Konsens zur Novellierung des Stasiunterlagengesetzes nur teilweise erreicht
Berlin: (hib/WOL) Der von den Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen angestrebte Konsens zur Änderung des Stasiunterlagengesetzes ( 14/9291) ist im Innenausschuss am Mittwoch nur teilweise erreicht worden. Einigkeit aller Fraktionen gab es im Hinblick auf die Streichung des bisherigen Paragrafen 14, wonach der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes verpflichtet gewesen wäre, ab 1. Januar 2003 auf Antrag Betroffener die jeweiligen Unterlagen zu anyonmisieren oder zu vernichten. Nach dem Willen des Hauses bleiben diese Unterlagen nun auch künftig erhalten. Kontrovers diskutiert wurde dagegen die Neugestaltung des Paragrafen 32, wonach unter anderem Informationen über Personen der Zeitgeschichte und Inhaber von politischer Funktionen oder über Amtsinhaber zugänglich sein sollen, soweit diese deren zeitgeschichtlicher Rolle, Funktion oder Amtsausübung betreffen. Das informationale Selbstbestimmungsrecht sei hier, wie bereits beim Presserecht anderen Kriterien unterworfen, so SPD und Bündnisgrüne. Kernpunkt der Diskussion war, wie bereits bei der Anhörung, die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts zum geltenden Stasiunterlagengesetz, wonach ein Informationszugang in solchen Fällen von der Einwilligung der Betroffenen abhängig gemacht wird. Von der Koalition wurde hierzu betont, inhaltliche Informationen, die erkennbar illegal von der Stasi erworben wurden, sollten auch künftig und unveröffentlicht bleiben.
CDU/CSU wie auch FDP sehen dagegen mit der Änderung des Gesetzes in diesem Punkt eine Gefährdung der Verfassungsmäßigkeit und hatten hierzu Änderungsanträge vorgelegt, die jeweils gegen die Stimmen der eigenen Fraktion mit dem Votum aller anderen Fraktionen des Hauses abgelehnt wurden. Der Entwurf der Koalition wurde gegen die Stimmen von Union und Liberalen bei Enthaltung der PDS angenommen. Die anwesenden Vertreter der Bundesregierung hatten zuvor erklärt, das Innenministerium sehe in dem vorgelegten Gesetzentwurf keine Verletzung der Verfassung.
Die SPD hatte zuvor dargelegt, die Novellierung des Gesetzes stelle ein besonders wichtiges Vermächtnis der Bürgerrechtsbewegung der DDR dar. Diese Übereinstimmung sei der Koalition besonders wichtig. Die Anhörung, wie auch im Umfeld geführte Gespräche hätten gezeigt, dass auch die Opferverbände in der Tendenz der Novellierung zustimmten. Dagegen betonte die CDU/CSU, jemand, der einmal Opfer der Stasi gewesen sei, dürfe nicht noch einmal durch Bloßstellung zum Opfer werden. Es müsse daher allein den Betroffenen obliegen, über eine Freigabe der sie betreffenen Informationen zu entscheiden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, bestätigte auf Befragen der Union seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der Novellierung und betonte aus seiner Sicht auch eine Reduzierung des Opferschutzes. Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR, erläuterte dagegen anhand konkreter Beispiele die Notwendigkeit einer Änderung. So sei die Forschung nur auf Grund seinerzeit verfügbarer Informationen in den Stasiunterlagen möglich gewesen, Betroffene, die nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom März 2002 ihre Daten hätten sperren lassen können, als verantwortliche Täter oder Helfeshelfer der Stasi festzustellen.