bereits bei einer behaupteten Rechtsverletzung einzelne Suchtreffer aus ihren Ergebnislisten zu löschen. Dies machten sich zahlreiche Akteure zu nutze, indem vermeintliche Rechtsverstöße bewusst abgemahnt würden, um missliebige Internetinhalte unauffindbar zu machen. Genauere Überprüfungen, ob tatsächlich im Einzelfall ein Rechtsverstoß vorliegt, seien für die Suchmaschinenanbieter wegen des personellen Aufwandes unzumutbar, heißt es in der Stellungnahme.