Selbstbeteiligung für psychotherapeutische Leistungen stößt auf Ablehnung
Berlin: (hib/GEH) Fast alle anwesenden Verbände haben die in einem FDP-Gesetzentwurf ( 14/8400) vorgesehene Einführung einer Selbstbeteiligung von 5 Euro pro Therapiestunde für Erwachsene während einer Anhörung des Ausschusses Gesundheit am Mittwochnachmittag abgelehnt. Der Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung begrüßte hingegen diese Zuzahlung. Sie verletze nicht das Solidarprinzip und stärke die Eigenverantwortung der Patientinnen.
Birgit Clever vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) wandte sich gegen eine Zuzahlung, die nur für psychisch Kranke gelte. Dies würde zu einer Ungleichbehandlung von seelischen und körperlichen Krankheiten führen, meinte sie. Patienten in akuten Spannungssituationen, in hoher Angst oder Suizidgefahr könnten sich nicht um solche Fragen kümmern. "Wahnsinnig wichtig" sei aber gerade, dass psychotherapeutische Angebote "niedrigschwellig" gestaltet werden. Der finanzielle Nutzen einer Zuzahlung von 5 Euro stehe außerdem in keinem Verhältnis zu dem nötigen Verwaltungsaufwand, um diesen Betrag aufzutreiben. "Psychisch kranke Menschen werden erneut diskriminiert", bestätigte Holger Schildt von der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie. Die Gleichbehandlung von seelischen und körperlichen Krankheiten sei seit der Psychiatrie-Enquete 1975 anerkannt. Deswegen dürfe eine Zuzahlung der Patientinnen nicht isoliert im psychotherapeutischen Bereich eingeführt werden. Es sei "ein zu hoher Preis", sagte er: "Dann lieber kein Gesetz!" Die Zuzahlung sei "keine Lösung" für das Problem der niedrigen Honorare von Psychotherapeuten, stellte Armin Traute vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen fest.
Ziel des Gesetzentwurfes ist die Sicherung einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die vorgesehene Festlegung der Punktewerte im Vergütungssystem außerhalb der Budgetierung der gesetzlichen Krankenkassen begrüßte Holger Schildt. Es sei ein Vorstoß gegen die "Honorarmisere in der Psychotherapie", sagte Hans-Jochen Weidhaas von der Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten. Das Bundessozialgericht habe die aktuelle Benachteiligung der Psychotherapeuten im Vergleich zu anderen Ärzten seit 1999 schon dreimal als rechtswidrig beurteilt. Auf die niedrigen Einnahmequellen von Kinder- und Jugendtherapeuten wies Renate Höhfeld von der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten hin. Behandlungen seien nur am Nachmittag möglich und das psychotherapeutische Gesetz von 1999 habe dazu beigetragen, dass viele Praxen schließen mussten. Dabei betonte sie die Unterversorgung in bestimmten Gebieten, insbesondere in den neuen Bundesländern, und forderte eine spezifische Bedarfsplanung für die Zulassung von Kinder- und Jugendtherapeuten. In den neuen Bundesländern seien nur vier Prozent der Psychotherapeuten niedergelassen, betonte Birgit Clever vom bvvp. Dort bestehe "ein dringender Handlungsbedarf", und es sei notwendig, "ein viel höheres Finanzvolumen zu mobilisieren".