TAB-Studie: Großschutzgebiete sollten ihren "Reservatcharakter" verlieren
Berlin: (hib/VOM) Damit Großschutzgebiete wie Nationalparke, Naturparke oder Biosphärenreservate Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung werden können, sollten sie ihren "Reservatcharakter" verlieren. Dies empfiehlt das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) in einem Projektbericht zum Thema "Tourismus in Großschutzgebieten - Wechselwirkungen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Naturschutz und regionalem Tourismus" ( 14/9952), den der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung jetzt vorgelegt hat.
Es könnte sich zeigen, so die Wissenschaftler, dass für viele Schutzgebiete nicht nur der Tourismus, sondern auch andere Dienstleistungen eine interessante Entwicklungsmöglichkeit darstellen. Dabei sei vor allem an Landschaftspflege, Renaturierung und Wiederbelebung von intensiv genutzten und veränderten Landschaften zu denken, aber auch an eine angepasste und landschaftsschonende Land- und Forstwirtschaft, an integrierte Produktions- und Vermarktungsstrukturen oder regionales Wirtschaften allgemein. Für den künftigen Tourismus in diesen Großschutzgebieten werde es von entscheidender Bedeutung sein, ob er ökologisch und zugleich sozial verträglich entwickelt werden kann. Dieses Ziel provoziere derzeit noch zahlreiche Spannungen im Zusammenspiel von touristischer Planung und Nutzung einerseits und dem Naturschutzauftrag andererseits. Ein allgemein gültiges und überall anwendbares Rezept, um einen zugleich ökologisch und sozial verträglichen Tourismus in Gang zu bringen, gibt es dem Bericht zufolge nicht. Es gebe einen Grundkonsens, dass die aktuelle Wachstumsspirale im Tourismus, verbunden mit einer ständigen Zunahme des Angebots, durchbrochen werden müsse. Wenn dies nicht geschehe, gefährde der Tourismus seine eigenen Grundlagen - den Naturraum, die regionalen Besonderheiten und das lokale Gesellschaftsgefüge. Das Ziel eines ökologisch und zugleich sozial verträglichen Tourismus lasse sich nur erreichen, wenn größere Gesamtregionen in die Konzeption einbezogen werden. Beispielsweise sei es eine dringliche Aufgabe, Umweltmanagementsysteme für intensiv genutzte touristische Regionen um und in Großschutzgebieten zu entwickeln.
Gerade massentouristisch erschlossene Gebiete, in deren Nähe sich auch Schutzgebiete befinden, sollten nach den Vorstellungen des TAB mit Hilfe von gesetzlichen und freiwilligen Steuerungsmaßnahmen und Instrumenten umorientiert werden. Die Erhaltung des Naturraums sei nicht nur ökologischer Selbstzweck der Schutzgebiete, sondern auch eine wichtige Ressource für die Region und Voraussetzung für künftigen Tourismus. Die Sicherung des Naturraums sollte gleichwertig neben die Sicherung der Wohn- und Lebensmöglichkeiten der Menschen treten. Die Gutachter empfehlen zudem, den Tourismus in Schutzgebieten in die regionale Wirtschaft zu integrieren. Dazu müssten Leitbilder und Planungen für den Tourismus- und Freizeitsektor weitere Wirtschaftssektoren einbeziehen, um touristische Monokulturen zu vermeiden. Ein Bespiel dafür sei die Kooperation zwischen Tourismus und Landwirtschaft. Landwirte könnten sich durch den Tourismus ein zweites Standbein schaffen. Darüber hinaus rät das TAB dazu, den Tourismus in die lokale und regional gelebte Kultur zu integrieren. Das TAB hält es für im Übrigen für lohnenswert, das Modell und die Praxis eines Zusammenwirkens von Tourismus, Naturschutz und Regionalentwicklung im Zusammenhang mit Großschutzgebieten auch als ein ökonomisch attraktives Konzept auszubauen.