Regierung: Menschenrechte einzufordern ist ein legitimes Anliegen
Berlin: (hib/WOL) Die Einhaltung der Menschenrechte ist ein legitimes Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft, dem nicht die Staatssouveränität als Schutzschild entgegengehalten werden kann. Menschenrechte können und müssen von außen und durch dritte eingefordert und gefördert werden, aber auch von den unmittelbar Beteiligten, also dem Staat und der Zivilgesellschaft gewollt, geschützt und gestärkt werden, erklärt die Bundesregierung in ihrem sechsten Bericht über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und anderen Politikbereichen ( 14/9323). Der den Zeitraum Januar 2000 bis März 2002 umfassende Bericht bilanziert eine zum Teil "dramatische Entwicklung". Danach steht den positiven Ereignissen und Tendenzen wie etwa dem demokratischen Wandel in Jugoslawien, der Befreiung Afghanistans und der Demokratisierung und Stärkung von Rechtstaatlichkeit in vielen Teilen der Welt eine zunehmende Verletzung bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte vor allem bei benachteiligten Gruppen, bei Frauen und Kindern sowie im Zusammenhang mit nationalen und regionalen Krisen gegenüber.
Zusätzlich zu den nach Regionen und Staaten gegliederten Kurzberichten setzt die Unterrichtung in hervorgehobenen Textbeiträgen thematische Schwerpunkte, so etwa zur Auseinandersetzung mit dem militanten Islamismus, zum Terrorismus, zum Handel mit und zur Versklavung von Kindern, zur Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung, zum Totschweigen von HIV/AIDS auf dem afrikanischen Kontinent, zum Schicksal der "Verschollenen und Verschwundenen" in südamerikanischen Militärdiktaturen oder zur Wiedereinführung und Verhängung der Todesstrafe in zahlreichen Staaten dieser Erde. Zum militanten Islamismus wird ausgeführt, dieser sei ein ungeeignetes Objekt multikultureller Toleranz. Bei den Themen "islamische Körperstrafe" wie Auspeitschen, Steinigung oder Amputationen, bei dem Thema "Frau in der Gesellschaft" oder dem generell geltend gemachten Schariavorbehalt der konservativ-islamischen Staaten müsse der Dialog offensiv, selbstbewusst und kritisch geführt werden. Diskussion statt exklusiver Wahrheitsanspruch sollten in diesen Dialog selbstbewusst zu vertretende Grenzwerte sein.
Deutlich zu machen sei auch, dass Menschenrechte "universelle" und nicht westliche Werte sind. Es seien Werte, auf die sich die internationale Völkergemeinschaft in der UN-Charta und den Menschenrechtspakten geeinigt habe. Jeder Dialog müsse auf dieser Universalität der Menschenrechte gründen. Laut Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) kämpfe man gegen den internationalen Terrorismus und "nur gegen diesen, nicht aber gegen den Islam". Der Strategie des Terrorismus müsse der Dialog der Kulturen und Religionen entgegengesetzt werden. Zur Fragestellung einer umfassenden Konvention gegen den internationalen Terrorismus wird ausgeführt, terroristische Akte stellten nach herrschender Rechtsauffassung keine Menschenrechtsverletzung dar. Hinter dieser zunächst weltfremd anmutenden Feststellung stünden konzeptionell-juristische, aber auch politische Gründe. Menschenrechtsschutz obliege vor allem den Staaten. Daher könnten Menschenrechtsverletzungen in der Regel nur von staatlich Handelnden verursacht werden. Kritisch hinterfragt worden sei in den vergangenen Jahren aber immer wieder, dass terroristische Akte von staatlicher und von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen könnten. Ein Konsens in dieser rechtsdogmatischen Frage sei jedoch bisher nicht erzielt worden.