"Deutschland beim Management von Touristenunfällen sehr weit"
Berlin: (hib/VOM) Deutschland ist beim operativen Krisenmanagement bei Touristenunfällen sehr weit, sagte Dr. Dirk Glaeßer von der Welttourismusorganisation am Mittwochnachmittag in einer nichtöffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses zur "Sicherheit in der touristischen Reisekette". Die Sicherheitskontrollen auf den Flughäfen nach dem 11. September 2001 seien für die Touristen, die emotional reagierten, sehr gut nachzuvollziehen gewesen. Die subjektive Perspektive des Verbrauchers sei wichtiger als die objektive Sicherheit, sagte Glaeßer. Die meisten Krisen würden die durch die subjektive Wahrnehmung ausgelöst. Reisehinweise sieht Glaeßer als das "Politikum der Zukunft" für Deutschland. Sie würden weit über den Tourismusbereich hinaus die Beziehungen zwischen Staaten beeinflussen.
Franz Helling vom Bundesverband deutscher Omnibusunternehmen wies darauf hin, dass der Bus auch im Blickwinkel touristischer Attentäter gewesen sei. Bislang gebe es keine Anzeichen für eine Gefährdung in Deutschland. Die Unternehmer seien allerdings auf Reisehinweise und -warnungen des Auswärtigen Amtes angewiesen. Für die Deutsche Bahn AG berichtete Dr. Wolfgang Zoller, die optische Präsenz von Sicherheitskräften vermittele Sicherheit, Ansprechbarkeit und Handlungsfähigkeit. Gerhard Wirth von der Abteilung Sicherheitswesen des Münchener Flughafens sprach sich dafür aus, die zu erwartende EU-Verordnung zur Flugsicherheit innerhalb Europas qualitativ einheitlich umzusetzen. Dr. Rüdiger Kass, Abteilungsleiter Bundesgrenzschutz im Bundesinnenministerium, erinnerte an die Überprüfung des Gesamtkonzepts der Flugsicherheit nach dem 11. September. Man wolle erreichen, dass der Ausfall einer Kontrollstufe durch eine Stufe kompensiert werden kann. Dazu seien qualifiziertes Kontrollpersonal und hochwertige Technik erforderlich. Ab 2003 werde es eine lückenlose Kontrolle des Gepäcks auf allen europäischen Flughäfen geben. In Deutschland sei diese Kontrolle bereits jetzt auf den meisten Flughäfen gegeben. Der Einsatz von Sicherheitsbegleitern des Bundesgrenzschutzes sei ein Bestandteil des umfassenden Konzepts gewesen. Sie hätten die Aufgabe, zusammen mit dem Piloten die Sicherheit an Bord aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen.
Günter Ihlau, Bereichsleiter Ausland des Reiseveranstalters TUI/Preussag, erklärte, die Reiseveranstalter trügen zur Sicherheit bei, indem sie unsichere Reiseziele gar nicht in ihre Programme aufnähmen. Klaus Laepple, Präsident des Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalterverbandes teilte mit, dass die Veranstalter in den Zielländern eigene Vertreter hätten, die die Gefährdungslage einschätzen könnten. Der Verband biete den Kunden Versicherungen an, die Entscheidung treffe aber der Reisende selbst. Dr. Jürgen Sabaß, Vorstandsvorsitzender der Europäischen Reiseversicherung, sah gesetzlichen Handlungsbedarf bei der Auslandsreisekrankenversicherung. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung sei der Auslandsschutz nicht gegeben. Die Kassen dürften auch keine Auslandsversicherung vermitteln und dafür Provision einnehmen. Dr. Bernhard Lennartz, Leiter des ärztlichen Dienstes der Mercur Assistance, der die Abwicklung der Schadensfälle im Zusammenhang mit dem Anschlag von Djerba am 11. April dieses Jahres übernommen hat, informierte den Ausschuss, dass in diesem Fall auf Grund eines bekannten Landes und bekannter Strukturen keine größeren Probleme entstanden seien. In einem Dritte-Welt-Land hätte es jedoch anders aussehen können. Die zentrale Frage sei, so Lennartz, ob sich sofort jemand findet, der "zunächst zahlt", unabhängig von späteren Regressansprüchen. In einem solchen Fall sei die Abwicklung leichter in Gang zu bringen.